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Projekte finden, Projekte leiten

Grüne Wiese oder Betonbau in der Erde? Als Arvid Goletz zum ersten Mal den Wasserspeicher der Wasserwerke in Ammerbuch-Poltringen erklomm, musste er sich kaum anstrengen. Denn das Gewölbe liegt tief in der Erde, sein Dach ist unter einer dicken Erdschicht verborgen. Im Juni 2012 erhielt er den Auftrag, das Speicherdach und die Dächer angrenzender Betriebsgebäude mit Photovoltaik zu nutzen. Ammerbuch liegt bei Stuttgart, Goletz hat sein Büro in Tübingen.

Seit 2004 ist er in der Photovoltaikbranche unterwegs. Erst als Vertriebler für MHH Solartechnik, seit Anfang 2009 als Berater und Projektentwickler auf eigene Rechnung. „Herausgekommen ist eine Freilandanlage, die wie eine Aufdachanlage vergütet wird“, berichtet Goletz von dem ambitionierten Projekt, das Ende April 2013 ans Netz ging. „Auf dem Wasserspeicher wurden 170 Kilowatt installiert, auf den Dächern der benachbarten Gebäude noch einmal rund 100 Kilowatt.“

Keine Pfosten oder Dübel

Goletz hat keine Mitarbeiter, er betreut die Projekte allein. Je kniffliger, desto besser. Beim Wasserwerk in Ammerbuch-Poltringen ging er zunächst davon aus, dass es sich um eine Aufdachanlage auf dem Speicher handelt, er also keine Baugenehmigung braucht. „Sicherheitshalber habe ich beim Bauamt nachgefragt“, erinnert sich Goletz. „Wir betrachten das Gelände als Wiese, war die Antwort. Also mussten wir eine Baugenehmigung beantragen, die aber problemlos erteilt wurde.“

Der Wasserspeicher besteht aus einer hohlen Betonkaverne, deren rund 40 Zentimeter starke Decke von Säulen im Innern getragen wird. Über dem Beton folgt eine rund 80 Zentimeter dicke Erdschicht. Um die Solarmodule aufzuständern, nutzte Goletz das Montagesystem PV Max von Schletter.

Dazu wurde die Grasnarbe entfernt. Ein Betonbauer fertigte schwere Schwellen an, die die Stahlgestelle aufnehmen sollten. „Rammfundamente oder Krinner-Dübel konnten wir nicht setzen“, meint Goletz. „Die Betondecke des Speichers ist tragfähig, das haben wir von einem Statiker prüfen lassen. Aber sie musste natürlich unversehrt bleiben.“ Die Betonschwellen wurden auf eine Schicht Split gelegt, die Spezifikation für den Betonbauer wurde von Schletter geliefert.

Verbaut wurden Solarmodule des chinesischen Herstellers Risen sowie chinesische Wechselrichter von Sungrow (SG 30KTL). Die Anlage speist in das Niederspannungsnetz der Wasserwerke ein. Mittels kaufmännisch bilanzieller Durchleitung werden 90 Prozent des Stroms gemäß EEG vergütet, da bei Inbetriebnahme der Einspeisetarif noch lukrativ war.

Ausschreibung betreut

Wie im EEG vorgesehen, nehmen die Wasserwerke die übrigen zehn Prozent des Solarstroms für den Eigenverbrauch ab. Bislang läuft die Anlage ohne Störung. „Ich gehe davon aus, dass die Wasserwerke in Zukunft den gesamten Solarstrom selbst abnehmen und verbrauchen“, prophezeit Goletz. „Angesichts der steigenden Strompreise wird sich das bald rechnen.“

Weil der Betreiber der Photovoltaikanlage, die Gemeindewerke Ammerbuch, ein kommunales Unternehmen sind, musste die Anlage öffentlich ausgeschrieben werden. „Da zeigte sich dann doch, wie schwer sich viele Installateure mit solchen Ausschreibungen tun“, erzählt Goletz. „Ich habe die Ausschreibung formuliert und darin den Nachweis zahlreicher Qualitätsmerkmale gefordert, um eine möglichst hohe Qualität der Komponenten zu erzielen.“

Als die Angebote geöffnet wurden, stellte sich heraus, dass kein Bieter alle Kriterien erfüllen konnte, nicht im ersten Anlauf. „Im Einvernehmen mit den Bietern haben wir diesen dann die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von zwei Tagen die fehlenden Nachweise nachzureichen. Drei Bietern ist das gelungen. Der günstigste hat dann den Auftrag erhalten.“

Kontrolle der Bauarbeiten

Goletz versteht sich als Stellvertreter seiner Kunden. Dazu gehört, dass er nicht nur die Auftragsvergabe an die Installateure organisiert. „Ich betreue auch den Bau und kontrolliere die Gewerke“, sagt er. „Man kann von den Kunden nicht verlangen, dass sie die schwierige Materie beherrschen.“ Am Ende führt er die Abnahme der Anlage durch und organisiert die Wartung.

Im Prinzip macht Goletz in der Photovoltaik, was die Architekten am Bau machen – sollten. „Die Projekte werden immer anspruchsvoller“, urteilt er. „Vor allem der Eigenverbrauch macht das Geschäft richtig spannend.“

Die 270-Kilowatt-Anlage der Wasserwerke war seine bislang größte Anlage. Soeben fertiggestellt hat er 71 Kilowatt auf einer ehemaligen Lagerhalle, die für Veranstaltungen genutzt wird. Ihm oblag es, alle Beteiligten zu koordinieren. Dazu gehörte zunächst der Dachdecker, der das Hallendach sanierte. Erst danach konnte das Flachdach mit Solarmodulen belegt werden. „Auch bei diesem Projekt habe ich die Baubetreuung und die Abnahme gemacht“, bestätigt Goletz. „Diese Anlage ist auf Eigenverbrauch ausgelegt, sie ging im Dezember 2013 in Betrieb.“ Ohne Speicher werden 40 Prozent des Sonnenstroms in der Halle selbst verbraucht. Um möglichst viel Solarstrom vor Ort zu nutzen, ließ Goletz prüfen, ob eine stillgelegte Stromleitung zwischen der Halle und dem benachbarten Bürogebäude ausreichend dimensioniert wäre, um es darüber mit Strom zu versorgen. Betreiber der Halle ist eine freikirchliche Gemeinde, ihr gehören auch die Büros. „Also haben wir bei den Stadtwerken angefragt, ob man den Hausanschluss des Bürogebäudes stilllegen darf“, erzählt der Planer. „Das hat geklappt. Der Anschluss wurde verplombt, der Zähler ausgebaut.“ Nun werden die Gemeindebüros über den Zähler der Halle mitversorgt, quasi als Mikronetz.

Mit Hilfe einer Genossenschaft

Gerade ist Goletz an einer Tennishalle zugange, die etwa 40 Kilowatt Photovoltaik aufnehmen könnte. „Technisch gesehen, sind fast alle Probleme lösbar“, meint er. „Bei solchen Projekten sind die menschliche und wirtschaftliche Komplexität viel schwieriger.“ Denn bei diesem Projekt könnte ein benachbartes Restaurant auch Sonnenstrom verbrauchen, was den Direktverbrauch in den Gebäuden deutlich erhöhen würde. Dafür müsste jedoch der Stromverbrauch des Tennisclubs und des Restaurants über einen Zähler abgerechnet werden. Allerdings wird das Restaurant nicht vom Tennisclub betrieben, sondern von einem Pächter, der seinen eigenen Stromzähler hat. Der Club möchte jedoch nicht das Risiko tragen, dass der Restaurantpächter vielleicht eines Tages seine Stromrechnung nicht bezahlen kann. „Eine mögliche Lösung könnte sein, dass die Bürger-Energiegenossenschaft aus Tübingen die Solaranlage betreibt und den Strom an die Tennishalle und das Restaurant verkauft“, argumentiert Arvid Goletz. „Damit könnten wir 50 Prozent des Sonnenstroms direkt nutzen.“

Elektrisch gesehen würde die Bürger-Energiegenossenschaft als Stromkunde im örtlichen Versorgungsnetz auftreten. Restaurant und Tennishalle sind dann jeweils über Unterzähler angeschlossen und rechnen gegenüber der Genossenschaft ab. „Den Netzbetreiber habe ich bereits angefragt. Er wäre mit dieser Lösung einverstanden.“

Kommunikation und Projektmanagement: Längst hat sich die Photovoltaik von der einfachen Planung von Komponenten wegentwickelt. „Wir müssen neue Geschäftsmodelle finden“, resümiert der erfahrene Berater. „Die Frage ist zunehmend: Wie können wir den Direktverbrauch kaufmännisch abbilden? Damit müssen wir jetzt Erfahrungen sammeln.“

https://arvidgoletz.de/

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