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Wie Phoenix aus der Asche

Wenn man an chinesische Photovoltaikhersteller denkt, kommt einem Hanergy nicht gerade als erster in den Sinn. Auch bei den Dünnschichtunternehmen ist dieser Name nicht ganz vorn mit dabei. Vielleicht ein Fehler, denn in letzter Zeit drängt Hanergy recht aggressiv auf den Photovoltaikmarkt. Die neuesten Übernahmen in Europa und den USA machen deutlich, wie ernst es das Unternehmen damit meint, im Photovoltaikbereich ein wichtiger Player zu werden. In den vergangenen Monaten hat Hanergy sich die beiden CIGS-Dünnschichtproduzenten Solibro (Deutschland) und Miasolé (Kalifornien, USA) gesichert. Die beiden Unternehmen bieten Hanergy unterschiedliche Ansätze in der CIGS-Technologie und unterschiedliche Anwendungen. Zudem war die Übernahme günstig, da die Konsolidierung im Dünnschichtbereich voranschreitet. Aber schon zuvor hat Hanergy seine Dünnschicht-Produktionskapazität an acht Standorten in China eifrig aufgebaut.

Unternehmensinformationen zufolge sind Hanergys Produktionsstätten für eine große Produktionsmenge ausgerichtet: Bereits 2011 wurden Fabriken fertiggestellt, in denen bis zu fünf Gigawatt Kapazität untergebracht werden können. Die aktuellen Zahlen von Shyam Mehta von GTM Research zeigen, dass die aktuelle Produktionskapazität von Hanergy bei 600 Megawatt liegt. Der Ehrgeiz und die Absicht, mehr zu erreichen, sind jedoch offensichtlich.

Hanergy hat den Photovoltaikmarkt schon 2010 durch den Kauf des chinesischen Herstellers Apollo Solar, der a-Si/a-SiGe-Turnkeyanlagen produziert, betreten. Zuvor hatte Hanergy bekanntgegeben, drei Gigawatt Produktionskapazität mit dieser Technologie aufbauen zu wollen, mindestens zwei Gigawatt bis Ende 2012. Es ist bekanntermaßen schwierig, sich ein genaues Bild von der tatsächlichen Produktionskapazität des Unternehmens zu machen (siehe Tabelle). Und es scheint unwahrscheinlich, dass Hanergy seine angegebenen a-Si-Ziele in der aktuellen Marktsituation weiterverfolgen wird. „Der Kauf von Solibro und Miasolé zeigt auch einen Sinneswandel weg von a-Si und hin zu CIGS als bevorzugter Dünnschichtlösung“, so Shyam Mehta von GTM Research. „Hanergy hat auch in verschiedene Abscheideverfahren investiert: Co-Verdampfung bei Solibro und Sputtern bei Miasolé. Das signalisiert, dass das Unternehmen nicht alles auf eine Karte setzen will.“ Hanergy verfügt heute über ein diversifiziertes Portfolio, das Mehta als „gute Positionierung“ bezeichnet.

Sinneswandel: CIGS statt a-Si

Offiziell hat Hanergy die Übernahme von Solibro im September 2012 und die von Miasolé im Januar dieses Jahres abgeschlossen. Nach Informationen der photovoltaik hatte Hanergy auch Interesse an der CIGS-Technologie von Manz, wenngleich das Ziel der Erwerb der Lizenzierung der Technologie und nichtdie Übernahme der CIGS-Turnkeyfabrik von Manz war.

Für das aufstrebende chinesische Unternehmen war der Zeitpunkt, Solibro und Miasolé zu kaufen, gewiss der richtige. Hanergy hat öffentlich die Zahlung von 30 Millionen US-Dollar (23 Millionen Euro) an die Gläubiger von Miasolé eingeräumt, was weit unter den 550 Millionen US-Dollar (423 Millionen Euro) liegt, die Risikokapitalgeber und -fonds in das kalifornische Start-up-Unternehmen gepumpt hatten. Bei einer Pressekonferenz zum Abschluss der Übernahme ist einem Dolmetscher laut New York Times herausgerutscht, dass Hanergy für die Übernahme ein Zehntel der 1,2 Milliarden US-Dollar (922 Millionen Euro) gezahlt hat, die der Unternehmensvorstand gefordert hatte.

Bezüglich des Preises, den Hanergy für Solibro gezahlt hat, gibt es keine offiziellen Angaben. Das chinesische Unternehmen scheint jedoch gut aufgestellt zu sein, der Firma zu Wachstum zu verhelfen. Unter Q-Cells hatte Solibro zuvor stagniert. Die Produktion im Jahr 2012 liegt mit 66 Megawatt unter der 2011-Produktion von 75 Megawatt. Nach Abschluss der Übernahme gab Hanergy bekannt, die Produktion bei Solibro im deutschen Thalheim auf 100 Megawatt ankurbeln zu wollen. Solibro hat zwei Fabriken mit einer Kapazität von 135 Megawatt sowie ein F&E-Zentrum in Schweden. Die Technologie des Unternehmens wurde über einen Zeitraum von 25 Jahren an der Universität von Uppsala (Schweden) entwickelt.

Sowohl Solibro als auch Miasolé sind auf fortlaufende Finanzierung durch Hanergy angewiesen. Gleichzeitig leidet der Photovoltaikmarkt unter einem Überangebot. Das soll sich jedoch nicht negativ auf die Technologien einer der beiden Firmen auswirken, da beide vielversprechend sind. Solibro hatte zuvor eine Apertur-Effizienz von 17,4 Prozent bekanntgegeben und ist somit weltweit unter den besten Dünnschichtherstellern. Im Hinblick auf das Gesamt-Produktionsvolumen im CIGS-Bereich wurde das Unternehmen nur vom japanischen Riesen Solar Frontier mit einer stolzen Produktionskapazität von 900 Megawatt und einer aktuellen Produktionsmenge von etwa 600 Megawatt pro Jahr überholt, wobei der Großteil der Produktion für den japanischen Markt bestimmt ist.

Chinesische Dünnschicht-Produktionsstätten von Hanergy
ProduktionsstätteStandortProduktionsbeginnKapazitätZielkapazitätZusatzinformationen
Sichuan SolarShuangliu/SichuanJuni 2011300 MWnicht bekanntNach Unternehmensangaben „die weltgrößte Produktionskapazität für Photovoltaikzellen“
GuangdongHeyuan/GuangdongNovember 2011300 MW1 GWZwei aus der Schweiz importierte Produktionslinien
ShangdongYucheng/ShandongApril 2012250 MW500 MW
WujinChangzhou/JiangsuJanuar 2012250 MW1 GW
ZhejiangChangxing/ZhejiangDezember 2011250 MW250 MWAnlage ausschließlich durch Hanergy finanziert
NanjingNanjing/Jiangsunicht bekanntnicht bekannt1,25 GW
HainanHaikou/Insel HainanMärz 2012nicht bekannt1 GWBegleitendes Demonstrations-Solarkraftwerk mit 100 Megawatt
HeilongjiangShuangyashan/Heilongjiangnicht bekannt30 MW300 MW
*Hanergy erwartet bis Ende 2013 eine Photovoltaik-Produktionskapazität von drei Gigawatt.

Ausgereifte Prozesse

Miasolé ist bei der Produktionskapazität auf Platz drei. Bei der Übernahme hatte das Unternehmen eine Produktionsanlage mit 100 Megawatt hochgefahren. Mit seinem Roll-to-Roll-Abscheideverfahren und einer Anlage in Hufeisenform hebt sich das Unternehmen von seiner Konkurrenz ab. Die Technologie von Miasolé eignet sich auch gut für die Verkapselung bei flexiblen Modulen – einem Marktsegment, das durch den Rückzug von Unisolar und Global Solar weitgehend unbesetzt ist. Die ganze Hoffnung verschwand jedoch, als Miasolé mehr Geld verbrauchte, als die Investoren nachschieben konnten, und industrielle Retter in den USA offenbar nicht in der Nähe waren. Durch die Übernahme rettet Hanergy sowohl die Technologie als auch rund 100 Arbeitsplätze im Silicon Valley in den Bereichen F&E, Produktion und Vertrieb.

Zudem ist zu dem CIGS-Engagement von Hanergy anzumerken, dass das Unternehmen durch die Übernahme von Firmen mit relativ ausgereiften Prozessen und Anlagen viele der Schwierigkeiten mit der CIGS-Technologie umgangen hat, die die Hersteller bewältigen mussten. „CIGS ist voller technischer Herausforderungen“, so Mehta von GTM Research. „Anstatt selbst etwas zu entwickeln, waren diese Übernahmen die richtige und wirklich günstige Entscheidung.“ In öffentlichen Stellungnahmen hat Hanergy zudem angekündigt, die CIGS-Technologie der beiden Unternehmen in Fabriken in China einzusetzen. Ob das für die a-Si-Technologie des Unternehmens das Aus bedeutet, steht noch nicht fest. Auf jeden Fall verfügt Hanergy über die finanziellen Mittel und das feste Engagement, das vonnöten ist, um die Technologie in großem Maßstab einzusetzen. Hanergy verfügt außerdem über sechs Gigawatt fertiggestellte beziehungsweise im Bau befindliche Wasserkraft-Kapazität und rund 130 Megawatt Windkraft-Kapazität. Der Unternehmensvorsitzende Li Hejun sagte auf einer Pressekonferenz in Peking, dass die Wasserkraftwerke des Unternehmens zu einem Geldfluss von mehreren Millionen US-Dollar jährlich führen, die jetzt im Solarbereich investiert werden können.

Hanergy ist zwar ein chinesisches Privatunternehmen, scheint jedoch den Rückhalt der Regierung zu genießen. Im November letzten Jahres gab es bekannt, dass die China Development Bank einer Kreditlinie von 30 Milliarden Renminbi (3,7 Milliarden Euro) bis 2017 zugestimmt hat, damit das Unternehmen die Entwicklung von Photovoltaik- und Wasserkraftwerken in China und anderswo fortsetzen kann. Hanergy hat nach eigenen Angaben in China, Europa und den USA eine Photovoltaik-Projektpipeline von zehn Gigawatt. Details dazu sind bislang nicht bekannt.

In vielerlei Hinsicht entwickelt sich Hanergy zu einem Beispiel dafür, wie die Produktionslandschaft nach der Konsolidierung aussehen wird. Analyst Mehta erwartet, dass die Konsolidierung im Dünnschichtsegment 2013 andauern wird und First Solar, Solar Frontier und Hanergy innerhalb von zwei bis drei Jahren 90 Prozent der Dünnschichtbranche unter sich aufteilen werden. Hanergy verfügt bereits jetzt über einen möglichen Inhouse-Equipmentlieferanten, CIGS-Patente voller Potenzial, eine Reihe von Produktionsanlagen in China, ein Dünnschicht-Glasmodulgeschäft in Europa und das Geschäft mit flexiblen Modulen in den USA. Hinzu kommen zwei CIGS-Abscheideverfahren mit einer Erfolgsbilanz, auf die andere Dünnschichtunternehmen neidisch sein können.

Die Geschäftsführung von Hanergy beschreibt die Strategie des Unternehmens als „eine Basis mit zwei Flügeln“, wobei Wasserkraft und Windenergie die Basis darstellen und das nachgelagerte Photovoltaikgeschäft mit F&E und Fertigung die Flügel sind. Die kommenden Monate und Jahre werden zeigen, welche endgültige Form Hanergy annehmen wird. Sicher ist, dass das Unternehmen bereits seine Photovoltaikflügel ausbreitet.

Midsummer verändert die CIGS-Produktion

Aus Schweden kommt ein neuer Ansatz für die CIGS-Produktion: Midsummer hat eine Turnkey-Linie auf den Markt gebracht, bei der die CIGS-Abscheidung im Vakuum auf Edelstahl stattfindet. Einer der besonderen Aspekte beim Ansatz von Midsummer besteht darin, dass die Dünnschichtzellen aus der Edelstahlrolle vor der Abscheidung „ausgestanzt“ werden. Diese Vorgehensweise ähnelt der, die bei der Herstellung optischer Platten zum Einsatz kommt, wobei die Abscheidung auf jeder Zelle einzeln stattfindet.
„Bei der kommerziellen Produktion stellen wir 200 Zellen pro Stunde her. Mit unserer einzigartigen 2D-Strichkodierung der Substrate und der Datenbank, die alle Prozessparameter zum Zweck der Qualitätskontrolle aufzeichnet, können Sie das Tool auch für effektive Forschung und Entwicklung einsetzen: durch schrittweise Änderung oder Protokollierung individueller Zellverfahrensparameter“, erklärt Midsummer-CEO Sven Lindström.
Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist die sehr geringe Fläche, die das Tool einnimmt. Es kann auch in bestehenden Fabriken installiert werden, da die gesamte Abscheidung im Vakuum abläuft und somit das Kontaminationsrisiko minimal ist. F&E sowie Produktionsoptimierung können auch durch viele Iterationen ausgeführt werden, Zelle für Zelle, was den Prozess beschleunigt.
Midsummer hat bereits eins seiner Fünf-Megawatt-DUO-Tools an einen nicht genannten chinesischen Hersteller geliefert und eine Linie in Schweden installiert. Potenzielle Kunden können sich die Linie an der F&E-Anlage am schwedischen Hauptsitz des Unternehmens im Betrieb ansehen. Zusätzlich hat Midsummer Vertriebsbüros in China. Die technische Unterstützung ist in Hongkong ansässig. Das Fünf-Megawatt-Tool kann zur Kapazitätssteigerung über viele Linien repliziert werden. „Man muss nicht wirklich mit einem Gigawatt anfangen, um wettbewerbsfähig zu sein. Man kann mit fünf Megawatt anfangen und im Inland produzieren und mit Herstellern von Siliziummodulen in direkten Wettbewerb treten“, teilt Lindström mit. Für die CIGS-Lösung werden auch keine etablierten Polysiliziumzellen- oder Waferlinien benötigt.
Die Backend-Verkapselung ist ein von der Abscheidung getrennter Prozess. Die Edelstahlzellen ermöglichen flexible Verkapselung, was mehr Einsatzmöglichkeiten für Solar-Dachbahnen oder Dächer mit geringer Dachlast bietet. Mülldeponien bieten eine weitere Anwendung, die vom Midsummer-Team untersucht wird. Das Gewicht der flexiblen Module beträgt nur ein Viertel eines standardmäßigen kristallinen Moduls.
Die Backend-Verkapselung, flexibel oder in Glas, kann auch an einem anderen Standort durchgeführt werden und somit in einer Modulanlage, die näher am Markt ist, stattfinden. „Man kann reiner Hersteller von Zellen sein und die Zellen weiterverkaufen“, so Lindström. Midsummer beziffert die Kosten für ein flexibles Modul auf 1,10 US-Dollar (0,85 Euro) pro Watt und für ein Glasmodul auf 0,70 US-Dollar (0,54 Euro) pro Watt. Das Unternehmen verfolgt das Ziel, bis Ende 2014 bei Glasmodulen einen Preis von 0,50 US-Dollar (0,38 Euro) pro Watt zu erreichen.
Das Unternehmen hat seinen Sitz außerhalb von Stockholm, und es überrascht kaum, dass die Gründer aus der Equipment-Produktion für optische Platten kommen. Aber ihr Timing scheint nicht ideal, da Zulieferer es gerade schwer haben, Aufträge zu erhalten. „Zurzeit kauft niemand Turnkey-Dünnschicht-Linien“, so Finlay Colville, Vizepräsident von NPD Solarbuzz. „Es mag einige aufstrebende Regionen geben, wo neue Start-ups durchgedrückt werden. Ein klarer Blick auf die Marktnachfrage zeigt jedoch, dass Turnkey-Linien derzeit kaum eine Zukunft haben.“
Im Gegensatz dazu berichtet Midsummer-CEO Lindström, dass es zunehmendes Interesse am neuen Tool des Unternehmens gibt. „In diesem Jahr sehen wir in der Tat ein steigendes Interesse, und es scheint, dass sich viele Preise für Silizium und Wafer etwas eingependelt haben. Wir stellen auch ein erhöhtes Bewusstsein beim Markteinstieg fest. Man kann nicht mit Siliziummodulen und -zellen anfangen, sondern sollte sich etwas anderes überlegen.“ Und mit dem einzigartigen CIGS-Abscheideverfahren und der Photovoltaik im weiteren Sinne hat sich Midsummer ganz deutlich etwas anderes überlegt.

Jonathan Gifford

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