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Versicherung gegen die Pleite

Die schwierige Zeit begann im ersten Halbjahr 2009. Internationalen Großbanken fehlte in Zeiten gegenseitigen Misstrauens die Liquidität für die Finanzierung von Megawatt-Solarprojekten. In der Folge konkurrierten Entwickler um knapper gewordene Kredite und mussten – trotz überdurchschnittlicher Renditeaussichten bei Großprojekten – höhere Eigenkapitalquoten, Zinsen, Gebühren und eine genauere Prüfung der Sicherheiten hinnehmen. Jörg Eßer, Geschäftsfüh rer des Photovoltaik-Großprojekt-Entwicklers MCG Management Capital Group, erinnert sich noch gut: „Viele Projekte wurden zurückgestellt, demzufolge verfielen die Modulpreise.“ Tatsächlich untermauern die vorläufigen Daten des Anlagenregisters der Bundesnetzagentur Eßers Aussage einer gewissen Zurückhaltung der Branche im ersten Halbjahr 2009 bei Großprojekten in Deutschland: Gingen von Januar bis Juni 2009 in der Größenklasse ab einem Megawatt nur 19 Photovoltaikanlagen ans Netz, sind es im zweiten Halbjahr zehnmal mehr.

Als Finanzierungsspezialist für Privat-und Großinvestoren, der allein von 2007 bis 2009 eine Investitionssumme von zirka 350 Millionen Euro in Solarprojekte umsetzten konnte, musste Jörg Eßer feststellen, dass die Banken Projektrisiken jetzt intensiver nach der Qualität der Hersteller beurteilen. „Die Bonitätsschwäche von Modulherstellern und damit die Werthaltigkeit ihrer Modulga rantien führte in der Finanzkrise zum Scheitern von Finanzierungen, weil die Bankenmargen bei Bonitätsrisiken erheblich gestiegen sind.“

Auf deutsch: Banken haben Angst, dass Modulproduzenten ihre Garantieleistung nicht erfüllen können. Diese Garantieleistungen erstrecken sich meistens über 20 Jahre und länger. Das ist ein langer Zeitraum, und bei vielen Modulherstellern ist unklar, ob sie dann liquide sind und ob es sie dann überhaupt noch gibt, wenn der Garantiefall eintreten sollte.

Solch ein Problem schreit nach einer Versicherungslösung. Das hat die Münchener Rück zusammen mit dem Versicherungsmakler Marsh bereits kurz nach Beginn der Kreditklemme erkannt und schon zur Intersolar 2009 eine Versicherung für diesen Fall vorgestellt. Seitdem sind weitere Lösungen angekündigt worden. Denn die Zweifel bei den Banken werden nur langsam ausgeräumt.

Vorteil bei Finanzierung

In der gemeinsamen Presseerklärung mit dem ersten Kunden Signet Solar betonten Münchener Rück und Marsh, dass die entwickelte Police „Betreibern von Solarparks gerade in diesen turbulenten Zeiten einen klaren Vorteil bei Finanzierungsgesprächen“ biete. Die Versicherung sollte auf Dauer den Dünnschicht-Modulfabrikanten Signet Solar für Solar-Großinvestoren finanzierbar oder in Branchendeutsch „bankable“ machen. Nur so bekommen Investoren das begehrte Fremdkapital, also Kredite. Denn Projektfinanzierungen sind für Geldgeber grundsätzlich riskanter als Unternehmensbeteiligungen, da sie über eine vorher definierte Laufzeit gehen, in der sie sich für Banken, Parkbetreiber und Investoren rechnen müssen. Im Fall Solarpark sind das laut Branchenexperten im Durchschnitt mindestens zehn Jahre. Eine Unternehmensbeteiligung kann bei ungünstiger Entwicklung verkauft werden, eine Projektfinanzierung mit fester Laufzeit nicht.

Der gesicherte Geldfluss (Cashflow) aus der gesetzlich für 20 Jahre garantierten Einspeisevergütung verbessert die Fremdfinanzierungsmöglichkeiten. Um das Risiko für Banken und Investoren gering zu halten, geben Modulhersteller 20, 25 oder 30 Jahre Leistungsgarantien. Damit das hilft, müssen die Banken Vertrauen haben, dass die Hersteller die Garantien erfüllen können. Wenn sie Bedenken haben, dass es im Schadensfall zu langwierigen Verhandlungen kommt, ist das Gift für die Finanzierung mit Fremdkapitel. In der Folge rückt jetzt mehr die Frage in den Fokus, was die Leistungsgarantien überhaupt wert sind. Vor allem bei den Fabrikanten, die noch nicht als Player bei Großprojekten etabliert sind, also noch nicht eine als „Track-Record“ bezeichnete Erfolgs-und Erfahrungsgeschichte ihrer Module bei Referenzprojekten nachweisen können.

„Wir benötigen belastbare Aussagen zum realen Betriebsverhalten der eingesetzten Module. Eine Zertifizierung nach den aktuellen IEC-Normen durch den TÜV Rheinland oder den Verband der Elektrotechnik und Elektronik (VDE) alleine reicht nicht aus“, erklärt Dirk Kühnel, Firmenkundenberater Erneuerbare Energien, die Mindestanforderungen der Deutschen Kreditbank AG (DKB) bei Solarparkfinanzierungen. Seine Bank erwarte in der Regel eine Produktionserfahrung bei Newcomern von mindestens drei Jahren. Die Direktbank mit starker Präsenz in Ostdeutschland betreute Ende 2009 ein Gesamtportfolio von 2,8 Milli arden Euro im Bereich erneuerbarer Energien. Rund ein Viertel der Finanzierungen entfielen dabei auf den Bereich Photovoltaik: 500 Einzelprojekte mit insgesamt 225 Megawatt. Ab einem Projektvolumen von 20 Millionen Euro finde bei der DKB eine sogenannte Due-Diligence-Prüfung statt, bei der die Experten systematisch Stärken und Schwächen überprüfen. „Großprojekte sind schwieriger geworden. Es ist besser, jetzt mit kleineren oder mittleren Projekten zu kommen“, merkt Kühnel an.

Versicherter Hersteller

Für Signet Solar scheint der Einstieg als Newcomer in Megawatt-Großprojekte auch ohne langjährigen Track-Record aufgegangen zu sein. „Als Newcomer war es für uns nicht immer leicht, unsere Module zu verkaufen“, gibt Gunter Ziegenbalg zu. Der Geschäftsführer der Signet Solar GmbH bestätigt, dass die Banken einen besonders großen Wert darauf legen, dass die Rentabilität der Anlage stimme. Daher habe sich die Versicherungslösung der Münchener Rück als „wichtiger Baustein für die Finanzierung von Solarparks erwiesen“.

Denn zunächst war die Signet Solar Inc., die im September 2006 in Kalifornien startete und im Herbst 2008 im sächsischen Mochau die ersten großflächigen Module produzierte, nur einer von vielen hoffnungsvollen Herstellern im Bereich der aufkommenden Silizium-Dünnschichttechnologie. Wie viele Fabrikanten gibt Signet Solar eine 25-jährige Garantie auf den Energieertrag seiner Module – auf 90 Prozent der Nennleistung in den ersten zehn Jahren und 80 Prozent in den restlichen 15 Jahren. Doch trotz Partnerschaften mit renommierten Systemanbietern wie Phoenix Solar, Goldbeck Solar, Alfasolar und der Solarmarkt AG 2008, der TÜV-Zertifizierung Anfang 2009 und einer Produktionskapazität von 20 Megawatt fehlten Signet Solar zunächst im deutschen Solarpark-Boomjahr 2009 die Megawatt-Projektreferenzen. Nach der Präsentation der Leistungsgarantie-Versicherung auf der Intersolar 2009 änderte sich das schlagartig: „Einen Tag später haben wir von der italienischen Moncada Energy Group einen Großauftrag über 7,7 Megawatt erhalten“, sagt Ziegenbalg. Die Signet-Solar-Dünnschichtmodule werden zurzeit in Sizilien in direkter Nähe eines Moncada-Windparks installiert. Im Oktober folgte die Lieferung von Modulen für einen 1,8-Megawatt-Solarpark in Tschechien, im November der Liefervertrag mit der spanischen Tejados Industriales de Fotovoltaica (TIF) Group über weitere zehn Megawatt.

Für Ziegenbalg liegt der Nutzen der Leistungsgarantieversicherung nicht allein in der Absicherung seiner Kunden: „Wie Beispiele anderer Produzenten gezeigt haben, kann der Rückruf von Produkten bei Fertigungsfehlern schnell Kosten in Millionenhöhe verursachen. Während große Konzerne über Rücklagen verfügen, solche Situationen zu meistern, wären wir als Start-up-Unternehmen dazu wohl kaum in der Lage.“ Insofern biete die Police auch Signet Solar eine wirtschaftliche Sicherheit für die Zukunft. Fälle wie die 40 Millionen Euro teure Rückrufaktion von Solarmodulen aufgrund defekter Anschlussdosen von REC ASA im Sommer 2009 und der jahrelange Austausch hunderttausender Module von BP Solar seit 2006 könnten ein Unternehmen wie Signet Solar schnell in eine finanzielle Schieflage bringen, die das Unternehmen nicht alleine bewältigen könnte.

Genau an dieser Stelle sieht die Münchner Rück den Vorteil ihrer Leistungsgarantie-Versicherung: „Die Versicherung entlastet die Bilanz der Produzenten.“ Damit gewähre sie Modulkäufern eine zusätzliche Sicherheit. Das Versicherungsprodukt richte sich an Modulhersteller mit einer Produktionsgröße von mindestens 20 Megawatt pro Jahr – ob Dünnschicht oder kristallin sei dabei egal. Als Risikoträger der Deckung fungiert dabei die Erstversicherungs-Tochter Great Lakes der Münchener Rück in Großbritannien. Versicherungsschutz besteht grundsätzlich immer für die Produktion eines Jahres. Weitere Einzelheiten zur Prämiengestaltung und zu Deckungshöhen möchte die Münchener Rück auch ein Jahr nach dem Start der Leistungsgarantie nicht bekanntgeben. „Es gibt maximale Deckungssummen, aber die sind von Kunde zu Kunde unterschiedlich und können daher auch nicht genannt werden“, heißt es seitens der Münchener Rück. Die Police werde „immer mit einen Selbstbehalt“ verkauft, damit „sichergestellt ist, dass die Interessenlage des Käufers und des Versicherers gleichgerichtet“ bleibe. Schließlich decke die Münchner Rück damit „ein klassisches Unternehmerrisiko“ für die Solarbranche ab.

Nach der Versicherung von Signet Solar und Nexpower gewann die Münchener Rück über den Makler Temako Mitte März LDK Solar für ihr Portfolio hinzu. Außerdem gibt es nach Aussagen des Versicherers „noch zwei weitere Hersteller aus diesem Bereich“, die das Produkt gekauft haben. Einer davon ist der chinesische Dünnschichthersteller GS-Solar, der mit Twin Solar als Vermittler Anfang April die Police gezeichnet haben soll. Der andere Hersteller bleibt ein Geheimnis des börsennotierten größten Rückversicherers der Welt.

Investoren und Banker finden trotzdem noch keinen rechten Gefallen an der Leistungsgarantie-Versicherung der Münchener Rück. Für Josef Robert Straninger, Global Key Account Manager Erneuerbare Energien der italienischen Finanzgruppe Unicredit Leasing Group, befriedigen die aktuellen Versicherungslösungen für Modulhersteller nicht wirklich die Ausschlusskriterien für große Projektfinanzierungen: „Wir finanzieren keine Hersteller, sondern wir finanzieren Projekte“, stellt Straninger nüchtern fest. Die Versicherung der Münchener Rück schaffe „keinen Status quo pro Bankability“ eines Herstellers. Eine Versicherung der Leistungsgarantie werde zwar nach dem Motto „nice to have“ als zusätzliche Absicherung gerne genommen, aber wirkliches Vertrauen in Module ohne Track-Record schaffe sie nicht. „Wir haben schon vorher Projekte des Herstellers LDK Solar finanziert“, erläutert Straninger. Und auch der Fall Signet Solar und der anschließende Megawatt-Park sind für ihn lediglich „Einzelfall-Finanzierungen“.

Versichert: Anlagen und Module

Laut Manfred Schäfer, Experte der Projektgruppe Erneuerbare Energien beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat die Branche Bauchschmerzen mit dem Detail, dass bei der Münchener Rück nur der Hersteller direkt versichert ist. „Die Versicherungslösung ist nur interessant, falls auch der Konkursfall des Herstellers für die nächsten 25 Jahre mitversichert ist“, erläutert Manfred Schäfer.

Das Team des Maklers Marsh hat im November reagiert und nach eigenen Angaben in Kooperation mit einem großen deutschen Versicherer exklusiv eine Ertragsgarantie-Police für Solarparkbetreiber entwickelt. Die Deckung an sich ähnelt den bereits seit Jahren von einigen Versicherern angebotenen Lack-of-Sun-Deckungen. Fällt die erzeugte Energie des Solarparks unter den Wert von 90 Prozent der Ertragsprognose, zahlt der Versicherer die Differenz. Voraussetzung für die Ertragsgarantie ist der Abschluss einer Allgefahren- und Betriebsunterbrechungsversicherung beim selben Versicherer. „Es ist fast egal, was der Grund ist, weshalb am Ende des Jahres weniger Energie produziert worden ist. Der Vertrag läuft fünf Jahre und kann vom Versicherer selbst im Schadensfall nicht gekündigt werden“, sagt Härig, der bei Marsh das Branchenteam Power leitet.

Auch der Risikoberater Trust Versicherungsmakler AG arbeitet an einem Versicherungskonzept, das Modulhersteller gegen die drohende Insolvenz durch Garantieausfälle versichern soll. Das Trust-Modell unterscheidet sich von dem Modell der Münchener Rück vor allem dadurch, dass es versucht, über ein sogenanntes Captive-Modell eine Eigenversicherung für den einzelnen Modulhersteller finanziell attraktiv zu machen, die gleichzeitig bei Insolvenz des Her stellers noch funktioniert. Der Modulhersteller soll laut Vorstandsmitglied Steffen Müller 3,5 Prozent des Produktionspreises für seine komplette oder einen Teil seiner Modulproduktion in insolvenzgeschützte Einmaltöpfe – sogenannte „Protected Cell Companies“ einzahlen.

Jeder Hersteller habe „einen eigenen Topf, in dem sich seine Beiträge sammeln“, so dass Schäden eines anderen Herstellers nicht „seinen Topf angreifen“, so Müller weiter. Ein Teil der Prämie geht an Erst- und Rückversicherer, ein Teil fließt bei gutem Schadenverlauf – also wenigen Garantiefällen – nach einer bestimmten Laufzeit zurück. Dafür plant Trust die Gründung einer „Incorporated Cell Company“ – der Voltega ICC – auf der britischen Insel Guernsey. Versichert werden dabei die Module, nicht der Hersteller. „Im Falle einer Insolvenz des Herstellers bleiben die versicherten Module geschützt, und der Parkbetreiber ist im Garantiefall mitversichert“, betont Müller. Zunächst sei die Deckung nur für Fabrikanten kristalliner Module geplant, eine Ausweitung auf Dünnschichtmodule aber nicht ausgeschlossen.

Was bis jetzt fehlt, ist die Schlüsselfigur für die Marktfähigkeit des Trust Captives: nämlich ein Versicherer, der die Deckung als sogenannter Fronter zeichnen möchte.

Für den GDV-Experten Manfred Schäfer muss die Solarbranche insgesamt einen Schritt mehr in Richtung Eigenverantwortung gehen: „Es ist klar, dass der Mittelstand der Branche sich statt Kapitalbindung eine Versicherungslösung wünscht. Doch die Versicherung des unternehmerischen Risikos ist Gift. Dafür müssen Unternehmen auf Dauer Eigenlösungen finden und Kapitalrückstellungen bilden.“

Interview: Neue Versicherungslösung für Module

Steffen A. Müller vom Riskmanager und Makler Trust erklärt, wieso seine Versicherung für das Bankability-Problem notwendig ist und warum Banker nur hinter vorgehaltener Hand dazu stehen.

Was ist das Bankability-Problem kleiner und mittelgroßer Modulhersteller?

Sie bekommen keine Finanzierung für Anlagen mit Modulen dieser Hersteller, weil ihre Garantiebedingungen zwar ausreichend zu sein scheinen, aber die Banken nicht glauben oder einen Nachweis wollen, dass das Unternehmen auch noch nach zehn, 15, 20 Jahren in der Lage ist, die Garantie zu erfüllen.

Sie wollen ein besseres Versicherungsprodukt auf den Markt bringen als die, die es schon gibt. Was ist bei Ihnen anders?

Wir wollen zum einen transparent machen, was tatsächlich versichert ist und wo das Risiko für den Investor und den Kunden bestehen bleibt. Ganz wichtig ist zum Beispiel, dass der Investor bei uns mitversicherte Person wird. Wenn also ein Schaden eintritt und er bekommt sein Geld nicht vom Hersteller, kann er die Forderung selbst geltend machen und nicht im schlimmsten Fall auf den Insolvenzverwalter hoffen.

Warum funktioniert nicht auch eine Lack-of-Sun-Versicherung, wie sie jetzt als Ertragsgarantie auf den Markt kommt?

Deren Deckung geht sogar erheblich weiter vom Deckungsumfang, weil eben, wie Sie sagen, Lack of Sun, also fehlende Sonneneinstrahlung, mit versichert ist. Diese Versicherungslösung läuft aber nur über fünf Jahre. Das heißt, der Versicherer hat nach fünf Jahren die Möglichkeit zu sagen: Ich möchte das nicht weiter versichern, das Risiko. Und dann steht der Investor die letzten 15 Jahre komplett im Risiko.

Die Versicherung soll zahlen, auch wenn der Modulhersteller insolvent geht, und der Versicherer darf nicht nach fünf Jahren aussteigen können. Wie soll das gehen?

Ich habe die Möglichkeit, den Kunden, den Hersteller, aktiv mit ins Boot zu nehmen, indem ich eine Captive gründe. Das ist eine zweckgebundene Versicherungsgesellschaft, die letztlich dem Solarunternehmen, dem Hersteller, gehört und in die er die Prämien zahlt. Also nicht an eine normale Versicherung, sondern an diese Captive-Versicherung. Die Captive ist übrigens bereits gegründet und heißt Voltega ICC.

Wie verhindern Sie, dass der Insolvenzverwalter das Geld haben will?

Das ist eine besondere Konstruktion, die es auch nur an ganz wenigen Standorten auf der Welt gibt. Wir haben die Captive auf der Insel Guernsey gegründet. Guernsey hat eine sehr strenge Finanzaufsicht, auch nach Einschätzung der Steuerbehörden, so dass man eben nicht vermutet, dass jemand nur nach Guernsey geht, um irgendwelche Steuervorteile zu generieren.

Warum geht das dann zum Beispiel nicht in England?

Guernsey hat durch seinen Status Besonderheiten in seinem Rechtssystem, was Ausnahmen gerade im Gesellschaftsrecht möglich macht. Obwohl das Gesellschaftsrecht, also das Common Law, grundsätzlich Anwendung findet, haben sie ihre Hoheit bei der Regelung bestimmter Finanzkonstruktionen.

Die Sie brauchen für Ihr Vorhaben?

Die wir dafür brauchen. Ansonsten besteht, wie Sie richtig gesagt haben, die Gefahr, dass bei einer Insolvenz auch auf sämtliche Tochterunternehmen zurückgegriffen wird und das Eigenkapital eingezogen wird.

In Deutschland geht das nicht?

In Deutschland ginge das nicht. Und es gibt außer Guernsey und Malta meines Wissens keinen Standort, wo das möglich ist.

Das sieht nach einem Schlupfloch aus. Wie seriös ist das Ganze?

Es gibt auf Guernsey eine ganze Reihe von Captives. Und die Großindustrie bedient sich dieses Vehikels schon seit Jahren. 40 Prozent der FTSE-Unternehmen haben eine Captive auf Guernsey. Diese haben mit die strengste Finanzaufsicht in Europa. Unseriös wird es, wenn man auf die Bermudas geht. Das sind beliebte Steuerschlupflöcher, wo Sie kaum eine Finanzaufsicht haben.

Wem gehört die Versicherung Voltega?

Sie gehört einem Investorenkonsortium. Und Trust ist nur, weil wir die Konzeption gemacht haben, mit zehn Prozent an Voltega beteiligt. Voltega gehört Quadrat Capital mit Matthias Woestmann als Inhaber und weiteren Investoren, also Leuten, die gesagt haben, das sei ein interessanter Weg, Geld anzulegen. Die kommen überwiegend aus der Solarindustrie. Das sind Privatleute, die in größere Unternehmen investiert haben, zum Beispiel ehemalige Aufsichtsratsmitglieder von Q-Cells.

Der Modulhersteller muss, damit er sich überhaupt bei Ihnen versichern kann, Qualitätskriterien erfüllen. Ist das für ihn einfacher, als die Kriterien der Banken zu erfüllen?

Also, unsere Punkte sind einerseits höher, andererseits niedriger. Höher, weil wir sagen, wir möchten einen Nachweis über die gleich bleibende Qualität haben, also nicht nur IEC- oder TÜV-Siegel. Wir möchten von jedem Modul einen Lebenslauf haben. Und wir möchten eben nicht, dass ein Hersteller, der uns seinen Produktionsprozess gezeigt hat, dann, wenn wir das Haus wieder verlassen, andere EVA-Folien verwendet oder die Laminationstemperatur ändert, ohne uns das vorher zu sagen. Leichter ist es bei uns, denn wenn jemand nachweisen kann, dass er diese Qualitätsprozesse beinhaltet, verlangen wir hinterher keine Prüfung des gesamten Parks mehr.

Wozu suchen Sie dann noch einen Versicherer?

Wir brauchen eben den Namen, der bei den Banken anerkannt ist. Wenn wir zur Deutschen Bank gehen und sagen Voltega ICC, sagen die: Kennen wir nicht, machen wir nicht, akzeptieren wir nicht, hat kein Rating. Wir haben zwei Versicherer gefunden, die das Risiko prüfen und auch schon entschieden haben, es gerne machen zu wollen.

Banken verraten nicht, ob sie auf das Trust-Produkt gewartet haben. Warum reden Banken so ungern offen darüber?

Zurzeit können Banken den Wert eines Parks mit vielen Argumenten drücken. Erstens berechnen sie als gesicherte Einnahmen nur die garantierten Einnahmen, also zwischen 80 und 90 Prozent. Davon ziehen sie dann oft noch einmal einen Risikoabschlag ab und nehmen nur 85 Prozent des kalkulierten Ertrags als Basis. Das ist ein Risikoabschlag, der in unseren Augen viel zu hoch ist, und das führt dazu, dass der Eigenkapitalbedarf steigt oder aber ein höherer Zinssatz berechnet wird. Und wenn wir jetzt sagen, 100 Prozent dessen, was garantiert ist, ist auch tatsächlich versichert, dann haben die Banken weniger Möglichkeiten für einen weiteren Risikoabschlag. Und was dann passieren würde, ist, dass die Banken aufgrund des geringen Risikos und des für sie geringeren Eigenkapitaleinsatzes natürlich wieder anderen Wettbewerb haben würden und günstigere Konditionen bieten müssten. Wir werden neue Banken im Markt haben, die dann in dieses Segment gehen, die vielleicht nicht so viel Know-how haben.

Das Gespräch führte Michael Fuhs.

Die Langversion dieses Interviews finden Sie auf unserer Internetseite www.photovoltaik.eu

Cristina Costa

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