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Der Weg ist das Ziel

In den vergangenen Jahren profilierte sich die FDP nicht gerade als Speerspitze des Klimaschutzes, sondern eher als Ökobremse. Dies scheint sich nun zu ändern. Um 60 bis 80 Prozent müsse der Ausstoß von Treibhausgasen in der EU bis 2050 gesenkt werden, und bis 2020 wenigstens um 30 Prozent, fordern die Liberalen in ihrem aktuellen Wahlprogramm.

Das Ziel der EU, den Anteil der Erneuerbaren am Primärenergieverbrauch bis 2020 auf 20 Prozent zu erhöhen, wird unterstützt. „Wir wollen auf lange Sicht eine CO2-neutrale Energieversorgung, im Wesentlichen mit erneuerbaren Energien“, sagt MdB Michael Kauch, der umweltpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.

Liberale für Energiemix

Doch die Gelben trauen den Erneuerbaren in absehbarer Zeit noch nicht zu, Kohle, Atom und Co. zu ersetzen. „Mittelfristig muss es einen Energiemix geben, um die energiewirtschaftlichen Ziele – nämlich Versorgungssicherheit, Klimaschutz und preisgünstige Energieversorgung – auch tatsächlich gleichzeitig erreichen zu können“, unterstreicht Kauch. Denn auf absehbare Zeit seien die erneuerbaren Energien noch nicht in ausreichendem Maß grundlastfähig. Deshalb sprechen sich die Liberalen auch für eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke sowie, für die Zeit danach, für den großtechnischen Einsatz der CO2-Abscheidung von Kohlekraftwerken (CCS) aus.

Um den erneuerbaren Energien stärker zum Durchbruch zu verhelfen, setzen die Liberalen auf „eine massive Erweiterung der Forschungs- und Entwicklungsmittel im Bereich der Speichertechnologien“. Zudem seien die Öffnung der europäischen Strommärkte sowie der Ausbau der Netzkoppelstellen ein „vorrangiges Ziel“, auch um zukünftig Strom aus solarthermischen Kraftwerken aus Nordafrika als „Teil eines regenerativen Energiemixes“ nutzen zu können.

Das EEG sehen die Liberalen allerdings weiter mit Vorbehalt. Einerseits plädiert Michael Kauch dafür, das EEG „zusätzlich zum Emissionshandel als Förderinstrument für erneuerbaren Strom“ zu erhalten, um einen einseitigen Brennstoffwechsel von Kohle zu Gas zu verhindern. Andererseits soll nach dem jüngsten Beschluss des 60. Parteitags Mitte Mai die EEG-Förderung „alle zwei Jahre überprüft und nur bei nachweisbarem Entwicklungsfortschritt in der jeweiligen Technologie fortgesetzt werden“. Kriterien hierbei sind die Marktdurchdringung, Preisentwicklung, Kostendegression und die Exportfähigkeit.

Bei einer Überforderung sollen die Einspeisevergütung „unter Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit“ angepasst und Förderzeiträume eventuell verkürzt werden. Mit dieser Formulierung haben die Liberalen vor allem die Solarstromvergütung im Visier. „Die Photovoltaik ist derzeit noch sehr teuer, aber gleichzeitig die Technologie mit den höchsten Kostensenkungspotenzialen“, sagt Kauch.

Grüne: 100 Prozent Erneuerbare

Konsequenter auf erneuerbare Energien und Klimaschutz setzen Bündnis 90/Die Grünen. Um „deutlich mehr als 80 Prozent“ müssten die Industriestaaten bis 2050 ihren Ausstoß von Kohlendioxid reduzieren, beschlossen die Delegierten auf dem 30. Parteitag Anfang Mai im Berliner Velodrom. Deutschland müsse seinen CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent mindern. Festgeschrieben werden soll dies in einem eigenen Klimaschutzgesetz. Außerdem soll nach dem Willen der Partei der Klimaschutz als Staatsziel in das Grundgesetz aufgenommen werden. Zudem spricht sich die Ökopartei für „Carbon Budgets“ für Ministerien aus, um diese Ziele zu erreichen.

Schritt für Schritt soll die Energieversorgung vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt werden, fordern die Grünen. „Die ist unser entscheidendes Alleinstellungsmerkmal, alle anderen Parteien setzen ja noch auf die konventionellen Energien“, sagt der energiepolitische Sprecher der Grünen, MdB Hans-Josef Fell. Bis 2030 sollen 100 Prozent des Stroms in Europa aus erneuerbaren Quellen stammen, bis 2040 sollen die erneuerbaren Energien 100 Prozent des gesamten europäischen Energiebedarfs decken.

Bezahlbar und zukunftsfähig

Neben klimapolitischen Gründen werden auch ökonomische und sicherheitspolitische Motive für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien ins Feld geführt: „Wir wollen eine Energieversorgung der Zukunft, die bezahlbar ist“, sagt Hans-Josef Fell. Was das bedeutet, erläuert er im Gespräch mit der photovoltaik: Man müsse wegkommen von den Preissteigerungen der konventionellen Energieträger, die ja aufgrund ihrer Verknappung und der Umweltschäden, die sie verursachen, immer teurer werden. Auch deshalb wollen die Grünen auf „die kostenlosen Energien der Sonne, des Windes, Erdwärme und Wasser umstellen“, bei denen lediglich die fallenden Technikkosten zu zahlen sind. Damit habe man „null Emissionen“ und nicht nur „ein bisschen Emissionsreduktion unter Weiterlaufen der Kohle- oder Erdölnutzung mit einem effizienten Niveau“. Dies sei entscheidend.

Weltpolitische Lage stabilisieren

Ein weiteren Vorteil einer konsequenten Politik zur Förderung der Erneuerbaren sieht Fell auch in der Stabilisierung der weltpolitischen Lage: „Jeder weiß, dass um Erdöl inzwischen Kriege geführt werden“, und kenne die Atombombenproblematik in Nordkorea oder die Gas-OPEC-Bemühungen Russlands. Im Bau von solarthermischen Kraftwerken und in der Lieferung von Ökostrom nach Europa sieht Fell die Chance, „diese Länder in Einnahmen zu bringen, die sie mit Klimaschutztechnologie erzielen“.

EEG als Innovationsmotor

Eine entscheidende Rolle bei einer postfossilen Energieversorgung spiele das EEG, das in den kommenden Jahren erhalten bleiben müsse. Dies gelte ganz besonders für die Weiterentwicklung der Photovoltaik, die laut Fell eine „fulminant wichtige Rolle“ im Energiemix spielt. Das EEG sei „die Wiege“ des „weltweit bestaunten Innovationssprungs, den die Photovoltaik in den vergangenen acht Jahren gemacht hat“. Und die Ausbaugeschwindigkeiten würden ja weitergehen und gleichzeitig die Kosten sinken. Wenn Mitte des kommenden Jahrzehnts die Grid Parity auch in Deutschland erreicht sei, dann „gibt es natürlich kaum mehr ein Halten“. Viele Menschen würden sich „lieber eine Photovoltaikanlage aufs Dach bauen und den Strom billiger erzeugen, als sich den teuren Strom vom Netz der Eon oder anderer zu kaufen“, sagt Fell.

Neben einem Ausbau der anderen erneuerbaren Energieträger sind ein verbessertes Lastmanagement durch Smart-Grids, eine Weiterentwicklung der Speichertechnologien sowie der Bau von europaweiten Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetzen wichtige Bausteine einer grünen Energiewende. Um bis 2020 mindestens zwei Millionen Elektrofahrzeuge auf deutsche Straßen zu bringen, wollen die Bündnisgrünen zudem ein Marktanreiz- und Forschungsprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro auflegen und die Anschaffung von Elektrofahrzeugen mit bis zu 5.000 Euro fördern.

Gekappt werden sollen dafür die „Sonderrechte und Subventionen für die Atomindustrie“ sowie die weitere Förderung der CO2-Abscheidung von Kohlekraftwerken, die „keinerlei ökonomische Chancen bietet und auch nicht als Übergangstechnologie anzusehen ist“, wie Hans-Josef Fell betont.

Es lohnt sich also genauer hinzuschauen, was die Parteien beim Klimaschutz und den erneuerbaren Energien wirklich wollen.

Hans-Christoph Neidlein/William Vorsatz

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