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Teurer Wunsch nach Autarkie

Lange sah es so aus, als würde das Programm Nummer 275 der Staatsbank KfW
ohne Nachfolger auslaufen. Es kam anders. Die neue KfW-Speicherförderung läuft seit März
2016 weiter. Und die Solar- wie die Speicherbranche zeigen sich erleichtert. „Batteriespeicher kommen so oder so“, ist sich Professor Dirk Uwe Sauer allerdings sicher. Denn sie ermöglichen, dass Haushalte mit Photovoltaikanlagen den Eigenverbrauch künftig deutlich steigern. „Bei einer weiteren Kostensenkung der Speicher wird dies in wenigen Jahren auch finanziell attraktiv sein“, sagt Sauer voraus. Er leitet das Institut für Stromrichtertechnik und elektrische Antriebe (ISEA) an der RWTH Aachen.

Gesamtes System entlastet
Der Speicherexperte wurde mit der Evaluierung des KfW-Speicherprogramms beauftragt. Ein erster Monitoringbericht liegt nun vor, auch wenn das Messen und die Auswertungen fortlaufend weiter betrieben werden. Davon profitieren nicht nur die Besitzer der Solaranlagen und Speichersysteme, sondern das Stromsystem insgesamt. „Durch die vielen dezentralen Speicher wird die Photovoltaik wesentlich systemverträglicher, folgert Sauer. Und das ist auch nicht verwunderlich. Denn: „Bei einer intelligenten Regelung entlastet die Begrenzung der maximalen Einspeiseleistung der Solaranlagen das Stromnetz, da die Anlage gleichmäßiger einspeist.“ Die Preise für Batteriespeichersysteme für private Haushalte geraten aktuell massiv unter Druck. Monat für Monat purzeln die Preise. Grund dafür ist der Markteintritt von immer mehr Batteriesystemherstellern wie Tesla, BMW und Daimler oder auch BYD, die hauptsächlich für den Elektrofahrzeugmarkt arbeiten. „Die mittleren Marktpreise für die Endverbraucher lagen bei Lithium-Ionen-Batterien 2015 noch bei über 2.000 Euro pro nutzbarer Kilowattstunde Speicherkapazität“, berichtet Professor Sauer. Für 2016 werden einige Gesamtsysteme schon für rund 1.000 Euro pro Kilowattstunde nutzbarer Speicherkapazität oder sogar günstiger zu haben sein. Lange waren Bleispeicher billiger, aber das Potenzial für Kostensenkungen ist bei Lithiumakkus um ein Vielfaches höher.

4.600 Speicher erfasst
Mitte 2015 waren immerhin 4.600 Speicher in der Datenbank erfasst. Zum Mai 2013 ist das KfWSpeicherprogramm gestartet. Ziel der Auflagen durch das Programm war es, die Netzdienlichkeit zu verbessern und den Eigenverbrauch zu erhöhen. Die Förderung beinhaltet einen zinsgünstigen Kredit der KfW-Bank sowie einen Tilgungszuschuss von bis zu 30 Prozent der Investitionskosten. Somit ist der Kredit schneller abbezahlt. Für neue Photovoltaikanlagen, die gleich mit Speicher installiert werden, betrug der fixe Abzug 1.600 Euro pro Kilowatt Leistung. Bei einer Nachrüstung des Speichers wird anders gerechnet,
die Förderung gilt aber erst für Anlagen, die ab 2013 in Betrieb gegangen sind. Die exakten
Kreditbedingungen sind zudem an die Bonität des Kreditnehmers sowie die Laufzeit des Kredits gekoppelt. 20 Betreiber mit Sensoren ausgerüstet Rund 2.000 Anlagen befanden sich Ende 2015 im Standard-Monitoring der RWTH. Darüber hinaus werden 20 ausgewählte Anlagen tiefgehend analysiert. Dafür wurden Sensoren im Haushalt, an der Solaranlage wie am Speichersystem befestigt. Diese erfassen Erzeugung, Verbrauch und Speicherung des Stroms. Neben Spannung, Strom und Leistung nahmen die Sensoren die solare Einstrahlung, die Temperatur der Module und der Batterien sowie die Netzfrequenz auf. Insgesamt wurden Batterien mit Lithium, Blei-Säure, Natrium-Schwefel und Nickel-Cadmium sowie Redox-Flow-Batterien gefördert und gebaut. Für die Forscher ergibt sich nach der Auswertung:
Ein Speicher mit einer nutzbaren Kapazität von unter zwei Kilowattstunden ist für einen
Haushalt in der Regel nicht wirtschaftlich zu betreiben. Grund: Die fixen Systemkosten für
Elektronik, Energiemanagement, Schütze und Schalter übersteigen die geringen jährlich umsetzbaren Strommengen der Batterie, argumentieren die Autoren. Batteriespeicher mit mehr als acht Kilowattstunden benötigen dagegen eine große Solaranlage und einen hohen jährlichen
Stromverbrauch, wie er bei landwirtschaftlichen Betrieben üblich ist.

Die ideale Speichergröße
Für die Käufer wäre demnach ein Akku mit fünf bis sieben Kilowattstunden ideal. Aufgrund des
Marktes musste allerdings in einem modularen System auf die nächstkleinere oder nächstgrößere Option ausgewichen werden. Die Gründe, warum sie sich für einen Batteriespeicher entschieden haben, gaben die Befragten wie folgt an: 80 Prozent wollten sich gegen steigende Strompreise absichern. Das Interesse an der neuen Technologie war mit 60 Prozent ebenfalls sehr hoch. Zudem wollte sich jeder Fünfte künftig vor Stromausfällen schützen. Das belegt, dass es meist technikaffine Käufer waren, die sich als Erste einen Speicher einbauten. Wirtschaftlichkeit spielte dagegen kaum eine Rolle: Nur jeder Zweite erwartete überhaupt einen nennenswert positiven Beitrag des Speichers. Jeder Zehnte ging sogar von deutlichen Verlusten aus. Wesentliche Kaufmotivation war demnach der Wunsch nach Autarkie.

Stromnetze werden entlastet
„Durch einen Speicher lässt sich der ungenutzte Solarstrom am Mittag in die Abendstunden verlagern“, erklärt Kai Kairies von der RWTH Aachen, der an der Studie mitarbeitete. So wird die Mittagsspitze von vielen Photovoltaikanlagen verlagert und das Stromnetz spürbar entlastet. Folglich können auch mehr Solaranlagen künftig ins Netz einspeisen, ohne dass das Stromnetz dafür ausgebaut werden muss. Voraussetzung ist allerdings ein netzdienlicher
Betrieb, der durch die KfW-Förderung erreicht werden soll. Als wissenschaftliche Berater
haben sich Professor Sauer und sein Team dafür ausgesprochen, die Grenze von 60 Prozent Einspeisung weiter nach unten abzusenken. „Dadurch werden die Hersteller motiviert, ihre Systeme weiter zu verbessern“, sagt Mitarbeiter Kairies. Die Beteiligten wiesen mit 5.500 Kilowattstunden jährlichem Stromverbrauch einen überdurchschnittlichen Verbrauch auf, der laut BDEW-Angaben bei etwa 3.500 Kilowattstunden für einen Haushalt liegt. Je nach Jahreszeit schwankt die Eigenverbrauchsquote. Im Herbst und im Winter produziert eine Solarstromanlage weniger Energie, als der Haushalt benötigt. Im Frühling und Sommer kann eine Anlage mit fünf bis zehn Kilowatt Leistung den Bedarf decken. Da es aber auch in den Sommermonaten immer wieder Regentage gibt, reicht ein Tagesspeicher nicht aus, um eine autarke Versorgung zu erreichen, argumentieren die Autoren. Der stärkere Eigenverbrauch lohnt sich aber finanziell immer mehr. Denn die EEG-Vergütung lag 2014 für Anlagen bis zehn Kilowatt Leistung im Schnitt bei 13,02 Cent pro Kilowattstunde. Im Vergleich dazu zahlten die Haushalte aber 29,1 Cent pro Kilowattstunde an ihren Versorger. Die ermittelten Speicherpreise lagen je nach Technologie bei 1.200 Euro pro nutzbarer Kilowattstunde für einen Bleispeicher und bei 2.000 Euro pro nutzbarer Kilowattstunde für einen
Lithiumakku.

Noch fehlerhafte Installation
Die Teilnehmer des intensiven Monitorings wurden nicht nur besonders beobachtet, sondern
auch intensiver betreut. Das bedeutet beispielsweise, dass die Speicherinstallationen nachträglich begutachtet und bei Bedarf kostenlos vom Installateur nachgebessert wurden. Die Rücksprache mit den Handwerksbetrieben soll dazu führen, dass die Qualität der künftigen Installationen sich verbessert. Ein Mangel bei einem Bleispeicher
war zum Beispiel eine geknickte Verlegung des Entlüftungsschlauches im Kabelkanal.
Oder der Entlüftungsschlauch wurde nicht wie vorgeschrieben nach draußen geführt, sondern auf kurzem Weg mit in den Kabelkanal gelegt.

Was kostet die Kilowattstunde?
Die Beurteilung des Wirkungsgrads von verschiedenen Speichersystemen ist ein komplexes Thema und unter Experten umstritten, schreiben die Autoren der Studie. Eine allgemein gültige Aussage ist mit den wenigen Testspeichern nicht möglich. Dennoch benannten die Autoren einen relativ guten Wirkungsgrad von 95 Prozent im mittleren Leistungsbereich um 1,5 Kilowatt für die Speichersysteme. Höhere Leistungen, nahe an den Grenzen der Höchstwerte im angegebenen Datenblatt, verursachen mit 91 Prozent eine deutlich niedrigere Effizienz. Gute Effizienzen in einer Teillast zu erreichen ist für den Betrieb des
Speichers ungleich wichtiger – da der Speicher erfahrungsgemäß nur in wenigen Stunden mit
der Maximalleistung arbeitet. Die realen Daten und Lastflüsse der 20 Speichersysteme
sollen ab März regelmäßig im Internet zu verfolgen sein. Analysen über einen
längeren Zeitraum werden genauere Aussagen ermöglichen, um die Wirkungsgrade der betriebenen Systeme von Senec, Sonnenbatterie, Smartboy und E3/DC zu ermitteln.
Mithilfe von Labortests sollen die Forscher künftig die Wirkungsgradkurven von einzelnen
Komponenten in der Leistungselektronik erstellen, kündigt Professor Sauer an. Zudem werten
sie weiterhin im Rahmen der Begleitforschung die monatlichen Lastflussdaten aus.

Ein erstes Fazit
Wichtig sei allerdings, dass die Anschlussbedingungen für die Speicher so gestaltet werden,
dass diese das Netz entlasten, betont Sauer. Speicher könnten zusätzlich auch wichtige Netzdienstleistungen wie Blindleistung oder Regelenergie liefern. So kommt es einerseits zu einem betriebswirtschaftlichen Vorteil für den einzelnen Anlagenbetreiber als auch zu einem volkswirtschaftlichen Vorteil für die gesamte Bevölkerung: Die Ausbaukosten für das Stromnetz verringern sich und zusätzliche Installationen für Regelleistung werden vermieden. Im besten Fall wird der Neubau von großen Pumpspeicherkraftwerken
sogar überflüssig. Auch aus diesen Gründen muss die Leistungsbegrenzung weiter absinken. Das neue KfW-Förderprogramm folgt deshalb bei den technischen Anforderungen den Empfehlungen der Forscher von der RWTH Aachen. Es läuft bis Ende 2018.

www.speichermonitoring.de

Neues KfW-Förderprogramm

Wichtige Kriterien für Zuschüsse und Kredite

  • Bis zum 31. August 2018 unterstützt die Bundesregierung die Speicher mit einem Tilgungszuschuss von 500 Euro pro Kilowatt installierter Leistung der Photovoltaikanlage, in die der Speicher integriert ist.
  • Die Solarstromanlage darf dabei 30 Kilowatt Leistung nicht übersteigen.
  • Insgesamt unterstützt die KfW die Speicher mit einem Zuschuss von 25 Prozent der Investitionskosten. Dieser Anteil sinkt aber schon zum 1. Juli dieses Jahres auf 22 Prozent. Bis Ende 2018 verringert er sich weiter, sodass der Hauseigentümer ab 1. Juli 2018 nur noch zehn Prozent der Investitionskosten geltend machen kann.
  • Der Besitzer muss sein System mindestens fünf Jahre lang betreiben.
  • Zusätzlich darf seine Photovoltaikanlage in Zukunft nur noch 50 Prozent der installierten Nennleistung ins Netz einspeisen. Diese Voraussetzung gilt für die gesamte Lebensdauer der Anlage, mindestens aber 20 Jahre lang.
  • Der Wechselrichter der Solaranlage muss über eine geeignete elektronische und offen gelegte Schnittstelle verfügen, sodass der Netzbetreiber die Kennlinien für die Wirk- und Blindleistung in Abhängigkeit von der Spannung und der Frequenz im Netz aus der Ferne einstellen kann.
  • Zudem muss die Anlage allgemein fernsteuerbar sein. Diesem Eingriff ins System muss der Anlagenbetreiber allerdings zuvor zustimmen.

Prognos

100 Millionen Euro beim Netzausbau sparen

Intelligent gesteuerte Solarstromspeicher reduzieren die Kosten des Netzausbaus auf der Verteilnetzebene in Bayern und Baden-Württemberg um über 100 Millionen Euro pro Jahr. Das belegt eine aktuelle Kurzstudie. Die Heimspeicher könnten Einspeisespitzen um die Mittagszeit vermeiden und damit Solarstrom netzoptimiert einspeisen. Durch die so verringerte Einspeiseleistung zu Spitzenzeiten sinkt der Bedarf für den nötigen Netzausbau signifikant. Und das gilt vor allem auf der Niederspannungsebene. Zu diesem Fazit kommt das Beratungsunternehmen Prognos aus Berlin in einer aktuellen Studie.

Die Kurzstudie beruht auf Prognosen für die installierte Photovoltaikleistung bis 2032, die im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellt wurde. Der darin unterstellte Zubau von Solaranlagen in Süddeutschland liegt bei 6,2 Gigawatt am Niederspannungsnetz. „Durch eine Erweiterung um intelligente Speicher werden Netzkosten von 120 Euro pro Jahr und Anlage eingespart“, erklärt Frank Peter, Autor der Prognos-Studie. Aufgrund dieser Kostenkalkulation müsse man das Thema Speicher neu bewerten. „Reduzieren Speicherbetreiber die solare Einspeisung zur Mittagsspitze, entlasten sie das Gesamtsystem, ohne dass auf erneuerbare Stromerzeugung verzichtet werden muss“, verdeutlicht Peter.

Durch das intelligente und vorausschauende Ladeverhalten werden Batteriespeicher nicht schon in den Morgenstunden mit Solarstrom komplett geladen, sondern können gezielt Kapazität für die Mittagsspitzen freihalten. Basis dafür ist ein automatischer Abgleich von Wetter- und Verbrauchsdaten.

Im direkten Vergleich mit Eigenversorgungsmodellen ohne Batteriespeicher wird deutlich, dass Batteriespeicher einen volkswirtschaftlichen Mehrwert bieten. Sie können dadurch einen wesentlichen Beitrag zur sicheren Energieversorgung durch Ökostrom leisten. Aufgrund geringerer Netzausbaukosten falle die Bilanz von Batteriespeichern gegenüber Versorgungsmodellen ohne solche Speicher aus Sicht des Gesamtsystems immer positiv aus, referiert Peter.

Die Kurzstudie setzt auf den Ergebnissen der Studie „Moderne Verteilernetze für Deutschland“ des Bonner Beratungsunternehmens E-Bridge auf. In der Untersuchung von September 2014 hatten die Autoren herausgefunden, dass bis zu 60 Prozent der Kosten für den Ausbau der Verteilnetze eingespart werden können, wenn die Netzbetreiber das Einspeisemanagement konsequent anwenden und regelbare Ortsnetztransformatoren installieren. Der Einsatz von Speichern sei aber aufgrund ihrer damaligen Kosten gar nicht weiter angeschaut worden, erklärt Peter.

In den vergangenen Monaten ist allerdings einiges passiert. „Innerhalb von 24 Monaten haben sich die Speicherpreise um 60 Prozent gesenkt“, sagt Philipp Schröder, einer der Geschäftsführer des Speicherherstellers Sonnen (früher Sonnenbatterie). Die Speicher würden sich in zehn bis 13 Jahren amortisieren, rechnet Schröder vor. Für ihn ist klar: „Eine Software im Akku, ohne zusätzliche Hardwarekosten, steigert auch die Wirtschaftlichkeit des Speichers und bringt dem Betreiber künftig mehr Geld.“

Der Hersteller hat bereits den nächsten Schritt im Blick: Eine intelligente Vernetzung von Batteriespeichern mit Erzeugungsanlagen in einer eigenen Community. Hier werden Erzeuger, Verbraucher und Speicherbetreiber zusammengeführt.

www.prognos.com