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Praxis am laufenden Band

Einkaufen oder selber machen – diese Frage stellen sich Unternehmen zunehmend auch hinsichtlich ihres akademisch vorgebildeten Personals. Auch vor der Photovoltaikbranche macht diese Entwicklung anscheinend nicht Halt. Der Grund: Die Unternehmen suchen händeringend Fachkräfte. Das zeigt auch das aktualisierte Standortgutachten Photovoltaik des Marktforschungsunternehmens EuPD Research. Es verzeichnet für 2007 rund zwölf Prozent mehr Mitarbeiter in der Solarzellfertigung als ursprünglich angenommen. Der Bundesverband Solarwirtschaft schätzt, dass im Jahr 2008 sogar 5.500 neue Arbeitsplätze in der Photovoltaik geschaffen werden. Für alle wird eine Ausbildung benötigt, für etwa ein Viertel eine akademische.

Doch woher sollen die Bewerber kommen? In einer Umfrage des Wissenschaftsladens Bonn befürchteten 46 Prozent der Befragten aus der Solarindustrie einen Fachkräftemangel. Photovoltaik-Studiengänge gibt es bisher nämlich nicht.

Das führt dazu, dass die Unternehmen oft Bewerber nehmen, die nicht die richtige Qualifikation haben. „Nur bei zehn Prozent der Bewerber passen die Qualifikationen mit Abschlüssen in Physik, Chemie oder Ingenieurwissenschaften perfekt“, sagt Knut Maack, Leiter Personalentwicklung bei Q-Cells. Die Aspiranten hätten meistens zu wenig Spezialwissen aus der Silizium- und Solarzelltechnik. Wer in den nächsten Jahren den richtigen Abschluss vorweisen kann, hat also gute Karten auf dem Arbeitsmarkt.

Ausbildungsvertrag fürs Studium

Zusammen mit der Hochschule Anhalt (FH) in Köthen und dem Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik in Halle hob Maack deshalb einen Studiengang Solartechnik in Köthen aus der Taufe. Das Bachelor-Programm stellt die Solartechnik von Anfang an ins Zentrum, während sie in anderen Studiengängen meist nur als Ergänzungsfach vorkommt. Anders als im kürzlich an der TU Berlin ein gerichteten Weiterbildungsstudiengang Global Production Engineering for Solar Technology handelt es sich in Köthen um einen dualen Studiengang: Interessenten bewerben sich bei Q-Cells um einen Ausbildungsvertrag. Erst wenn sie ihn in der Tasche haben, werden sie zum Studium zugelassen. Während der sechs Semester in Köthen absolvieren sie dann regelmäßig mehrwöchige Praktika in „ihrem“ Unternehmen.

Derzeit stehen 20 Plätze bereit, von denen 15 Q-Cells und weitere fünf das beteiligte Fraunhofer-Institut besetzen werden. Bewerben durften sich nicht nur Abiturienten, sondern auch Meister entsprechender Berufe. Eine Altersgrenze wurde nicht definiert. Maack will nicht ausschließen, dass man den Studiengang später sogar für qualifizierte Q-Cells-Mitarbeiter öffnet. Bei der Auswahl zählt neben den Abiturnoten in Mathe, Deutsch und Naturwissenschaften, die am besten gut oder besser sein sollten, auch, „ob die Bewerber in unsere Unternehmenskultur passen, zum Beispiel offen im Umgang sind“, erklärt Maack.

Wichtig: praxisrelevantes Wissen

Die Absolventen vertiefen im ersten Jahr ihre Kenntnisse in Grundlagenfächern wie Mathematik, Chemie, Physik und ingenieurwissenschaftlichen Basisthemen und erhalten eine Einführung in die Photovoltaik. Der Schwerpunkt liegt dabei auf praxisrelevantem Wissen. Außerdem werden ihnen Soft Skills vermittelt. In diesen Bereich gehört auch Unterricht in einer Fremdsprache. „Für die meisten wird das wohl Englisch sein, wir bieten aber auch andere Sprachen an“, sagt Henry Bergmann, Professor für Elektrotechnologien und Elektroumwelttechnik. Im dritten Semester folgen spezifische Themen aus Fertigungs- und Solartechnik. Außerdem können die Studierenden in dieser Phase ein Wahlpflichtfach belegen, „aus einem breiten Spektrum, auch aus angrenzenden Themengebieten, etwa der Informatik“, erklärt Bergmann.

Im fünften und sechsten Semester nimmt der Anteil der praktischen Tätigkeit stark zu: Es stehen acht beziehungsweise zehn Wochen Berufspraktikum an, dann folgt die zehnwöchige Abschlussarbeit. Im letzten Studienjahr erhalten die Studierenden außerdem einen Online-Kurs in betriebswirtschaftlichen Grundlagen. Anschließend steht die Chance sehr gut, dass sie von Q-Cells oder dem Fraunhofer-Institut übernommen werden.

Der Preis dafür: Die Ferien der Bachelor-Studenten fallen eher kurz aus. Im ersten und zweiten Studienjahr sind jeweils fünf Wochen Urlaub geplant, im Prüfungsjahr nur zwei Wochen. Passionierte Nebenjobber werden es hier also schwer haben. Die universitären Lehrlinge müssen während der drei Studienjahre wohl mit den 500 Euro Ausbildungsvergütung zurechtkommen, die Q-Cells zahlt. Das Studium selbst ist in Sachsen-Anhalt gebührenfrei.

Forschung für Interessierte

Die Hochschule baut derweil aus: Für den Solarbereich will sie zwei weitere Professorenstellen einrichten. Der Unterricht in den Grundlagenfächern erfolgt zusammen mit Ingenieuren anderer Fachrichtungen. Da an der FH Anhalt in anderen Fächern auch schon heute Solarthemen behandelt werden, gibt es bereits Labors für Dünnschichttechnik, die mit Sputtern bestückt sind, oder Systeme für die Laserstrukturierung. Hohen wissenschaftlichen Ansprüchen allerdings genügt der Gerätepark nicht.

Es wird deshalb daran gedacht, besonders forschungsinteressierten Absolventen anschließend den Zugang zu einem gerade entstehenden Master-Programm in Photovoltaik an der Martin-Luther-Universität in Halle zu eröffnen. Dort richtet Q-Cells derzeit eine Stiftungsprofessur für Photovoltaik ein.

Praktiker sind in Köthen aber besser aufgehoben. Außerdem: „Es motiviert ungeheuer, wenn man weiß, dass man sich mit dem Studienplatz fast schon einen Arbeitsplatz gesichert hat.“ Die letzte Bewerbungsfrist ist allerdings bereits abgelaufen. Von den rund 50 Aspiranten, die ihre Unterlagen eingereicht haben, werden die glücklichen Gewinner im Juli die Bescheide bekommen.

Studiengang Solartechnik an der FH Köthen
DauerSechs Semester mit integrierten Praktika (rund 20 Prozent der Studiendauer), maximal zwei mal drei Wochen Urlaub pro Jahr
Ende der ZulassungsfristEnde Mai
Studienbeginnjeweils Oktober
SpezialisierungenAnlagentechnik, Technologie
ZulassungsvoraussetzungenFachhochschulreife (Abitur, Fachhochschulabschluss, Meister oder gleichwertiger Abschluss), gute Noten in Mathematik, Deutsch und Naturwissenschaften, Englisch in Wort und Schrift, Kommunikations- und Teamfähigkeit, Selbständigkeit, Eigeninitiative
BewerbungsunterlagenMotivationsschreiben, ausführlicher Lebenslauf, Noten- und Leistungsübersicht, Arbeitszeugnisse, Praktikumsbescheinigungen
Bewerbungsadressemove.personalmanagementberatung, c/o Q-Cells, OT Thalheim, Guardinistr. 16, 06766 Bitterfeld-Wolfen, oder per Mail an jobs@q-cells.com.

Ariane Rüdiger

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