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Kleine werden groß

Bei den erneuerbaren Energien „ist eine Revolution im Gange“ – das behauptet zumindest das Beratungsunternehmen Ernst & Young. In seinem aktuellen Attraktivitätsindex für erneuerbare Energien sagt es eine Verschiebung des Kräftegleichgewichts voraus: weg von Westeuropa und hin zu Osteuropa, dem Nahen Osten, Nordafrika, Südostasien und Lateinamerika. Westeuropäische Länder wie zum Beispiel Deutschland und Frankreich sind demnach von einem „perfekten Unwetter“ aus geschwächter politischer Unterstützung, unsicheren Finanziers und erhöhtem Wettbewerb durch andere Märkte erfasst worden.Zudem, so das Unternehmen, übernehmen besonders China, Südkorea und Taiwan strategische Fertigungssektoren und exportieren mehr, was zu Reibung mit den stärker etablierten Märkten führt. Während sich entwickelte Länder auf „sinkende Nachfrage und Kosteneinsparungen konzentrieren“, zeigen wachsende Märkte einen großen Energieappetit und tragen so zur Transformation der Branche für Erneuerbare bei.

Die Kräfte verschieben sich

Die Aussagen stimmen mit den Ende 2010 von Ash Sharma, Forschungsleiter bei IMS Research, erhobenen Behauptungen überein. Auch er hatte vorausgesagt, dass es in der Solarbranche als Folge veränderter Subventionen zur Diversifizierung kommen werde, wodurch viele kleinere Märkte an Bedeutung gewinnen würden. Damals prognostizierte auch Matthias Fawer, Nachhaltigkeitsanalyst bei der Bank Sarasin, dass es 2011 eine Reihe von neuen Märkten mit mindestens 500 Megawatt an jährlichen Installationen geben würde. Und wie aus den Nachrichtenmeldungen hervorgeht, die das ganze Jahr über auf die Branche eingeströmt sind, sind eine Reihe neuer Märkte zu verzeichnen, darunter Indien, Großbritannien, China und Südafrika.Das Thema Konsolidierung war 2011 das ganze Jahr über aktuell, wobei viele der führenden Solaranalysten wie jene bei der Bank Sarasin und bei Jefferies überzeugt sind, dass verstärkte Konsolidierung und fallende Komponentenpreise auch das Jahr 2012 beherrschen werden. In diesem Szenario werden nur vertikal integrierte Unternehmen überleben. Wie die Bank Sarasin in ihrer jüngsten Branchenstudie „Solar industry: Survival of the fittest in a fiercely competitive marketplace“ hervorhebt, wird die Konsolidierung jedoch letztlich positive Auswirkungen auf die globale Solarbranche haben, auch wenn einige Unternehmen „dem Untergang geweiht“ sind. Die Bank sieht das in Anbetracht der aktuellen Diskrepanz zwischen Modulkapazitäten (rund 50 Gigawatt Ende 2011) und Nachfrage (rund 21 Gigawatt) als unausweichlich an. Wie wird es weitergehen? Wenn die Prognose von Ernst & Young zutrifft, dann werden neue Märkte die Entwicklung der Branche vorantreiben und die aktuelle Lücke in den etablierten Märkten schließen.

Deutschland unter Druck

In Deutschland wurde 2011 zwar weniger Photovoltaik installiert als im Vorjahr. Die Zahlen des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) und der Bank Sarasin zeigen jedoch, dass das Land weiterhin den meisten Konkurrenten voraus sein und 2011 die installierte Kapazität um etwa fünf bis sechs Gigawatt erweitern wird. Zudem hat Deutschland mit der Installation der 1.000.000. Photovoltaikanlage einen Meilenstein aufgestellt. Währenddessen ist die Einspeisevergütung zu Beginn des Jahres 2012 um 15 Prozent gesunken. Diese Tatsache in Verbindung mit den erwarteten Kürzungen Mitte des Jahres zwischen drei und zwölf Prozent hat zu der Prognose geführt, dass neue Photovoltaikinstallationen in diesem Jahr 5,4 Gigawatt erreichen werden. Italien wird, wie es scheint, Deutschland von seiner Führungsposition in Sachen Installationen verdrängen und die installierte Photovoltaik allein von Januar bis September um 6,5 Gigawatt erweitern.

Auch andere Länder stehen in den Startlöchern, um den ehemaligen Solarkönig herauszufordern. Spanien war nach dem Zusammenbruch seines Marktes im Jahr 2009 eher zurückhaltend in Sachen Solarenergie und ist immer nochmit „sinkenden Gewinnen und rechtlichen Auseinandersetzungen“ konfrontiert, so Ernst & Young. Im vergangenen März hat die spanische nationale Energiekommission CNE Solarsubventionen für 350 Installationen ausgesetzt, als herauskam, dass die Anlagen nicht wie behauptet Strom produzierten. Dennoch gab es Ende 2011 einige Ankündigungen, die für das Land den Anfang einer zaghaften Wiederbelebung bedeuten könnten. Dazu gehören die 70-Megawatt-Projektvorhaben der deutschen Unternehmen Baywa und Wirsol.

Frankreich sollte 2011 zu einem führenden Photovoltaikmarkt aufsteigen. Im März letzten Jahres jedoch führte die Regierung in Paris eine 500-Megawatt-Obergrenze ein und senkte die Einspeisevergütung, so dass alle Photovoltaik-Freiflächenanlagen sowie Aufdachanlagen ab 100 Kilowatt lediglich eine Vergütung von 0,12 Euro pro Kilowattstunde erhalten. Trotzdem gehören zu den Highlights des Jahres 2011 das erste CIGS-Dünnschicht-Solarprojekt des Landes von Belectric und Solar Frontier – ein staatlich finanziertes, 30 Millionen Euro schweres Smart-Grid-Projekt, in dessen Rahmen 500 Photovoltaiksysteme von Tenesol installiert werden – sowie die Enthüllung des 31-Megawatt-Solarparks von Siemens im Département Alpes-de-Haute-Provence.

Für Japan war 2011 – unverblümt ausgedrückt – ein Mordsjahr. Die Energiebranche des Landes rückte ins Rampenlicht, nachdem im März Erdbeben und ein Tsunami dem Land die Atomkatastrophe beschert hatten. Die positiveKonsequenz ist die Ankündigung, dass das Land die Einspeisevergütung auf private, gewerbliche sowie Freiflächeninstallationen ausweiten möchte. Insgesamt herrscht jedoch noch erhebliche Unsicherheit darüber, inwieweit sich das Land der Solarenergie in den kommenden Jahren öffnen wird. Es deutet leider einiges darauf hin, dass Japan der Kernenergie treu bleiben wird.

China holt auf

China hingegen hat sich nach der Einführung der Einspeisevergütung im Sommer stark im Bereich Photovoltaik engagiert. Während der von Solarworld geführte Handelsstreit nach Einschätzung von Ernst & Young dem Höhenflug wohl einen Dämpfer verpasst hat, wendet sich das Land nun den afrikanischen Märkten zu, um Solarausrüstung zu verkaufen, und hat außerdem bereits für 2012 die Durchführung von sechs Solarprojekten bestätigt. Suntech-Chef Zhengrong Shi hält in diesem Jahr in China einen Photovoltaikzubau von vier Gigawatt für möglich.

Australien erlebte ein turbulentes Jahr 2011, voll von Nachrichten über Solar-Subventionskürzungen und schwindender Unterstützung. Trotzdem blieb der Markt attraktiv, und es gab auch gute Nachrichten. So wurde zum Beispiel im Dezember das 220-Kilowatt-Projekt des Carrara-Footballstadions und damit die landesweit größte BIPV-Anlage ans Netz angeschlossen. Zudem wurde berichtet, dass inzwischen über 500.000 Haushalte mit Photovoltaikanlagen ausgestattet sind. Unternehmen wie Jinko Solarprognostizieren, dass Australien in der Solarbranche eine bedeutende Größe werden wird.

In den USA geht man von mehr als 2,5 Gigawatt Photovoltaikzubau aus. Das Vertrauen der Anleger sinkt jedoch. Gründe sind das Auslaufen des Förderprogramms 1603 des US-Finanzministeriums, die Ungewissheit bezüglich der zukünftigen Finanzierung durch das US-Energieministerium nach dem Solyndra-Debakel sowie eine sich abzeichnende Finanzkrise. Dieser Vertrauensverlust kann zu einer schrumpfenden Projekt-Pipeline führen. Insgesamt ist der Markt jedoch für viele Unternehmen weiterhin von entscheidender Bedeutung, und es wird erwartet, dass er in der Solarbranche eine Schlüsselrolle spielen wird.

Erstes Großprojekt in Indien

Für Indien war 2011 ein sehr erfolgreiches Jahr mit seinem ersten Großprojekt, einem 30-Megawatt-Solarpark in Gujarat. Und während insgesamt die netzgekoppelte Photovoltaikleistung Ende September 2011 lediglich bei 46 Megawatt lag, warten in der indischen Solar-Pipeline, die auch Solarwärmekraftwerke umfasst, Projekte von deutlich über zwei Gigawatt.

An das israelische Stromnetz ist bisher eine Solarleistung von 61 Megawatt angeschlossen. Die Einspeisetarife haben sich jedoch kürzlich verändert. 2008 lag der Anreiz je Kilowattstunde bei rund 0,38 Euro für Anlagen unter 50 Kilowatt und bei etwa 0,31 Euro für Anlagen zwischen 50 Kilowatt und 5 Megawatt. 2011 wurden die Einspeisetarife gesenkt, während die maximale Anlagengröße für die Gewährung der Einspeisevergütung erhöht wurde. So liegt die Vergütung nun bei etwa 0,20 Euro für Solarenergie. Die neue Obergrenze liegt bei 460 Megawatt für große Solarfelder und 100 Megawatt für Aufdachanlagen.Tunesien, wo erst 600 Kilowatt Photovoltaik installiert wurden, werden „fantastische“ Ressourcen zur Entwicklung der Solarenergie attestiert sowie ein günstiges Steuerklima, das Land hat Zugriff auf „gute Fördergelder und zinsgünstige Darlehen“. Mehr als zwei Milliarden US-Dollar sind laut Ernst & Young bereits zur Verfügung gestellt worden. Die landesweit erste Fabrik für Solarmodule hat die Produktion am 15. Dezember aufgenommen, die Kapazität soll anfänglich bei 25 Megawatt liegen und eventuell auf 100 Megawatt ausgebaut werden. Die Regierung hat zudem ein neues Anreizprogramm für Privathaushalte eingeführt, und ein Einspeisevergütungsprogramm für Freiflächenanlagen wartet derzeit auf die Genehmigung durch das zuständige Ministerium.

Marokko hat sich bisher in Sachen Solarenergie nicht besonders hervorgetan. Das wird sich jedoch mit der Ankündigung von Desertec Ende Oktober ändern, in diesem Jahr ein Solarkraftwerk mit einer Kapazität von 500 Megawatt zu errichten. Zudem hat die Weltbank 2011 ein Darlehen in Höhe von 297 Millionen US-Dollar genehmigt, um das Land bei der Finanzierung des 500-Megawatt-Solarwärmekraftwerks am Standort Ouarzazate zu unterstützen.

Obwohl die Ukraine auch ein günstiges Steuerklima bietet und eine Einspeisevergütung von mehr als 0,40 Euro je Kilowattstunde, lag die installierte Kapazität bei nur sieben Megawatt – bevor Active Solar im vergangenen Sommer seine 80-Megawatt-Anlage fertigstellte und dann die Arbeit an einer anderen Anlage mit derzeit 60 Megawatt aufnahm. Die endgültige Projektgröße wurde noch nicht verkündet.

Argentinien wird als „idealer Standort“ für den solaren Ausbau angesehen, insbesondere in den östlichen Ebenen sowie den Regionen im Nordwesten. Bisheute ist in dem Land eine Solarkapazität von nur zehn Megawatt installiert. Die Regierung hat jedoch das Ziel, bis zum Jahr 2020 die Installation von 3,3 Gigawatt zu erreichen. Zudem ist eine Einspeisevergütung eingeführt worden. Diese liegt für Solarenergie bei circa 150 Euro pro Megawattstunde.

Ein weiterer vielversprechender Photovoltaikmarkt ist Südafrika. Die erste Runde des staatlichen Programms für Erneuerbare endete im Dezember. Von Windkraft über Photovoltaik und Solarthermie bis zu Kleinwasserkraft qualifizierten sich Projekte mit einer Gesamtkapazität von 1,4 Gigawatt. Darunter sind 18 Photovoltaikprojekte mit einer Kapazität von insgesamt etwa 631 Megawatt.

Impulse in Malaysia

Auch in Malaysia wurde kürzlich ein Programm zur Einspeisevergütung eingeführt, was zu einer Flut von Projekteinreichungen führte. Und am 1. Dezember begann die malaysische Sustainable Energy Development Authority über das sogenannte „e-FIT“-Onlinesystem mit der Antragsannahme für Projekte von 2012 bis 2014. Bis zum 2. Dezember waren bereits 201 Vorschläge für Photovoltaikprojekte mit einer Gesamtkapazität von 143,78 Megawatt eingegangen. Voraussichtlicher Baubeginn ist für viele Unternehmen der kommende Frühling.

Auch aus Märkten wie Großbritannien und Griechenland gibt es positive Anzeichen für die Solarenergie, trotz der Probleme mit der Einspeisevergütung sowie finanzieller Schwierigkeiten im Jahr 2011. Anfang letzten Jahres prognostizierte die britische Regierung für 2011 die Installation von lediglich 86 Megawatt an Photovoltaik. Ray Noble von der Renewable Energy Association widersprach dem und meinte, dass es eher 500 Megawatt sein würden – inzwischen sind es über 600. In Griechenland gab es 2011 bereitsPläne für ein 20-Gigawatt-Projekt. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob das Projekt auch umgesetzt wird.

Thailand ist ein weiterer Wachstumsmarkt, in dem viele Unternehmen Projekte durchführen. Sharp etwa arbeitet an einem 73-Megawatt-Solarpark in der Provinz Lop Buri, und Dupont Apollo hat eine 8,7-Megawatt-Anlage in der Provinz Prachin Buri fertiggestellt. Astronergy plant ebenfalls Projekte.

Ungarn mag eine hohe Sonneneinstrahlung haben, leidet jedoch laut Ernst & Young an „unzureichender“ Netzkapazität und „sehr komplizierten“ Genehmigungsverfahren. Zum Anfang letzten Jahres waren in dem Land lediglich 1,6 Megawatt an Solarenergie installiert. Ernst & Young führen jedoch an, dass viele Projekte mit einer jeweiligen Größe zwischen 50 und 80 Megawatt auf ihre Ausführung warten. Im März hat Sanyo in Ungarn eine 150-Megawatt-Produktionsanlage zur Fertigung von HIT-Solarmodulen eröffnet. „Wahrscheinlich liegt dem zögerlichen Marktwachstum die niedrige Einspeisevergütung zugrunde, die etwa mit dem durchschnittlichen Strompreis gleichzieht und somit kaum einen Anreiz bietet“, heißt es bei Ernst & Young.

Belgien hatte Ende 2010 mehr als 420 Megawatt Photovoltaikkapazität am Netz, und laut Sarasin-Prognosen sollen 2011 noch einmal 120 Megawatt dazukommen. So zeigt das Land auf der Solarbühne definitiv Präsenz, ist aber immer noch ein vergleichsweise kleiner Akteur. Abgesehen davon gab etwa Aleo Solar 2011 eine Vervierfachung des Umsatzwachstums in Belgien bekannt. Hanwha Solarone sieht Belgien inzwischen nach Deutschland und den USA als seinen drittgrößten Markt. Tenesol ist seit dem vergangenen Jahr vor Ort mit einer Niederlassung aktiv, und Solyndra hat vor der Insolvenz eine Drei-Megawatt-Anlage in Brüssel installiert.

Polen ist, wie Holland und Dänemark, ein kleiner Fisch in der Solarwelt. Letzten August wurde gemeldet, dass die Bauarbeiten der ersten Megawatt-Anlage kurz vor dem Ende stehen. Abgesehen von diesem Projekt liegt die installierte Kapazität nur bei 100 Kilowatt. Neben der geringeren Sonneneinstrahlung als in Südeuropa kann auch nicht behauptet werden, dass sich potenzielle Investoren vom nationalen Förderungsprogramm ermutigen ließen.

Einspeisetarif in Rumänien

Rumänien ist bisher solares Niemandsland. Laut Ernst & Young scheint die Regierung jedoch kurz vor der Verabschiedung des neuen Erneuerbare-Energien-Gesetzes zu stehen, dessen Anwendung seit 2008 immer wieder hinausgezögert worden war. Am 13. Juli 2011 schloss die Europäische Kommission das Überprüfungsverfahren ab und verabschiedete Gesetz 220/2008 mit einer Reihe von Revisionen. Bei Anwendung wird es „eine der attraktivsten Erneuerbare-Energien-Maßnahmen“ sein. Im Rahmen des Gesetzes würden dann sechs Grüne Zertifikate an jedes Photovoltaikprojekt mit einem Wert zwischen 62 und 330 Euro pro Megawattstunde vergeben werden.

Becky Stuart

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