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Yes, he can!

Schon als Senator hat Obama großes Engagement für erneuerbare Energien gezeigt. Die Umweltorganisation Environment America, die Senatoren nach ihren Stimmabgaben beurteilt, bescheinigt Obama zu 86 Prozent in Abstimmungen „grün“ gewählt zu haben (McCain zu 27 Prozent). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Environment America fehlende Stimmabgaben nicht wertet und die abgegebenen Stimmen nur relativ gewichtet. Die League of Conservation Voters zählt dagegen absolute Stimmenabgaben und setzt sie zur Zahl der Abstimmungen ins Verhältnis . Danach hat Obama 2008 lediglich zu 16 Prozent grün gestimmt habe, weil er im Wahlkampft so oft im Senat gefehlt hat. 2007 zählte die League bei Obama noch 67 Prozent seiner Abstimmungen als "grün".

Die Union of Concerned Scientists, ein Umweltverband von rund 250.000 Wissenschaftlern und Bürgern, lobte den Demokraten am Tag nach der Wahl: „Barack Obama verspricht einen positiven, produktiven Führungsstil in vielen Bereichen, die der Union wichtig sind: saubere Energieversorgung, internationale Verhandlungen zu Klimawandel und Atomwaffen sowie die Wiederherstellung der Wissenschaft als zentraler Pfeiler in der Bundespolitik.“

Vom Öl aus Nahost befreien

Was können wir von Obama in Zukunft also erwarten? In der dritten Fernsehdebatte mit McCain am 15. Oktober sagte er: „Wir können uns nicht aus unserem Ölloch herausbohren. Deshalb setze ich auf Solarenergie, Wind, Biodiesel und Geothermie.“ In der zweiten Fernsehdebatte am 7. Oktober hatte er noch die Kernkraft als Teil eines künftigen Energiemixes zur Reduzierung von Kohlendioxidemissionen dabei. Insgesamt möchte Obama 15 Milliarden Dollar investieren, um „Amerika vom Öl aus dem Nahen Osten in den nächsten zehn Jahren zu befreien“, dazu soll unter einer Obama-Regierung erheblich mehr Geld in die Forschung und Entwicklung alternativer Energien fließen – 150 Milliarden über die nächsten zehn Jahre.

Greenpeace USA veröffentlichte eine Pressemeldung mit einem Titel wie aus der Bild-Zeitung: „America is Back!“ Die Umweltschützer verwiesen auf Obamas Energiestrategie: „Er hat vor, fünf Millionen neue, grüne Arbeitsplätze zu schaffen und stellt dazu 150 Milliarden Dollar bereit, um eine saubere Energieversorgung voranzubringen, damit wir bis 2012 zehn Prozent grünen Strom und mindestens eine Million sogenannte Plug-in-Hybrid – also aufladbare Hybridautos – haben.“

Die Solar Alliance, die die Industrie vor allem auf Bundesstaatsebene vertritt, wagte gleich ein unverhohlenes Lob: „Wir fühlen uns besonders ermutigt, weil Barack Obama zum Präsidenten gewählt worden ist, denn er hat Solar- und saubere Energie zu den Grundpfeilern seiner Wirtschaftspläne für die USA gemacht.“

Andere Industrieverbände halten sich eher bedeckt. Die Solar Electric Power Association (SEPA) zum Beispiel hat gar nicht auf das Wahlergebnis reagiert. Die Solar Energy Industry Association (SEIA) betonte dagegen die Breite der Wahlergebnisse – schließlich wurde nicht nur der Präsident gewählt: „Die Amerikaner haben eine neue Generation von Politikern gewählt, die versprochen haben, saubere Energieträger zu fördern, Politiker wie Jeanne Shaheen aus New Hampshire und Kathy Dahlkemper aus Pennsylvania“ – beides Demokratinnen.

Randell Swisher, Chef der American Wind Energy Association (AWEA), wartete nicht nur mit Lob auf, sondern gleich mit einer Wunschliste: „sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen, langfristige Anreize für erneuerbare Energien, der Ausbau des Stromnetzes, mehr Forschung und Entwicklung“. Doch am treffendsten drückte es der Sierra Club aus, der größte Umweltverband der USA, als er auf den Punkt brachte, weshalb die Begeisterung über Obama eine begründete Reaktion auf seine Person ist: „Wenn seine Regierung genauso klug und durchdacht handelt, wie Obamas Wahlkampagne geführt wurde, dann liegen unser Land und unsere Zukunft in sehr fähigen Händen.“

Keine neue Neue Mitte

Auch die Liste der Republikaner, die Obama unterstützt haben, ist überrschend lang und führt auch Colin Powell auf, aber was beweist das? Haben nicht schon Clinton, Tony Blair und Gerhard Schröder die Neue Mitte ausgerufen? In den Jahren 1993/94 versuchte Clinton, eine linksliberale Politik durchzusetzen – und scheiterte. Ab 1994 regierte er zwar aus dieser neuen Mitte heraus, aber es war nur ein Versuch, an der Macht zu bleiben, denn die Wähler hatten ihren Präsidenten schon in die Opposition gewählt: Die Republikaner regierten 1994 bis 2000 in beiden Häusern des Kongresses.

Wen wundert's – schließlich hatte Clinton 1992 nur 43 Prozent der Stimmen bekommen.

Ohne den unabhängigen dritten Kandidaten Ross Perot, der 1992 knapp 19 Prozent der Stimmen für sich verbuchte (und 1996 bei der Wiederwahl Clintons immerhin acht Prozent), hätte Clinton 1992 Bush Senior (knapp 38 Prozent der Stimmen) vielleicht gar nicht besiegt.

Obama dagegen hat jetzt Unterstützung von rechts. Dabei geht er gar nicht auf die Republikanern zu. Sie nähern sich ihm an! Und sein Wahlsieg war so deutlich, dass er überhaupt keine Zweifel zulässt. Zum ersten Mal seit 1988 kann der gewählte Präsident sicher sein, dass die deutliche Mehrheit der Amerikaner hinter ihm steht.

Schon die Art, wie Obama die Wahlen gewann, verspricht einen tiefgreifenden Wechsel. Als McCains Kampagne dreckiger wurde, ließ sich Obama nicht auf das Niveau herab. Stattdessen blieb er beim Thema und vermittelte den Wählern eine deutliche Botschaft: Persönliche Angriffe lenken nur ab; sie lösen eure Probleme nicht. Der Wechsel im Ton war der erste Triumph Obamas; „change“ ist schon da. Wer glaubt, die Ernüchterung über Obama wird bald eintreten, verkennt den bereits vollzogenen Wandel. Dieser Triumph sollte nicht unterschätzt werden, denn er könnte Obama beim Regieren helfen. Der neue Ton wirkt bei Obama nicht aufgesetzt, sondern wie sein Naturell.

Was bedeutet das für die PV?

Hinzu kommt: Die Demokraten haben nicht nur das Weiße Haus für sich erobert, sondern auch beide Häuser im Kongress, obwohl sie die Drei-Fünftel-Mehrheit im Senat knapp verfehlt haben. So wird Obama nicht ganz ohne die Republikaner schalten und walten können. Aber er ist viel besser aufgestellt, um sein Programm durchzuboxen, als Clinton und Gore es jemals waren.

Sein Energieprogramm ist aus Sicht der Solarindustrie gut; umso besser, wenn seine Realisierung wahrscheinlich ist. Obama will den Emissionshandel für Treibhausgase einführen – ohne den Scheinhandel, der in Deutschland nur zu höheren Strompreisen und größere Gewinne für Kohlendioxid-Emitter geführt hat, sondern mit gehandelten Zertifikaten, die zu 100 Prozent ersteigert werden müssen. Fossile Energieträger dürften dadurch deutlich teurer werden und so die Erneuerbaren begünstigen.

PHEV – fahrende Stromspeicher

Auch die Plug-in-Hybrids oder PHEV werden es den Fossilen schwer machen. Denn sie sind ideale Stromspeicher. Fahren 2015 eine Million von ihnen, wird sich das Argument, man könne Solarstrom nicht speichern, von selbst erledigen. Derzeit hat ein Plug-in-Prius von Toyota eine Speicherkapazität von 5,5 Kilowattstunden. Eine Million davon speichern 5,5 Gigawattstunden. Das Modell Volt von General Motors soll 16 Kilowattstunden speichern können – macht bei einer Million 16 Gigawattstunden. Ende 2007 hatten die USA eine installierte PV-Leistung von nur 830 Megawatt, und zwischen Juli 2007 und Juli 2008 wurden 105 Gigawattstunden Solarstrom in den USA erzeugt, allerdings von solarthermischen Kraftwerken und Photovoltaik zusammen. Und es gibt nicht eine Million Fahrzeuge in den USA, sondern einige hundert Millionen. Der Ausbau der PHEV müsste also mit dem Ausbau der Photovoltaik Schritt halten können.

Obendrein möchten Obama und Biden die Stromnetze intelligenter machen. Die beiden Demokraten wollen außerdem auf Energieeffizienz setzen und die Anreize für Energieversorger ändern, damit diese nicht nur von erhöhter Erzeugung, sondern auch von Einsparungen profitieren.

Obama weiß, dass er erst am Anfang steht. Aber er scheint der Mammutaufgabe gewachsen zu sein.

Oft wird behauptet, Minderheiten und Frauen müssten besser sein als der Durchschnitt, und diese Überdurchschnittlichkeit wird Obama allenthalben bescheinigt. Er ist ein Beispiel für viele Amerikaner. Sogar Condoleezza Rice konnte die Freude über den Sieg ihres politischen Gegners kaum verbergen. Amerika hat einen schwarzen Präsidenten, damit beweist die Nation, dass sie Neuland betreten will. Obama hat mehr weiße Wähler als Bill Clinton bekommen; Amerika wählte farbenblind.

Dabei ist Obama halb weiß – und 100 Prozent Amerikaner. Der Familienvater schenkt seinen zwei Töchtern einen neuen Hund fürs Weiße Haus – „eventuell ein Mischling, so wie ich“, sagte er ohne Lächeln. Er hat nie seine Hautfarbe hochgespielt. Und doch schwang in seiner Rede in der Nacht nach dem Sieg ein kleiner Tribut an eines seiner Vorbilder mit. Pfarrer King hatte 1968 den Schwarzen in Amerika versichert, sie würden alle „das gelobte Land“ erreichen – und meinte damit nicht nur das Himmelreich, sondern das versprochene Land der unbegrenzten Möglichkeiten diesseits.

Obama schien – bewusst oder unbewusst – diese Idee aufzugreifen, als er in seiner ersten Rede als gewählter Präsident den Amerikanern Zuversicht einflößen wollte, gerade angesichts der Aufgaben, die vor Amerika liegen. Hier der Wortlaut der letzten Rede von Martin Luther King Jr. vor seiner Ermordung: „I want you to know tonight that we, as a people, will get to the promised land.“ Und hier der Wortlaut Obamas in der Nacht nach den Wahlen: „I promise you, we as a people will get there.“

Craig Morris

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