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Noch Sand im Getriebe

In Kuwait gibt es viel Sonne. Hat Photovoltaik dort eine große Zukunft?

Die Anwendung der Photovoltaik in Kuwait lohnt sich definitiv. Aber die Einschätzungen sollten sich an realistischen Werten orientieren. Und in der Hinsicht bin ich von den Schlüssen manch anderer Wissenschaftler überrascht, die bei uns keine Forschung unter realen Bedingungen betrieben haben.

Welche Schlüsse überraschen Sie denn konkret?

Wir hatten hier viele ausländische Firmen, die die Werbetrommel für Konzentratorsysteme in Kuwait gerührt haben. Ausländische Wissenschaftler sehen die Zahlen aus der Simulation und sind von den Ergebnissen begeistert. Aber sie unterschätzen die Probleme durch den Sandstaub und berücksichtigen sie bei ihren Software-Simulationennicht. Aber wenn man dann tatsächlich hierherkommt, sehen die Dinge ganz anders aus. Auch die Wartung des Nachführantriebs ist ein Problem. Dafür braucht man einen Motor, und wenn dort Sand eindringt, muss man viel Zeit für die Wartung aufwenden. Außerdem gehen die meisten Nachführsysteme nachts in eine flache Ruheposition. Das ist geradezu eine Einladung zur Sandakkumulation.

Gibt es auch bei Nichtkonzentratorsystemen Probleme mit dem Sand?

Dazu ist zweierlei zu sagen: Das eine ist die Auswirkung auf die Leistung, das andere die Auswirkung auf die Wartung. Was die Leistung angeht, so gibt es da wiederum zwei Aspekte: Erstens schirmt der Sand einen Teil der Sonnenstrahlung ab. Zweitens klebt der Sand auf dem Modul, was die Leistung zusätzlich verringert. Selbst wenn das Wetteram nächsten Tag besser ist, ist immer noch Sandstaub auf dem Modul. Gegen den Sand in der Luft kann man nichts tun. Aber man kann viel gegen das zweite Problem tun und zum Beispiel ein Glas verwenden, an dem die Partikel weniger haften bleiben. Oder man kann die Module öfter reinigen.

Gibt es große Unterschiede zwischen den Modulen?

Es gibt einige Unterschiede. Manche Module haben zum Beispiel einen Rahmen, der zwei bis drei Millimeter höher ist als die Glasoberfläche. Wenn dieser Aluminiumrahmen sehr nah an den Randzellen liegt, dann bleiben dort oft einige Millimeter Sand liegen, auch wenn die Luft wieder klarer ist.

Wenn ich in Kuwait ein System installiere, wie viel Licht wird nach einem Monat noch durch die Zelle kommen?

Es gibt viele Faktoren, die den Effekt durch Sand beeinflussen. Zum Beispiel der Standort, also ob sich die Module in der Wüste oder in einem Wohngebiet auf dem Dach befinden. Die größte Rolle spielt aber normalerweise der Neigungswinkel. Wenn man einen flachen Neigungswinkel hat, zum Beispiel null Grad, dann ist der Effekt schon im Zeitraum von einem Monat für die meisten Wissenschaftler eine große Überraschung. Wenn man 25 Grad nimmt, ist er deutlich geringer. Wenn man 45 bis 50 Grad nimmt, dann muss man nicht mehr sehr oft putzen.

Leider ist der Sonneneinstrahlungswinkel in Ihrem Land normalerweise sehr steil.

Im Sommer schon, aber im Winter steht die Sonne nicht so hoch. Dann sind 45 Grad das Optimum.

Wie ist denn die Photovoltaikforschung in Kuwait aufgestellt?

Wir waren immer sehr aktiv in der Forschung. Wir hatten neben Saudi-Arabien eines der ersten Forschungsinstitute in der Region, das 1978 mit der Erforschung der Solarenergie begonnen hat: das Kuwait Institute for Scientific Research (KISR). Leider wurden nach 1990 durch die irakische Invasion in Kuwait die meisten unserer Labors, Testgelände und Projekte zerstört. Danach gab es keine ernsthaften Anstrengungen, sie wieder aufzubauen, bis etwa 2005. Dann fingen die Initiativen auf dem Gebiet der Solarenergie wieder an.

Woran haben Sie vor der irakischen Invasion gearbeitet?

1984 haben wir eine Anlage mit 24 Kilowattpeak und polykristallinen Modulen entworfen und installiert. Das war damals die größte Anlage im gesamten Golfgebiet. Außerdem hatten wir noch viele andere Anlagen und Forschungsprojekte, in denen wir die Leistung verschiedener Module unter realen Freilandbedingungen und die Auswirkungen von Sand und Temperatur auf die Modulleistung untersucht haben.

Was war der Anstoß zur Wiederaufnahme der Forschung nach 2005, nach 15 Jahren Stillstand?

Ich denke, dass Entscheidungsträger in Kuwait gemerkt haben, dass andere Länder, besonders in Europa, im Bereich der Solarenergie große Fortschritte gemacht haben und dass wir eines der besten Gebiete für diese Ressource haben. Wir konzentrieren uns jetzt mehr auf die Netzanbindung als auf die Auswirkungen von Sand und Temperatur. Ich habe eine Neun-Kilowatt-Anlage mit Netzanbindung gebaut und teste sie. Das ist Kuwaits erste Photovoltaikanlage mit Netzanbindung.

Sie bauen all diese Anlagen ganz allein mit Ihren Mitarbeitern in Kuwait. Warum?

Ich bin ein großer Fan von Personalentwicklung. Vielleicht ist das in Europa eine Selbstverständlichkeit, aber nicht im Mittleren Osten. Damit meine ich Ausbildung, Berufspraxis und ganz konkrete praktische Arbeit. Man braucht Leute, die wissen, was sie tun. Man kann nicht nur aus Büchern lernen oder mit Software-Programmen. Praxis bedeutet, dass die Leute nach draußen gehen und praktische Erfahrung sammeln.

Welche Probleme gibt es bei der Netzanbindung, verglichen mit Deutschland?

Die Stromqualität in Kuwait ist eine andere als in Deutschland. Außerdem hat der Netzbetreiber in Deutschland Erfahrung mit erneuerbaren Energien, wogegen der Netzbetreiber in Kuwait keine entsprechende Erfahrung hat.

Was bedeutet das für die Photovoltaik?

Die Netzbetreiber haben Angst vor dem Neuen. Und wie alle, die mit einer neuen Technologie konfrontiert werden, haben sie das Recht dazu. Ich persönlich habe keine Angst vor der Netzanbindung, denn ich habe schon an der weltweit ersten Anlage mit Netzanbindung in Kalifornien mitgearbeitet, die im Dezember 1982 in Betrieb ging. 1985 habe ich bei unserer Institutsleitung einen Antrag für die erste Anlage mit Netzanbindung in Kuwait eingereicht, aber dieser wurde nicht genehmigt. 1989 habe ich beantragt, die schon erwähnte 24-Kilowatt-Anlage umzustellen. Auch das wurde nicht genehmigt. 2007 habe ich weiter insistiert, dann endlich wurde der Anschluss genehmigt. 2007 gab es weltweit schon so viel Netzanbindung – das hat Vertrauen bei den Entscheidungsträger geschaffen.

Hat die Photovoltaik eine Chance, wenn Strom in einem Land so billig ist wie in Kuwait?

Nicht beim Verbraucher. Die Stromkosten für den Verbraucher werden sehr stark von der Regierung subventioniert. Aber die Regierung rechnet mit dem entsprechenden Ölpreis, der vom Markt abhängig ist. Photovoltaik hat daher bei den Energieversorgungsunternehmen, die

Staatseigentum sind, eine Chance.

Haben Sie die Stromerzeugungskosten aus der Photovoltaik mit denen auf Ölbasis verglichen?

Ja, dazu haben wir Untersuchungen, und die Photovoltaik ist in unserer Region sehr wettbewerbsfähig.

Und können Sie Ihre Regierung davon überzeugen, in die Photovoltaik zu investieren?

Wir versuchen seit 30 Jahren, die Regierung zu überzeugen. Mit der netzgekoppelten Anlage verfolgen wir unter anderem das Ziel, die Regierung in Kuwait zu überzeugen, dass die Photovoltaik eine Chance bekommt.

Hasan AlBusairi: Forscher in Kuwait

Hasan AlBusairi forschte bereits seit 1984 in Kuwait an Photovoltaikanlagen, nachdem er in den USA an den ersten netzgekoppelten Systemen mitgearbeitet hatte. Der Bruch kam mit der irakischen Invasion. Danach war er zunächst für die Öffentlichkeitsarbeit des Komitees verantwortlich, das die Wiedergutmachung organisierte, und arbeitete später als kaufmännischer Direktor von Motorola in Kuwait. Erst nachdem das KISR wieder in Solarenergieforschung zu investieren begann, ist er dahin zurückgekehrt. .

Zitat

„Viele Experten unterschätzen die Probleme durch den Sandstaub“

Das Gespräch führte Michael Fuhs.

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