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Mehr Elektronik ans Modul

Im Hochsommer haben auch die Solarinstallateure in Australien viel zu tun. Sie können ein Lied davon singen, wie unangenehm es dann auf dem Dach sein kann. „Es ist harte Arbeit und vor allem heiß“, sagt Joe Hudson, der seit seinem 15. Lebensjahr als Elektriker tätig ist. Hudson ist es deshalb wichtig, dass bei der Solarinstallation oder -wartung auf dem Dach „alles wie am Schnürchen läuft“. Das ist vor allem beim Service ein Problem. Der Austausch von Komponenten in einer Anschlussdose – meistens auf der Modulrückseite angebracht – ist sehr arbeitsintensiv. Was wäre also wünschenswert? Eine Anschlussdose auf der Vorderseite des Moduls.

Das hört sich nach einem unerfüllbaren Traum an – zu hoch scheinen die Nachteile, die solch eine Konstruktion hätte, da ja kostbare Solarmodulfläche verloren ginge. Unerfüllbar – das hätte man vor Kurzem auch für die anderen Eigenschaften behauptet, die Hersteller bereits jetzt oder in naher Zukunft in dieAnschlussdosen integrieren wollen, sei es modulnahes MPP-Tracking, Notabschaltung im Brandfall oder einen elektronischen Diebstahlschutz. Vieles scheint auf einmal möglich, und manch ein Feature zieht ein anderes nach sich.

Revolutionärer Anschluss

Selbst das Problem von Installateur Hudson scheint lösbar. FPE Fischer und die Lapp Gruppe haben eine Anschlussdose mit dem Namen Epic Solar Razor entwickelt, die auf der Vorderseite des Solarmoduls sitzt. Schmal und länglich quetscht sie sich zwischen Zellen und Modulkante und ist – wie bei FPE Fischer üblich – nicht aus Kunststoff, sondern aus Aluminium gefertigt. Besonders relevant soll das werden, wenn in der Anschlussdose mehr Elektronik untergebracht ist, die öfter ausgetauscht werden muss als die heutzutage übliche einfache interne Verschaltung mit Bypassdioden.

Thomas Hoffmeister, Geschäftsführer von FPE Fischer, meint, dass die rechtliche Situation bezüglich Bränden zu diesem Trend beiträgt, da zunehmend über Abschaltsysteme diskutiert wird. „Durch das Top-open-Design kann jederzeit beliebige Elektronik in die Anschlussdose integriert werden. Unternehmen wie Tigo und Solaredge bieten die Elektronik dafür an.“ Diese Leistungsoptimierer (siehe photovoltaik 04/2011) bieten etwa die Notabschaltung bei Bränden zusätzlich an, ein Zusatznutzen, der eventuell wichtig werden könnte (siehe Artikel zu Brandschutz, Seite 148). „Wird Elektronik in die Anschlussdosen integriert, dann halten die Leiterplatten nicht länger als zehn Jahre“, erklärt Hoffmeister. Darüber, wie lange die Elektronik, die auch oft auch mit 20 Jahren Garantie verkauft werden soll, wirklich hält, kann man heute nur spekulieren. Muss sie ausgetauscht werden, wird es jedoch nicht nur Joe Hudson erfreuen, das von der Vorderseite bewerkstelligen zu können.

Bei FPE Fischer geht man zudem davon aus, dass Betreiber mit den neuen Dosendem technologischen Fortschritt besser folgen können. Zukünftige Technologien, wie etwa MPP-Tracker, könnten so zu einem späteren Zeitpunkt eingebaut werden. Leiterplatten in den Razor-Anschlussdosen seien nämlich „bequem“ über die Abdeckung zugänglich.

Eine hohe Flexibilität will auch Molex mit der neuen Solarspec Smart Junction Box ermöglichen, wenngleich diese Dose noch immer auf der Rückseite der Module installiert wird. Molex verfolgt einen modularen Ansatz, bei dem die Grundmontage unabhängig von der verwendeten Leiterplatte gleich bleiben soll. Das Unternehmen hat sich mit Solaredge zusammengetan und eine Reihe von austauschbaren Abdeckungen mit eingebauten Chipsätzen passend zur selben Grundeinheit entwickelt. Die sogenannte Smart-Funktionalität umfasst Systemsicherheit, Abschaltung und Lichtbogenerkennung, Sicherheitsüberwachung und Diebstahlschutz, Ausgangsleistungserfassung und Modulwirkungsgrade, Ferndiagnostik und Leistungsoptimierung.

Diese Funktionen, in verschiedener Kombination und mal mit dem einen Feature mehr oder weniger, wollen vieleHersteller in Zukunft anbieten. So auch Azuray Technologies und Renhe, die sich für die neuen Anschlussdosen namens AP300 Smart zusammengetan haben und die einen Kostenvorteil darin sehen, wenn Leistungsoptimierer in die Anschlussdosen integriert statt separat installiert werden, was wohl wenige Wettbewerber bestreiten dürften. Auch sie bleiben mit ihrer Dose auf der Modulrückseite, stehen der Vorderseitenmontage aber sehr offen gegenüber. Gil Miller, Vizepräsident Business Development bei Azuray, sagt: „Wir wollten diese neuen Produkte so gestalten, wie es die Installateure heutzutage gewohnt sind, so dass sie die Installationsmethode nicht ändern müssen. Sollte es eine entsprechende Nachfrage geben, werden wir selbstverständlich darauf reagieren.“

Schalter und Sensoren

Die einzelnen neuen Eigenschaften klingen meist ähnlich, doch die Firmenrealisieren sie in unterschiedlicher Weise. So hat zum Beispiel Kostal in diesem Jahr auf der Intersolar Europe die sogenannte aktive PV-Anschlussdose vorgestellt, die auch unter anderem im Brandfall die Module spannungsfrei schaltet. Bei dem System erfolgt die Abschaltung nach Angaben des Herstellers automatisch, wenn die Feuerwehr entweder den Wechselstromkreis des Hauses abschaltet oder an der DC-Trennstelle den Solarstromkreis vom Wechselrichter trennt. „Die Spannung am Modul wird durch einen Kurzschluss auf null reduziert“, erklärt Frank Burghardt, Bereichsleiter für den Vertrieb. Das hat nicht nur im Brandfall Vorteile. „Im abgeschalteten Zustand ist das ganze System spannungsfrei. Dasselbe gilt für Installation, Transport und Wartung.“ Auch die Anschlussdose von Weidmüller ist mit einer Abschaltfunktion für den Brandfall ausgestattet. Bei ihr muss aber der Feuerwehrschalter im Brandfall aktiviert werden. Dann sendet der Server einen Befehl zu den Anschlussdosen, damit die in Reihe geschalteten Module sofort abgeschaltet werden. Bei diesem Modell überwachen die Anschlussdosen die Abschaltfunktion von dem Moment an, in dem der Alarm ausgelöst wurde, und melden den sicheren Zustand zurück an den Server. Dadurch weiß der Betreiber Bescheid, ob das System wirklich sicher ist.Esmolo hat wiederum ein etwas anderes System entwickelt, das für den Intersolar Award 2011 nominiert war. Das sogenannte Module Protection System soll Module gegen Brand, Blitzschlag und Diebstahl schützen. Der Unterschied zu den anderen Systemen sei, dass die Esmolo-Anschlussdosen nicht nur manuell abgeschaltet werden könnten, sondern auch selbst Feuer erkennen. Löst ein Modul den Alarm aus, wird es nicht nur kurzgeschlossen und damit spannungsfrei geschaltet, sondern die anderen Module werden gleichzeitig über ein Funksignal informiert und schalten sich ebenfalls ab.

Kampf gegen Hitze

Außer mit neuen Fähigkeiten, die die Hersteller gerne in Anschlussdosen integrieren, verbessern sie die Dosen auch bei ihrer Kernaufgabe: Sie müssen die Zellen in den Modulen vor Überlastung schützen, die auftritt, wenn sie verschattet werden und die benachbarten Module nach wie vor viel Energie produzieren. Spelsberg führte auf dem Intersolar-Stand vor, wie sehr sich Anschlussdosen mit herkömmlichen Bypassdioden in diesem Fall erhitzen. Wenn ein Modul verschattet wird und durch den String zwölf Ampere fließen, heizt sie sich auf 149 Grad Celsius auf.

Bypassdioden überbrücken in der Regel 12 bis 24 Solarzellen in einemModul. Im Normalbetrieb liegt die Spannung der überbrückten Zellen in Sperrrichtung an der Diode an. Dann fließt nur ein kleiner Leckstrom. Wenn die überbrückten Zellen verschattet werden, ändert sich das Bild. Dann liegt eine hohe Spannung in umgekehrter Polarität an, die von den unverschatteten Modulen im String erzeugt wird, und die Diode öffnet, um die Zellen zu schützen. Es können sehr hohe Ströme fließen, je nachdem wie der String konfiguriert ist. Jetzt haben es Dioden aber an sich, dass sie auch in leitender Richtung einen gewissen Spannungsabfall haben. Bei den verwendeteten Schottky-Dioden sind das 0,4 bis 0,5 Volt. Die Leistung, die in der Diode verloren geht, ist das Produkt dieser Spannung mit dem Strom. Sie heizt die Diode unter Umständen auf Temperaturen über 150 Grad Celsius auf. Hohe Temperaturen reduzieren aber die Lebensdauer der Dioden.

Niedrigerer Spannungsabfall

Auf der einen Seite optimieren die Hersteller ihre Dosen deshalb immer weiter so, dass sie die Hitze gut und schnell abführen, ohne das Modul zu schädigen. So hat etwa die Anschlussdose RH3 von Huber + Suhner eine thermische Trennung zwischen der Dose und dem Modul, bei der durch den Abstand zwischen dem Modul und der Anschlussdose sichergestellt werde, dass die Dose keine zusätzliche Hitze vom Modul aufnehme und umgekehrt. Um die Wärmeableitung sicherzustellen, setzt FPE Fischer deshalb schon immer auf Dosen aus Aluminium. Bei dem neuen Vorderseitenmodell Razor leitet ein Silizium-Material die Wärme ab, das auch bei Computern zwischen dem Kühlkörper und der CPU sitze.

Auf der anderen Seite kommen jetzt elektronische Schaltungen als Alternativen zu den Schottky-Dioden auf den Markt. So ist etwa in den neuen Dosen von Kostal nicht nur die Notabschaltung im Brandfall integriert. Die elektronische Schaltung besorgt auch die Überbrückung der Zellen für den Fall, dass sie verschattet sind. Dabei kommen sogenannte MOSFET-Transistoren zum Einsatz, die sehr niederohmig seien. „Der Spannungsabfall unserer MOSFETs beträgt ein Fünftel des Spannungsabfalls einer Schottky-Bypassdiode“, erklärt Bereichsleiter Vertrieb Frank Burghardt. Dadurch sinken auch die Verlustleistung und die Wärmeentwicklung entsprechend. STMicroelectronics bietet ebenfalls eine Schaltung mit der Bezeichnung SPV1001 mit nach Aussage der Firma im Vergleich zu Schottky-Dioden niedrigerem Spannungabfall an. Wenn Schottky-Dioden bei normalen Umgebungstemperaturen zwischen 90 und 147 Grad warm würden, erhitze sich der sogenannte Cool Bypass Switch nur auf 49 bis 84,4 Grad. Das Unternehmen Microsemi hat bereits vor eineinhalb Jahren eine Elektronik vorgestellt, die es zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme und Spelsberg entwickelt hat, die die Bypassdioden durch eine Elektronik ersetzt. Jetzt bietet das Unternehmen den Chip LX2400 an, der laut Datenblatt im Bypassfall nur einen Spannungsabfall von 50 Millivolt hat, die Verlustleistung sinkt also im Vergleich zu der von Schottky-Dioden auf rund ein Zehntel.

Wie warm die alternativen elektronischen Schaltungen im Vergleich zu Schottky-Bypassdioden werden, ließ sich auch am Stand von Spelsberg begutachten. Das Unternehmen bietet die Anschlussdose PV 1410-2 ISBT. ISBT steht für Ideal Solar Bypass Technology, und auf dem Produktfoto ist unschwer der LX2400-Chip zu erkennen. Wo die Dose mit der Schottky-Diode 149 Grad warm wurde, steigt die Temperatur bei der ISBT-Dose bei zwölf Ampere und 0,5 Watt Verlustleistung auf nur 46 Grad.

Unterschiede im Detail

Momentan kommen zwar viele solcher Hightech-Lösungen auf den Markt, seien es zusätzliche Funktionalitäten oder die elektronischen Schaltungen mit geringeren Verlustleistungen. Doch während Hightech-Entwicklungen und Schaltungen die Hauptaufmerksamkeit erhalten, sind es manchmal die kleinen Dinge, die einen Unterschied machen. Das zeigt sich bei einem neuen Produkt von TE Connectivity. Bei der Anschlussdose gehen die Kabel in einem 45-Grad-Winkel in die Dose hinein. Das verhindert, dass sie von den Installateuren als Griff verwendet werden. Das Unternehmen will damit das Schadensrisiko senken.

Yin und Yang der Anschlussdose

Ein Besuch in einer Werkshalle von Kostal Industrie Elektrik zeigt, wie Anschlussdosen produziert werden.
Fast vollautomatisch.
Egal wie feingeistig philosophisch sich ein Unternehmen in seinen Hochglanzbroschüren darstellt: In der Produktionshalle wird Klartext geredet. So lernt die Besuchergruppe, die am 27. Juni von Ertugrul Bilgin, Abteilungsmeister PV-Modul-Anschlusstechnik, durch das Werk der Kostal Industrie Elektrik GmbH in Lüdenscheid geführt wird, dass eine Modulanschlussdose aus einem „intelligenten“ und einem „dummen Teil“ besteht: Platine und Kunststoffgehäuse.
Die Besucher bekommen verschiedene Anschlussdosen in die Hand gedrückt, eine kundenspezifische Lösung und drei universell einsetzbare Produkte: Eine aktive Modul-Anschlussdose, die im Gefahrenfall das Modul kurzschließt und bei Verschattung für eine geringe Verlustleistung sorgt. Eine, die in der Solarmodulherstellung vollautomatisch montiert werden kann. Und eine Lösung, bei der die Module lediglich mit dem Produktsockel der Anschlussdose bestückt werden. Der Deckel, inklusive Dioden, Leitungen und Steckverbinder, wird erst danach aufgesteckt und kann im Bedarfsfall ausgetauscht werden.
Fast vollautomatische Produktion Die Platinen werden fast vollautomatisch bearbeitet und in die Kunststoffgehäuse eingesetzt: Platine stanzen, bleifreie Lötpaste auftragen, mit SMD-Bauteilen bestücken, Spritzgießen des Gehäusedeckels, Laserbeschriftung, Montage der Leitungsverschraubungen, Einlegen der Klemmfedern und Stanzgitter, Tests. Auch ein menschlicher Arbeitsplatz ist dazwischen zu sehen. Dort werden die Platinen zusätzlich manuell getestet, bevor sie am Roboter-Fließband bestückt werden. An einem zweiten Arbeitsplatz werden die Anschlussleitungen manuell auf die Dose aufgesteckt, dann aber wiederum maschinell aufgeschraubt mit Drehmoment-Messgerät.
Auf jeder Stufe werden Funktionsprüfungen durchgeführt. Die Prüfanlagen stammen aus eigenem Hause, von der Kostal Prüftechnik Soma GmbH. Kostal hatte den Bereich Prüftechnik zunächst nur für die eigene Verwendung aufgebaut, erklärt Bilgin, wurde damit aber zu einem erfolgreichen Anbieter im Segment Sondermaschinenbau.
Eva Weber

Jonathan Gifford, Shamsiah Ali-Oettinger

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