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Zukunft im Nebel

Rundherum zufriedene Vorstandsgesichter waren bei den Bilanzpressekonferenzen der drei großen deutschen Photovoltaikunternehmen SMA Solar Technology, Solarworld und Sunways zu sehen. Von „Umsatz verdoppelt“ über „Rekordergebnis“ bis hin zu „bestes Ergebnis der Unternehmensgeschichte“ war da die Rede. Günther Cramer, Vorstandssprecher des Wechselrichterherstellers SMA, musste bei der Vorstellung der Ergebnismarge, die sich auf 26,9 Prozent verbessert hat, gar verschmitzt lächeln: „Sagen Sie das bloß nicht unseren Kunden.“ Auch seine Kollegen Frank Asbeck von Solarworld und Michael Wilhelm von Sunways berichteten über das abgelaufene Geschäftsjahr nur Gutes.

Positiv, aber deutlich verhaltener verlief der Rückblick hingegen bei Conergy,Q-Cells, Solon und Roth & Rau. Zwar konnten auch diese Unternehmen wichtige Kennzahlen 2010 verbessern. Die finanzielle Ausgangsposition ist aber im Vergleich zur ersten Gruppe deutlich schwieriger. Bei den Strategien, mit denen die Unternehmen in diesem Jahr agieren wollen, zeigten sich trotz unterschiedlicher Ausgangslagen nur wenige Differenzen.

Liquide Mittel erhöhen Flexibilität

Alle Vorstände sind sich einig, dass die gute Entwicklung im vergangenen Jahr ein wichtiges Polster für die Zukunft darstellt. Ausreichend Kapital sei wichtig für den Handlungsspielraum. „Während andere Solarunternehmen bei den Banken sitzen und über die Verlängerung ihrer Kredite verhandeln, können wiruns unseren Kunden widmen und neue Märkte entwickeln“, betont Cramer. Über eine gegenüber dem Vorjahr konstante Ebit-Marge von 15 Prozent sowie höhere Gewinne freute sich auch Frank Asbeck. In der Folge fallen Investitionen leicht und Kapazitäten können aus den verfügbaren Mitteln finanziert werden. Dabei stärkt Solarworld auch den Industriestandort Deutschland mit einer Investition von 86 Millionen Euro in die Fertigung von Wafern.

Für Wilhelm von Sunways hatten integrierte Solarkonzerne im letzten Jahr deutliche Vorteile, „da die Waferpreise seit zwei Jahren nahezu konstant geblieben sind“. Bedingt durch die große Nachfrage blieben seiner Aussage nach auch die Inverterpreise stabil. Davon habe Sunways als Hersteller profitiert. Sowurden Umsatz, Ergebnis und Marge deutlich verbessert. In neue Produktionsanlagen in Deutschland will Wilhelm aber nicht investieren. Vielmehr setzt er auf Outsourcing. So verfügt Sunways bei Modulen und Wechselrichtern, bis auf die Inverter für Großprojekte, über keine eigenen Produktionsanlagen. Alles erfolgt in Fremdfertigung, weshalb ausschließlich die Zellproduktion ein limitierender Faktor für Wachstum sei. Ein Ausbau der Kapazitäten in Deutschland ist für Wilhelm derzeit kein Thema.

Entschuldung fortsetzen

Conergy konnte 2010 seine Umsätze mehr als verdoppeln und erstmals seit 2006 wieder einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) erzielen. „Das zeigt“, so Unternehmenssprecher Alexander Leinhos, „dass der Hamburger Systemhersteller operativ wieder in der Spur ist.“ Auf dem Weg zur „neuen Conergy“ wartet in diesem Jahr allerdings noch der nächste Meilenstein: die maßgebliche Entschuldung des Unternehmens mittels Umsetzung der Anfang des Jahres beschlossenen Refinanzierungsmaßnahmen. Diese würden Conergy auch operativ noch flexibler machen, so Leinhos. Ähnlich definiert der Solon-Vorstand die Hauptaufgabe für 2011. Es soll die im zurückliegenden Geschäftsjahr eingeleitete Trendwende, die zu einer deutlichen Umsatzsteigerung führte, konsequent fortgesetzt werden. Außerdem will Solon sein operatives Geschäft weiter ausbauen und die Nettoverschuldung sukzessive zurückführen.

Auch Q-Cells hat sich neben seiner strategischen Neuausrichtung zu einem integrierten Anbieter von Photovoltaiklösungen mit der Umgestaltung seiner finanziellen Basis beschäftigt. Das Unternehmen hat seine Beteiligungen im vergangenen Jahr konsequent verkleinert. Daneben gab es eine Reihe von Kapitalmaßnahmen zur weitgehenden Refinanzierung einer im Jahr 2012 fälligen Wandelanleihe. Zukünftig wird Q-Cells neben der Produktion von Solarzellen und der Realisierung von großen Freiflächenanlagen verstärkt eigene Solarmodule produzieren und ein Systemgeschäft für mittelgroße Dachanlagen und kleine Freiflächenanlagen betreiben.

Der Ausrüster Roth & Rau blickt auf ein schwieriges Jahr 2010 zurück. Deutliche Verluste im Turnkey-Geschäft und Änderungen in den Bewertungsgrundsätzen belasten das Ergebnis. Trotz gestiegenem Umsatz kam unter dem Strich ein deutlicher Verlust heraus. Besonders die Geschäfte mit indischen Firmen machten dem Unternehmen zu schaffen. Nachdem bereits zwei Turnkey-Projekte wegen Stornierungen von Linien und Insolvenz auf Kundenseite zu Abschreibungen führten, muss Roth & Rau auch noch einen Auftrag in Höhe von 94,4 Millionen Euro für dieses Jahr ausbuchen. Im gegenseitigen Einvernehmen sei ein Deal mit einem indischen Unternehmen im Waferbereich aufgehoben worden, da Roth & Rau zukünftig keine Kristallisationsöfen mehr im Programm hat.

Die Zukunft liegt im Ausland

Der Blick der Unternehmenslenker wird in den nächsten Jahren vor allem in Richtung Ausland gehen, da der deutsche Markt nach Ansicht von Experten stagnieren wird. Schon 2010 sind die Exportquoten deutlich gestiegen. Während SMA und Solarworld vor allem in den USA und Kanada wachsen wollen, fokussiert sich Sunways auf Europa. SMA-Vorstandssprecher Cramer rechnet dem Markt in Nordamerika ein Volumenvon 3,5 Gigawatt in diesem Jahr zu. Sein Unternehmen will in den USA künftig auch beim Großanlagengeschäft mitmischen, um vom erwarteten Marktwachstum zu profitieren. Außerdem hat SMA im vergangenen Jahr dort seine erste Fabrik außerhalb Deutschlands errichtet. Solarworld setzt ebenfalls auf die Produktion in den USA. An zwei Standorten verfügt der Konzern inzwischen über 250 Megawatt Wafer-, 500 Megawatt Zell- und 500 Megawatt Modulkapazitäten.

Alexander Leinhos von Conergy sieht in Kanada und den USA zwei Märkte mit guten Wachstumsaussichten, aber auch besonderen Anforderungen: „Hierzu verstärken wir derzeit mit der neuen Gestellfabrik in Sacramento unsere Präsenz und bringen eine neue Generation Module auf den US-Markt.“ Solon erzielt bereits 65 Prozent seiner Umsätze im Ausland und will vom Kraftwerksbau in den USA profitieren. In Italien muss das Unternehmen derzeit einen Rückschlag hinnehmen, der die Umsatzziele weiter belasten könnte. Die dortige Produktion ist nach Aussage von Domenico Sartore, Präsident von Solon SE Italien, gedrosselt, bis es Klarheit über die Förderbedingungen im zweiten Halbjahr gibt.Sunways erwartet hingegen ein starkes Wachstum in Italien, aber auch in Spanien, Frankreich und Griechenland.

In diesen Ländern will das Unternehmen über Partner und Installateursnetzwerke in der Fläche weiter an Umsatz gewinnen. Bei Q-Cells ist die internationale Expansion im Vertrieb und in der Produktion schon seit Jahren ein wichtiges Thema. Das Unternehmen realisierte im vergangenen Jahr bereits mehr als 50 Prozent seines Umsatzes außerhalb Deutschlands. Roth & Rau setzt vor allem auf Asien. Mehr als 90 Prozent des Absatzes werde wohl in Asien erwirtschaftet, da dort massiv Zellproduktionen hochgefahren würden.

Innovationsdruck nimmt zu

Die Entwicklung neuer Märkte allein reicht aber zum Überleben nicht aus. Um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, sind auch Technologie- und Kostenführerschaft wichtig. Nur dann kann die asiatische Konkurrenz auf Distanz gehalten werden. Cramer macht sich dabei derzeit wenig Sorgen. Mit einem Weltmarktanteil von 39 bis 45 Prozent, der in diesem Jahr weiter ausgebaut werden soll, sowie einem umfassenden Produktportfolio sei SMA gut aufgestellt. Sunways versucht seine Kosten zusenken, indem es zukünftig seine Module bei LDK in China produzieren lässt. „Aus unserer Sicht ist die internationale Arbeitsteilung derzeit das effizienteste Modell. In Deutschland ist es nicht möglich, vergleichbare Preise realisiert zu bekommen“, sagt Wilhelm. Dass auch Unternehmen wie Solarworld und Q-Cells diesen Ansatz verfolgen, zeigen neue Produktionsstätten in Korea und Malaysia. Ein Kostensenkungsprogramm hat sich auch Roth & Rau verordnet. Insbesondere Personal, Verwaltungs- und Produktionskosten sollen sinken, um wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen.

Prognosen ungewiss

Mit innovativen und kostengünstigen Produkte über flächendeckende Partnernetze schnell Marktchancen zu nutzen, scheint die übergreifende Strategie deutscher Solarkonzerne für 2011 zu sein. Einen konkreten Ausblick will aber keiner der Vorstände geben – zu unsicher sei das Terrain und die Rahmenbedingungen. So berichtet Cramer von einem sehr verhaltenen Start in diesem Jahr, wofür er den harten Winter im Januar und die vollen Lager bei Installateuren verantwortlich macht. Asbeck hält vor allem die weitere Preisentwicklung für schwer vorhersehbar, die aber einen „unmittelbaren Einfluss auf die Marge hat“. Für Wilhelm müssen die Waferpreise sinken, um die offenen Zellkapazitäten zu füllen. Auch bei Invertern wird seiner Meinung nach die Preissenkung kommen.

Dass die von der Bundesregierung beschlossene Absenkung der Solarförderung zur Jahresmitte nach dem Atomunglück in Japan noch einmal auf den Prüfstand kommt, halten alle Vorstände für unwahrscheinlich. „Sollte man aber im Zuge einer neu ausgerichteten Energiepolitik mehr Solarenergie wollen, stehen wir bereit“, betont Cramer, der gleichzeitig Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft ist. Das Beispiel Roth & Rau zeigt, dass es nicht immer neben Kosteneinsparungen und neuen Märkten noch einen dritten Weg für Unternehmen gibt. Kurz nach Vorlage der Zahlen schloss sich der sächsische Anlagenbauer mit dem Schweizer Ausrüster Meyer Burger zusammen. Roth & Rau wird künftig als „Unternehmen der Meyer Burger Gruppe“ als eigenes Technologie-Kompetenzzentrum und operative deutsche Gesellschaft auftreten.

Michael Forst

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