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XXL ist in

Es war der Hingucker auf der Intersolar, zumindest in den Photovoltaik-Hallen: das „weltgrößte“ Dünnschichtmodul, das die Besucher der Fachmesse gleich an drei Ständen bestaunen konnten: beim Anlagenbauer Applied Materials Inc. und dessen Kunden Signet Solar sowie Moser Baer Photovoltaic. Seit vielen Monaten war das amorphe Siliziummodul mit den Abmessungen 2,20 mal 2,60 Meter angekündigt. Pünktlich zur Intersolar präsentierten die Unternehmen Einzelstücke aus der Vorserie. Die Signet Solar, ein global agierendes US- amerikanisches Unternehmen, nutzte den öffentlichkeitswirksamen Zeitpunkt der Fachmesse gleich zweifach. Sie weihte zum Start der Intersolar am 12. Juni gleich noch ihre neue Forschungs- und Produktionsstätte in Mochau bei Dresden ein. Auf einer neuen vollautomatischen Fertigungslinie von Applied Materials fertigt Signet Solar hier nun die Module im XXL-Format in Serie und kostengünstiger als in herkömmlichen Verfahren. Das indische Unternehmen Moser Baer bringt im Juli das erste Großmodul auf den Markt.

Big is beautiful: Das gilt nicht nur für das Trio Applied Materials, Signet Solar und Moser Baer. Der Trend zieht sich quer durch die Dünnschichtbranche. Nicht nur die Module werden größer – üblich sind bisher noch Formate zwischen 0,7 und 1,5 Quadratmeter je nach Technologie –, auch die Produktionskapazitäten steigen rapide an. Größer wird auch der Kreis der Hersteller. Denn zu den Dünnschicht-Platzhirschen wie First Solar und United Solar Ovonic gesellen sich immer häufiger Hersteller, die bisher ausschließlich kristalline Siliziummodule produzierten.

Auf dem PV-Industry-Forum, einer zweitägigen Photovoltaik-Tagung im Vorfeld der Intersolar, prognostizierten Branchenkenner Dünnschichtmodulen einen Marktanteil von deutlich über 20 Prozent in wenigen Jahren. Rutger Schlatmann, Direktor des PV Competence Centers (PVcomB) in Berlin, zeigte die Perspektiven auf. Für die Jahre 2010 und 2011 sei eine Produktionskapazität von knapp 24 Gigawatt an kristallinen Silizium- und Dünnschichtmodulen angekündigt, berichtete Schlatmann vor rund 650 Entscheidern aus der PV-Branche. Sechs Gigawatt davon entfielen auf Dünnschichtmodule, die siliziumbasierten Module nähmen mit 3,6 Megawatt den Löwenanteil ein, gefolgt von CIS-Modulen mit einer Produktionskapazität von knapp über 1,5 Megawatt. Entsprechend steige die Zahl der Dünnschichthersteller von 21 im Jahr 2006 auf 130 Firmen in den Jahren 2010 und 2011 an. Bei den Zahlen bezog Schlatmann sich auf Angaben von Arnulf Jäger-Waldau, PV-Experte am European Joint Research Centre.

Damit die Akzeptanz dieser Technologie weiter steigt und die Preise sinken, ist Massenfertigung gefragt. Um die Wirkungsgrade zu erhöhen, sind technologische Weiterentwicklungen sowie mehr Forschung und Entwicklung nötig. In diesem Zusammenhang verwies Schlatmann auf die Strate gic Research Agenda der EU. Laut EU-Experten müssten die Herstellungskosten für amorphe Silizium-Module von einem Euro pro Watt im Zeitraum 2008 bis 2013 auf 0,40 Euro pro Watt ab 2020 gesenkt werden können. Für CIS-Module sollen die Kosten von 1,20 Euro pro Watt auf ebenfalls 0,40 Euro pro Watt fallen. Bei den Wirkungsgraden geht es in die entgegengesetzte Richtung. Haben amorphe Siliziummodule bis 2013 noch einen Wirkungsgrad von durchschnittlich zehn Prozent, so soll dieser ab 2020 auf 15 Prozent ansteigen. Bei CIS-Modulen gehen die EU-Experten von einer Steigerung von 14 Prozent auf 16 bis 18 Prozent nach 2020 aus.

Schlatmann betonte jedoch ausdrücklich, dass Prognosen für den Dünnschichtmarkt immer noch schwerer als für den kristallinen Markt zu treffen seien. Als Kernaussage gab er den Teilnehmern des Forums mit auf den Weg: „Es gibt noch keine Gewinner unter den Dünnschichttechnologien. Es sind alles gute Kandidaten, und sie haben alle große Kostensenkungspotentiale.“

Vollautomatische Produktion

Um die Herstellung zu beschleunigen, bieten immer mehr Anlagenbauer schlüsselfertige Produktionslinien für Dünnschichtmodule an. Zu den Anbietern gehören Applied Materials mit seiner Sunfab-Dünnschicht-Linie, Oerlikon und die Centrotherm Photovoltaics. Ist der Vertrag erst einmal unterzeichnet, dauert es ungefähr zwölf bis 15 Monate, bis die Anlage steht. In weiteren drei bis sieben Monaten wird die Anlage in Betrieb genommen, in dieser Zeit werden die Prozesse optimiert.

Mit seiner 50 Millionen teuren Anlage erzielt zum Beispiel Signet Solar eine Produktionsmenge von 120 Megawatt, sobald das neue Werk seine volle Kapazität erreicht. „Bis 2012 sind wir ausverkauft, auf der Intersolar hätten wir unsere Kapazität aber noch zwei bis drei Mal verkaufen können“, berichtet Sabine Penkawa, Pressesprecherin von Signet Solar, zufrieden. Keshav Prada, Vizepräsident Business Development, fügt hinzu: „In den USA haben wir Aufträge für 500 Millionen US-Dollar in der Pipeline.“ Zu den Vorteilen der ultragroßen Module sagt er: „Sie sind 40 Prozent günstiger als kristalline Module.“ Durch die größeren Flächen seien die Montagekosten außerdem um 15 bis 20 Prozent niedriger.

Inline-Fertigung im Kommen

Ein Fortschritt für die Branche ist die so genannte Inline-Fertigung, die die integrierten Produktionslinien ermöglichen. Die Module können jetzt in einem durch gängigen Prozess hergestellt werden. Momentan ist noch die Modulfertigung in mehreren Schritten und mit „Zwischenparken“ der entstehenden Produkte üblich. Auch an die Qualitätssicherung ist gedacht. Durch entsprechende Monitoringsysteme und eine Produktionsstatistik, die zentral über den Rechner erfasst wird, können die Hersteller die komplette Produktion an den integrierten Anlagen überwachen.

„Das Interesse an dem großen Modul war enorm“, berichtet Signet-Sprecherin Penkawa auf der Intersolar. Insbesondere Architekten seien von dem 5,7 Quadrat meter großen, schwarz schimmernden Modul begeistert gewesen. Doch weder Architekten und Planer noch Großhändler oder Installateure können so schnell damit rechnen. Zunächst kommt das Viertelmodul mit einer Größe von 1,1 mal 1,3 Quadratmetern auf den Markt. Dies sieht Signet Solar insbesondere für kommerzielle Anwendungen vor. Das nächstgrößere Modell, mit 2,2 mal 1,3 Metern ist für Solarparks bestimmt und das Originalmodul in voller Größe für Solarparks und gebäudeintegrierte Anwendungen. Doch bevor Letzteres auf den Markt kommt, müssen noch ein paar entscheidende Details geklärt werden. Da das Standardmodulformat bisher noch die Viertelgröße ist, fehlen für die Zertifizierung der 5,7 Quadratmeter großen Glassubstrate noch Testanlagen, die groß genug sind. Im Herbst soll es jedoch so weit sein, dass die XXL-Module zertifiziert werden können. Außerdem müssen noch Montagesysteme entwickelt werden, die sämtlichen Anforderungen an die Statik entsprechen.

Hier kommt die Firma Creotecc ins Spiel. Die Tochterfirma der Solarmarkt in Freiburg stellte auf der Intersolar ihr neues Montagesystem AluTecDuo vor, das auf den wachsenden Markt rahmenloser Dünnschichtmodule zielt. „Das System eignet sich insbesondere für die nächste Generation der Glas-Glas-Laminate im Format 110 mal 130 Zentimeter“, erläutert Marketingleiterin Beate Suppinger. AluTecDuo verbindet eine schnelle Einlegetechnik mit einer nach Firmenangaben neuartigen Modulbefestigung.

Auf die Modulrückseite werden spezielle Halterungen geklebt. Damit können die Module in kurzer Zeit in die Horizontalprofile eingehängt werden. Die kleinen Halterungen bestehen aus Aluminium. Nach dem Einhängen in die stärkeren Tragprofile verleihen sie dem Glasverbund eine so hohe Steifigkeit, dass das ganze Gebilde laut Creotecc Druck- und Zugbelastungen von über 2.400 Pascal standhalte. Weil die Modulbefestigung nicht am Modulrand ansetzt, eigne sich das Montagesystem auch für wesentlich größere Formate als 2,20 mal 2,60 Meter große Module. Diese Modulgrößen erinnern nicht nur an die Formate, die in den SunFab-Linien von Applied Materials entstehen, sie sind sogar genau dafür entwickelt worden. Die Mutterfirma von Creotecc, die Solarmarkt, ist neben der Phoenix Solar, Soleg und der Alfasolar Vertriebsgesellschaft einer von vier Kunden von Signet Solar. Für die 36 Megawatt Dünnschichtmodule, die Solarmarkt erhalten soll, entwickelte die auf Montagesysteme spezialisierte Tochterfirma schon einmal die passenden Befestigungssysteme.

Neue Sparte Dünnschicht

Während Unternehmen wie Signet Solar und Moser Baer sich noch ihren Platz im Dünnschichtmarkt erobern müssen, haben First Solar und United Solar Ovonic ihre Schäfchen bereits im Trockenen. Von 60 Prozent Marktanteil von First Solar ist in Branchenkreisen die Rede. Entsprechend still verhielten sich die Marktführer auf der Intersolar. Keine Pressekonferenz, keine Verlautbarung über Expansionspläne und Strategie. Ganz anders sah dies bei Modulherstellern aus, die bisher auf kristalline Module spezialisiert waren und die nun Dünnschichtsparten aufbauen. Der japanische Hersteller Sanyo lud beispielsweise zu einem „exklusiven Presseforum“ mit Kenichiro Wakisaka, dem General Manager der Sanyo Solar Business Strategy Division, ein. Neben der Erhöhung der Produktionskapazität von kristallinen HIT-Zellen von 350 Megawatt im Jahr 2008 auf 600 Megawatt im Jahr 2010 gab Wakisaka bekannt, dass Sanyo in die Entwicklung von Dünnschichtzellen für Solarstrommodule einsteigt. Hierfür nutzt der Elektrokonzern sein langjähriges Know-how. Bereits 1975 begann er mit der Forschung und Entwicklung im Bereich amorpher Silizium-Consumer-Zellen, die beispiels weise in Solartaschenrechnern eingesetzt werden. Den zunächst für das Jahr 2012 geplanten Produktionsstart von Silizium-Dünnschichtmodulen will Sanyo auf 2010 vorziehen.

Die Q-Cells aus Bitterfeld-Wolfen ist über die Entwicklungsphase hinaus und präsentierte auf der Intersolar erstmals die Produkte aus der neuen Dünnschichtsparte. „Vom kristallinen Zellhersteller haben wir uns zum Dünnschichthersteller entwickelt“, betont Pressesprecher Stefan Dietrich. Drei Module sind im Portfolio. Santor ist ein mikromorphes Dünnschichtmodul, Calyxo ein CdTe/CdS-Modul, Solibro ein CIGS-Dünnschichtmodul mit schwarzeloxiertem Aluminiumrahmen. Von Santor und Calyxo produziert Q-Cells derzeit jeweils 25 Megawatt, von Solibro 25 bis 30 Megawatt im Jahr. „Unser Ziel bis 2010 sind Module mit mehr als zwei Gigawatt Leistung“, berichtete Dietrich. Etwa 1,5 Gigawatt davon sollen kristalline Module sein, in der Dünnschichtsparte plant Q-Cells Module mit 400 bis 600 Megawatt.

Auch Sharp verstärkt seine Aktivitäten im Dünnschichtsektor, genauer gesagt, im Bereich der mikroamorphen Tandemzellen. Im japanischen Sakai errichtet Sharp derzeit die nach Firmenangaben „erste Solarzellen-Gigawatt-Fabrik“. Kostenpunkt: rund 45 Millionen Euro. Hier sollen ausschließlich Dünnschichtzellen gefertigt werden. Die Produktionskapazi tät ist auf ein Gigawatt ausgelegt, bis 2010 strebt Sharp die Produktion von Zellen mit einer Leistung von 480 Megawatt an.

Bei der Ersol in Erfurt geht der Blick ebenfalls in Richtung mikromorphe Zellen. Im Frühjahr gab Ersol bereits eine Forschungskooperation mit der Schott Solar GmbH bekannt. Seit Jahresanfang produziert die Tochterfirma Ersol Thin Film ebenfalls am Standort Erfurt auf Anlagen von Oerlikon amorphe Siliziummodule in Serie. „Die nominale Produktionskapazität liegt bei 40 Megawatt, 2008 wird die produzierte Menge bei etwa 20 Megawatt liegen“, berichtet Janina Broscheit, Senior Manager Corporate Communications. Der Vertrieb befinde sich noch im Aufbau. Bisher gibt es zwei Kunden in Deutschland, die K+C Schmidt in Grevenbroich und Ralos in Michelstadt.

Nischenprodukt kommt gut an

Ein Newcomer auf der Intersolar war die Global Solar Energy aus Tucson, Arizona. Seit 1996 entwickelt und produziert das Unternehmen Dünnschichtzellen auf Basis der CIGS-Technologie. Die Solarzellen bringt Global Solar auf ein biegbares und zusammenrollbares Substrat auf. Bisher fanden die flexiblen Module in erster Linie im Camping und beim Militär Anwendung. Auf der Intersolar stellte Global Solar ein Produkt namens Power Flex vor. Als solche bezeichnet das Unternehmen Dünnschichtzellen vom Band, die es an Modulhersteller und Großhändler vertreibt. Das Geschäft mit diesem Nischenprodukt scheint gut zu laufen. In den USA errichtet Global Solar derzeit eine neue Fabrik mit einer Produktionskapazität von 40 Megawatt, in Berlin entsteht eine Fabrik für 30 Megawatt flexible Dünnschichtzellen.

Trotz der im Rahmen der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gesunkenen Einspeisevergütung für Frei landanlagen, hält sich der deutsche Markt auf dem vordersten Platz der Hersteller. Und das obwohl die meisten Dünnschichtmodule in Freilandanlagen eingesetzt werden. Frankreich gewinnt wegen der bevorzugten Förderung von gebäudeintergrierten PV-Anlagen an Bedeutung. In der Umfrage unter Ausstellern folgen die erwarteten Märkte Spanien, Italien, Griechenland ebenso wie Kalifornien, Südkorea und Indien.

Genau wie die Zell- und Modulhersteller bedauert auch Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft die Kürzungen der Einspeisevergütung für Freiflächenanlagen. „Sie sind der politischen Kompromissfindung zwischen den Koalitionspartnern geschuldet. Damit ist der weitere Ausbau dieses wichtigen Marktsegments gefährdet“, stellt er fest. „Deutsche Hersteller von Dünnschichtmodulen, deren Produktion zu relevanten Teilen in die Freifläche gegangen ist, werden jetzt wahrscheinlich verstärkt die Dachfläche avisieren. Im Export müssen sich Dünnschichtmodule der Konkurrenz mit der Silizium-Technik in der Freifläche stellen. Dies kann zu einem gesunden Wettbewerb um die günstigsten Preise und besten Qualitäten führen.“

Die Dünnschicht-Technologie habe in den letzten Jahren eine erfreuliche Entwicklung hingelegt und werde auch in den kommenden Jahren sicherlich weiter wachsen, meint Körnig. Vermutlich würden auch ihre Marktanteile weiter zulegen.

Technologien ergänzen sich

Einen ernsthaften Verdrängungswettbewerb mit der Siliziumtechnik sieht der BSW-Geschäftsführer Körnig jedoch nicht. „Jedes Halbleitermaterial hat seine Vorteile, und für die unterschiedlichen Zelltechnologien gibt es unterschiedliche Anwendungsgebiete und Einsatzorte, in denen sie diese besonders gut ausspielen können.“

Ina Röpcke

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