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Solarer Zehnkampf

Ganz in Schwarz gehüllt soll es sein – passend zu den schwarzen Solarmodulen, die das Dach bedecken werden. Anstelle von Wänden gliedern zwei sich kreuzende Lichtachsen den Innenraum. Schlitze in Dach und Außenwänden bilden diese hellen Streifen. Die abgeflammte Holzfassade zieht sich in quadratischem Raster auch über die Dachflächen. So wird das Haus aussehen, mit dem Berliner Studenten im Mai in Madrid beim Solaren Zehnkampf antreten werden.

Bis es so weit ist, liegt jedoch noch eine Menge Arbeit vor Marcus Bui und seinen über 40 Kommilitonen von drei Berliner Hochschulen, die sich neben ihrem Studium für den Solar Decathlon Europe engagieren.

„Energieeffizienz und Photovoltaik in der Architektur sind Themen, die steil bergauf gehen werden“, schätzt Marcus Bui, angehender Umwelttechniker mit Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin. „Wir wollen die Themen in Deutschland noch präsenter machen und durch ungewöhnliche Lösungen die Bandbreite der Möglichkeiten aufzeigen.“ Dafür arbeitet der Umwelttechniker mit anderen Studenten der Universität der Künste (UdK) und der Beuth Hochschule zusammen. Sie kommen aus den Fachbereichen Architektur, Bauingenieurwesen, Wirtschaftswissenschaften und Medieninformatik und bilden mit der HTW das Team „Living Equia“.

In den USA gibt es den Solar Decathlon seit 2002. Fünf Jahre später hat ein Team der TU Darmstadt den Wettbewerb durch seinen Sieg auch in Deutschland bekannt gemacht. Die Darmstädter gewannen in drei der zehn Teildisziplinen. Hinsichtlich Ästhetik und Funktionalität habe das Team alles herausgeholt, was nur möglich war, lobte die Jury. Auch in der Energiebilanz lautete das Urteil „perfekt“. Nun findet der Solar Decathlon erstmals in Europa statt. Die Universität Madrid wird die europäische Variante des Solaren Zehnkampfs im Juni 2010 am Ufer des Rio Manzanares veranstalten, gemeinsam mit dem spanischen Energieministerium. Erwartet werden 20 Studententeams aus zehn Ländern. Eine Woche lang sollen die Studenten dann ihre Prototypen in Madrid bewohnen. In die Wertung gehen alle Disziplinen des Zehnkampfs ein: architektonischer Entwurf, Baukonstruktion, Solarsysteme, Wohnkomfort, Funktionsfähigkeit der solar betriebenen Haushaltsgeräte, aber auch die Marktfähigkeit und das Kommunikationskonzept, mit dem die Universitäten ihre Gebäude in der Öffentlichkeit bekannt machen.

PV beeinflusst Entwurf

Die komplette Stromversorgung des Hauses soll durch Solarenergie gedeckt werden. Daher hat die Photovoltaik auch den Berliner Studentenentwurf stark beeinflusst. „Andere Teams ständern die Module auf, wir wollten aber eine architektonisch saubere Lösung“, betont Marcus Bui. Photovoltaikmodule und Kollektoren werden bei „living equia“ in einer Ebene mit der hölzernen Fassadenverkleidung liegen. Die 30 Quadratmeter große Photovoltaikdachanlage liefert den Hauptteil der Energie für den Betrieb des Wohnhauses. Mit einer Leistung von 4,18 Kilowattpeak können damit in Madrid 5.500 Kilowattstunden Strom pro Jahr produziert werden. Für die Effizienz wäre eine größere Anlage besser, meint Bui. Aber mit diesem Kompromiss seien sowohl die Gestaltenden als auch die Techniker zufrieden.

Die quadratischen, rahmenlosen Module stellt die Berliner Solon AG zur Verfügung. Solon signalisierte sofort großes Interesse an einer Zusammenarbeit mit der HTW, die das Projekt leitet. „Der Wettbewerb ist eine tolle Möglichkeit, die Öffentlichkeit auf das Thema Solar aufmerksam zu machen“, sagt Sylvia Ratzlaff, Pressesprecherin von Solon.

Auch die Verschattungselemente in der Fassade sollen Strom produzieren. Geplant ist eine Neuentwicklung aus flexiblen, transluzenten Dünnschichtmodulen auf insgesamt 27 Quadratmetern, integriert in eine netzartige Unterkonstruktion, die die Firma Colt zur Verfügung stellt.

Entwurf, technische Planung, Fundraising, Materialbeschaffung, Bau und Transport – das alles leisten die rund 40 Studenten. Doch mit Engagement allein ist es nicht getan. Bui rechnet mit einem Projektvolumen von 1,1 Millionen Euro, 40 Prozent davon entfallen auf die Arbeitskräfte, die größtenteils ehrenamtlich tätig sind. Der Antrag auf Förderung im Programm „Energieoptimiertes Bauen“ steht kurz vor der Bewilligung.

Sponsoren für die technische Ausrüstung zu finden ist laut Bui kein Problem, insbesondere da das Darmstädter Projekt sehr bekannt sei. Schwieriger sei es bei den anderen Baustoffen, beim Holz beispielsweise, das dringend benötigt werde.

Während die Teams manch anderer Hochschule von Professoren zusammengestellt werden, arbeiten die Berliner Studenten in Eigenregie. Unterstützung von Lehrenden bekommen sie nur auf Anfrage. Darauf ist Bui besonders stolz. Zu diesen Unterstützern gehört beispielsweise Susanne Rexroth vom Fachbereich Ingenieurwissenschaften I/Regenerative Energien an der HTW. „Die Studenten arbeiten ungeheuer selbstständig und gründlich“, sagt die Photovoltaik-Expertin anerkennend. „Auch in der Außendarstellung sind sie sehr professionell.“

„Darmstadt ist auf jeden Fall unser Vorbild“, sagt Marcus Bui. „So oder besser soll es werden. Die Darmstädter geben uns die Gewissheit, dass ein Sieg beim Solar Decathlon zu schaffen ist.“

www.living-equia.com

Anja Riedel

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