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Irgendwo hakt es

Wer in der kanadischen Provinz Ontario eine größere Photovoltaikanlage bauen will, braucht Geduld. Durchschnittlich zwei Jahre dauert derzeit die Genehmigung von Solarparks im Megawattbereich, wie Jon Kieran, Vorstandsmitglied der Canadian Solar Industries Association (Cansia), sagt.  Wer einen Bankkredit will, braucht ebenfalls Ausdauer, denn viele örtliche Banken sind noch skeptisch gegenüber der Solarenergie. „Den Genehmigungsbehörden, der Ontario Power Authority (OPA) sowie unseren Banken  fehlt es noch an Erfahrung mit der Photovoltaik und der Umsetzung von Einspeisetarifprogrammen“,  betont Kieran, setzt aber künftig auf Lerneffekte.  Zwischen umgerechnet gut 31 und 59 Eurocent pro Kilowattstunde erhält ein Anlagenbetreiber in Ontario entsprechend dem 2009 verabschiedeten GreenEnergy Act für seinen Solarstrom. Vom Oktober 2009 bis Oktober 2011 wurden bei der OPA laut Angaben des Ministeriums für ökonomische Entwicklung und Innovationen 9.190 Anträge für die Förderung von Photovoltaikanlagen (größer als 10 Kilowatt) mit einer Gesamtleistung von 8.266 Megawatt im Rahmen des Programms für Einspeisetarife (FIT) eingereicht.

In 2.443 Fällen, was etwa 4.750 Megawatt entspricht, sind Einspeisetarife gewährt worden. In Betrieb genommen wurden allerdings bisher erst 100 Projekte mit 25 Megawatt Leistung, während sich 1.895 Anlagen noch in der Entwicklung befinden. Beim Micro-FIT-Programm, also der Förderung von Anlagen mit weniger als 10 Kilowatt Leistung, sind im gleichen Zeitraum 42.905 Anträge mit einer Kapazität von 397 Megawatteingereicht worden. Die OPA genehmigt 24.303; in Betrieb sind mittlerweile 8.128 kleinere Solarstromanlagen mit einer Gesamtkapazität von 70 Megawatt.

Cansia-Vorstand Kieran rechnet für dieses Jahr mit einem Zubau an neu installierten Anlagen in Höhe von etwa 350 Megawatt in Ontario. Der allergrößte Teil davon sind jedoch Systeme, die bereits nach dem 2006 gestarteten Renewable Energy Standard Offer Program (RESOP) beantragt wurden. Dieses wurde 2009 vom FIT-Programm abgelöst und läuft im Januar 2012 aus. Nach dem RESOP-Programm wurden 52 Photovoltaikprojekte mit insgesamt 528 Megawatt beantragt.

„Bei größeren Anlagen nach dem FIT-Programm kam es dieses Jahr faktisch zu einem Investitionsstopp“, sagt Kieran. Als Gründe hierfür sieht er neben der großen Projektpipeline des älteren RESOP-Programms, den langen Genehmigungszeiten sowie der Zurückhaltung der Banken auch die kontroversen politischen Diskussionen über die Zukunft der Energiepolitik vor den Parlamentswahlen in Ontario Anfang Oktober. Mit einem knappen Vorsprung wurde der amtierende Premierminister Dalton McGuinty wiedergewählt, der auf eine Fortführung der Einspeisevergütungengemäß dem Green Energy Act setzt. Derzeit werden die Tarife turnusgemäß alle zwei Jahre überarbeitet. Im Januar sollen erste Eckpunkte bekannt gegeben werden. Es wird damit gerechnet, dass die Einspeisetarife aufgrund der weltweiten Kosten- und Preissenkungen von Photovoltaikanlagen deutlich abgesenkt werden. „Wir wollen mehr Stabilität im Markt und unterstützen eine realistische Anpassung der Einspeisetarife an die Kostenreduktion“, betont Kieran. Zudem befürwortet er eine „dynamischere und häufigere Anpassung der Vergütungen nach dem Vorbild von Deutschland.“ Es gehe nicht darum, mit Photovoltaik das schnelle Geld zu machen, sondern nachhaltig einen Markt aufzubauen, betont Kieran. Er rechnet mittelfristig mit einem jährlichen Marktwachstum von 250 bis 300 Megawatt in Ontario.

Kritik an Domestic-Content-Regelung

Umstritten ist allerdings auch innerhalb der Solarbranche Ontarios die sogenannte Domestic-Content-Regelung. Wer einen Einspeisetarif will, muss 60 Prozent der Wertschöpfung der Anlage in Ontario sicherstellen. Dazu zählen Komponenten, Material und Arbeitskraft.  Diese Regelung führe zu global nicht wettbewerbsfähigen Preisen, heißt es zumindest hinter vorgehaltener Hand.

Die rund 15 Hersteller, die derzeit in der Provinz aktiv sind, um die Regelung zu erfüllen, spielen nicht in der Gigawattklasse mit. So ist die Modulproduktion von Silfab in Mississauga nach Angaben von General Manager Paolo Maccario auf eine Jahreskapazität von 90 Megawatt ausgelegt, verkauft wurden in Ontario seit Start der Fertigung im Frühjahr 2011 jedoch erst vier Megawatt. Wie die anderen Modulhersteller kauft auch Silfab die Zellen aus dem Ausland zu, denn es gibt bisher in Ontario keine eigene Zellproduktion. Auch andere Komponenten müssen außerhalb der Provinz eingekauft werden, was die Produktion zusätzlich verteuert. „Ich glaube kaum, dass es möglich ist, Module in Ontario günstiger als 1,30 kanadische Dollar pro Watt zu produzieren“, betont Maccario. Momentan liegen die Systempreise für Solarparks im Megawattbereich CanSIA-Sprecher Kieran zufolge bei umgerechnet knapp drei Euro pro Watt. Damit sind die Systempreise für große Photovoltaikanlagen etwa doppelt so hoch wie in Deutschland.

Selbst der global aufgestellte Elektronikkonzern Celestica, der im Auftrag von SMA, Advanced Energy oder Solarbridge in Toronto Wechselrichter und im Auftrag von Sovello oder Recurrent Solarmodule fertigt, kann laut Sprecherin Pam White in der Preisliga der großen asiatischen Hersteller „momentan nicht ganz mithalten“. Silfab-Sprecher Maccario plädiert deshalb dafür, den Einspeisetarif nicht ausschließlich an die lokale Fertigung zu koppeln, sondern auch an Qualitäts- und Leistungskriterien sowie technische Innovationen.

Offener äußern sich auch direkt betroffene Firmen wie First Solar, die aufgrund des  relativ geringen Marktvolumens bisher nicht in Ontario produzieren. „Der Domestic Content muss weg“,  sagt deren Director Customer Relations Tom Kosnik. Der Hersteller lieferte die 1,3 Millionen Dünnschichtmodule für den Solarpark in Sarnia und entwickelte das Projekt zusammen mit dem kanadischen Energie- und Baukonzern Enbridge. „Für unsere nächsten Projekte in Ontario müssen wir uns nach örtlichen Modullieferanten umsehen. Ob die preislich wirklich mithalten können, wird sich zeigen“, sagt  Ian MacRobbie, General Manager bei Enbridge.

Hans-Christoph Neidlein

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