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Hochspannung vermeiden

Warum so viele Fehler beim Bau von Blitzschutzanlagen gemacht werden, ist eigentlich unverständlich. Gibt es doch Fachartikel und Merkblätter in Hülle und Fülle. Allerdings sind sie oft mit kleineren und größeren Fehlern behaftet. Die Erfahrung zeigt auch, dass es nicht zuletzt vom Portemonnaie des Anlagenbauers abhängt, wie der fertige Blitzschutz am Ende aussieht. Je nach finanzieller Lage wird er sich ausschließlich für den inneren oder zusätzlich auch einen äußeren Blitzschutz entscheiden. Im Hinblick auf die vielen Photovoltaikanlagen, die voraussichtlich noch bis zum Jahresende gebaut werden, lohnt sich eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema. Denn eine gute Beratung hilft dabei überflüssige Kosten zu vermeiden und gleichzeitig notwendige Installationen nicht zu vernachlässigen. Hier kann nicht mehr als ein kurzer Überblick geboten werden, mit der Anregung, sich mit dem Thema Blitzschutz intensiv auseinanderzusetzen. Denn für die bestmögliche Ausbeute und ein langes Leben bedarf jede Blitzschutzanlage einer individuellen Planung.

Schutz vor direktem Einschlag

Der gute, alte Blitzableiter ist der Klassiker des Blitzschutzes. Er gewährleistet den so genannten äußeren Blitzschutz und bewahrt schon seit über 200 Jahren Haus und Hof erfolgreich vor Feuer und Zerstörung. Über Fangstangen als höchsten Punkt des Gebäudes nimmt er Entladungen von mehreren 100.000 Volt auf. Er leitet den Blitzstrom über entsprechende Vorrichtungen außen am Haus entlang und tief in die Erde.

Ein äußerer Blitzschutz muss nicht in jedem Fall installiert werden. Er wird vom Gesetz für alle öffentlichen Gebäude vom Kindergarten bis zum Regierungsgebäude vorgeschrieben. Der Privatmann kann selber entscheiden, ob er einen äußeren Blitzschutz will oder nicht. Vielleicht ist deswegen die Zahl der privaten Wohnhäuser mit äußerem Blitzschutz verschwindend gering. Denn direkte Blitzeinschläge sind zwar sehr gefährlich, aber auch sehr selten, und auch eine PV-Anlage auf dem Dach erhöht das Risiko eines Blitzeinschlages im Allgemeinen nicht. „Ich würde schätzen, dass es dieses Jahr in ganz Deutschland vielleicht 100 direkte Blitzeinschläge in Gebäude gegeben hat“, sagt Stephan Schweda, Sprecher beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Ermessenssache äußerer Schutz

Wie viele Gebäude mit einer Photovoltaikanlage darunter waren, ist nicht bekannt, denn es gibt bisher keine landesweiten Statistiken. So viele Schadensfälle, dass die Anlagenbetreiber beunruhigt sein müssten, sind es aber scheinbar nicht. „Wenn direkte Blitzeinschläge sich zu einem gravierenden Problem entwickeln würden, würden die Versicherer den äußeren und den inneren Blitzschutz im Zusammenhang mit der Photovoltaik auch mehr forcieren“, sagt Stephan Schweda.

Der Blitzschutzsachverständige Eberhard Gawehn aus dem mittelfränkischen Langenzenn rät dennoch dazu, das Thema nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Denn das Risiko, dem eine Anlage ausgesetzt ist, kann erheblich schwanken. Dass ein durchschnittliches Haus neben vielen anderen in der Großstadt vom Blitz getroffen wird, ist sehr unwahrscheinlich. Ganz anders ist das beispielsweise bei einem abgelegenen Bauernhof. „Das entscheidende Stichwort zu diesem Thema ist die Exposition“, sagt Gawehn. „Wenn das Haus exponiert steht, muss man etwas tun. Sonst bekommt man über kurz oder lang ein Problem.“ Sollte der Blitz wirklich direkt in die PV-Anlage einschlagen, birgt das erhebliche Risiken. Es werden nicht nur die Module zerstört, der Blitzstrom wird auch über die Generatorhauptleitung direkt ins Haus zu den Wechselrichtern geführt. Im schlimmsten Fall drohen Brände, ganz sicher aber fällt der Wechselrichter dem hohen Strom zum Opfer. Auch wenn es für den Privathaushalt kein Gesetz gibt, dass ein äußerer Blitzschutz installiert werden muss, wird er vom Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) unter bestimmten Bedingungen empfohlen: wenn nämlich die Dachaufbauten mehr als 30 Zentimeter über das Dach hinausragen.

Fortlaufender Fehler

Hier hat sich in vielen Merkblättern zum Thema Blitzschutz ein Fehler eingeschlichen. Häufig bezieht man sich auf einen Grenzwert von 1,50 Metern. „In der Empfehlung des VDE steht eindeutig: größer 30 Zentimeter, und nicht 1,50 Meter,“ sagt Gawehn. "Das ist bedenklich, denn schon sagt sich der Photovoltaiker: Meine Aufständerung beträgt doch nur 1.20 Meter, und glaubt sich auf der sicheren Seite.“ Und handelt sich in Wirklichkeit das Risiko eines direkten Blitzeinschlages ein – unabhängig davon, ob die Anlage auf einem Flachdach oder auf einem Schrägdach angebracht ist. Wenn ein äußerer Blitzschutz zusammen mit der Photovoltaikanlage neu installiert wird, werden die Fangeinrichtungen so bemessen, dass sich die gesamte PV-Anlage im Schutzbereich befindet. Das gilt natürlich auch, wenn eine neu zu errichtende Anlage und ein bereits bestehender Schutz aufeinander abgestimmt werden. Das lässt sich nicht durch Schätzungen lösen, sondern bedarf spezieller mathematischer Anwendungen, wie beispielsweise des Blitzkugelverfahrens. Damit innerhalb dieser Schutzzone keine Ströme vom Blitzableiter auf die Photovoltaikanlage überspringen, muss der Trennungsabstand „s“ zwischen den Fangstangen, deren Verbindungen und der gesamten PV-Anlage eingehalten werden. Er beträgt zwar in der Regel zwischen einem halben und einem Meter, muss aber genauso wie die Schutzzone über eine Formel genau berechnet werden.

Oft sollen Module auf der ganzen Dachfläche montiert werden, um die größtmögliche Leistung zu installieren. Dann wird der Trennungsabstand zu den Fangeinrichtungen und ihren Verbindungen oft nicht mehr eingehalten. In diesem Fall müssen die metallischen Teile der PV-Anlage auf dem kürzesten Wege und über einen elektrisch leitenden Kupferdraht von mindestens 16 Quadratmillimetern mit dem äußeren Blitzschutzsystem verbunden werden. Schlägt nämlich der Blitz ein, kann der Blitzstrom über die metallischen Komponenten und die Ableiter nach Erde abfließen. Bei der Montage der Fangstangen müssen auch die Bedürfnisse der Photovoltaikanlage berücksichtigt werden. Sie sollten senkrecht angebracht werden, so kurz wie möglich und so lang wie nötig sein, damit sie keine Schatten auf die PV-Module werfen, die den Ertrag schmälern würden.

In der Regel können zwei kürzere Fangstangen statt einer langen installiert werden. Diese sollten hinter den Modulen platziert werden. Die Anzahl der Ableitungen muss nach der DIN EN 62305-3 des VDE ermittelt werden, ihre Position und den Trennungsabstand zur Anlage berücksichtigen. Die meisten Versicherer fordern einen äußeren Blitzschutz bei Anlagen ab einer Leistung von zehn Kilowatt. Wenn kein äußerer Blitzschutz installiert ist und vom Gesetzgeber auch keiner vorgeschrieben ist, ist der Hausbesitzer auch nicht verpflichtet, einen inneren Blitzschutz zu installieren. Das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, wie wichtig der in Wahrheit ist. Denn er schützt vor eingekoppelten Überspannungen, die durch Blitze aus einer Entfernung von bis zu zwei Kilometern hervorgerufen werden können. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft schätzt, dass Überspannungen nach Sturm- und Feuerschäden die dritthäufigste Schadensursache an PV-Anlagen sind.

Innerer Schutz ist unverzichtbar

Der innere Blitzschutz besteht aus Überspannungsableitern, die in die Gleich- und Wechselstromleitungen des PV-Generators eingebaut werden und der Einbindung der Photovoltaikanlage in den Potenzialausgleich. Sollte der Anlagenbetreiber von den Überspannungsableitern absehen wollen, sollte die Anlage trotzdem in den regulären Potenzialausgleich des Hauses einbezogen werden, auch wenn die VDE-Norm 0100-712 von 2006 einen Potenzialausgleich des Photovoltaik-Generators nicht mehr zwingend vorsieht. Aber Vorsicht: Bei einigen Dünnschichtmodulen in Verbindung mit manchen trafolosen Wechselrichtern wird er von den Herstellern trotzdem vorgeschrieben.

Vom Dach bis in die Erde

Der innere Blitzschutz hält ein gleichmäßiges Spannungsniveau in der gesamten Anlage aufrecht und verhindert so Schäden durch Überspannung. Denn Anlage und Wechselrichter können genauso geschädigt werden wie Computer und alle anderen elektronischen Geräte eines Haushaltes. Da Überspannungsschäden viel häufiger sind als direkte Blitzschläge – laut Angaben der Mannheimer Versicherung wurden im Zeitraum von 2003 bis 2005 sogar 45 Prozent der Schäden an Photovoltaikanlagen durch Überspannungen ausgelöst – ist der innere Blitzschutz empfehlenswert. „Nicht jede Versicherung übernimmt automatisch auch Schäden durch Überspannung. Wer seine Photovoltaikanlage über die Gebäudeversicherung mitversichert hat, sollte prüfen, ob in ihr auch Überspannungsschäden versichert sind“, sagt GDV-Mann Schweda. Der Überspannungsschutz beginnt bereits bei der elektrischen Verbindung der einzelnen Modulreihen. Die Leitungen sollen keine großen Schleifen aufmachen, sondern leicht verdrillt dicht nebeneinander verlegt werden. Damit wird die Möglichkeit der Einkopplung von Überspannung gemindert. Außerdem sollte das Generatorgestell mit der Erdung verbunden werden, über einen Kupferdraht von mindestens 16 Millimeter Durchmesser, der außen am Gebäude in die Erde geführt wird. Erder und Potenzialausgleich des Gebäudes sind miteinander zu verbinden. „Der Blitzschutz wird zu 95 Prozent falsch installiert“, sagt Blitzschutzexperte Gawehn. „Und daraus resultiert eine Vielzahl von Schäden. Den inneren Blitzschutz wissen selbst sehr viele elektrische Sachverständige leider nicht funktionsfähig zu installieren.“

Ein funktionsfähiger innerer Blitzschutz ist mehr als nur die Summe seiner Schaltelemente. Damit er Haus und Anlage schützt und nicht Funkenbildung und Schwelbrand auslöst, müssen die Bauteile die richtigen Abstände zueinander einhalten – zur Photovoltaikanlage genauso wie zum Wechselrichter und allen anderen stromführenden Leitungen im Haus. „Blitz- und Überspannungsgeräte können nicht behandelt werden wie normale Schalter. Man muss im Auge behalten, welche Kabel und Leitungen um das Schutzgerät verlegt wurden,” sagt Gawehn. “Das ist wichtig, denn diese können es beeinflussen oder behindern. Das wissen die meisten Elektriker einfach nicht. Die sagen, es ist ein Schaltgerät, das setze ich an der nächsten freien Ecke hin. So ist es nur symbolisch, aber nicht funktionsfähig installiert.“ Ist ein äußerer Blitzschutz vorhanden und wurde der Trennungsabstand nicht eingehalten – die Anlage ist mit dem Blitzableiter elektrisch verbunden –, müssen Ableiter des Typs 1 eingesetzt werden. Wird der Trennungsabstand „s“ zu blitzstromführenden Komponenten eingehalten, sind Überspannungsableiter vom Typ 2 ausreichend. Manche Wechselrichterhersteller bauen eingangsseitig Ableiter vom Typ 3, so genannte Varistoren, ein. Diese können die hohen Spannungen, die im Überspannungsfall auftreten, nicht kontrolliert ableiten und werden als erstes Bauteil im Wechselrichter zerstört.

Auch hier hat Gawehn einen typischen Fehler beobachtet: „Zwischen den Ableitern verschiedenen Typs müssen je nach Art bestimmte Leitungslängen eingehalten werden. Beispielsweise zwischen Typ 2 und Typ 3 fünf Meter Leitungslänge. Ein Hauptproblem ist, dass diese Leitungslängen von vielen Installateuren nicht beachtet werden.“ Wenn ein kürzeres Kabel gelegt wird, geht der Elektriker das Risiko ein, dass der Wechselrichter kaputt geht, wenn ein Blitz in der Nähe einschlägt. Dabei könnte der Installateur das Problem einfach lösen, indem er induktionsarme kleine Schlaufen legt, um auf die nötige Kabellänge zu kommen. Da sich die Wirkung der Überspannungsableiter auf eine Distanz von ungefähr fünf Metern erstreckt, müssen ausreichend Ableiter montiert werden – bei größeren Abständen sowohl auf der DC-Seite zwischen Generator und Wechselrichter als auch auf AC-Seite zwischen Wechselrichter und Einspeisung, beispielsweise einer nah am Generator, einer nah am Wechselrichter. Welcher Typ Ableiter verwendet werden muss, ist abhängig davon, ob Blitzteilströme auf den Leitungen fließen können. Das kann passieren, wenn der Trennungsabstand nicht eingehalten wurde. Die Anlage ist also elektrisch leitend mit dem äußeren Blitzschutz verbunden. Ansonsten sind Ableiter vom Typ 2 ausreichend. Denn Typ 1 kann hohen Strom und hohe Spannung ableiten, Typ 2 hingegen nur hohe Spannung. Der Überspannungsableiter muss entsprechend der Versorgungsnetzform gewählt werden.

Der Blitzschutz sollte nur zwei bis drei Prozent der Installationskosten ausmachen. Wenn er richtig geplant und verlegt ist, wird die Photovoltaikanlage 20 Jahre Lebensdauer locker erreichen und die errechnete Rendite zuverlässig erzielen.

Eva Schubert/BD

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