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ISET geht voran

Kythnos – eine von vielen kleinen Inseln der griechischen Ägäis. So weit das Auge blickt, malerische Buchten mit feinstem weißen Sand unter einem strahlend blauen Himmel, hin und wieder weht eine erfrischende Brise. Doch das ist nicht nur die Kulisse für einen traumhaften Urlaub, sondern auch Standort eines erfolgreich laufenden Projektes des Kasseler Instituts für Solare Energieversorgungstechnik ISET. In Zusammenarbeit mit der deutschen Firma SMA und dem griechischen Institut CRES (Center For Renewable Energy Sources) werden auf Kythnos seit 2001 einige Haushalte von Inselsystemen mit Energie versorgt. Die Kleinkraftwerke bestehen aus Wind- und Photovoltaikanlagen, Wechselrichtern, Batteriespeichern und einem Backup-Dieselgenerator auf Drehstrombasis.

Was als kleine Demonstrationsanlage in einem netzfernen Gebiet erprobt wurde, soll nun im großen Maßstab umgesetzt werden. „In näherer Zukunft werden wir es vermehrt mit instabilen Netzen und damit Versorgungsunsicherheit zu tun bekommen“, betont ISET-Vorstand Jürgen Schmid die Notwendigkeit, die Philosophie von Kythnos nach Deutschland zu holen, und das tausendfach: „Eine Stadt wie Kassel produziert nur etwa die Hälfte an Strom, den sie verbraucht, und hätte dann mit schmerzlichen Ausfällen zu rechnen. Dass eine Energieversorgung auf Basis vieler dezentraler, erneuerbarer Erzeuger möglich ist, haben wir beim Kombikraftwerk schon eindrucksvoll unter Beweis gestellt.“ Das Kombikraftwerk haben die Firmen Schmack Biogas, Enercon und Solarworld initiiert. Es simuliert nach einem Rechenmodell des ISET die flächendeckende Stromversorgung Deutschlands aus regenerativen Energien im Maßstab 1 : 10.000.

Christian Bendel hat die Entwicklung des ISET zu einer international anerkannten Forschungseinrichtung von Anfang an mitgestaltet. Zwei Jahre nach der Insti tutsgründung 1988 stieß er zum ISET und ist seither als Leiter der Abteilung Anlagen- und Messtechnik an vielen aktuellen Projekten maßgeblich beteiligt gewesen. Für das laufende Projekt Optinos (Optimierung und Normenharmonisierung an PV-Stromrichtern) hat der Systemtechnikexperte nahezu alle deutschen Wechselrichterhersteller an einen Tisch gebracht, mit dem Ziel, verlässliche Normen und Richtlinien zu definieren, denen sich ein PV-Stromrichter in der Prüfung stellen muss. Handel, Planern, Handwerk und Kunden soll damit ein Vergleichssystem an die Hand gegeben werden, das in einem unübersichtlicher werdenden Markt als Entscheidungshilfe bei der Auswahl des jeweils optimalen Produktes dienen kann – im Sinne des Gesamtsystems.

PV-Module als Alleskönner

In eine ähnliche Richtung geht die 1996 am ISET entwickelte Strategie der „Multifunktionalen Photovoltaik“, die auf eine gleichzeitige Nutzung von mehreren physikalischen Eigenschaften des PV-Moduls als Bauelement mit mehreren Funktionen neben der Stromerzeugung zielt. Solche Module könnten etwa zur Abschattung, beim Wärme- Witterungs- und Schallschutz, oder zur elektromagnetischen Energiewandlung, etwa als solare Planarantenne, zum Einsatz kommen. Laut Bendel war und ist an dieser Stelle viel Überzeugungsarbeit nötig: „Mittlerweile hat man jedoch erkannt, dass hier Kostenreduktionspotenziale bestehen und gleichzeitig hochwertige Gebäudehüllen geschaffen werden können, die umwelt freundlich, wirtschaftlich, langlebig und ästhetisch sind.“ Besonders stolz ist Bendel auf das bidirektionale Energiemanagementsystem BEMI (Bidirektionales Energiemanagement Interface), das sich zurzeit im institutseigenen Großlabor in der Felderprobung befindet. Es ist Teil des DINAR-Projektes (Dezentrale regenerative Energieversorgungsanlagen: Technische und wirtschaftliche Integration in den Netzbetrieb und Anpassung von Rahmenbedingungen), das vom Bundesumweltministerium und 17 Industriepartnern gefördert wird. „Damit haben wir eine Lösung geschaffen, die bisher einmalig ist“, sagt Bendel. „Neu ist hier die Idee der optimierten Energieerzeugung und des optimierten Verbrauchs in einem Haushalt im Niederspannungsnetz. Optimierung heißt nicht Reglementierung, sondern dann Strom zu verbrauchen, wenn er preiswert ist, und zu erzeugen, wenn er teuer ist.“ Der Anlagenbesitzer entscheidet mit Hilfe vom BEMI, ob Verbraucher abgestellt oder ErzeugerAnzeige 1/4 Valentin 90 x 124 hinzugeschaltet werden. Dabei helfen ihm zentrale Informationen – wie dem Strompreis an der Börse EEX – und Messdaten am dezentralen Anschlusspunkt. Entgegen der heute praktizierten Strategie, nach der jeder soviel Strom einspeisen und verbrauchen kann, wie er will, übernimmt der so liberalisierte Markt auf Niederspannungsebene gleichzeitig eine netzstabilisierende Funktion.

Bei all den Fortschritten, die in den letzten Jahren erzielt wurden, mahnen Schmid und Bendel jedoch, den Blick für das Ganze nicht zu verlieren. Sowohl technisch, als auch politisch. Technisch sei ein komplettes System immer nur so gut wie die Summe seiner Einzelteile. Damit sich politisch was tut, sitzt Institutsvorstand Schmid im wissenschaftlichen Beirat für Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung. Ihm war es schon immer ein besonderes Anliegen, die ländliche Elektrifizierung netzferner Gebiete mit erneuerbaren Energien voranzutreiben, letztendlich auch, damit Inseln mit unsicherer Stromversorgung lebenswert bleiben und nicht vollständig vom Rest der Welt abgeschnitten werden.

Andreas Beneking

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