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“Im Labor erreichen wir schon 18,5 Prozent Lichtausbeute.“

Im Bereich der Dünnschichttechnologien arbeitet das Imec derzeit hauptsächlich an der Entwicklung von Solarzellen mit Perowskiten als Licht absorbierendem Material. Warum haben Sie sich ausgerechnet dieser Technologie angenommen?

Philip Pieters: In der Vergangenheit hatten wir viele Entwicklungen auf dem Gebiet der organischen Photovoltaik. Einige Unternehmen wie zuerst Konarka und später Heliatek, Beletric OPV, Armor oder Eight 19 entstanden, die diese Technologie umsetzen. Mit der organischen Photovoltaik sind wir bis auf eine Effizienz von zwölf bis 12,5 Prozent gekommen. Das war ziemlich gut. Aber dann haben wir die Entwicklungen mit den Perowskiten gesehen. Erst haben wir uns etwas gescheut, in diesen Bereich einzusteigen, weil es so nach einem Hype aussah. Aber dann haben wir uns näher mit der Technologie beschäftigt, weil wir gesehen haben, dass sie ein großes Potenzial hat.

Wie weit sind Sie da bisher gekommen?

Als wir angefangen haben, Solarzellen mit Perowskiten zu entwickeln, haben wir schnell Effizienzen von 15 Prozent erreicht. Das ging, weil wir dabei auf unsere reichhaltigen Erfahrungen mit der organischen Photovoltaik zurückgreifen konnten. Inzwischen schaffen wir mit kleinen Zellen mit einer Größe von 20 Quadratzentimetern immerhin schon bis zu 18,5 Prozent Wirkungsgrad. Das ist zwar nicht der Weltrekord, der derzeit bei über 21 Prozent liegt. Aber unser Schwerpunkt liegt auch weniger darauf, immer wieder Rekordzellen zu produzieren, die ihre Effizienz nur auf kleinen Flächen zeigen können. Vielmehr müssen wir beweisen, dass wir den Wirkungsgrad auch auf großen Flächen erreichen. Deshalb konzentrieren wir uns darauf, die Größe der Zellen und der Module zu erhöhen und die Technologie in die industrielle Fertigung zu überführen.

Wie gehen Sie an diese Aufgabe heran?

Ausgehend von der Basis unserer Perowskitzellen mit einem Wirkungsgrad von 18 Prozent tragen wir das Licht absorbierende Material auf immer größeren Flächen auf. Mit einer Modulgröße von 150 bis 160 Quadratzentimetern halten wir immer noch einen Wirkungsgrad von elf bis zwölf Prozent. Doch mit steigender Größe sinkt die Effizienz. Die Aufgabe ist es, den jetzt erreichten Wirkungsgrad auch auf großen Flächen zu halten. Am Ende wollen wir komplette 156 mal 156 Zentimeter große Zellen mit dem Material bei gleichbleibender Effizienz aufdrucken.

Mit welchen Druckverfahren machen Sie das?

Zunächst geht es darum, die Zellen auf einem starren Trägermaterial zu realisieren. Als Substrat eignet sich Glas am besten, aber Metallbleche können genauso gut dafür genutzt werden. Das machen wir auf unserer Fertigungslinie in Leuven. Dort bringen wir im Slot-Die-Coating-Druckverfahren verschiedene Materialien einzeln auf Glassubstrate auf. Doch ab Ende dieses Jahres wollen wir auch das Rolle-zu-Rolle-Druckverfahren einführen und damit das Licht absorbierende Material auf flexible Substrate drucken. Das wird in einem Werk unseres Forschungs- und Entwicklungspartners Solliance in Eindhoven umgesetzt. Das Unternehmen hat schon sehr viel Erfahrung mit der Rolle-zu-Rolle-Drucktechnologie. Denn das Rolle-zu-Rolle-Verfahren hat den Vorteil des höheren Durchsatzes.

Welche Wirkungsgrade streben Sie denn im Rahmen der Aufskalierung an?

Natürlich sollte der so hoch wie möglich sein. Wir haben jetzt zwölf Prozent auf 150 bis 160 Quadratzentimetern erreicht. Ich denke, wir müssen das bis auf 20 Prozent und höher für diese Zellgröße vorantreiben und dies dann auf die große Fläche übertragen. Doch wir sehen noch eine andere Anwendung der Perowskite, indem wir sie mit kristallinen Siliziumzellen kombinieren und auf diese Weise für das gesamte Tandem einen Wirkungsgrad von 28 bis 30 Prozent erreichen.

Wie kann eine solche Kombination aussehen?

Wir bringen den Perowskithalbleiter auf die Siliziumsolarzelle auf. Entscheidend für den Wirkungsgrad wird dann vor allem die Verschaltung sein. Da gibt es zwei Möglichkeiten. Man kann die Tandemzelle als einen kompletten Stapel mit jeweils einem Kontakt auf der Perowskitschicht und einem Kontakt unter der Siliziumzelle verschalten. Das ist einfacher zu prozessieren. Aber dann hat man das Problem, dass man den Strom im gesamten Stapel anpassen muss. Bei dieser Variante bleibt der effektive Wirkungsgrad limitiert, denn dann beeinflussen sich die beiden Zellen gegenseitig. Deshalb ist die zweite Möglichkeit, die vierfache Kontaktierung, besser für die Gesamteffizienz der Tandemzelle. Dann ist jeder Teil des Stapels separat kontaktiert und jeder Teil der Tandemzelle arbeitet für sich optimal, ohne dass er von anderen beeinflusst wird. Allerdings ist dies in der Massenfertigung natürlich aufwendiger, was aber die höhere Energieausbeute rechtfertigt. Hier kann man die Siliziumzelle auch komplett auf der Rückseite verschalten, indem man zum Beispiel die IBC-Technologie nutzt.

Welchen Einfluss hat das auf die Energieproduktion?

Wir haben es bei verschiedenen Lichtspektren simuliert. Die separate Verschaltung der einzelnen Teile des Stapels bringt eine signifikant höhere Ausbeute. Schließlich ist das Lichtspektrum nicht über den Tag konstant. Es ist morgens anders als zur Mittagszeit oder abends. Wenn die einzelnen Zellen sich aber gegenseitig beeinflussen, können sie nicht ihre jeweiligen Vorteile bei einem bestimmten Lichtspektrum ausspielen.

Wann werden wir die ersten Perowskitmodule oder -folien auf dem Markt sehen?

Dyesol ist dabei, entsprechende Produktionsanlagen aufzubauen. Ich denke, das Unternehmen wird in der näheren Zukunft die ersten Produkte auf den Markt bringen. Bis man aber richtig hochskalierte Produktionslinien hat, wird es noch einige Zeit dauern. Aber es wird schneller gehen als bei der OPV, weil die Grundlagen bereits existieren.

Das Gespräch führte Sven Ullrich.

www2.imec.be

Philip Pieters

verantwortet am Imec Möglichkeiten für die Überführung der Neuentwicklungen in die industrielle Fertigung. Dazu ist er auch für die Koordination und Organisation bestehender und neuer Kooperationen mit Partnern in der Industrie zuständig.

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