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Große Pläne

Große Herausforderungen rufen nach großen Ideen. Eine gewaltige ist der Klimawandel. In der Juli-Ausgabe des Rolling Stone Magazine etwa fasst Bill McKibben, der seit Langem über Umweltthemen schreibt, einige Zahlen zusammen, die die Dimensionen der Veränderungen deutlich machen: „Der Juni erreichte oder brach über die USA verteilt 3.215 Höchsttemperaturrekorde. Zuvor wurde in der nördlichen Hemisphäre der wärmste Mai gemessen – er war der 327. Monat in Folge, in dem die globale Temperatur über dem Durchschnitt des 20. Jahrhunderts lag.“ So unorthodox es erscheint, im Rolling Stone Magazine den Klimawandel zu behandeln: Der Bedarf an großen Ideen zur Bewältigung dieser Herausforderung liegt auf der Hand – zum Beispiel die Installation von 300 Gigawatt Photovoltaik im Jahr ab 2025.

Machbar oder unrealistisch? Gegenwärtig liegt der Photovoltaikmarkt bei 30 Gigawatt im Jahr. 300 Gigawatt wären eine Verzehnfachung der aktuellen Zahl beziehungsweise eine jährliche Wachstumsrate von 20 Prozent. Im vergangenen Jahrzehnt lag die Wachstumsrate im Photovoltaikbereich weitaus höher, allerdings bei einem sehr niedrigen Ausgangswert und großzügigen Investitionsanreizen. Wer in den kommenden zehn Jahren ein jährliches Wachstum von 20 Prozent erreichen will, müsste mit deutlich weniger staatlichen Hilfen auskommen und sich gleichzeitig gegen den teils heftigen Widerstand seitens der Politik und verschiedener Interessengruppen durchsetzen.

Bereits heute wettbewerbsfähig

„Ich denke, bis 2020 erreichen wir eine installierte Kapazität von 100 bis 120 Gigawatt im Jahr, somit sind 300 Gigawatt bis 2025 auf jeden Fall möglich“, sagt Eicke Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme. Er stützt seine Argumentation hauptsächlich auf die steigende wirtschaftliche Notwendigkeit, da die Photovoltaik mit verschiedenen nicht erneuerbaren Energiequellen – zunächst Öl und Diesel, gefolgt von anderen fossilen Brennstoffen und Atomenergie – inzwischen wettbewerbsfähig sei. „Die mittleren Gestehungskosten für Solarstromliegen in einigen Ländern bereits unter 0,10 US-Dollar pro Kilowattstunde und werden bald auf 0,08 US-Dollar sinken“, so Weber. Damit ist die Photovoltaik mit neuen Atomkraftwerken und fossilen Energieträgern wettbewerbsfähig, sofern die Erzeuger von konventionellem Strom auch für alle damit verbundenen Kosten wie CO2 -Ausstoß oder Atommüllentsorgung aufkommen müssen.

Winfried Hoffmann, Präsident des Europäischen Photovoltaikverbands EPIA, unterstützt Webers Ansicht und fügt hinzu, dass die meisten der französischen Atomreaktoren bereits abgeschrieben sind und daher Strom für rund 0,03 US-Dollar je Kilowattstunde produzieren können. Bei neuen Atomkraftwerken jedoch „liegen die tatsächlichen Kosten viel höher als die derzeit öffentlich diskutierten“, so Hoffmann. Auch die Ausgaben für den Abschluss einer Versicherung für neue Atomkraftwerke ohne staatliche Subventionen werden bei den für diese Technologie genannten Kosten nicht berücksichtigt.

Fossile Quellen immer teurer

Hoffmann glaubt außerdem, dass die Kosten, die Energieversorgern für CO2 -Emissionen entstehen, dazu beitragen werden, die Photovoltaik bei den mittleren Stromgestehungskosten wettbewerbsfähig zu machen. „Mit Blick auf die vergangenen ein bis zwei Jahre haben die tatsächlichen Kosten für Strom aus fossilen Brennstoffen etwa 0,09 US-Dollar je Kilowattstunde erreicht“, so Winfried Hoffmann. In Deutschland, wo die mittleren Stromgestehungskosten für Solarstrom je nach Anlagengröße zwischen 0,14 und 0,16 US-Dollar je Kilowattstunde liegen, ist man nicht weit von der Parität entfernt – und in anderen Regionen mit höherer Sonneneinstrahlung sogar noch näher dran.

Der deutsche Grünen-Abgeordnete Hans-Josef Fell führt auch wirtschaftliche Argumente für den raschen Ausbau der Photovoltaik an. Nach seiner Aussage hatten die Preisschwankungen beim Öl und anderen fossilen Brennstoffen starken Einfluss auf die negative globale Wirtschaftsentwicklung der vergangenen Jahre. „Konventionelle Energien haben die Weltwirtschaft bereits zusammenbrechen lassen. Die Eurokrise hängt stärker mit der Energiekrise zusammen und dieser Zusammenhang ist stärker ausgeprägt, als man dies bisher diskutiert“, so Fell. „Sobald die Politiker zu dieser Erkenntnis gelangen, werden die Argumente für erneuerbare Energien einschließlich der Photovoltaik überwältigend sein.“ Es gibt auch eine Reihe anderer Dinge, die für das Ziel von 300 Gigawatt pro Jahr sprechen. Mark Jacobson von der Stanford University beziffert die Zahl der Todesopfer infolge von Emissionen von fossilen Brennstoffen in den USA auf 50.000 bis 100.000 pro Jahr und inEuropa auf 300.000 pro Jahr, weshalb Ziele wie etwa 300 Gigawatt Photovoltaikzubau jährlich absolut notwendig seien. „Aus gesellschaftlicher Sicht sinken in den einzelnen Ländern die Gesamtkosten beim verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien und weniger Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen“, erklärt Jacobson. „Bereits jetzt ist es für eine Gesellschaft viel günstiger, auf erneuerbare Energien zu setzen, da allein die Kosten im Gesundheitswesen so erheblich sind.“ Hinzu kommt die immer hitzigere politische und öffentliche Debatte über den vom Menschen herbeigeführten Klimawandel.

Um bis 2025 auf 300 Gigawatt Photovoltaikzubau im Jahr zu kommen, ist ein jährliches Wachstum von 20 Prozent notwendig. Auf die Frage, wo diese Kapazität gebaut werden soll, gibt es jedoch keine leichte Antwort. Christian Breyer vom Reiner Lemoine Institut arbeitet mit seinen Kollegen an einem facettenreichen dynamischen Modell, mit dem zukünftig zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien zurückgegriffen werden kann. Dabei fällt Ländern mit steigender Stromnachfrage eine große Rolle zu. Aber auch die Umrüstung der bestehenden Kapazitäten auf Photovoltaik als Ersatz für Brennstoffe wird zu einem bedeutenden Nachfragesog führen.

Neue Märkte entstehen

Breyer sieht Nordamerika weiterhin als wichtigen Markt, auch wenn sich in Asien und insbesondere in China auf dem Weg zu 300 Gigawatt die bedeutsamsten Photovoltaikmärkte befinden. Jedoch sollte man andere wachsende Wirtschaftsräume nicht unterschätzen: „Viele schnell wachsende Entwicklungs- und Schwellenländer wie etwa Brasilien, Indien und Indonesien werden sich zu wichtigen Märkten entwickeln, und zudem ist der Verbrauch in Russland und den ehemaligen Sowjetstaaten nicht gerade niedrig.“ Der Anfang August erschienene Bericht von Pike Research namens „Renewable Distributed Energy Generation“ legt einen ähnlichen Schluss nahe. Demnach werden Europa und China wichtige Märkte bleiben, Afrika und der Nahe Osten werden allerdings unverzichtbar sein. Der Bericht prognostiziert für das Jahr 2017 eine weltweite Installation von 63,5 Gigawatt.

Die chinesische Regierung unterstützt die Photovoltaikbranche weiter kräftig und hat gerade erst ihr Ziel für das Jahr 2020 von 20 auf 50 Gigawatt Photovoltaikleistung erhöht, wobei das Zwischenziel im Jahr 2015 bei 21 Gigawatt liegt. Japan hat die Solarstrom-Einspeisevergütung überarbeitet und aufgestockt. Noriaki Yamashita vom japanischen Institute for Sustainable Energy Policies (ISEP) prognostiziert für 2012 zusätzliche drei Gigawatt Photovoltaikinstallationen, 2015 sollen es bereits fünf Gigawatt sein.

Photovoltaik statt Diesel und Öl

Indien unterstützt das Photovoltaikwachstum ebenfalls: Die Netzausfälle vom 30. und 31. Juli, die die Medien beherrschten und bei denen 800 Millionen Menschen keinen Strom hatten, zeigen die dringende Notwendigkeit für eine zuverlässige Stromversorgung in der Region auf. Winfried Hoffmann von der EPIA meint, dass Dieselgeneratoren gut mit Photovoltaik ergänzt werden könnten. „Eine bestehende Dieselanlage kann mit Photovoltaik erweitert werden, das spart Kraftstoff“, so Hoffmann. „Diesel kann immer dann eingesetzt werden, wenn die Sonne nicht scheint. Ansonsten ist die Kombination aus Photovoltaik und

Diesel billiger, als durchgehend Diesel zu verbrennen.“ Photovoltaik kann in Ländern wie Saudi-Arabien auch als Ersatz für die Stromerzeugung mit Öl eingesetzt werden. Das weltweit größte Ölunternehmen, Saudi Aramco, ist derzeit verpflichtet, Öl zu einem Preis von 4,90 US-Dollar je Barrel zur Stromerzeugung im eigenen Land zu verkaufen – auf dem Weltmarkt könnte das Unternehmen für einen Barrel über 100 US-Dollar bekommen. Eicke Weber vom Fraunhofer-Institut vertritt die Meinung, dass „die Saudis Milliarden US-Dollar verdienen könnten, wenn sie einen Teil des Öls auf dem Weltmarkt verkaufen würden, anstatt damit Strom zu produzieren“. Er fügt hinzu, dass die Photovoltaik in der Region deutlich an Boden gewinnt und dass die Entscheidungsträger, die er in dem Land berät, „genau die richtigen Fragen stellen“. Andere Staaten der MENA-Region wie etwa die Vereinigten Arabischen Emirate stellen auch Wachstumsmärkte dar, und das trotz der stark subventionierten Strompreise für Verbraucher. Der Grund dafür ist die steigende Stromnachfrage in der Region.

Auch Australien kann für das 300- Gigawatt-Ziel eine große Rolle spielen, so Richard Corkish von der University of New South Wales (UNSW). „Wir haben eine fortschrittliche, entwickelte Wirtschaft mit hohem Energiebedarf. Dabei haben wir das Glück, einen großen Kontinent mit relativ niedriger Bevölkerungsdichte zu haben, und so übertreffen die erneuerbaren Quellen unsere Nachfrage.“ Viel Sonnenschein im Großteil des Landes und rasch anziehende Strompreise sind eine hervorragende Voraussetzung für ehrgeizige Prognosen, so Corkish. „Ich glaube, dass große Zahlen sehr realistisch sind. Aber es erfordert viel Mut, Prognosen zu erstellen, die so weit in der Zukunft liegen.“

Potenzial in Afrika und Amerika

Photovoltaikaktivitäten in Südafrika und netzunabhängige Lösungen in anderen Teilen des Kontinents können ebenfalls den weltweiten Markt stützen – die Photovoltaikbranche legt in diesem Gebiet zu. In Südamerika entwickelt sich der Markt in Chile schnell. Hinzu kommt die jüngst erfolgte Übernahme des insolventen Solarherstellers Inventux Technologies durch argentinische und chilenische Investoren, was auf die Entwicklung eines Upstream-Geschäfts in der Region hindeutet.

In den USA und Kanada zeigt die Photovoltaik stetiges Wachstum, trotz der zunehmend heftigen Debatte über erneuerbare Energien. Einer der Schlüssel zu kontinuierlichem Wachstum auf dem US-Markt ist die Verfügbarkeit von Finanzmitteln, und hier hat es in den vergangenen Jahren viel Bewegung gegeben. Tony Seba, Dozent für Unternehmertum und saubere Energie an der Stanford University, stellt fest, dass die Finanzierung der Photovoltaik in den USA zwar eine Herausforderung darstellen mag, jedoch auch die Entstehung neuer Geschäftsmodelle ermöglicht. „Den Kunden Zugang zu leichterem und günstigerem Kapital zu bieten, wird eine große Chance sein.“ Solar-Leasingmodelle könnten ein solcher Zugang sein.

Klimawandel stützt Erneuerbare

Den politischen Widerstand gegenüber erneuerbaren Energien werden die Auswirkungen des Klimawandels innerhalb der kommenden fünf bis zehn Jahreverdrängen, meint Greg Wilson, Leiter des National Center for Photovoltaics des National Renewable Energy Laboratory (NREL). „Ich glaube, dass es zunächst zu erheblichen Unterbrechungen bei der Lebensmittelversorgung und der Verfügbarkeit von Trinkwasser kommen wird, was zu einer bedrohlichen sozialen Instabilität führen wird“, so Wilson. Dann wird es seiner Meinung nach nicht mehr möglich sein, über jene, die sich für umweltfreundliche Lösungen einsetzen, die Oberhand zu behalten.

Politischer Gegenwind

Der deutsche Grünen-Politiker Fell kennt den politischen Widerstand gegen erneuerbare Energien nur zu gut und ist überzeugt, dass er überwunden werden kann. „Die Politik spielt eine bedeutende Rolle, weil sie die Strategie hemmen oder beschleunigen kann. Stoppen jedoch kann die Politik sie nicht.“ Fell meint, dass der politische Gegenwind in Deutschland und den USA deutlich spürbar sei, es in anderen Teilen der Welt wie etwa China und einigen weiteren südostasiatischen Staaten, wo die Einspeisevergütung gerade erst eingeführt wird, jedoch Grund zur Hoffnung gebe.

Auch in der japanischen Öffentlichkeit wird heftig um die Photovoltaik gestritten. Yamashita vom ISEP berichtet, dass etwa bei der Hälfte der Berichterstattung zu den überarbeiteten Einspeisetarifen der Fokus auf den Kosten und nicht auf den Möglichkeiten der neuen Branche liege. Jedoch bleibt auch er zuversichtlich und meint, dass das zurzeit wieder auflebende Interesse an der Energiedebatte ein positives Zeichen sei: „Vor dem Unfall in Fukushima haben die meisten Menschen der Energiepolitik und Energiefragen keine Aufmerksamkeit geschenkt. Jetzt halten sie erneuerbare Energien für eine gute Sache.“

Fortschritte auf der Lernkurve

EPIA-Präsident Winfried Hoffmann glaubt, dass der Preis für die Photovoltaik weiterhin fallen und die wirtschaftliche Realität jeglichen politischen Widerstand brechen wird. „Ich bin einfach überzeugt, dass es über die Kosten- und Preisentwicklung der erneuerbaren Energien im Vergleich zum Preisanstieg bei Atomstrom und Strom aus fossilen Energieträgern laufen wird“, so Hoffmann. Doch damit dies eintrifft, müssen die Kosten für Photovoltaik weiter sinken – ein umstrittenes Thema.

Als Wissenschaftler, so Weber, sei er zuversichtlich, dass die Lernkurve weiterhin zu bedeutenden Kosteneinsparungen in der Photovoltaik führen wird. Er verweist auf die Automatisierungstechnik, die Handhabung der Materialien sowie Verfahrens- und Ertragskontrollen als Bereiche, in denen neue Fabriken alte deutlich übertreffen können. „Ich sehe eine Lernkurve, die sich fortsetzt, und Stromkosten, die sich auf 0,05 US-Dollar je Kilowattstunde zubewegen“, so Weber. „Und sind wird erst einmal auf diesem Niveau angekommen, bedarf es keiner weiteren Kostensenkungen, da die Photovoltaik – lediglich mit Ausnahme der Wasserkraft – den günstigsten Strom liefern wird.“ Die Lernkurve muss auch auf den Stromverbrauch innerhalb der Photovoltaikproduktion angewendet werden, ergänzt Richard Corkish von der UNSW. „Wir müssen alles unternehmen, um unsere Produktionsprozesse so effizient wie möglich zu gestalten und die energetische Amortisierungszeit – nicht nur für Zellen, sondern auch für Module und Anlagen – bei der Photovoltaik so weit wie möglich zu senken.“ Die Einbindung der einzelnen Produktionsprozesse ist auch von Bedeutung, beispielsweise durch die vertikale Integration von Unternehmen.

Weitere Herausforderungen auf dem Weg zu 300 Gigawatt werden die Netzintegration und Leistungsfluktuationen sein. Um den Leistungsfluktuationen bei der Solarstromerzeugung zu begegnen, bedarf es nach Einschätzung der befragten Forscher und Branchenexperten eines ganzheitlichen und facettenreichen Ansatzes. Die Fachleute empfehlen eine Umsetzung mit verschiedenen Speichertechnologien, internationalen Smart Grids und Leistungselektronik, genauen Wettervorhersage-Techniken und Super Grids, die alle zu einem bestimmten Teil zum Einsatz kommen. Im Bereich Netzintegration arbeitet EPIA derzeit an einem umfassenden Bericht, der ebenfalls die Diskussion voranbringen soll.

Netze und Speicher verbessern

Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) hat außerdem im vergangenen Jahr Material veröffentlicht, um die Debatte anzuregen, inwieweit eine 100-prozentige Versorgung mit erneuerbaren Energien möglich ist. Für Deutschland, so der Verein, könnten Zwangsmaßnahmen und Anreize eingesetzt werden, um die Entwicklung von Speicherlösungen auf Netzebene voranzutreiben. Diese Maßnahmen wären sowohl für Unternehmen, die auf erneuerbare Energien setzen, als auch für Unternehmen mit herkömmlichen Energien anzuwenden. Der Verein befürwortet auch grenzüberschreitende Kapazitäten. Solch eine Lösung wird derzeit von der Windindustrie entwickelt, und auch Weber vom Fraunhofer-Institut verspricht sich viel davon.

Im Bereich Speicher tut sich viel. Greg Wilson vom NREL hält die Speicherkosten gegenwärtig noch nicht für wettbewerbsfähig, während Winfried Hoffmann von der EPIA der Meinung ist, dass die Lernkurve im Bereich der Stromspeicherung die Kosten in fünf bis zehn Jahren deutlich senken könnte. Hoffmann ist auch für den Einsatz der Power-to-Gas-Speicherlösung: Die Speicherkapazität allein im bestehenden Gasnetz in Deutschland beträgt immerhin 110 Terawattstunden in elektrischen Einheiten, 20 Prozent des jährlichen nationalen Strombedarfs.

Eins ist klar: Das Ziel, in jedem Jahr stolze 300 Gigawatt Photovoltaik zu installieren, erfordert große Ideen. Nur so kann die Branche Lösungen zur Überwindung der technischen, finanziellen und politischen Hürden entwickeln. Alles deutet darauf hin, dass die Photovoltaiklandschaft 2025 ganz anders sein wird als heute, trotz der übereinstimmenden Meinung großer Forschungseinrichtungen, dass kristallines Silizium weiterhin die vorherrschende Technologie sein wird, wenn auch nicht unbedingt in der heutigen Form.

Hoffnung für Unternehmen

Die optimistischen Prognosen vieler führender Köpfe der Photovoltaikbranche, was das 300-Gigawatt-Ziel betrifft, wecken bei Ausrüstern und Herstellern auf einem hart umkämpften Markt große Hoffnungen. Wilson vom NREL fasst es prägnant zusammen: „Kleine Photovoltaikunternehmen, die heute wegen der schlechten Konjunktur ihr Geschäft aufgeben müssen, werden nicht wirklich etwas davon haben. Viele Unternehmen werden es nicht schaffen. Aber neue Unternehmen werden aus der Asche hervorgehen.“ Und für die Überlebenden wäre eine Zukunft mit 300 Gigawatt im Jahr eine reiche Belohnung.

Internationale Kampagne „300 Gigawatt pro Jahr“/Plattform „200 Gigawatt in Deutschland“

Während der EU PVSEC in Frankfurt am Main haben die Solarpraxis, das pv magazine und die photovoltaik die internationale Kampagne „300 Gigawatt pro Jahr“ vor rund 100 Teilnehmern vorgestellt und mit ihnen diskutiert. Teil der Kampagne ist die nationale Plattform „200 Gigawatt Solarleistung in Deutschland“. Die Frage ist, ob ein jährlicher weltweiter Photovoltaikzubau von 300 Gigawatt bis 2025 und eine installierte Gesamtleistung von 200 Gigawatt in Deutschland bis zu einem Zeitpunkt zwischen 2030 und 2050 sinnvolle Ziele sind und, wenn ja, wie sie erreicht werden können.
Zu den Verfechtern dieser Ziele zählen unter anderem Eicke Weber, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg, und Christian Breyer, Leiter des Reiner Lemoine Instituts in Berlin, die auf der Eröffnungsveranstaltung über verschiedene Energieszenarien diskutierten. Aus Sicht der Wissenschaftler wird die Photovoltaik sowohl in Deutschland als auch global eine Schlüsselrolle bei der Energiewende spielen.
Die Auftaktveranstaltung hat medial einige Aufmerksamkeit für unsere Initiativen erweckt. So berichtete etwa die Deutsche Welle ausführlich über die Plattform „200 Gigawatt Solarleistung in Deutschland“. Auch in den Berliner Tageszeitungen taz und Berliner Zeitung sowie der Frankfurter Rundschau erschienen Artikel oder Interviews über die Initiativen.
Wir haben die Kampagne „300 Gigawatt pro Jahr“ und die Plattform „200 Gigawatt in Deutschland“ gestartet, um wieder mehr Bewegung in die festgefahrene Situation zu bringen. Zurzeit scheint Perspektivlosigkeit die Solarbranche zu lähmen, obwohl die Bundesregierung die Energiewende in Deutschland offiziell beschlossen hat. Das 200 Gigawatt-Ziel wird in der Septemberausgabe ausführlich mit Pro- und Contra-Argumenten dargestellt.
Auf unserer Internetseite finden Sie ausführliche Berichte über die Diskussion und die Plattform. Dort gibt es auch einen Videomitschnitt von der Eröffnungsveranstaltung in Frankfurt am Main. Außerdem freuen wir uns, wenn Sie Ihre Meinung zum Thema veröffentlichen und mitdiskutieren:
Partner
Unterstützer
Bitte kontaktieren Sie Andrea Jeremias, Leitung Marketing, wenn Sie sich mit Marketingmaßnahmen den beiden Initiativen anschließen wollen:

jeremias@solarpraxis.de

Stimmen aus dem photovoltaikForum

Ende August haben wir im Photovoltaikforum unsere Plattform „200 Gigawatt für Deutschland“ vorgestellt. Dabei haben wir die Forumsteilnehmer gefragt, ob sie 200 Gigawatt installierter Photovoltaikleistung in Deutschland bis zum Jahr 2050 für wirtschaftlich sinnvoll und technisch machbar halten? Noch immer wird diese Frage im Forum heiß diskutiert. Mehr als 120 Antworten haben wir bereits bekommen.
Eine beherrschende Frage ist zum Beispiel, was bei 200 Gigawatt Photovoltaikleistung mit Überschussstrom im Sommer passieren soll. Muss er verworfen werden, kann er gespeichert werden oder kann man ihn in andere Länder exportieren? Manche Forumsmitglieder prophezeien in diesem Zusammenhang auch einen Boom bei elektrischen Heizungen und Wärmepumpen, die den Strom in nutzbare Wärmeenergie umwandeln könnten.
Eine andere diskutierte Frage ist, wie viel Windenergie noch nötig wäre, zum Beispiel um die Lücke zu schließen, die die Photovoltaik bei schwacher Sonneneinstrahlung im Winter hinterlässt.
Gerne können Sie sich auch aktiv an der Diskussion beteiligen und uns Ihre Meinung zum Thema mitteilen. Direkt zur Diskussion gelangen Sie über einen Link auf unserer Spezialseite:

https://www.photovoltaik.eu/editorial/200-gigawatt-photovoltaik-fuer-deutschland

Jonathan Gifford/Shamsiah Ali-Oettinger