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Viele Stellschrauben

Während andere große Messen wie die diesjährige Intersolar Europe in München oder die PVSNEC in Shanghai neue Teilnehmerrekorde aufstellten, stagnierte die EU PVSEC in ihrem 25. Jubiläumsjahr. Kamen im vergangenen Jahr in Hamburg noch über 40.000 Fachbesucher, so waren es dieses Mal nach offiziellen Angaben gerade einmal 38.000. Vor allem an den Messeständen im obersten Stockwerk der Messe herrschte zum Teil gähnende Leere, und das Standpersonal stellte die Mehrheit. Die Zahl der Aussteller stieg von 943 im Jahr 2009 nur minimal auf 963 an. Etwas besser lief die Konferenz, die nun 4.540 Besucher meldete, im vergangenen Jahr waren es offiziell 4.295.

Doch der Dynamik der Branche tut dies keinen Abbruch. Vor allem Maschinen- und Anlagenbauer sowie Ausrüster boten zahlreiche Innovationen für den kristallinen und Dünnschichtmarkt und zeigten sich mit den Gesprächen und Abschlüssen zufrieden.

So präsentierte die Firma Teamtechnik aus dem baden-württembergischen Freiberg die neueste Generation des Stringers TT 1200 Single Track zum berührungslosen Löten von Solarzellen. Er lässt sich nach Firmenangaben einfacher warten und hat einen niedrigeren Luft- und Energieverbrauch. „Die Maschine geht weg wie warme Semmeln, momentan produzieren wir drei Stringer pro Woche und sind Marktführer in China“, berichtete Executive Vice President Andreas Kriegler.

Die weltweit gut 50 Polysiliziumhersteller hat AEG Power Solutions mit seiner erstmals in Valencia vorgestellten Thyrobox im Visier. Laut Business Development Manager Helmut Rüthermann setzt das Stromversorgungssystem „neue Effizienzmaßstäbe für die Polysiliziumherstellung“ und ermöglicht eine um zehn bis 20 Prozent erhöhte Produktionsmenge. Durch eine gleichmäßigere Stromversorgung komme es zu weniger Kurzschlüssen und zu weniger Materialbrüchen und damit zu einer höheren Prozesssicherheit und weniger Produktionsausfällen. Bestehende Anlagen könnten entsprechend nachgerüstet werden, die Amortisierungszeit für das neue System betrage weniger als ein Jahr. Strategischer Partner für die Vermarktung ist GT Solar, der die Thyrobox auch als Teil einer Turnkey-Lösung mit seiner CVD-Reaktorserie SDR anbietet.

„Wir führten in Valencia sehr wichtige Gespräche“, sagte Helmut Schilling, Director Sales and Marketing von Singulus Technologies. So meldete das Hanauer Unternehmen bereits am zweiten Messetag den Auftragseingang für mehrere Singular Antireflex-Beschichtungsanlagen für kristalline Solarzellen von chinesischen Kunden und rechnet für 2011 mit einer weiter verstärkten Nachfrage.

Großes Interesse, steigende Nachfrage

Zufrieden zeigte sich auch Günther Wein, Product Manager Thermal Products bei Roth & Rau. Der Anlagenbauer setzt bei den in Valencia präsentierten Brenn- und Diffusionsöfen für die Solarzellenherstellung Camini und Calipso auf ein Antriebssystem mit keramischen Rollen statt mit Transportketten aus Metall. Auf diese Weise kommt es laut Wein zu einer geringeren Kontamination und stabileren Temperaturverhältnissen und die Zellperformance könne „deutlich verbessert werden“. Weitere Vorteile der neuen Öfen seien eine modulare Bauweise sowie ein um bis zu 50 Prozent geringerer Energieverbrauch. Beliefert würden momentan eigene Turnkey-Anlagen, die „gerade in Auslieferung sind, vor allem Richtung Asien“. „Wesentliche Effizienzverbesserungen“ können laut Andreas Roll, Product Manager SI-Crystallisation Systems Photovoltaic bei Roth & Rau, mit dem neuen Titus-1200-Kristallisationsofen bei der Waferproduktion erreicht werden. Mit 1,2 Tonnen Einfüllgewicht sei er Spitzenreiter am Markt, ermögliche eine parallele Kristallisierung von vier Wafern sowie eine von 72 Prozent auf 80 Prozent verbesserte Materialausbeute.

Von einem „starken Nachfragezuwachs im Solarbereich“ berichtete Michael Karcher, Head Key Account Management Photovoltaics and Electronics von Festo. Das Esslinger Unternehmen ist ein wichtiger Zulieferer beispielsweise für berührungslose Transportsysteme für Solarzellen und -module sowie Lasertechnik und beliefert unter anderem Anlagenbauer wie Oerlikon Solar und Applied Materials. In Valencia präsentierte Festo unter anderem seinen neuen Handlingsroboter High-Speed-H-Portal, der im Juni mit dem diesjährigen Intersolar Award ausgezeichnet wurde, seitdem laut Karcher schon etliche Male verkauft wurde und auch in Valencia große Beachtung fand.

Auf „sehr großes Interesse“ stießen laut Tilmann Hilbert, Marketing Support Engineer von Schiller Automation, die Produktneuheiten des baden-württembergischen Mittelständlers. So könnten mit dem Sun Riser JB 250 die elektrischen Anschlussdosen von kristallinen und Dünnschicht-Solarmodulen erstmals automatisch im 20-Sekunden-Takt verklebt und müssten nicht mehr von Hand angebracht werden. Entwickelt wurde das Verfahren zusammen mit der Firma Henkel, die den Silikonklebstoff liefert.

„Die Nachfrage im Photovoltaikbereich zieht wieder an, in der Dünnschicht wie auch in der kristallinen Technik“, sagte auch Christoph Siebert, Senior Manager Micro Applications International Sales von Trumpf Laser- und Systemtechnik. Der Maschinenbauer stellte in Valencia unter anderem zusammen mit der Sick AG ein neues Lasermarkierungsverfahren für Wafer und Zellen vor.

Mit einem großen Messestand war in Valencia auch die Robert Bürkle GmbH vertreten und präsentierte unter anderem die neuesten Modelle seiner Mehretagen-Laminatoren zur Modulherstellung sowie Turnkey-Lösungen. Ein wichtiger Wachstumsmotor ist laut Gebietsverkaufsleiter Nicolas Faivre Ontario. Im Juli habe man von einem dortigen Kunden den Auftrag für die Lieferung einer 100-Megawatt-Turnkey-Anlage bekommen, und sieben Mehretagen-Laminatoren würden derzeit zur Ausrüstung von Solarfabriken in die kanadische Provinz geliefert. In China allerdings weht den Schwarzwäldern ein harter Wind ins Gesicht. „Wir liefern momentan kaum nach China, weil wir zu teuer sind“, sagte Faivre. Um wieder einen Fuß ins Geschäft zu bekommen und konkurrenzfähiger anbieten zu können, stellt sich nun auch Bürkle für das Reich der Mitte neu auf: Das baden-württembergische Unternehmen ist laut Faivre dabei, in Shanghai eine Produktion mit günstigeren Einetagen-Laminatoren und lokalen Zulieferern für den dortigen Markt aufzubauen.

„Unser wichtigster Wachstumsmotor ist Asien, dorthin verkaufen wir 70 bis 80 Prozent unserer Pasten für die Zellmetallisierung“, betont Antonio Trizzino, Produktmanager Kontaktierungspasten bei Heraeus. Das Unternehmen mit Sitz in Hanau ist weltweit aufgestellt und produziert in den USA und in China. Seit vergangenem Jahr sei die Nachfrage explodiert, von circa drei Tonnen Jahresproduktion auf momentan 60 Tonnen. Zwar seien die neueren Silberpasten wie

die SOL-9400-Serie teurer, doch sie amortisierten sich aufgrund ihrer verbesserten Leitfähigkeit und damit einer höheren Zelleffizienz. Deshalb macht sich Trizzino für die kommenden Jahre keine Absatzsorgen, wobei er allerdings mittelfristig den Trend zum elektrochemischen Plating mit Kupfer und Nickel sieht, was die Pasten ersetzen könnte.

Wenig Sorgen wegen schlechter Geschäfte muss sich momentan auch Karl-Heinz Brust, Technical Manager Base Materials & Special Laminates bei Krempel machen. Das Unternehmen hält derzeit nach eigenen Angaben einen Weltmarktanteil von rund 20 Prozent bei Rückseitenlaminaten für Module und rechnet für dieses Jahr mit einem Umsatzwachstum von 80 bis 90 Prozent. Um die Marktposition des Unternehmens sowie die Qualität zu sichern, setzt Krempel allerdings auf eine verbesserte Normierung für Modulkomponenten, die momentan im Rahmen des Technical Committees 82 (TC 82) innerhalb der International Electrotechnical Commission (IEC) erarbeitet werden und bis in zwei Jahren in Kraft treten soll. „Die bestehenden IEC-Normen sind deutlich zu schwach“, betont Brust, der den Unterausschuss der TC 82 für Modulbacksheets und Frontsheets leitet.

Es bleibt also spannend. Oder wie es Solarpraxis-Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Remmers auf dem Rückweg von Valencia auf den Punkt brachte: „In puncto Kostensenkung und Qualitätsverbesserung ist für die nächsten 20 Jahre noch genügend Luft drin.“ See you next year in Hamburg!

Turnkey BEi Dünnschicht in der diskussion

Zusammen mit Würth Solar stellte Manz in Valencia seine Pläne für CIGS-Turnkey-Linien vor. Dabei setzt Vorstandsvorsitzender Dieter Manz auf „Linien mit 90 Prozent eigenen Maschinen“ sowie einer Kapazität von wahlweise mindestens 60 oder 120 Megawatt, um günstiger anbieten und Skalierungseffekte nutzen zu können. „Mit einer Jahresproduktion von 30 Megawatt sind wir nicht mehr konkurrenzfähig“, räumte Würth-Solar-Geschäftsführer Bernd Sprecher ein. Selbst bei der neuesten Produktionslinie für CIGS-Module liege Würth bei Kosten über einem Euro pro Kilowatt. Würth möchte deshalb künftig zusammen mit Manz und dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) Turnkey-Kunden betreuen und deren CIGS-Module vertreiben. Die bestehende Fertigung soll als Referenzanlage weiterbetrieben werden. Ob die Rechnung wirklich aufgeht, bleibt angesichts des Absturzes der Sunfab für Silizium-Dünnschichtmodule von Applied Materials spannend (siehe Seite 68). Dies gilt ebenso für die neue Thinfab von Oerlikon Solar, die die Schweizer in Valencia präsentierten. Mit ihr sollen für mikromorphe Silizium-Dünnschichtzellen schon bald Produktionskosten von 50 Cent pro Watt erreicht werden können.

Hans-Christoph Neidlein

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