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Unter Glas

Ein idyllisches Fleckchen Erde ist die Gegend um Passau. Wälder und Flure durchziehen Niederbayern zwischen Pocking und Tittling, Sonnen und Salzweg, Kühweid und Sauwald. Und Äcker. Eine seltener werdende Erscheinung, wie offizielle Zahlen beweisen: Das Statistische Bundesamt verzeichnet bei Ackerland rückläufige Bestände. Eine Gefahr, die Bauernpräsident Gerd Sonnleitner auf den Plan gerufen hat. „Wir ackern für Deutschland“, rief er beim jüngsten Bauerntag in die Menge. Und ohne Äcker kein Ackern, das haben selbst die Bauern mit den dicksten Kartoffeln verstanden. „Was tun?“, sprach einst Zeus. „Wir müssen unsere Äcker schützen“, postuliert Sonniboy seit Jahren. Jetzt hat er eine Möglichkeit gefunden, seine vage abstrakte Forderung in die Tatv umzusetzen: mit einer Solaranlage.

100 Hektar Land bewirtschaftet der Oberbauer in Ruhstorf an der Rott. Getreide, Mais, Zuckerrüben. Gut zehn Prozent seines fruchtbaren Bodens will er für die Nachwelt bewahren – unter Glas, wo ja auch so manch anderes Kulturgut ruht. Zurzeit laufen für die Umsetzung des Projekts Gespräche mit einer Ingenieurgesellschaft. In diesen Gesprächen hat Sonnleitner seine Idee bereits weiterentwickelt, wissen Quellen aus seinem nächsten Umfeld zu berichten: Statt einfachem Glas könne der rare Ackerboden ja auch unter Solarmodulen Schutz finden, wird kolportiert – dank EEG sei so immerhin ein Ausgleich möglich für das geopferte Land und die künftig bei der Ernte fehlenden Zuckerrüben.

Widerstand in Niederbayern

Die Gemeinde hat keine Einwände gegen Sonnleitners Projekt. Aber eine offensichtlich wenig kulturbeflissene Bürgerinitiative probt den Aufstand. „Das unverbaute Hügelland beim Sonnleitner-Hof ist das letzte naturnahe Naherholungsgebiet hier“, schwärmen deren Gründer. Sie bezweifeln, dass die Nachbarschaft zu Sonnleitners Projekt und damit zu einem geschützten Stück Kulturgut die Lebensqualität oder gar den Wert ihrer Häuser steigern könnte. Sie befürchten vielmehr, dass statt Wald künftig eine monotone Dachfläche die Aussicht bestimmt und das Glas sie obendrein blendet. Auch der örtliche Bauernverband ist dem Buschfunk zufolge nicht glücklich. „Hätte Sonnleitner nicht ein anderes Stückchen Erde für sein Ackerschutzprojekt finden können?“, fragen sich die Funktionäre. „Boden, der weniger fruchtbar und daher für den Anbau von Lebensmitteln nicht geeignet ist?“ Von Dankbarkeit für das selbstlose Vorhaben keine Spur.

Aber vielleicht verfolgt der Bauernpräsident bei der Bewahrung des Ackers ja – zumindest nebenbei – auch ein eher privates Ziel. Sonnleitner weiß: ohne Äcker kein fruchtbarer Boden für seine griffigen Parolen wie „Banken haben Schwein, Bauern den Salat“, „Heizen mit Weizen“, „Kornkraft statt Kernkraft“. Und: „Jeder Landwirt ist ein Energiewirt.“ Auch in der niederbayerischen Idylle.

Petra Hannen

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