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Auf der Suche nach Anwendungen

In der Geschichte der Bell Laboratories weckten nur wenige Erfindungen so viel Medieninteresse und öffentliche Aufmerksamkeit wie die Präsentation der Siliziumsolarzelle, die als „Bell Solar Battery“ bezeichnet wurde. Auf Basis der Details, die auf der Bell-Pressekonferenz im April 1954 veröffentlicht wurden, spekulierte ein Artikel in U.S. News & World Report unter der Überschrift „Brennstoff ohne Grenzen“: „Die [Silizium]-Streifen könnten mehr Energie liefern als der Weltvorrat an Kohle, Öl und Uran … Ingenieure träumen von Siliziumstreifen-Kraftwerken. Die Zukunft: grenzenlos.“

Die Bell-Erfindung beflügelte auch das Solarenergieumfeld. Der verstorbene John Yellot, ein Maschinenbauingenieur, der in den 1950er Jahren wahrscheinlich mehr als jeder andere in Amerika wusste über die Versuche, die Energie der Sonne zu nutzen, feierte die Siliziumsolarzelle als „den ersten wirklich wichtigen Durchbruch in der Solarenergietechnologie im zwanzigsten Jahrhundert“. In der Tat sahen viele Solar-Befürworter laut einem Newsweek-Bericht aus dem Jahre 1955 voraus, dass sich die Solarzelle „allmählich zu einem Konkurrenten der Atomkraft entwickeln“ würde.

Der technische Fortschritt kam voran, und die Zellleistung verdoppelte sich in den nächsten 18 Monaten. Doch aufgrund ihrer prohibitiven Kosten konnten die Solarzellen keinen kommerziellen Erfolg erreichen. Dafür war zum großen Teil der Preis des Ausgangsmaterials verantwortlich. „Bedauerlicherweise konnten die richtigen Eigenschaften nur mit Silizium von sehr hoher Reinheit erreicht werden“, erklärte Chapin. „Bei einem gegenwärtigen Preis um 380 US-Dollar pro Pound [rund 0,45 Kilogramm] spielt dieser Faktor in jeder Diskussion über die Wirtschaftlichkeit der Solarzellen eine wichtige Rolle.“ Beim Preis einer Ein-Watt-Zelle von 286 Dollar, rechnete Chapin aus, müsste ein Eigenheimbesitzer 1956 1.430.000 Dollar zahlen für eine Anlage, die ausreichend wäre, um ein durchschnittliches Haus mit Energie zu versorgen. Dies ließ ihn ernüchtert feststellen: „Auch wenn die Aussicht auf die Verwendung von Siliziumsolar-Energiekonvertern aufregend ist, sind wir ganz klar noch nicht an dem Punkt, an dem wir kommerziell konkurrenzfähig wären.“

Die Suche nach dem Markt

Western Electric, die Bell-Tochtergesellschaft, die Entwicklungen aus dem Labor ins Freiland transferiert, ließ sich von Chapins pessimistischer Analyse nicht entmutigen. Eine der ersten Anwendungen für die Bell-Solarzelle war die Unterstützung der Telefonleitungen im ländlichen Georgia, wo es keine andere Energiequelle in der Nähe gab. Sie machte ihre Sache gut, mit Ausnahme einer Störquelle: Vogeldreck verschmutzte immer wieder die Moduloberfläche und verhinderte, dass die Sonnenstrahlen die Zellen erreichten. Eine wöchentliche Reinigung löste das Problem. Bald jedoch wurden Siliziumtransistoren verwendet, die ganz ähnlich wie Siliziumsolarzellen hergestellt wurden, um die Übertragung der Stimmen entlang den ländlichen Telefonleitungen wie denen in Georgia zu verstärken. Weil sie für ihren Betrieb nur winzige Mengen an Energie benötigten, reichte eine geringe Menge Strom aus, die über die Telefonleitungen geschickt wurde, um alles am Laufen zu halten, wodurch der solare Beitrag unnötig wurde.

Im Jahre 1955 kaufte Maurice Paradice, Chef von National Fabricated Products, einer Firma mit 80 Angestellten, die Lizenz zur Herstellung von Siliziumzellen von Western Electric, um Module für den kommerziellen Markt herzustellen. Das Unternehmen stellte mehrere Ingenieure und Physiker zur Leitung der Forschung und Entwicklung ein sowie Montagekräfte für den Zusammenbau der Systeme. „Die Motivation, die Herstellung zu starten, war die Idee, die kostenlose Energie der Sonne zu nutzen und auf diese Weise preiswerte Energie bereitzustellen, insbesondere dort, wo Energie nicht griffbereit verfügbar war, zum Beispiel in der weniger entwickelten Welt“, erklärte Dr. Martin Wolf, der Physiker, den das Unternehmen unter Vertrag genommen hatte, um die Siliziumsolarzelle zu kommerzialisieren. Die Firma glaubte daher, „es müsse ein sehr großer Markt vorhanden sein“, fügte Wolf hinzu, „und man könne ansehnliche Profite erzielen.“ Da das Unternehmen jedoch nicht in der Lage war, den Preis herunterzuschrauben, „kam kein substanzieller Absatz zustande“, erinnerte sich Wolf. „Anwendungsfelder für Solarzellen für alle möglichen Zwecke wurden [daher] vorangetrieben.“

144 Dollar pro Kilowattstunde

Die erste große Bestellung von Solarzellen kam von der Dahlberg Company, die, wie Wolf erklärte, „eine Zeitlang Hörgeräte, die an Brillen montiert waren, hergestellt hatte, und nun ihre Produktlinie ausdehnte auf solarzellbetriebene Hörgeräte, die ohne Aufladen oder Batterienaustausch auskamen“. National Fabricated Products schickte Dahlberg eine größere Anzahl von kleinen viereckigen Zellen, die in Reihe auf die Bügel von Brillengestellen montiert worden waren. Zum Unglück von Paradice meldete Dahlberg plötzlich Insolvenz an, ohne eine einzige Zahlung geleistet zu haben.

Hoffman Electronics, eine Firma in El Monte, Kalifornien, kaufte National Fabricated Products im Jahre 1956 auf und machte sich mit Feuereifer daran, die Idee der Solarelektrizität zu verkaufen. Der energische und innovative Chef der Firma, Leslie Hoffman, zeigte einer Versammlung von 150 Regierungsbeamten das neue 25-Watt-„Solarenergie zu Elektrizität Konvertermodul“. „Denken Sie“, sagte er, „an einen netzfernen Telefonverstärker in der Mitte der Wüste. Es wird Energie benötigt, aber die Station ist unbemannt. Eine Reihe von Solarzellen und ein System von Akkumulatoren sind die Antwort. Oder denken Sie an den Fall einer Navigationsboje im Hafen. Hier kann eine Lampe, die mit Solarzellen und einem kleinen Akkumulator ausgestattet ist, unbegrenzt lange unbeaufsichtigt leuchten. Die Forstverwaltung hat ein ernsthaftes Problem, die unbemannte Radio-Relaisstation mit Strom zu versorgen. Also muss man schwere Einweg-Trockenbatterien oder Brennstoff für ein eher unzuverlässiges Benzinmotor-betriebenes Ladegerät unter hohem Aufwand in den Standort ‘hineinpacken’. Die Solarzelle ist eine viel bessere Antwort.“

Obwohl er Prototypen sowohl für die Küstenwache wie auch für die Forstverwaltung baute und installierte, wollte niemand Hoffmans Pitch kaufen. „Die Gründe sind offensichtlich“, argumentierte William Cherry, ein Ingenieur und früher Solarzellenenthusiast, 1955: „Handelsübliche Energie … kostet zwischen einem und zwei Cent pro Kilowattstunde. Energie von einer Trockenbatterie … kostet 23,70 Dollar pro Kilowattstunde, und photovoltaische Energie … würde etwa 144 Dollar pro Kilowattstunde kosten.“

Auf der verzweifelten Suche nach Absatzmärkten wurden Produktneuheiten wie Spielzeug und Radios mit Solarzellen hergestellt. Wolf erinnerte sich an eine Unternehmenspräsentation, bei der „unter Raumbeleuchtung … [Spielzeug-] Schiffe in einem Kinderplanschbecken kreisten. Das Modell einer DC-4 mit vier elektrischen Motoren, … die den Propeller kreisen ließen, wurde ausschließlich von der Solarzelle angetrieben, die in den Flügeln eingelassen war.“

Da Solarzellen nur Spielzeug antrieben, flaute die anfängliche Begeisterung, die von der Bell-Erfindung ausgelöst wurde, schnell ab. Der Journalist Harland Manchester versuchte 1955 in einer Ausgabe von Reader’s Digest den Rückhalt für Solarzellen durch eine historische Perspektive abzustützen: „Angesichts des Energiebedarfs der Welt sind diese Gadgets bloßes Spielzeug“, gab Manchester zu. „Doch genau das war auch der erste Motor, der von Michael Faraday vor über einem Jahrhundert gebaut wurde – und er erzeugte die ganze gigantische elektrische Industrie.“ Trotz solcher tröstenden Worte kam Darryl Chapin nicht umhin sich zu fragen: „Was tun mit unserem neuen Baby?“

johnperlin@physics.ucsb.edu

Der nächste Teil unserer Serie berichtet davon, wie das Militär die technologische Entwicklung aufnimmt und für Amerikas ersten Satelliten, den Vanguard einsetzt.

John Perlin

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