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Lösung im Handelsstreit unter Beschuss

Die Einigung im Handelsstreit über die Einfuhr von chinesischen Solarmodulen nach Europa stößt in der europäischen Solarbranche auf heftige Kritik. Mindestpreise könnten zu Preissteigerungen führen, kritisieren die Zollgegner. Die Kläger betonen, dass das festgelegte Handelsvolumen den Marktanteil der chinesischen Konkurrenz in Europa zementiere.

Die am vergangenen Samstag gefundene Lösung im Handelsstreit zwischen der Europäischen Union und China über die Importe chinesischer Solarmodule wird in Europa heftig kritisiert. Mit Blick auf die Mindestpreise, zu denen die chinesischen Modulhersteller ihre Produkte auf den europäischen Markt verkaufen müssen, erwarten die Zollgegner von der Allianz für Bezahlbare Solarenergie (AFASE) Preiserhöhungen, die sich auf die Nachfrage nach Solarstromanlagen in Europa niederschlagen werden. „Preiserhöhungen werden die negative Entwicklung der vergangenen Monate noch beschleunigen und zu einem weiteren Verlust von Arbeitsplätzen in der gesamten Wertschöpfungskette führen“, sagt Thorsten Preuschgas, Geschäftsführer von Soventix und Vorsitzender der AFASE. „Durch die Einführung der vorläufigen Strafzölle Anfang Juni ist die Nachfrage bereits deutlich zurückgegangen“, kritisiert Udo Möhrstedt, Vorstandsvorsitzender von IBC Solar. Der Systemanbieter aus Bad Staffelstein ist weder bei AFASE noch bei den Klagenden Unternehmen von EU Pro Sun organisiert. „Das Antidumpingverfahren der EU und der daraus resultierende Handelskonflikt haben damit ohne Not der Solarwirtschaft großen Schaden zugefügt. Die Zeche zahlen Installateure, Händler, Hersteller, aber auch die Verbraucher“, sagt Möhrstedt. Über die genaue Höhe der Mindestpreise will der EU-Handelskommissar Karel De Gucht bisher noch keine Angaben machen. Bis zur Bestätigung des Kompromisses durch die Europäische Kommission bleiben die noch ein Geheimnis. Die Branche geht von einer Preisverpflichtung in Höhe von 55 bis 57 Eurocent pro Watt aus. „Ich hoffe, die Europäische Kommission wird meinen Vorschlag am 2. August annehmen“, erklärte De Gucht heute auf einer Pressekonferenz in Brüssel.

Festgelegtes Handelsvolumen in der Kritik

Aus den Ausführungen des Handelskommissars geht aber eindeutig hervor, dass es ein maximales Importvolumen für chinesische Solarmodule geben wird, das Zollfrei in die EU eingeführt werden darf. Wie hoch das ist, sagte De Gucht ebenfalls nicht. Aber in der Branche geht man von sieben Gigawatt pro Jahr aus. Das wiederum stößt bei den klagenden europäischen Herstellern auf Kritik. „Nach der Einigung vom Wochenende wird der Solarmarkt in Europa geteilt sein“, erklärt Milan Nitzschke, Präsident von EU Pro Sun. „Der erwartete Solarmarkt 2013 liegt bei zehn Gigawatt. Sieben Gigawatt davon hat die Kommission staatlich  subventionierten chinesischen Herstellern zollfrei zugesprochen. 70 Prozent also gehen planwirtschaftlich an chinesische Solarprodukte zu Dumpingpreisen, 30 Prozent des Marktes können sich dann im freien Wettbewerb Europäer, Koreaner, Japaner und andere Hersteller aus dem Rest der Welt teilen. Das ist alles andere als eine Entscheidung zugunsten der europäischen Solarindustrie und fairen Wettbewerbs.“ Die europäischen Modulhersteller fühlen sich bestärkt, vor dem Gerichtshof der Europäischen Union dagegen zu klagen, droht die Vereinigung der Kläger. „Besonders absurd ist, wenn die EU Kommission jetzt behauptet, die europäischen Solarherstellern könnten ohnehin nicht liefern“, sagt Nitzschke weiter. „In der EU Verordnung vom 4. Juni 2013 beziffert die Kommission selbst die Produktionskapazität europäischer Hersteller auf 9,74 Gigawatt. Die durchschnittliche Jahresproduktion der Europäer lag bei rund vier Gigawatt. Aufgrund des chinesischen Dumpings konnten die europäischen Hersteller ihre Kapazitäten nur zu unter 50 Prozent auslasten. Diese Unterauslastung wird jetzt durch die Europäische Kommission quasi dauerhaft festgeschrieben.“

Europäische Anbieter werden ihren Marktanteil wiederbekommen

Karel De Gucht verteidigt den Kompromiss. Schließlich gehe es bei der Preisverpflichtung nicht um ein festes Preisniveau, sondern um einen Mindestpreis. Der tatsächliche Preis kann dann durchaus höher sein. „Wenn die Verpflichtung in Kraft tritt, werden die europäischen Anbieter den Schutz gegen chinesische Dumpingpreise spüren, weil die Zölle für die Exporteure von heute 11,8 auf dann 47,6 Prozent steigen, die sich nicht an die Verpflichtung halten“, erklärt De Gucht. „Diese Exporteure machen etwa einen Anteil von 30 Prozent der gegenwärtigen chinesischen Exporte aus. Die anderen 70 Prozent der chinesischen Anbieter, die an der Verpflichtung teilnehmen, werden vor Antidumpingzöllen für ein erhebliches Handelsvolumen geschützt. Allerdings betrifft das ein Marktsegment, dass europäische Anbieter ohnehin nicht abdecken können.“ Schließlich sei das Importvolumen, dass aus dem Reich der Mitte in die EU zollfrei eingeführt werden darf, weniger als die 80 Prozent Marktanteil, die die chinesischen Anbieter vor der Untersuchung hatten. Die Europäische Kommission geht davon aus, dass der Modulmarkt in naher Zukunft wieder wachsen wird. Dann wird das begrenzte Importvolumen zu einem noch niedrigeren Marktanteil der chinesischen Konkurrenz führen. „Ich glaube, dass diese Lösung die Nachteile der europäischen Industrie beseitigen wird“, sagt De Gucht. „Sie ist gleichbedeutend mit der Erhebung von Schutzzöllen für alle chinesischen Exporteure. Der Effekt wird sein, dass die europäische Industrie, ihren bisherigen Marktanteil wieder bekommen wird. Wir stellen die Stabilität durch ein nachhaltiges Preisniveau im europäischen Markt wieder her.“, erklärt der Handelskommissar.

Nicht zu optimistisch sein

Vor zu viel Optimismus warnt Udo Möhrstedt. „Mit der jetzt verkündeten Einigung zwischen China und der EU ist der Handelskonflikt deutlich abgeschwächt worden“, sagt er. „Als Teilerfolg ist zu werten, dass zumindest eine Monate lange Phase der Unsicherheit für das Solarhandwerk endlich beendet ist.“ Möhrstedt warnt aber davor zu glauben, dass mit dieser Einigung das Problem vom Tisch ist. „Das Antidumpingverfahren läuft weiter, die Entscheidung über endgültige Strafzölle muss spätestens bis Dezember fallen“, erklärt er. „Dies ist für die Hersteller relevant, die die Vereinbarung nicht unterzeichnet haben. Für die Solarwirtschaft bedeutet das: Das Gefüge des freien Marktes wird weiter erheblich gestört. Deshalb darf der jetzt gefundene Kompromiss auch keine Dauerlösung sein. Das Antidumpingverfahren muss so schnell wie möglich beendet und die Handelsbeschränkungen müssen wieder aufgehoben werden“, fordert Möhrstedt. (Sven Ullrich)