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Die Richtige finden

Es genügt, das Basisseminar für Einsteiger in die Photovoltaik nur zu erwähnen. Schon steigt bei Jörg Veit, dem Leiter des Solar Energie Zentrums (SEZ) Stuttgart, der Puls. Wie könne sich jemand nach zwei Tagen Crashkurs Solartechniker nennen, schimpft er. „Leberkäseveranstaltungen“ seien das! 240 Stunden setzt er für eine ordentliche Ausbildung zum Solarteur an. Allein 100 davon für die Gebäudetechnik. Auch die Ingenieure beim VDE können für diese Art der Weiterbildung kein Verständnis aufbringen. Für Personen, die im Bereich elektrotechnischer Anlagen arbeiten, gälten die Vorschriften der DIN VDE 1000-10. Es sei sehr bedauerlich, dass „verantwortliche Elektrofachkräfte“ im Sinne der Norm anderen mit ihrer Unterschrift oder oberflächlicher Aufsicht die Arbeit an Photovoltaikanlagen erst ermöglichten.

Im Zentrum der Kritik stehen Angebote der Industrie, die darauf abzielen, Handwerksbetrieben den Einstieg in die Solarbranche zu erleichtern. In der Regel erhalten die Teilnehmer solcher Seminare an zwei Tagen einen Überblick über die Produkte und deren Installation sowie schon recht genaue Anweisungen zur Planung und Angebotserstellung mit einem Softwaretool des Herstellers. Dieses Paket wird oft ergänzt durch Außendienstmitarbeiter, die zur Erstinstallation anreisen und dem Neuling mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ist das erste Projekt geglückt, gibt es Profikurse, Wechselrichterseminare, Montagetrainings und Verkaufsschulungen, die den neuen Kunden gleichzeitig führen und binden sollen.

Solch ein Werdegang mag eingefleischten Kennern zu schnell gehen und auch zu Qualitäts- und Sicherheitsproblemen führen. Gleichzeitig wird aber auch eine sorgfältig ausgebildete Fachkraft nicht umhinkommen, regelmäßig an Schulungen von Herstellern teilzunehmen. Denn nur so kann sie der schnellen technischen Entwicklung und dem schnellen Wechsel der Rahmenbedingungen folgen. Wer sich für Weiterbildung interessiert, hat somit die Aufgabe, Zweck und Wert einer jeden Veranstaltung genau abzuwägen, um die passenden und hilfreichen Angebote herauszufinden. Das ist allerdings nicht so einfach, denn die Pfade auf dem Markt der Weiterbildung sind weder gut ausgeschildert noch voll erschlossen.

Nur für Partner

Erste Wegweiser zu interessanten Veranstaltungen finden sich in den Weiterbildungsbörsen der Fachzeitschriften oder im Internet. In den Listen mit Termin, Stichwort, Ort und einem Link zu weiterführenden Informationen stehen sowohl Herstellerseminare als auch freie Bildungsangebote. Doch vollständig sind diese Übersichten nicht – können sie nicht sein. Denn zum einen bieten verschiedene Hersteller ihren Weiterbildungsservice nur festen Fachpartnern an, und zum anderen kommen Seminartermine oft erst auf Anfrage und nach Anmeldung ausreichend vieler Teilnehmer zustande. Mit Partnerprogrammen versuchen Hersteller, ihre Kunden zu binden. Je nach strategischer Ausrichtung wirkt sich das auf die Weiterbildung aus. So kooperiert Solarworld mit 500 Fachpartnern bundesweit. Diese müssen sich jedes Jahr neu zertifizieren lassen. Dafür erhalten sie eine umfassende Vertriebs- und Werbeunterstützung sowie kostenfreie Fachpartnerseminare, sagt Solarworld-Sprecherin Christiane Hohmeister. Genaueres über Umfang und Inhalt dieser Schulungen hält das Unternehmen jedoch zurück. Im Gegensatz dazu ist beispielsweise das Conergy-Seminarprogramm offen für jedermann. Wer jedoch eine umsatzabhängige Silber-, Gold- oder Platinpartnerschaft eingegangen ist, erhält Gutscheine, die ihn von den Zuzahlungen befreien. Komplett offen, kostenlos und sehr beliebt sind die Angebote von SMA. So besuchten im letzten Jahr 15.000 Teilnehmer die rund 1.000 Veranstaltungen der SMA Solar Academy, berichtet Sprecherin Margarete Glowka. 2010 sei das Angebot nochmals ausgeweitet worden. Andere große Anbieter schulen um die 500 Interessenten pro Jahr. Üblich sind fest terminierte Produktschulungen. Auf Anfrage gibt es von vielen Herstellern Verkaufstrainings, Pressearbeit- und Marketingseminare sowie Vor-Ort-Schulungen.

Mehrpreis für Unabhängigkeit

Freie Anbieter, wie die Solarschulen, konzentrieren sich in der Regel auf die Erstausbildung zum Solarteur. Kurze weiterführende Seminare sind bei ihnen immer seltener zu entdecken. Das mag zum einen an den Kosten liegen. Herstellerseminare sind oft deutlich günstiger als unabhängige Kurse. „Für die Hersteller sind die Weiterbildungskurse ein Vertriebsmittel und können als Marketingkosten wesentlich billiger angeboten werden“, sagt Peter Neu, Leiter des Weiterbildungs- und Seminarwesens beim VDE. Das habe den freien Markt weitgehend zerstört.

Der VDE konzentriert sich deshalb auf seine ausgewiesenen Kompetenzfelder, die Normen, die elektrische Sicherheit und die Vermittlung von Forschungsthemen. Beim Thema Blitzschutz für Photovoltaikanlagen gerät der Verband dennoch in direkte Konkurrenz zum Herstellerseminar, beispielsweise bei Dehn & Söhne. Selbst einer der Referenten des VDE kommt vom Blitzschutzmarktführer. Für 480 bis 540 Euro erhalte der Teilnehmer jedoch eine zweitägige, herstellerübergreifende Ausbildung, die sich auf die normativen und fachlichen Themen konzentriere, sagt Neu. Weiterführend könne der VDE-Teilnehmer eine Sachkundigenprüfung ablegen und werde mit den neuesten Erkenntnissen aus der Blitzforschung vertraut gemacht. Ein Tagesseminar bei Dehn kostet dagegen nur 90 Euro plus Mehrwertsteuer.

Die Wissensvermittlung erfolge anhand der Produkte für den Photovoltaikbereich, umfasse aber ebenfalls die Normen, da die Spezialisten Mitglieder im Normenausschuss seien, heißt es bei Dehn. Wissenshungrige Installateure stehen nun vor der Qual der Wahl. Sie müssen entscheiden, ob es für sie darauf ankommt, sich möglichst genau über das Produkt zu informieren, das sie ihren Kunden anbieten wollen, oder ob sie an einem Überblick mit viel Fach- und Hintergrundwissen interessiert sind. Auch ein Zertifikat als Sachkundiger kann ihnen bei der Kundengewinnung helfen. Im Übrigen gehen sich Hersteller und freie Bildungsanbieter thematisch zunehmend aus dem Weg.

Welche Kurse ein Installateur besuchen sollte, hängt somit stark von seiner Zielstellung ab. Will er als Monteur routiniert und sicher mit bestimmten Produkten arbeiten und benötigt Spezialisierung und Detailwissen? Dann wählt er aus dem Angebot seiner Hauptlieferanten. Will er einen Überblick und offene Ergebnisse sowie Informationen über Neuentwicklungen auf der ganzen Breite des Marktes? Dann sollte er sich eine unabhängige Schule suchen. Beide Formen haben ihre Berechtigung. Installateure kommen dabei nicht umhin, die Inhalte kritisch zu hinterfragen, und müssen sich im ersten Fall der Einflussnahme durch das Marketing bewusst sein. Denn ihren Kunden gegenüber wollen sie schließlich als Makler für die beste Lösung gelten.

Erfahrungsaustausch pflegen

Leonhard Kockelmann von der Firma Meikowe in der Eifel hat seine Monteure in AC- und DC-Trupps eingeteilt. Die Gleichstromgruppe schickt er vorwiegend zu Modulschulungen bei Aleo und zu seinem Hersteller für Befestigungssysteme Schletter. Jeweils vier bis fünf Leute werden so einmal im Jahr fortgebildet. Seine Wechselstrommonteure besuchen SMA-Kurse zu Wechselrichtern, Anlagenüberwachung und -kommunikation. Das könne sogar mehrmals im Jahr nötig sein. Auch Kockelmann selbst besucht Kurse und Tagungen, um die aktuellen Entwicklungen nicht zu verpassen. „Das sind zwar immer ganz schöne Entfernungen“, sagt er, „aber es ist zu wichtig. Und die Monteure sind dann topfit.“ Als langjähriger Leiter eines Fachbetriebs hat er gelernt, dass sich die Investition in die richtigen Kurse schnell wieder auszahlt, deshalb gibt er sich und seinen Mitarbeitern trotz der vollen Auftragsbücher und der drängenden Termine die nötige Zeit. Auch inhaltlich kann ihm keiner mehr etwas vormachen. Er bevorzugt kompakte Themen, die dann bis in die Tiefe erläutert werden. Bei Aleo gehe es ihm noch zu oft „querbeet“. Auch den Angeboten seiner Elektroinnung kann er nur dann etwas abgewinnen, wenn sie sich auf Querschnittsthemen für Elektriker konzentriert. Deren Photovoltaik-Referenten hätten gar nicht die Erfahrung, um ihm tatsächlich etwas Neues zu vermitteln. Es ist schwierig für Kockelmann, Gesprächspartner auf Augenhöhe für den Erfahrungsaustausch zu finden. So sucht er die neuesten Forschungsergebnisse in aktuellen Veröffentlichungen und trifft sich gelegentlich auf Fachtagungen mit anderen Spezialisten.

Über Produktschulungen hinaus

Da haben es die Solarteure im Raum Stuttgart einfacher. Sie werden von einem ausgewiesenen Kompetenzzentrum, dem Solar Energie Zentrum (SEZ) Stuttgart unterstützt. Dort gründeten sie 2008 ihren Solarteurclub und treffen sich seitdem regelmäßig zum Erfahrungsaustausch, laden Experten zu Fachvorträgen ein und regen ein vielfältiges Weiterbildungsprogramm an. So ergab eine Umfrage, dass sie sich mehr Informatio nen zur Prüfung von Photovoltaikanlagen und zu Service und Wartung wünschten. Seitdem entwickelt der Leiter Jörg Veit ein entsprechendes Seminarangebot, das im Frühjahr anlaufen soll. Unter anderem wird darin auch die Erstanalyse von Fehlern mithilfe der Thermografie behandelt. Das Seminar baut auf Vorträgen auf, die Experten aus der Industrie gehalten hatten, zum Beispiel über die Prüfmethoden in der Modulproduktion. Das Interesse im Handwerk reicht bis hin zu Zukunftstechnologien, wie ein Vortrag über Wasserstoffforschung beweist. „Unser Forum hilft, Wissen zu erweitern und zu verbreitern“, lobt Veit die Initiative. Sogar Kooperationen und der Austausch von Fachkräften seien aus der Wissensbörse schon hervorgegangen.

Auch die Hersteller bemerken, dass es über die normalen Produktschulungen hinaus ein großes Interesse bei den Handwerkern gibt. Diese wollen wissen, wohin der Weg sie führt, und sich vorbereiten. So legt IBC Solar ein Seminar auf, das sich mit den Langzeiterfahrungen bei Photovoltaikanlagen befasst. Es soll aufzeigen, was für Fehlerquellen es gibt, welche Ursachen Leistungsverluste haben können und wie der Installateur mit schlechter Dokumentation und Monitoring umgehen kann, erläutert Schulungsleiter Michael Greif. „Ziel soll es sein, möglichst lange über die 20 Jahre hinaus gute Erträge zu sichern.“

Mehrere Unternehmen geben Informationen zu den neuen Vorschriften im Erneuerbare-Energien-Gesetz heraus und bieten Unterstützung zur neuen Eigenverbrauchsrechnung an. Auch Kompetenzen im Vertragsrecht und im Marketing kann man bei den Herstellern vertiefen. Dabei wird jedoch die Zielgruppe gewechselt. Statt des klassischen Monteurs sollen der Inhaber des Betriebes oder, falls vorhanden, die Kundenberater diese Trainings mitmachen. „Die Verkaufstrainings waren in diesem Jahr noch nicht so der Renner“, gibt Christoph Meyn, Senior Manager Training bei Conergy, zu. „Denn bisher war es die kleinste Sorge der Handwerker, ihre Produkte zu verkaufen.“ Doch das werde sich im nächsten Jahr ändern. Es sei somit Zeit, sich zu überlegen, wie es weitergehen solle. Auch biete sich der Winter für Schulungen an, wenn die Dächer nicht mehr gut begehbar seien. Conergy hat sich dafür entschieden, den Kunden auch räumlich entgegenzukommen. Das Schulungsteam ist mit dem gesamten praktischen Material im Truck unterwegs und quartiert sich je nach Bedarf in Hotels ein. Ein Service, der gerne angenommen werde, sagt Meyn.

Umsatzbringer bevorzugt

Ein Abnehmer, der gute Beziehungen zu seinem Lieferanten pflegt, kann auch noch anderweitig profitieren. So ermöglicht Inventux seinen Kunden eine ganz praktische Marketingberatung und hilft beispielsweise bei der Gestaltung von Schaufenstern oder Messeständen. Einmal im Jahr gibt es außerdem ein Gipfeltreffen, wo Kunden Einfluss auf die Strategie der Firma nehmen können.

Allerdings wird es für einen kleinen Mittelständler nicht möglich sein, sich bei verschiedensten Herstellern nur die Rosinen herauszupicken. Denn bei Serviceleistungen, die auf Anfrage gewährt werden, hat der Kundenbetreuer im Vertrieb stets ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Kunden, die häufig ihren Anbieter wechseln, werden nicht das nötige Umsatzvolumen erreichen und müssen mit einer höflichen Absage rechnen. Nach einer gewissen Phase der Findung ist es somit auch aus Sicht des Weiterbildungsservice für einen Installateur sinnvoll, eine festere Partnerschaft mit einigen wenigen Anbietern einzugehen.

Wer sich auf bestimmte Produkte festlegt, kann mit Schulungen zunehmende Fachkompetenz aufbauen und sich spezialisieren. Die Routine nimmt zu, und durch die persönliche Erfahrung gewinnt der Installateur auch mehr Rechtssicherheit in Haftungsfragen. Außerdem kann er von Vorteilen durch größere Bestellmengen, schnellerer Belieferung sowie effizienterer Lagerhaltung profitieren. Einsteiger, die noch nicht die nötige Masse mitbringen, werden zunächst meist vom Großhandel betreut. Schulungen beim Hersteller bieten ihnen dann auch die Chance, engere Kontakte zu knüpfen und zu halten, sowohl zu anderen Installateuren als auch zu den Spezialisten aus der Fertigung.

Umfassender Nutzen

Die Hersteller wollen durch die engere Bindung nicht nur ihren Umsatz sichern. Gleichzeitig zielen sie darauf ab, dass ihre Fachpartner in ihrem Sinne Qualität installieren. Denn Inkompetenz, Fehler und Sicherheitsmängel fallen letztlich auch ihrem Image zur Last. Um das zu vermeiden, müssen sie die Handwerker animieren, die Bildungsangebote auch wahrzunehmen. Marketing in eigener Sache und günstige Preise sind somit für sie auch Selbstschutz. Installateure, die bisher nach dem Motto „Learning by Doing“ vorgegangen sind, Autodidakten und Bastler, sollten ihre Leistungen kritisch hinterfragen und mehr Zeit für den Ausbau ihrer Kompetenzen einplanen. Denn wenn es eine Marktbereinigung gibt, wird die Klasse über das Überleben entscheiden. Im Gespräch mit dem Kundenbetreuer, mit Gutachtern oder Berufskollegen können sie eigene Schwachpunkte aufdecken und durch entsprechende Seminare beheben. Die Schulungszentren sind darauf geeicht, so viel praktisch verwertbares Wissen wie irgend möglich zu vermitteln.

Regelmäßige Weiterbildungen sind übrigens nicht nur ein Weg, der die Partnerschaft zwischen Herstellern und Solarteuren vertieft, auch die Bindung zu den eigenen Fachkräften kann sich dadurch verbessern. Die Mitarbeiter merken, der Unternehmer investiert in sie als kompetente Personen. Sie spüren eine Abwechslung vom Alltag und gehen geistig und moralisch gestärkt aus der Schulung hervor.

Cornelia Lichner

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