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Will aufs Treppchen

Nach neun Jahren der Beratungen und Gesetzesentwürfe war es am 12. Juni so weit: In dritter Lesung verabschiedete das taiwanesische Parlament ein Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energien. Details wie die Einspeisetarife müssen noch beschlossen werden. In etwa sechs Monaten soll das Gesetz in Kraft treten. „Das ist ein großer Tag für unsere Photovoltaikbranche“, sagt Joeng-Shein Chen, Leiter des PV-Forschungsinstitutes ITRI, der die Regierung bei der Einführung und Umsetzung des Gesetzes berät.

Doch sonderlich vielversprechend ist das Installationspotenzial in Taiwan nicht. Die Insel vor der chinesischen Küste ist nur 35.800 Quadratmeter groß, zwei Drittel der Fläche sind Gebirge, der Wohnungsbau geht eher in die Höhe als in die Breite. Und so richten die ambitionierten taiwanesischen Hersteller ihren Blick nach wie vor mehr ins Ausland. Dies zeigte bereits die Intersolar, auf der Taiwan mit 50 Firmen nach China und Spanien der drittgrößte internationale Aussteller war. Im eigenen Land findet im Oktober zum dritten Mal die „PV Taiwan“ statt, die nicht nur Messe, sondern auch Forum sein wird. Veranstalter sind der taiwanesische Rat für die Förderung des Außenhandels (TAITRA) und SEMI Taiwan, der Verband der Halbleiterindustrie mit seiner Photovoltaikgruppe.

Auf Platz vier vorgearbeitet

Innerhalb weniger Jahre hat sich Taiwan auf Platz vier der weltweiten Solarzellenhersteller vorgearbeitet. Doch dabei soll es nicht bleiben. „Bis 2015 soll Taiwan eines der drei führenden PV-Produktionsländer sein“, sagt Frank O’Young, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Sunner Solar Corporation, eines Herstellers von amorphen Dünnschichtmodulen. Darüber, dass Taiwan kein bedeutendes PV-Installationsland ist und auch nicht sein wird, herrscht Konsens. Im Juni 2009 waren gerade einmal 565 PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 6.012 Kilowatt installiert. Quincy Lin, Vorsitzender der Neo Solar Power Corporation, begrüßt das Gesetz, erwartet aber, wie viele seiner Branchenkollegen, dadurch keinen explosionsartigen Zubau. Im taiwanesischen Erneuerbare-Energien-Gesetz sind 31 Megawatt bis 2010 vorgesehen. Bis 2025 soll ein Gigawatt Photovoltaikleistung in Taiwan installiert sein.

Weitaus euphorischer äußern sich die Hersteller, wenn es um ihre Produktionskapazitäten für internationale Märkte geht. Durch die Nähe zur Halbleiterindustrie liegt der Schwerpunkt der taiwanesischen PV-Industrie auf der Produktion polykristalliner Solarzellen. 28 Unternehmen verfügen aktuell über eine Produktionskapazität für 4,1 Gigawatt Zellen.

Zehn Unternehmen stellen Wafer her. 18 weitere Hersteller kommen zusammen auf eine Modulkapazität von 380 Megawatt. 36 Firmen bieten PV-Systeme und -Installationen an, berichtet Chen von ITRI (alle Zahlen bezogen auf polykristalline PV). Für Dünnschichtmodule gibt es derzeit eine Produktionskapazität von 600 Megawatt.

Der Ausbau der Herstellungskapazitäten, höhere Wirkungsgrade und neue Produkte haben in den Unternehmen Priorität. Die Gintech Energy Corporation, die im vergangenen Jahr 189 Megawatt polykristalline Solarzellen verschiffte, plant den Ausbau der vollautomatischen Zellproduktion auf 600 Megawatt jährlich. Schon im kommenden Jahr will Gintech unter den drei weltweit führenden Solarzellherstellern sein. Im Mai ging das Unternehmen außerdem unter die Modulhersteller. Die Kapazität liegt in der Startphase bei 40 Megawatt.

Die Neo Solar Power Corporation, die 2005 in das PV-Geschäft einstieg, verfügt über eine Produktionskapazität für polykristalline Zellen von 210 Megawatt. Auf dem Firmengelände ist Platz für eine weitere Fabrik mit einer Kapazität von 600 Megawatt. Auch Sunner Solar denkt groß. 2008 lag die Produktionskapazität für amorphe Module bei 278 Megawatt. Auf dem Sunner-Gelände mit 130.000 Quadratmeter Fläche ist Platz, um die Produktion auf 400 Megawatt zu erweitern. Der Modulhersteller Gloria Solar Co. Ltd., der sich ebenfalls mit Erweiterungsgedanken trägt, hat das Nischenprodukt Solardächer für Automobile für sich entdeckt. Gloria baut für ein Elektrofahrzeug des französischen Automobilherstellers Matra PV-Dächer für die elektrische Versorgung und Belüftung der Fahrzeuge.

Die Everphoton Energy Corporation besetzt eine andere Nische: Konzentratormodule. Im Moment können die Module jedoch noch nicht zertifiziert werden, weil in den Testlaboren die hierfür nötigen Anlagen fehlen, bedauert CEO Eric Chen. Deshalb arbeitet das Unternehmen derzeit mit Organisationen der Regierung zusammen, die Projekte auch unabhängig von einer lukrativen Förderung realisieren können. Im Sommer will Everphoton eine 200-Kilowatt-Anlage mit Fresnelzellen in Taiwan bauen.

Was bislang in Taiwan fehlte, war die Siliziumherstellung. Diese Lücke will die Powercom Co. Ltd., Hersteller von Modulen, Zellen und Wechselrichtern, schließen. Sie baut derzeit eine Polysiliziumfabrik mit einer geplanten Kapazität von 1.500 Tonnen im Jahr. „In 12 bis 14 Monaten wollen wir mit der Produktion beginnen“, sagt Marketing-Manager Amos Yu.

Das Tempo, mit dem die taiwanesischen Hersteller vorpreschen, wird im Moment nur von der Wirtschaftskrise gebremst. Daraus machen die Hersteller keinen Hehl. „Es war für uns alle schwierig“, sagt Frank O’Young von Sunner, der auf ein besseres zweites Halbjahr für die Finanzierung von Investitionen hofft. Powercom etwa hatte ursprünglich geplant, seine Polysiliziumfabrik mit einer Kapazität von 3.000 Tonnen im Jahr zu bauen, musste diese Pläne aber vorerst zurückstellen.

Qualität wichtiger als Preis

In ihrem Vertrieb stellen die Hersteller fest, dass sich die Diskussionen inzwischen weniger um den Preis als vielmehr um höhere Qualität und die Diversifizierung der Produkte drehen. Gintech kommt dem entgegen, indem das Unternehmen in der zweiten Jahreshälfte multikristalline Zellen in sechs Farben auf den Markt bringt. Für eine höhere Qualität soll eine weitgehende Automatisierung sorgen. So fertigt Auria Solar Co. Ltd. seine mikromorphen Module nach eigenen Angaben in der weltweit ersten vollautomatischen Produktionslinie.

Der Hauptmarkt der taiwanesischen PV-Industrie ist Europa, und hier insbesondere Deutschland. Sunner Solar will in diesem Jahr seine erste Niederlassung in Südeuropa eröffnen und plant ebenso wie Powercom nach eigenen Angaben Megawattprojekte in Italien. Die USA, China und Japan bezeichnen die Hersteller als Märkte mit Perspektive, die aber noch entwickelt werden müssen.

Auf Kunden und Interessenten hoffen die taiwanesischen Hersteller auf der „PV Taiwan“, die vom 7. bis 9. Oktober in Taipeh stattfindet. Im letzten Jahr präsentierten 155 Aussteller Produkte aus allen Stufen der PV-Wertschöpfungskette. In diesem Jahr erwartet TAITRA 170 Aussteller und 10.000 Besucher aus aller Welt.

Ina Röpcke

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