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Verordneter Boom

Asien ist schon lange kein weißer Fleck mehr in der Photovoltaiklandschaft. In Japan sind schon lange namhafte Firmen der Branche ansässig, und auch in China sprießen die Solarfabriken wie Pilze aus dem Boden. Südkorea macht den beiden Ländern mittlerweile Konkurrenz und erweist sich als Markt mit großem Potenzial. Viele Unternehmen aus dem In- und Ausland investieren in Photovoltaikprojekte des Landes.

Conergy Korea zählt zu den Pionieren bei der Konzeption und dem Bau von Solarparks in dem rohstoffarmen Land auf der asiatischen Halbinsel. Seit 2006 enga giert sich das Unternehmen in Südkorea. Damals wollten viele koreanische Baufirmen in den Photovoltaikmarkt einsteigen, doch ihnen fehlte das Know-how. „Wir sind genau in diese Lücke gesprungen“, sagt Stefan Müller, Managing Director Asia-Pacific von Conergy.

Ehrgeizige Ziele

Südkorea gehört weltweit zu den größten Energie- und Ölkonsumenten. Das Problem: Das Land verfügt kaum über fossile Brennstoffe. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird daher seit 2002 durch Kredite, Steueranreize und wie in Deutschland mit einer staatlich garantierten Einspeisevergütung direkt unterstützt. Die Regierung in Seoul gab für die Photovoltaik ein ehrgeiziges Ziel aus: Bis 2012 sollen über 1,3 Gigawatt Leistung installiert sein. 2020 sollen es dann vier Gigawatt Solarenergie sein. Eigens dafür wurde die Photovoltaik im so genannten Promotion Act auch als besonders förderwürdig eingestuft und erhält hohe finanzielle Zuwendungen vom Staat. Wie weit der Weg noch ist, zeigen die aktuellen Zahlen: 2007 wurden in Südkorea 50 Megawatt Solarleistung neu installiert – und das waren deutlich mehr als je zuvor.

Der Markt in Südkorea ist extrem umkämpft. Mit der Absenkung der Einspeisevergütung um durchschnittlich 16 Prozent wird der Konkurrenzkampf wohl noch größer. „Das hat Konsequenzen für alle“, sagt Stefan Müller. Die noch junge Branche könnte in Südkorea schon wieder vor dem Scheideweg stehen. Die Prognose des Managing Directors: „Vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen werden es zukünftig schwer haben.“ Viele Firmen versuchten daher auch, ihre Projekte noch bis Ende September fertigzustellen.

Seit Oktober sind die Einspeisetarife nun neu geregelt. Die von der Regierung in Seoul beschlossenen Vergütungssätze werden allerdings kontrovers diskutiert. Eine weitere kurzfristige Änderung sei daher nicht auszuschließen, meint Managing Director Stefan Müller. Mit der Neuregelung wird nun feiner zwischen den Anlagengrößen unterschieden.

Einspeisetarife sinken

Bislang wurde für Solarstrom aus Photovoltaiksystemen mit einer Leistung von weniger als 30 Kilowatt umgerechnet etwa 0,42 Euro (711 Koreanische Won) je Kilowattstunde gezahlt. Für größere Anlagen galt eine Vergütung von 0,40 Euro (677 KRW). Nun werden diese Sätze um bis zu 30 Prozent sinken. So wird Solarstrom aus Anlagen mit einer Gesamtleistung von über drei Megawatt nur noch mit 0,25 Euro (428 KRW) vergütet. Allerdings wird die staatliche Förderung auf 20 Jahre ausgedehnt. Bislang erhielten Investoren die Zahlungen 15 Jahre lang.

Die Fördersätze für 2010 und 2011 sind noch komplett offen. Die Regierung will erst Anfang 2009 darüber entscheiden. Nach derzeitigem Stand plant sie zudem ab 2012 einen Übergang zum RPS-System (Renewable Portfolio Standard). Dann soll der Photovoltaikanteil mit verbindlichen Quotenregelungen weiter ausgebaut werden.

„Dies ist aber noch nicht endgültig“, sagt Stefan Müller. Es könne sein, dass die Abschaffung der Einspeisevergütungen noch nach hinten verschoben werde. Die Deckelung des Marktes wurde von der Regierung des Tigerstaates von 100 auf 500 Megawatt angehoben.

Weiter moderates Wachstum

„Der Markt wird nicht einbrechen“, sagt Stephan Orthen von der international tätigen Beratungsfirma Eclareon. Das Wachstum werde sich nach der Absenkung in einem von der Regierung gewünschten Maß einpendeln. Ein Zubau von 400 bis 500 Megawatt jährlich sei auch weiterhin zu erwarten. Dafür spreche auch die Anhebung der Deckelung durch die Regierung.

Neben dem Ziel, bis 2012 insgesamt 1,3 Gigawatt kumulierte Solarenergie-Leistung zu erreichen, will die Regierung auch heimische Unternehmen stärken. So soll die koreanische Photovoltaikindustrie zu einer der drei wichtigsten weltweit aufsteigen. „Das ist aber nicht von heute auf morgen zu realisieren“, sagt Stephan Orthen. Gerade im Bereich Hardware und Planung sei der Anteil ausländischer Firmen auf dem koreanischen Markt noch sehr groß. Die neuen Einspeisetarife sollen dazu beitragen, dass sich das ändert.

Kleine Anlagen im Fokus

Für Conergy Korea hat die Absenkung der Einspeisevergütung direkte Auswirkungen auf das Geschäft. „Wir werden uns künftig stärker auf kleine und mittlere Anlagen bis zu einer Größe von einem Megawatt konzentrieren“, sagt Managing Director Stefan Müller. Dabei hat sich das Unternehmen bislang vor allem in Großprojekten engagiert. Nach eigenen Angaben realisierte das Unternehmen Mitte 2006 das erste Megawatt-Projekt des Landes in MuAn. Im vergangenen Jahr schloss Conergy Korea einen Vertrag mit DongYang zum Bau des größten Solarkraftwerks in Asien für 90 Millionen Euro. Die 19,6 Megawatt starke Anlage in SinAn wurde bereits Ende Juni vollständig in Betrieb genommen – ursprünglich war das für November geplant.

AnlagengrößeEinspeisevergütung Südkorea
15 Jahre Laufzeit20 Jahre Laufzeit< 30 kW
647 KRW (0,38 Euro)590 KRW (0,35 Euro)30 – 200 kW
620 KRW (0,36 Euro)563 KRW (0,33 Euro)200 kW – 1 MW
591 KRW (0,35 Euro)536 KRW (0,31 Euro)1 – 3 MW
561 KRW (0,33 Euro)509 KRW (0,30 Euro)> 3 MW
Seit Oktober haben sich die Einspeisetarife in Südkorea geändert. Die Vergütungssätze ab 2010 sind noch offen. 2012 will die Regierung voraussichtlich eine Quotenregelung einführen. Quelle: Marketbuzz 2008, Stand: 02.10.2008.

Tief beeindruckt zeigt sich Stefan Müller von der Projektrealisierung in Südkorea: Die Firmen vor Ort legten eine extreme Professionalität an den Tag. „Die Arbeiter sind sehr engagiert.“ Sie seien bereit, die Projekte in drei Schichten 24 Stunden pro Tag und an sieben Tagen in der Woche voranzutreiben. Das sei nicht vergleichbar mit der Realisierung von Anlagen in Deutschland oder Spanien. In Rekordzeit von sechs bis acht Monaten entstehen zwei Megawatt große Solarparks. Und auch der Mitte August vertraglich fixierte Ausbau der größten asiatischen Anlage in SinAn auf 24 Megawatt werde sehr schnell realisiert, ist Stefan Müller fest überzeugt. Bis Jahresende soll nach Unternehmensangaben die Erweiterung abgeschlossen sein. Conergy erhält dafür nochmals 20 Millionen Euro. Gerade bei namhaften koreanischen Unternehmen wie DongYang oder LG als Partner zeigten sich die Behörden vor Ort äußerst kooperativ.

Kaum private Investoren

Allerdings gibt es in Südkorea „keine Marktdurchdringung bis zum Endkunden“, wie es Stefan Müller von Conergy nennt. Anders als beispielsweise in Deutschland gebe es kaum private Investoren, die sich eine Solaranlage auf das Dach montierten. 90 Prozent des Marktes in Südkorea lägen in den Händen industrieller Investoren, schätzt er. Zur Förderung kleinerer netzgekoppelter Anlagen hat die Regierung bereits 2004 ein spezielles Solardachprogramm aufgelegt. Es soll Investitionsanreize setzen. Ziel der Regierung ist, dass bis 2012 insgesamt 100.000 Dächer mit Solaranlagen bestückt sind.

Unter den industriellen Investoren finden sich aber nicht nur Unternehmen aus der Photovoltaikbranche. So schloss die Centrotherm Photovoltaics AG kürzlich einen Vertrag mit Hyundai Heavy Industries. Das deutsche Unternehmen soll dem südkoreanischen Schiffsbauern fünf schlüsselfertige Produktionslinien à 50 Megawatt liefern. Der Auftrag hat ein Volumen von mehr als 50 Millionen Euro. Einen genauen Betrag will Hartmut Groß, Direktor für Sales und Marketing bei Centrotherm, nicht nennen, da mit dem Kunden Stillschweigen vereinbart wurde.

Neue Industriezweige steigen ein

Die Anlagen zur Herstellung kristalliner Solarzellen sollen im Nordwesten Südkoreas errichtet werden und bereits im vierten Quartal 2009 volle Produktionskapazität erreichen. Es sei nicht ungewöhnlich, sagt Hartmut Groß, dass sich Unternehmen aus anderen Industriezweigen auf dem Photovoltaikmarkt engagierten. Sie hätten das Potenzial der Branche erkannt. „Das Geschäftsmodell Photovoltaik ist auch für sie interessant, da sich auf dem im Wachstum begriffenen Markt gute Margen erzielen lassen“, so der Vertriebsleiter.

Für die Zukunft sei Centrotherm sehr optimistisch. Die starke Absenkung der Fördersätze werde die Geschäfte des Unternehmens in Südkorea kaum beeinträchtigen. Die staatliche Förderung wirke sicherlich unterstützend, sei aber nicht entscheidend für die Investitionen, sagt Hartmut Groß. „Insgesamt gibt es in Südkorea einen großen Nachholbedarf, und noch übersteigt die Nachfrage das Angebot.“

Große Produktionslinien gefragt

Das Interesse vor allem an größeren Produktionslinien sei im Tigerstaat enorm. Momentan laufen Verhandlungen mit verschiedenen Firmen. Man sei zuversichtlich, in diesem Jahr noch weitere Aufträge aus Südkorea zu erhalten, sagt der Centrotherm-Marketingdirektor im Gespräch.

Auch die Solarworld AG engagiert sich in Südkorea. Der Konzern baut gemeinsam mit der Solarpark Enineering aus Seoul eine Modulfabrik. Ende des Jahres soll sie ihre Produktion aufnehmen. Zunächst wird das Werk eine Kapazität von 120 Megawatt haben, später könnte diese noch verdoppelt werden. Bestandteil der Vereinbarung war die Gründung des Joint Ventures Solarworld Korea, an dem beide Partner zur Hälfte beteiligt sind. Am gleichen Standort wird voraussichtlich auch ein Werk zur Zellfertigung entstehen.

„In Korea ist alles möglich“

Das starke Engagement führender Solarunternehmen zeigt, wie viel Potenzial der Markt in Südkorea hat. Stefan Müller hält auf Grundlage seiner bisherigen Erfahrungen vor Ort das von der Regierung anvisierte Ziel von 1,3 Gigawatt bis 2012 durchaus für erreichbar. „In Korea ist alles möglich“, so der Managing Director von Conergy.

Die schnelle und professionelle Umsetzung der Projekte wird ihren Teil dazu beitragen. Angesichts des starken Einsatzes koreanischer Firmen auf dem Photovoltaikmarkt ist es auch möglich, dass die Regierung demnächst wieder umschwenkt und die Solarstrom-Förderung erneut anhebt. 2008 werden in Südkorea viele neue Anlagen ans Netz gehen, und der Markt wird weiter rasant wachsen. Wie die Entwicklung danach sein wird, kann noch niemand genau beurteilen. „Der politische Wille für einen weiteren Ausbau der Photovoltaik ist aber durchaus vorhanden“, sagt Photovoltaik-Berater Stephan Orthen.

Sandra Enkhardt

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