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Schockwelle verändert den Markt

Den Glauben an die Photovoltaik in Italien haben die Marktteilnehmer nicht verloren. Vielmehr heißt es mit dem Conto Energia IV für die Solarbranche, umzudenken und sich anzupassen. „Mit dem neuen Fördergesetz will die Regierung die Akteure des italienischen Solarmarktes dazu zwingen, ihre Aktivitäten zu verlagern“, sagt Jury Mancinelli, Business Development Director bei Solarig. „Und zwar von dem Marktsegment Großanlagen hin zu den Bereichen kommerzielle und private Aufdachanlagen. Und das ist der Regierung auch gelungen.“ Für sein Unternehmen, das bisher nur Großanlagen in Italien installierte, sei die Zeit der großen Freiflächenanlagen auf jeden Fall erst einmal vorbei. „Zum Glück haben wir bereits zum Jahreswechsel damit angefangen, uns mit kommerziellen Aufdachanlagen zu beschäftigen. So haben wir jetzt einige Projekte in der Pipeline. Dieses Jahr könnten wir noch Aufdachanlagen mit einer Gesamtleistung von drei bis vier Megawatt installieren. Und bis Ende 2012 können es zwölf Megawatt werden“, so Mancinelli.

Nicht nur für Solarig scheint die Zeit der Großanlagen vorbei zu sein. Daszeigte ein Besuch der Fachmesse PV Rome im September. Dort waren kommerzielle und private Aufdachanlagen das Thema Nummer eins der Veranstaltung. Jeder wollte weg von Großanlagen und suchte Wege in den Bereich Aufdachanlagen.

Ein Unternehmen, das diesen Weg anscheinend ziemlich schnell gefunden hat, ist die italienische Firma Solsonica. „Als in Italien aufgrund der angekündigten Gesetzesänderung die Zeit der großen Unsicherheit begann, befanden wir uns gerade in der Planungsphase für die Kapazitätserweiterung unserer Modulproduktion“, erinnert sich Paolo Mutti, Geschäftsführer von Solsonica. Das sei schon eine harte Zeit gewesen. „Aber wir beschlossen, uns der Herausforderung der Regierung zu stellen, und setzten unser Erweiterungsvorhaben wie geplant um.“ So baute Solsonica seine Produktionskapazität für Module von 65 auf 140 Megawatt aus, wodurch das Unternehmen mit einem Schlag einer der größten Modulhersteller des Landes wurde. Die Kapazität der Zellproduktion des Unternehmens liegt weiterhin bei 40 Megawatt. Mit dem neuen ContoEnergia stand Solsonica vor dem Problem, dass es neue Vertriebswege für seine Module finden musste.

„Im vergangenen Jahr haben wir unsere ganzen Module mit einer Gesamtkapazität von 65 Megawatt über EPC-Auftragnehmer in Großprojekte in Italien verkauft“, sagt der Geschäftsführer. EPC steht für „Engineering, Procurement and Construction“, also Planen, Beschaffen und Aufbauen. „Mit dem neuen Fördergesetz war schnell klar, dass dieser Vertriebsweg 2011 nicht mehr möglich ist.“ Daher habe das Unternehmen schnell reagiert und zwei neue Tochterunternehmen gegründet. „Die beiden Firmen konzentrieren ihre Arbeit voll und ganz auf die Bereiche private und kommerzielle Aufdachanlagen.“ Aber nicht alle Teilnehmer auf dem italienischen Markt satteln um. So gibt es durchaus Unternehmen im Land, die sich schon seit Längerem mit kommerziellen Aufdachanlagen beschäftigen, wie etwa Solon S.p.A mit Sitz in Carmignano di Brenta, das kürzlich die bislang größte kommerzielle Aufdachanlage in Italien fertigstellte. Diese ziert die Dächer des Unternehmens Interporto diPadova S.p.A. in Padua. „Die Anlage wurde auf 18 Lagerhäusern und sieben Parkplatzdächern des Logistikunternehmens installiert“, sagt Domenico Sartore, Geschäftsführer der italienischen Solon-Tochter. „Bereits im Herbst letzten Jahres konnten die Installationen auf fünf Dächern und einem Parkplatzdach den Betrieb aufnehmen. Und jetzt ist die Anlage mit einer Leistung von 12,3 Megawatt endlich fertig“, freut sich der Geschäftsführer des Modulherstellers.

Nicht nur die frühen Entdecker kommerzieller Aufdachanlagen sind mit der neuen Entwicklung in Italien zufrieden. Das Gleiche gilt zum Beispiel für den Großhändler Coenergia. „So ändern sich die Zeiten“, sagt Sales Manager Davide Caprara. „In der Zeit nach der Solarexpo in Verona im Mai sah die Lage für uns nicht sonderlich gut aus.“ Das Lagerhaus von Coenergia in Mantova im Norden Italiens mit einer Fläche von 5.000 Quadratmetern habe sich immer weiter gefüllt. „Das Geschäft ließ stetig nach, und dann drehte sich ganz allmählich der Wind. Es schien so, als ob die Leute nach und nach die Bedeutung des neuen Fördergesetzes verstanden hätten, und plötzlich setzte die Nachfrage wieder ein“, berichtet Caprara.

Jetzt sei man mehr als zufrieden. Mittlerweile sei das Lager völlig leer und seine Leute kämen mit dem Verkaufen überhaupt nicht mehr hinterher, sagt Caprara weiter. Coenergia führe Produkte von etwa 300 Anbietern und habe rund 1.700 Kunden. „Für uns ist das neue Conto Energia fast wie ein Segen“, meint Caprara, denn seit der Gründung im Juli 2007 sei das Unternehmen auf denVerkauf privater und kommerzieller Aufdachanlagen ausgerichtet gewesen.

Für Ernesto Salamoni, Geschäftsführer des italienischen Modulherstellers Ferrania Solis, war die Phase der Unsicherheit eine äußerst schwere Zeit. „Von März bis Mai bereitete uns das angekündigte Ende des damals aktuellen Fördergesetzes mächtige Kopfschmerzen“, erinnert sich Salamoni.

Eine äußerst schwere Zeit

„Wir standen vor einer strategischen Entscheidung.“ Bei Ferrania Solis habe man zu Beginn des Jahres beschlossen, die Kapazität der Modulproduktion zu erweitern. Doch plötzlich musste man sich fragen, ob das angesichts der neuen Situation überhaupt noch sinnvoll war. Die weitere Entwicklung des Marktes sei schwer einzuschätzen gewesen. „Aber wir beschlossen, uns von der Regierung nicht verunsichern zu lassen, und erweiterten die Produktion von 16 auf 60 Megawatt. Im Juni waren wir damit fertig.“ Im Mai kam die Erleichterung. Plötzlich sei klar gewesen, dass es in Italien weitergehe, und zwar genau in die richtige Richtung, zumindest aus Sicht von Ferrania Solis. Denn mit seiner ursprünglich geringen Produktionskapazität habe das Unternehmen von Beginn an seinen Vertrieb auf kleinere Projekte konzentriert.

„Das kommt uns jetzt natürlich zugute. Wir haben drei wichtige Vertriebskanäle“, so der Geschäftsführer. „Zum einen verkaufen wir an zwei große Installationsfirmen, die in erster Linie private und kleinere kommerzielle Aufdachanlagen anbieten, zum anderen an einen größeren Stromanbieter, der ebenfallshauptsächlich Installationen auf Privatdächern im Angebot hat.“ Schließlich sei Ferrania auch als EPC-Auftragnehmer aktiv. „Ich hoffe, dass wir 2011 Module mit einer Gesamtleistung von 21 Megawatt verkaufen. Nächstes und übernächstes Jahr dann jeweils 60 Megawatt. Wenn alles sehr gut läuft, können wir unsere neue Produktionslinie auf 100 Megawatt erhöhen.“ Wie viele andere denkt er seit der ersten Jahreshälfte ebenfalls über ausländische Märkte nach.

„Bisher haben wir unsere Module ausschließlich in Italien verkauft. 2011 hat gezeigt, dass sich das ändern muss“, meint Salamoni. Daher werde er jetzt Vertriebsmöglichkeiten in andere mediterrane Länder prüfen. Dafür sei sein Unternehmen gut aufgestellt. „Wir gehören zur Messina-Gruppe, und die ist im Seefrachtgeschäft mit einer eigenen Versand-Gruppe aktiv.“ Zudem liege am Produktionsstandort Savona der Hafen direkt vor der Haustür.

Das neue Fördergesetz sorgt aber nicht nur für Verschiebungen innerhalb der Marktsegmente. Es sieht auch eine Begrenzung der Solarförderung bei jährlich sechs Milliarden Euro vor. Mitte November war bereits die Grenze von fünf Milliarden überschritten. „Rechnet man nun die ganzen großen Solarparks auf die Förderung für das kommende Jahr hoch, die bis August ans Netz gegangen sind, dann dürften die sechs Milliarden Euro Anfang 2012 rasch erreicht sein“, rechnet Analyst Dirk Morbitzer von Renewable Analytics. Einen Plan, was dann geschieht, gibt es bei der erst frisch gewählten Regierung aber noch nicht.

Markus Grunwald/Sandra Enkhardt

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