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Drähte statt dicke Finger

Nach dürftigen Jahren traten 2015 auf der Intersolar in München wieder einige Anbieter von Solarzellen und Solarmodulen mit interessanten Neuheiten in Erscheinung. Die Werke laufen mit guter Auslastung, nun wird der Markt erneut von Innovationen bestimmt. Um es vorwegzunehmen: Die kristallinen Solarmodule sind längst noch nicht ausgereizt. Und: Für etliche kleinere Anbieter wird die Luft dünn. Denn die Innovationen erfordern erhebliche Investitionen, um die alten Linien umzurüsten oder zu ersetzen.

Denn die klassischen Busbars zur Kontaktierung der Frontseite der Solarzellen sterben aus. Die Metallisierungslinien werden immer feiner, ein filigranes Netz überspannt die Zelle. Der deutsche Anbieter Solarworld rollte Module mit fünf schmalen Kontaktfingern aus. LG und BYD haben sich gänzlich von Busbars verabschiedet. Das neue Mono Neon 2 von LG Electronics schafft auf diese Weise bereits 315 Watt – und bekam dafür den Innovationspreis der Intersolar.

Auch der aus Skandinavien stammende Hersteller REC Solar wurde mit einem Award bedacht, für die neuen Solarmodule mit vier Busbars. Damit ist eine neue Runde der Innovation bei den Solarzellen und den Solarmodulen eröffnet. Diese Fortschritte dürften vor allem kleinere Anbieter in Zugzwang bringen.

Fünf Busbars bei Solarworld

Solarworld hat mittlerweile sämtliche Module auf Perc-Zellen umgestellt. Seit Mitte des Jahres werden die Fertigungslinien für die Zellen und Module zudem auf fünf Busbars adaptiert. Der Übergang von bisher drei auf fünf Busbars erhöht den Wirkungsgrad um bis zu zwei Prozentpunkte. Eine industriell hergestellte Perc-Zelle mit fünf Busbars schaffte im Juli einen Wirkungsgrad von 21,7 Prozent. Basis ist ein monokristalliner P-Type-Wafer.

Die Umstellung der Fabriken im US-amerikanischen Hillsboro (Bundesstaat Oregon) und in Sachsen läuft bereits. Insgesamt 800 Megawatt Zellfertigung hat Solarworld bereits auf die neuen Perc-Zellen umgestellt. Im dritten Quartal wird der Modulhersteller die ersten Solarmodule mit 60 Zellen und 300 Watt Leistung auf den Markt bringen.

Im Wesentlichen geht es darum, die Lötautomaten für die Zellstrings in den Modulen anzupassen. Zudem wird der Druckprozess der Frontseite der Solarzellen auf fünf Busbars und feinere Kontaktlinien angepasst. Die Umbauten im amerikanischen Werk wurden im Laufe des zweiten Quartals abgeschlossen.

Neue Lötautomaten und Drucker

Zudem brachte Solarworld eine weitere Neuerung nach München. Erstmals präsentierte das Unternehmen ein Solarmodul, das von beiden Seiten Strom liefert. Sogenannte bifaziale Zellen wurden ins Doppelglasmodul Sunmodule Protect eingebaut, um die Leistung zu erhöhen.

Das neue Sunmodule Protect 360 Grad Duo verwertet den direkten Lichteinfall auf der Vorderseite und indirektes Licht auf der Rückseite. Unter optimalen Bedingungen liefert es bis zu 25 Prozent mehr Energie als ein vergleichbares Modul mit 60 Standardzellen. Das Modul hat vorn und hinten eine Glasplatte, deshalb ist es besonders robust und langlebig.

Solarworld gibt die Lebensdauer mit mindestens 30 Jahren an. Das neue Sunmodule Protect 360 Grad Duo eignet sich für Flachdächer und Freiflächenparks gleichermaßen. Die ersten bifazialen Module sind ab dem vierten Quartal 2015 verfügbar.

Ein Cello aus Korea

LG Electronics zeigte in München das neue Solarmodul Mono Neon 2, dessen schwarze Variante (Cello) seit Juli lieferbar ist und 300 Watt leistet. Die weiße Version leistet 315 Watt, sie wird zwischen August und Jahresende lieferbar sein. Schon bald dürfte das weiße Modul mehr als 320 Watt leisten, aus 60 Zellen.

Das Modulwerk von LG steht im südkoreanischen Gumi. Die Umstellung auf Multiwire läuft bereits seit April. Statt der breiten und deutlich sichtbaren Kontaktfinger werden zwölf Drähte über die Zelle gelegt, um die Elektronen einzusammeln und zur Anschlussdose zu leiten. So kommt die Zelle im Nadelstreifenanzug daher. Auf diese Weise sinkt die Verschattung der Frontseite erheblich.

Die neuen Frontkontakte wurden auch bei den Solarmodulen der Baureihe Mono X eingeführt, die damit 290 Watt aus 60 Zellen leisten. Die Produktion begann im Mai, seit Juli werden sie in Europa eingeführt. Mittelfristig baut LG seine Kapazitäten auf 700 Megawatt aus.

Im Unterschied zu Solarworld setzt LG auf N-Type-basierte Wafer. Das Mono X Neon fängt das Licht über die Vorderseite und die Rückseite ein. Die doppelte Antireflexbeschichtung der Zellen sowie das Antireflexglas verringern die Verluste durch Streuung und Spiegelung.

Michael Harre von LG stellt in Aussicht: „Wir wollen bald 350 Watt aus 60 Zellen schaffen.“ Die Koreaner bieten für ihre Module eine Produktgarantie von zehn und eine Leistungsgarantie von 25 Jahren an.

Doppelglasmodul mit Multiwire

Auch der chinesische Modulhersteller BYD stellt seine Doppelglasmodule auf Multiwire um. Das Modul namens „BYD Module 2.0“ hat keinen Rahmen. Bisher leistet es 260 Watt (polykristallin), demnächst werden es 270 sein. Auch Module mit 72 Zellen werden angeboten. Montiert wird das Modul im Freiland an vier rückseitigen Haltepunkten. Auf dem Dach wird es wie andere rahmenlose Module mit Klemmen installiert. Die Pole sind in zwei Anschlussdosen getrennt.

Einen anderen Weg geht der norwegische Modulanbieter REC Solar. Das neue Solarmodul Twin Peak nutzt halbierte und anschließend miteinander verlötete Zellen, um Ertragsverluste durch die Verschaltung zu senken.

REC setzt multikristalline Perc-Zellen ein, mit neuerdings vier Busbars. Zudem bedienen je zwei getrennte Anschlussdosen einen Anschlusspol. Mit diesem Verschaltungskonzept leisten die Twin-Peak-Module im Vergleich zu Standardmodulen rund zehn Watt mehr.

Schweizer peilen 330 Watt an

Noch radikaler sind die Innovationen bei Meyer Burger im eidgenössischen Thun. Der Hersteller von Solarmodulen und Fabriken für die Modulfertigung hat seine Produktionslinien auf 60-Zellen-Module mit 327 Watt getrimmt. Die Schweizer erreichen diese Modulleistung mit Stapelsolarzellen (Heterojunction), ähnlich wie die HIT-Module von Panasonic. Sie sind in der Lage, ein breiteres Spektrum des Sonnenlichts für die Stromproduktion zu nutzen als einfache Solarzellen mit nur einem P-N-Übergang.

Zudem nutzen auch die Schweizer beide Seiten der Zellen zur Stromproduktion. Diese bifazialen Zellen kontaktieren sie zusätzlich mit ihrer selbst entwickelten Technologie „Smart Wire Connection“, einer eigenständigen Multiwire-Lösung zur Verdrahtung. Dabei nutzen sie statt der üblichen Zellverbinder eine Folien-Draht-Elektrode. Nach Angaben des Unternehmens steigt allein dadurch die Leistung um fünf Prozent gegenüber Zellen mit drei Busbars. Zudem sinken der Silberanteil und damit die Kosten für die Herstellung der Zellen.

Module aus der Serienfertigung

Meyer Burger hat die sehr hohe Leistung mit 60-Zellen-Modulen erreicht, die auf Produktionsmaschinen der Industrie gefertigt wurden. Die Leistung wurde vom Messinstitut der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kunst der Südschweiz bestätigt. Der Einsatz der Heterojunctionzellen erhöht den Solarstromertrag eines 60-Zellen-Moduls um zehn Prozent.

Das führen die Schweizer nicht nur auf das breitere nutzbare Lichtspektrum, sondern auch auf den besseren Temperaturkoeffizienten zurück. Während Standardzellen 0,43 Prozent ihrer Leistung verlieren, wenn die Temperatur um ein Grad Celsius steigt, beträgt dieser Wert bei den Heterojunctionzellen nur 0,22 Prozent. Die Roadmap von Meyer Burger sieht weitere Effizienzsteigerungen bis zu 24 Prozent vor.

Sharp

Foto: Sharp

Monomodul erreicht 290 Watt

Der japanische Modulhersteller Sharp hat sein Angebot an Solarmodulen erweitert. Die schwarzen, monokristallinen Module NU-RD280 und NU-RD285 leisten 280 Watt oder 285 Watt, die Variante NU-RC290 bis 290 Watt. Zudem hat Sharp seine polykristallinen Module verbessert, auf 250 Watt (ND-RG250) sowie 255 Watt (ND-RG255).

Die Module sind seit Juni bei Händlern und Installationspartnern erhältlich. Die Produktgarantie erstreckt sich auf zehn Jahre, die lineare Leistungsgarantie auf 25 Jahre.

www.sharp.de

Wuxi Suntech Power

Perc-Zellen mit vier Busbars

Suntech hat auf der Intersolar in München das neue Solarmodul Super Poly gezeigt. Das polykristalline Paneel ist seit Juli lieferbar, der Wirkungsgrad erreicht bis 16,7 Prozent. Die Zellen nutzen die Perc-Technologie, das Modul soll resistent gegen PID sein. Mit 72 Zellen leistet ein Super-Poly-Modul bis 325 Watt. Die Kontaktierung der Frontseite erfolgt über vier Busbars. Damit liegen die Module im Vergleich zu den Vorgängermodulen um mindestens fünf Watt höher. Monokristalline Module mit 60 Zellen erreichen 275 Watt. Suntech gibt auf das neue Modul eine Garantie von zehn Jahren.

de.suntech-power.com

Panasonic

Grafik: Panasonic

HIT-Modul mit kürzerem Format

Das neue Solarmodul N285 mit einer Nennleistung von 285 Watt entwickelte Panasonic speziell für Anlagen auf Wohnhäusern und Gewerbebauten. Im Unterschied zu den Vorgängern N240 und N245 ist das neue Modul kürzer. Mit Abmessungen von 1.463 mal 1.053 Millimetern eignet es sich besonders für die Hochkantinstallation auf dem Dach. Dort finden mehr Solarmodule Platz, auch kann man die Modulreihen enger installieren.

Durch die Übernahme des Solargeschäftes von Sanyo im Jahr 2012 blickt Panasonic in diesem Jahr auf eine 40-jährige Erfahrung in der Zellentwicklung zurück. Schon 1975 begann Sanyo mit der Entwicklung von Solarzellen aus amorphem Silizium. 1997 führte das japanische Unternehmen die ersten HIT-Module in den Markt ein. Dabei werden dünne, monokristalline Wafer von einer ultradünnen amorphen Siliziumschicht umhüllt. Auf diese Weise zeigen die Module sehr gutes Verhalten bei hohen Temperaturen und Schwachlicht.

www.eu-solar.panasonic.net

Belectric/General Electric

Mit 1.500 Volt auf dem Dach

In Berlin entstand ein Dachgenerator mit einer Systemspannung von 1.500 Volt. Der fränkische Projektierer Belectric hat seine Erfahrungen aus dem Freiland damit erstmals auf Gewerbedächer übertragen. Im Berliner Stadtteil Marienfelde wurden im Juni 621 Kilowatt installiert. Das Sonnenkraftwerk arbeitet mit Kraft-Wärme-Kopplung (Blockheizkraftwerk) und einem Batteriespeicher zusammen. Partner in diesem Projekt waren General Electric und Kofler Energies.

Die Anlage besteht aus 6.900 Dünnschichtmodulen von First Solar, die über einen Zentralwechselrichter Prosolar von GE verschaltet sind. Der Prosolar ist auf 1.500 Volt Systemspannung ausgelegt. Die Unterkonstruktion Plantec ist sehr leicht, sie wurde speziell für große Industriedächer entwickelt. Aufgeständert wurden die Module nicht, sie liegen flach auf dem Dach.

Weil die DC-Spannung auf 1.500 Volt angehoben wurde, sinken die Kosten für die Verkabelung und die Leistungselektronik. Höhere Spannungen erlauben geringere Ströme. Angeschlossen wurde der Solargenerator an die AC-Niederspannung.

www.belectric.com