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In 100 Wochen: Revolution

Lars Thomsen,Future Matters William Vorsatz, Stellv. Chefredakt. photovoltaik
© Future Matters AG
© A. Schlegel

 

 

 

 

 

 

 

Vorsatz: Von der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover bin ich Ende September ernüchtert zurückgekommen. Eine Riesenshow, aber das Feuerwerk an neuen Elektromodellen habe ich vermisst. Dabei sind gerade die Lastesel für den Batteriebetrieb prädestiniert. Es sieht so aus, als müssten wir auf den großen Durchbruch noch lange warten.

Thomsen: Haben Sie schon einmal selbst Popcorn gemacht? Ich meine, so richtig in heißem Öl auf dem Herd? Wenn Sie die Maiskörner in das Öl legen und langsam erhitzen, dann passiert erst einmal gar nichts. Zweifler würden sich das anschauen und sagen: Da passiert nie was. Dann plötzlich, bei einer Öltemperatur von 163 Grad, ploppt das erste Maiskorn auf. Dann immer öfter: plopp, plopp, plopp. Eine exponentielle Entwicklung beginnt. In einem sehr kleinen Intervall, zwischen 163 und 169 Grad, ploppen alle Maiskörner auf.

Vorsatz: Das ist der Blick des Zukunftsforschers. Er erkennt einen Trend. Der Topf mit dem Öl wird heißer. Und wo andere noch nichts erwarten, sagen Sie aus den extrapolierten Daten voraus: Die Entwicklung schlägt irgendwann in neue Qualität um, am sogenannten Tipping Point. Nun ist die Zubereitung von Popcorn aber berechenbar. Globale Trends sind es eher nicht, wie die Geschichte immer wieder gezeigt hat. Denken wir beispielsweise an die Entwicklung des Internets.

Thomsen: Vielleicht, weil den Insidern genau diese Methodik gefehlt hat. Oder weil sie Vertrautes nicht loslassen wollten, einen Tunnelblick hatten. Beispiele dafür gibt es genug. Denken Sie nur an die Entwicklung der Digitalfotografie. Im Jahr 2002 hat der Filmhersteller Kodak noch prognostiziert, es werde 50 Jahre dauern, bis sich die digitale Fotografie durchsetzen werde. Es hat lediglich vier Jahre gedauert.

Vorsatz: Für Kodak ging es dann steil bergab. Am 3. September 2013 hat der multinationale Konzern schließlich die Reste seiner chemischen Filmproduktion verkauft und musste damit sein ehemaliges Kerngeschäft aufgeben. Es gibt einige solcher Beispiele. Und jetzt Tesla. Ich muss schon wieder an Popcorn denken.

Thomsen: In hundert Wochen wird das elektrische Fahren in Großstädten teilweise billiger sein als das konventionelle. Einige Gründe sprechen dafür. Es sind Tendenzen, die wir seit den vergangenen vier, fünf Jahren beobachten. Treiber sind die Batterien. Jeden Monat sinken die Preise um ein Prozent. Gleichzeitig steigt die Zyklenfestigkeit monatlich um ein Prozent und die Energiedichte ebenfalls.

Vorsatz: Batterien gehören nicht zur Kernkompetenz der klassischen Fahrzeugbauer und ihrer Zulieferer. Die sind fit bei Zylindern, Kolben, Kupplungen und Auspuffkatalysatoren. Da könnte es ihnen wohl schon bald so ergehen wie Kodak. Als Autobauer würde ich die elektrische Zukunft auch lieber leugnen und behaupten, Verbrenner gebe es noch in 50 Jahren.

Thomsen: Es werden künftig ganz andere Player ins Spiel kommen. Vielleicht Konzerne wie Samsung oder LG, die bei Batterien gut sind und das technische Know-how haben, elektronisch vernetzte Fahrzeuge zu bauen, die miteinander kommunizieren und sich selbst steuern. Dem Kunden ist es egal. Es wird nicht mehr der Umweltbeauftragte im Unternehmen sein, der sich für ein Elektroauto als Alibi entscheidet, sondern der Controller. Weil es billiger ist.


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