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Mehr Ordnung mit Computer und Filzstift

58.520 Dünnschichtmodule, acht Zentralwechselrichter, über 100.000 Meter Photovoltaikleitungen: Das sind die beeindruckenden Zahlen des Solarparks Bodman, den das Systemhaus Phoenix Solar für den Betreiber Solarcomplex in der Bodenseeregion errichtet hat. Seit August 2011 ist der Solarpark mit 4,53 Megawatt Leistung in Betrieb, bisher gab es noch keine größeren Probleme. Doch wenn es die mal geben sollte, ist es wichtig, dass der Stromverlauf exakt nachvollziehbar ist. Dafür wurden alle Solarleitungen beschriftet. Systemhäuser wie Phoenix Solar, IBC Solar oder Soleg überlassen dies in der Regel den Elektroinstallateuren, die vor Ort die elektrischen Arbeiten übernehmen. Diese greifen gern noch zu einfachen Methoden wie Etikettiergeräten. Kabelhersteller wie Phoenix Contact hingegen würden es lieber sehen, wenn Installateure ihre IT-gestützten Markierungssysteme nutzen würden.

Die Beschriftung von Photovoltaikleitungen besteht aus mehreren Arbeitsschritten. Den Anfang machen die Anlagenplaner beim Projektierer. Mit Hilfe von computergestützten Programmen erstellen sie Projekt- und Stromlaufpläne. Sie konzipieren die Modulfelder, positionieren die Generatoranschlusskästen und die Wechselrichter, sie verlegen die Leitungen virtuell und dokumentieren ihren Verlauf. Bei dem Solarpark Bodman beispielweise gibt es folgende Stationenim Stromlaufplan: Die Modulkabel werden zunächst zu Strings zusammengeschlossen. Diese führen dann zum Generatoranschlusskasten (GAK), in dem die einzelnen Strings zusammengeführt werden. Außerdem befinden sich hier die Strangsicherungen, die die Modul- beziehungsweise Strangkabel vor Überlastung schützen. Von den Anschlusskästen laufen die Kabel, die in ihrer Zahl nun deutlich reduziert sind, in die Zentralwechselrichter, wo sie erneut zusammengefasst werden.

„Die richtige Zuordnung der Kabel und die Plankonformität sind wichtig“, sagt Elemér Páll, Teamleiter der Abteilung Planung bei Phoenix Solar. Er lässt alle Kabel am Anfang und am Ende beschriften, das heißt am Strangende und am Generatoranschlusskasten sowie die DC-Hauptkabel im Generatoranschlusskasten und im Wechselrichter. Mittelspannungskabel werden am Trafoabgang hin zur Übergabestation markiert.

Schnelle Fehlerbehebung

Für eine sorgfältige Beschriftung der Leitungen sprechen mehrere Gründe. „Für die Überwachung und Wartung der Anlagen ist es besonders wichtig, dass Wechselrichter, Wechselrichterbänke, Modulreihen und einzelne Stränge eindeutig und witterungsbeständig gekennzeichnet werden“, sagt Falko Krause, Internationaler Projektmanager bei IBC Solar. Es müsse gewährleistet sein, dass über einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren die Beschriftung eindeutig ist und Servicetechniker sich vor Ort sicher und schnell im Park orientieren können. Stellt das Monitoringsystem einen Fehler fest, findet der Servicetechniker die schadhaften Komponenten dann leichter und schneller. Dadurch werden auch die Ertragsverluste reduziert.

Darüber hinaus gibt es Normen, die einzuhalten sind. Eine Richtlinie für die Beschriftung in Solarparks ist die DIN EN 60455 (VDE 0197). Darin dreht es sich um die Kennzeichnung elektrischer Betriebsmittel. Eine weitere Norm ist die EN 60204 (VDE 0113 Teil 1) mit Anforderungen an die Sicherheit von Maschinen und elektrischen Ausrüstungen von Maschinen. Darin ist auch die Forderung nach der Identifizierbarkeit von Leitungen, Bauteilen und Klemmen in Anlagen enthalten.

Wie die örtlichen Installateure die Kabel beschriften, schreiben Phoenix Solar und IBC Solar ihnen nicht vor. „Wir geben dem Elektriker nur vor, dass er die Kabel beschriften muss und in welchem Stil. Wir sagen ihm aber nicht, wie er das zu tun hat“, sagt Páll von Phoenix Solar. Wichtig sei, dass die Kabel den Vorgaben entsprechend markiert werden und mit dem Stromlaufplan in Einklang gebracht werden können.

Eindeutig zuordnen

Wie die Plankonformität aussehen kann, erläutert Páll am Beispiel eines Generatoranschlusskastens im Solarpark Bodman. Darin sind die Beschriftungen 8.0.6.1 bis 8.0.6.13 zu sehen. Páll interpretiert sie wie folgt: Die erste Ziffer steht für den Wechselrichter, die zweite für den Hauptverteiler. Die dritte Ziffer bezieht sich auf den Generatoranschlusskasten, die vierte auf den Strang. „Die Ziffernfolge 8.0.6.1 steht somit für den ersten Strang im sechsten Generatoranschlusskasten des achten Wechselrichters“, erklärt Páll. Bei der zweiten Ziffer steht eine Null, da der Hauptverteiler in den Wechselrichter integriert ist.

Bei diesen innen liegenden Beschriftungen sind die bedruckten Etiketten auf Clips aufgebracht und so an die Kabel geklemmt. Bei Markierungen im Außenbereich ist es besonders wichtig, dass sie UV-beständig sind und Regen, Schnee, Wind und Temperaturschwankungen standhalten.

Breites Programm

Die Materialien für die Markierung von Photovoltaikanlagen gibt es zum Beispiel bei Lapp Kabel, Phoenix Contact und TE Tyco Electronics. Sie kennen sich mit den Anforderungen an die Kennzeichnung aus. Denn sie stellen Kabel, Stecker und Anschlussdosen her, die laut gesetzlicher Vorgabe bereits mit den wichtigsten elektrischen und produktspezifischen Angaben versehen ausgeliefert werden müssen.

Phoenix Contact hat deshalb sogar einen eigenen Produktbereich mit dem Namen „Marking and Installation“. „Bei Marking geht es ausschließlich um die professionelle und IT-gestützte Markierung von Kabeln, Leitern, Steckverbindern, Klemmen, Leiterplatten und Geräten“, sagt Berni Lörwald, Pressesprecher bei dem Hersteller in Blomberg im Kreis Lippe. Auch TE Tyco Electronics hat eine eigene Division für Markierungs- und Kennzeichnungssysteme, die TE Electronics Idento GmbH in Rödermark. Die Hersteller bieten auch Geräte und Materialien für die Beschriftung von Solarleitungen an.

Markierungssoftware

Das System mit den meisten Funktionen inklusive Beschriftung hat wahrscheinlich Phoenix Contact. Die Basis ist eine Planungs- und Markierungssoftware mit dem Namen „Clip Project Advanced“. Die Software übernimmt aus den gängigen computergestützten Planungsprogrammen die Informationen zu Kabeln, Klemmpunkten und Markierungen und erstellt daraus Bestell-, Stück- und Montagelisten. Diese werden zum Beispiel an die Montage und an das Warenwirtschaftssystem weitergeleitet. Speziell für die Beschriftung entnimmt die Software die notwendigen Daten aus dem Stromlaufplan und übermittelt sie an ein Drucksystem. Der Drucker mit dem Namen „Bluemark CLED“ arbeitet mit einer UV-LED-Technologie. Sie ähnelt der Tintenstrahltechnik. Allerdings wird hier ein lösungsmittelfreies Beschriftungsfluid verwendet. Die Aushärtung des Fluids erfolgt mittels UV-Licht und sorgt so nach Aussage von Phoenix Contact für wisch- und kratzfeste Beschriftungen. Für die Erzeugung des UV-Lichts kommt LED-Technik zum Einsatz. Die Beständigkeit des ausgehärteten Aufdrucks soll eine Besonderheit des Systems sein.

Daneben hat das System laut Hersteller vor allem den Vorteil, dass Fehler durch falsche und redundante Eingaben vermieden werden. Außerdem könne der Anwender damit Arbeitszeit bei der Kabelbeschriftung sparen. Allerdings sei hierfür das „Zusammenspiel von CAE-System, Markierungssoftware, Ausgabegerät und Kennzeichnungsmaterialien“erforderlich. „Der Systemgedanke ist wichtig“, sagt Sven Heier, Leiter der Gruppe Produktmarketing Markierung und Werkzeug bei Phoenix Contact. Er betont, dass das Unternehmen die kompletten Systeme verkaufen wolle. Daneben führt Phoenix Contact aber auch einfachere Mittel, zum Beispiel Tintenstrahl- und Laserdrucker für die Beschriftung von Etiketten.

Lapp Kabel bietet seine Markierungsprodukte unter dem Markennamen Fleximark an. Für den Außenbereich gibt es zum Beispiel Edelstahlkennzeichnungen, die gegen Hitze, Kälte, Korrosion, Chemikalien und Säuren beständig sind. Die Schilder können auf glatten Oberflächen, auf Kabeln, runden Objekten wie Rohren oder Schutzschläuchen mit Kabelbindern fixiert werden. Ebenfalls für den Außenbereich gibt es Drucker im Handformat („Handheld-Printer“). Für das Bedrucken von Etiketten für den Außen-, aber auch den Innenbereich bietet Lapp Kabel Laser- und Thermotransferdrucker an.

TE Tyco Electronics hat ebenfalls Beschriftungsetiketten für die Laser- und die Handbeschriftung sowie für den Thermotransferdruck im Programm, genauso wie Kabelmarkierclips.

Bewährte Methode

In der Praxis sind aber auch noch einfachere Formen der Beschriftung zu finden. So berichtet Axel Puttkammer, Mitarbeiter in der Projektentwicklung bei dem bayerischen Projektierer Soleg, dass seine Installateure dicke Kabel direkt mit einem wasserfesten, weißen Lackstift beschriften. So gehen sie zum Beispiel bei den Kabeln vor, die vom Feldsammler zur Trafostation führen. Für den Elektroinstallateur sei das sehr einfach. „Er nimmt das Kabel von der Rolle, schneidet es ab und schreibt die Kennzeichnung direkt darauf.“ Für die Kabel an den Sicherungssch altern bedruckt Soleg Etiketten mit UV-beständiger Farbe. Hierfür benötigen die Elektriker aber keine eigenen Etikettiergeräte. Sie erhalten die ausgedruckten Etiketten vom Projektierer. Auf diese Weise beschrifte Soleg Anlagen bis hin zu Megawattparks, sagt Puttkammer. Und ein System wie das von Phoenix Contact lohne sich für sie nicht.

Kosten schnell raus

Dies sieht Heier von Phoenix Contact natürlich anders. „Im Wartungsfall hat ein Unternehmen die Kosten schnell wieder raus“, sagt er. Der Drucker Bluemark CLED kostet 5.500 Euro in der Basispreisliste des Herstellers. Der Preis kann je nach Land und Angebotspaket variieren. Die Software Clip Project gibt es kostenlos dazu. Laut Phoenix Contact ist die Nachfrage danach weltweit sehr groß. Planer, Projektierer, Installateure und Distributoren würden damit arbeiten. Kundennamen möchte Pressesprecher Lörwald aber nicht nennen.

Phoenix Solar arbeite nicht mit dem System, sagt Elemér Páll. Ob seine Elektroinstallateure nun Einschübe in die Kabelbinder bevorzugen oder ob sie Plättchen bedrucken – er ist zufrieden mit der Beschriftung seiner Subunternehmer. „Fehler in der Zuordnung kommen sehr selten vor“, sagt er. Vorkommen können falsche Zuordnungen vor allem dann, wenn beim Bau großer Zeitdruck herrscht. Bei der Abnahme würden solche Fehler aber entdeckt, so der Teamleiter.

Die sorgfältige Beschriftung sei für Phoenix Solar jedenfalls sehr wichtig, zumal das Unternehmen eine Abteilung Anlagenüberwachung und Wartung habe. Wenn die Servicetechniker zur Wartung ausrücken, sollen sie keine Zeit mit der Suche nach Leitungen verschwenden müssen. Spätestens dann wird sich zeigen, ob der Elektriker tatsächlich alles nach Plan beschriftet hat und ob die Markierungen auch außreichend lange Zeit halten.

Ina Röpcke

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