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Alles ein Frage der richtigen Technik

Häufig ändert sich im Laufe der Zeit die Nutzung eines denkmalgeschützten Gebäudes – historische Kirchen werden zu Konzertsälen, Cafés oder Galerien umfunktioniert, Ställe und Scheunen zu Ferienhäusern, Industriehallen zu Lofts, Kasernen zu Lehrgebäuden. Ebenso wie die veränderten gesellschaftlichen Ansprüche an die Nutzung eines Baudenkmals gibt es im Rahmen einer Sanierung veränderte Anforderungen an die Energieeffizienz eines Gebäudes. Klima, Standort und Gebäudenutzung bilden die Grundlage für die Entscheidung über die mögliche Art und Auslegung einer Photovoltaikanlage. Sie kann an das Stromnetz angeschlossen oder auch als autarkes Inselsystem installiert werden und muss auf existierende Strukturen wie Form, Farbe, Kubatur, Material und Textur des Gebäudes Rücksicht nehmen. Standardlösungen sind damit oft nicht einsetzbar, innovative Lösungen gefragt. Das betrifft einmal die Module selbst, aber genauso die Planung geeigneter Trag- und Unterkonstruktionen.

Nicht jedes Denkmal geeignet

„Wir haben sehr unterschiedliche Erfahrungen im Umgang mit den Denkmalbehörden gemacht“, erläutert Steffen Scheffler vom Ingenieurbüro Scheffler & Partner aus Dresden. Sein Büro hat neben anderen Projekten die Photovoltaikanlage auf dem Treppenturm des Akademiegebäudes „Alter Klosterhof“ in Meißen gestaltet. Je nach Projekt und Standort können auch die Planungsstrategien sehr unterschiedlich sein. „Es gibt geeignete, weniger geeignete und völlig ungeeignete Denkmale“; sagt Scheffler. „In den ersten beiden Fällen bedarf es einer individuellen Betrachtungs- und Herangehensweise bei jedem einzelnen Gebäude sowie guter und fundierter Vorarbeit beim Schreiben des Antrages auf denkmalrechtliche Genehmigung.“ Denn ob man eine Photovoltaikanlage am Baudenkmal versteckt oder ob sie sich bewusst in Kontrast zum Bestand abheben soll, hängt nicht nur vom Wunsch des Bauherrn, sondern in erster Linie von der Einstellung des zuständigen Denkmalpflegers ab. „Eine gute Portion Stehvermögen sowie ein verantwortungsvoller, aufgeschlossener und emanzipierter Partner bei den genehmigenden Behörden sind notwendig“, weiß Scheffler aus eigener Erfahrung. In die schiefergedeckte Dachfläche der Nikolaikirche in Leipzig integrierte er eine Photovoltaikfläche von 40 Quadratmetern. Nach langen Diskussionen wurde die Anordnung der Module so gewählt, dass diese von den engen Straßengassen aus nicht sichtbar sind. Die photovoltaische Fläche kann aber auch ein eigenständiges gestalterisches Motiv bilden. Ein gelungenes Beispiel hierfür bietet die Traufausbildung des Kirchendachs im sächsischen Bärwalde. Anschauliches Bildmaterial kann die Überzeugungsarbeit bei den Denkmalschutzbehörden unterstützen. „Der Aufwand ist ungleich höher als bei normalen Bestandsgebäuden“, merkt Scheffler an. „Meist müssen wir mehrere Fotosimulationen vorlegen, und teilweise werden auch Musterinstallationen gefordert.“

Dächer sind ideal

Bei der Integration von Photovoltaikmodulen in die Gebäudehülle wird ein technisches Element in eine neue oder bestehende Außenwand- oder Dachkonstruktion eingefügt. Die Module können additiv mit einer Metallunterkonstruktion befestigt werden. Sie bilden dann ein zusätzliches Bauteil, das Strom erzeugt. Sie können aber auch Bauteile der Fassade oder des Dachs ersetzen und so integrativer Bestandteil der Gebäudehülle werden. Bei der so genannten Integration übernehmen sie neben der Stromproduktion Schutzfunktionen für das Gebäude.

Besonders geeignet für die Photo voltaikinstallation sind Dächer, aufgrund ihrer meist unverschatteten Lage. Im Rahmen des sogenannten 300-Dächer-Programms wurden die deutschen Denkmalbehörden seit dem Jahr 2000 verstärkt mit dem Thema der Prüfung und Genehmigung von Solaranlagen auf Kirchendächern konfrontiert. Sind große Modulflächen nicht erwünscht – sei es aus ästhetischen Gründen oder geringerem Energiebedarf – können auch kleinere Flächen wie Schornsteine oder Gauben für eine Installation genutzt werden. Schleppgauben sind dafür gut geeignet, da ihre Dachfläche nur nach einer Seite ausgerichtet ist.

Für eine Integration in die Dachhaut standen noch vor einigen Jahren kleinteilige Photovoltaikmodule zur Verfügung, die eine Dachbahn-, Metall- oder Dachsteineindeckung ersetzen konnten. Diese „Solardachsteine“ in Form von Biberschwänzen, Dachpfannen oder Schieferplatten, die in vielen Kirchenprojekten eingesetzt wurden, sind leider heute nicht mehr erhältlich. Die Sonderformate wurden zu selten nachgefragt und konnten sich nicht am Markt behaupten.

Herausforderung Fassade

Im Gegensatz zur Dachmontage stellt die Fassadeninstallation eine große planerische Herausforderung dar, besonders bei einem denkmalgeschützten Gebäude. Im Allgemeinen bringt die vertikale Montage von Modulen eine geringere Energieeffizienz mit sich als die Montage auf schrägen Flächen. Eine südost- bis südwestorientierte Fassadenintegration kann aber in manchen Fällen auch die effektivere Lösung sein, zum Beispiel wenn das Dach nicht optimal ausgerichtet oder zu verwinkelt ist. Module können als Verglasungsbauteile vertikal und horizontal in die Gebäudehülle eingesetzt werden. Sie werden in fast jeder Größe und Form mit und ohne Rahmen hergestellt und lassen sich wie Glasscheiben als Kalt- oder Warmfassade einbauen. In der Kaltfassade ersetzen die Solarelemente die Außenwandverkleidung, in der Warmfassade sogar die komplette Außenhaut. Der Wirkungsgrad ist bei der hinterlüfteten Kaltfasse allerdings der bessere. Gebäude der Nachkriegszeit in Betonstahlskelettbauweise mit vorgehängter Fassade sind aus konstruktiver Sicht geradezu prädestiniert für eine nachträgliche Photovoltaikintegration. Schwieriger wird die Nachrüstung bei älteren Gebäuden, deren Wände in Massivbauweise aus Mauerwerk oder als Fachwerk hergestellt sind. Die Maßsysteme des Bauwerks entsprechen oft nicht den Maßen der Standardmodule, die Architektur der alten Fassaden und Texturen der Gebäude passen nicht zur Optik moderner Solartechnik. Manchmal lassen sich jedoch kleinteilige Fassadenflächen finden, die sich dennoch für die Solarstromerzeugung eignen. Horizontale Bänder unter oder über Fenstern, Gesimse, vertikale Zonierungen etwa durch Wandpfeiler oder Brüstungen können mit Modulen gestaltet werden. Gut eignen sich außerdem Elemente, die als Wetter-, Sicht- oder Sonnenschutz genutzt werden, wie Fensterläden, Vordächer oder Loggien. Die können auch mit semitransparenten Modulen gestaltet werden.

Die Farbpalette von Solarzellen ist aus physikalischen Gründen eingeschränkt. Kristalline und amorphe Siliziumzellen sind üblicherweise blau, Dünnschichtsolarzellen schwarz bis dunkelbraun oder grünlich. Um für die Architektur verschiedene Farben anzubieten, variieren die Zellhersteller die Antireflexschicht. Durch Variation der Schichtdicke und chemischen Zusammensetzung können andere Farbtöne erzielt werden. Herstellbar sind derzeit die Farben Grün, Gold, Braun und Violett. Wenn die Antireflexschicht ganz weggelassen wird, behalten die Zellen die silbergraue Farbe des Wafers, reflektieren allerdings an der Oberfläche bis zu 30 Pro zent mehr Sonnenlicht als konventionelle Zellen. Insgesamt sinkt der Wirkungsgrad der farbigen Zellen, da die Lichtabsorption nur bei dunkler Einfärbung optimal ist. Der Einsatz farbiger Rückseitenfolien kann die Farbwirkung der Module verstärken. Aber auch durch ein keramisches Siebdruckverfahren auf dem Frontglas der Module kann jede gewünschte Farbigkeit und bildhafte Gestaltung hergestellt werden. Durch den Einsatz matter Oberflächen, die beispielsweise durch das Sandstrahlen des Glases erzielt werden, können unerwünschte Spiegelungen durch Lichtreflexion auf den Modulen vermieden werden. Bei der Gebäudeintegration bevorzugen die Planer häufig Dünnschichtmodule gegenüber kristallinen Siliziummodulen, weil die ein homogenes Erscheinungsbild haben. Aber auch monokristalline Solarzellen, die in unterschiedliche Materialien eingebettet werden können, bieten Potenzial für ständig neue und variable Entwicklungen.

Die Photovoltaikinstallation scheint die zunächst praktikabelste Möglichkeit zu sein, der Forderung der Genehmigungsbehörden nach minimalen Eingriffen in die vorhandene Gebäudesubstanz zu entsprechen. Denn hierbei wird nur ein weiteres Element vor der Gebäudehülle angebracht, die alte Substanz bleibt erhalten, und ein Rückbau ist spurlos möglich. Jedoch ist sie nicht unbedingt die nachhaltigste und wirtschaftlichste. Durch die Einsparung von Material liegen die Kosten einer konstruktiven Integration niedriger, da die Photovoltaik hier zusätzlich zur Stromerzeugung die Aufgaben der Gebäudehülle übernimmt. Die veranschlagte Nutzungsdauer einer Photovoltaikanlage liegt bei 30 Jahren. Dementsprechend müssen Tragkonstruktionen und Befestigungselemente aus dauerhaften Materialien wie Aluminium, Edelstahl oder verzinktem Stahl gefertigt werden. Hinterlüftete Konstruktionen verhindern die Bildung von Wasserdampfkondensation und Stauwärme auf der Rückseite der Module, die bei Überhitzung die Energieausbeute mindern würden. Zudem ist eine sorgfältige Abdichtung notwendig, um die Korrosion von Verbindungsteilen zu vermeiden.

Alle an der Planung Beteiligten sollten sich in einem möglichst frühen Planungsstadium nach geeigneten Modulfabrikaten und Installationsmöglichkeiten erkundigen. Die Entwicklung einer neuen Modulästhetik über die üblichen bekannten Standardlösungen hinaus erfordert kreative Ansätze, die praktikabel und bezahlbar sein müssen. Mittlerweile sind semitransparente Module, Module mit unterschiedlicher Oberflächenstruktur, Textur und Farbe sowie multifunktionale Einzelobjekte auf dem Markt. Solche Solarzellen haben der Gestaltungsmöglichkeiten der Architektekten enorm erweitert. Ein semitransparentes Dünnschichtmodul beispielweise, bei dem die PV-Flächen in Streifenform angeordnet sind, kann die Textur von Ziegeln und Fugen eines Mauerwerks aufnehmen und so als modernes Fassadenelement einer historischen Ziegelwand eingesetzt werden.

Computerprogramme helfen

Im Sinne der Denkmalpflege muss vor allem die historische Aussage des Gebäudes erhalten bleiben. Schließlich bleibt die Frage nach der Reversibilität: Auf welche Zeit ist die Funktionsdauer der Anlage aus technischen Gründen begrenzt und ist der Vorzustand wieder herstellbar? Baudenkmale leben nun einmal länger als Solaranlagen und moderne Technik. Die Kosten sind hier präzise abzuwägen. Inzwischen gibt es zahlreiche Computerprogramme, die zwar nicht den Fachplaner ersetzen, aber als erste Planungshilfe für Dimensionierung der Anlage, Simulation möglicher Verschattungen, Ertragsprognosen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen dienen können. So können schon im Vorfeld erste Gestaltungsansätze entworfen werden.

Nicole Allé

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