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Schöne bunte Bilder

Thermografische Aufnahmen von Solaranlagen sehen eindrucksvoll aus. Sogar der Laie kann sofort erkennen, wo ein Strang, ein Modul oder ein Anschlusspunkt wärmer ist als seine Umgebung. Die farbstarken Bilder von dunkelblau bis hellgelb verblüffen durch ihre scheinbar einfache und klare Aussage: Hier ist es wärmer als dort. Doch weder das Zustandekommen korrekter Messergebnisse noch die Interpretation der gemessenen Werte ist trivial.

Schon im Umgang mit der Kamera kann man Fehler machen, aber auch die Interpretation und Bewertung stellt einige Anforderungen an den Thermografen. Wurde die Kamera korrekt eingestellt und bei der Aufnahme nichts falsch gemacht, bieten Wärmebildaufnahmen tatsächlich eine sehr gute Möglichkeit, mögliche Fehlfunktionen von Solaranlagen frühzeitig und zuverlässig zu erkennen. Unisono bestätigen denn auch Kamerahersteller und Thermografiedienstleister, wie wichtig Erfahrung in diesem Metier ist. Daniel Faltermeier, Leiter Technische Due Diligence PV bei Meteocontrol, sagt dazu: „Thermografie braucht Erfahrung. Vor allem die richtige Kameraeinstellung und die Bildinterpretation sind ohne Erfahrung nicht in hoher Qualität zu leisten. Die Schulungen der Hersteller bieten hier einen ersten und wichtigen Einstieg. Doch wir schulen unsere Mitarbeiter auch zusätzlich intern.“

Einige Basics

Jedes Objekt sendet elektromagnetische Strahlung aus, wobei nur ein Teil davon für das menschliche Auge sichtbar ist. Infrarotstrahlung gehört zu den unsichtbaren Strahlungen. Die wichtigste Quelle von Infrarotstrahlung ist Wärme oder thermische Strahlung. Alle Gegenstände, sogar vermeintlich sehr kalte, strahlen in diesem Wellenlängenbereich. Die Detektoren von Wärmebildkameras, auch Mikrobolometer genannt, erfassen die von einem Gegenstand ausgesendete Wärmestrahlung und wandeln diese in ein sichtbares Bild um, aus dem sich Temperaturwerte ablesen lassen. Bereits an dieser Stelle kann man leicht einem Fehlschluss erliegen, wie Eva Schubert von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) erläutert: „Ein weit verbreiteter Irrtum ist zum Beispiel, dass man auf einem Thermografiebild die Temperatur von Objekten sieht. Man sieht jedoch die gesamte Menge an Strahlung, die ein Objekt reflektiert, emittiert und – falls es lichtdurchlässig ist – transmittiert. Bereiche scheinbar kälterer Temperatur können Bereiche mit anderem Emissionsvermögen sein.“

Die passende Kamera

Um bei der thermografischen Überprüfung einer Solaranlage belastbare Ergebnisse zu erzielen, ist die Auflösung der Kamera von entscheidender Bedeutung. Für die Thermografie von Solaranlagen werden sowohl von Herstellern als auch von erfahrenen Thermografen für die Aufnahme größerer Flächen Kameramodelle ab einer Auflösung von 320 x 240 Pixeln empfohlen, wobei die Auflösung vieler Kameras weit über diese Pixelzahl hinausgeht. Allerdings steigen auch die Preise entsprechend.

Bei kristallinen Modulen liegen die Temperaturdifferenzen, die Auffälligkeiten darstellen, im Bereich von mehreren Grad Celsius. Zum Beispiel ist ein Modul im Leerlauf circa zwei bis vier Grad Celsius wärmer als intakte Module. Das stellt im Gegensatz zu anderen Einsatzgebieten der Thermografie nicht ganz so hohe Ansprüche an die thermische Empfindlichkeit der Kamera, die in Millikelvin (mK) angegeben wird. Anders sieht das bei Dünnschichtmodulen aus. Aufgrund ihrer Bauart und Funktionsweise werden dort thermisch empfindlichere Kameras benötigt. Zwei weitere Ausstattungsdetails der Kameras spielen in der Photovoltaik eine wichtige Rolle: Das Display sollte drehbar oder schwenkbar sein, um Spiegelungen im Display vermeiden zu können. Auch ein Sucher an der Kamera kann dabei helfen. Außerdem sollte die Kamera über eine Echtbildfunktion verfügen, also gleichzeitig zum Thermogramm eine visuelle Aufnahmemöglichkeit bieten.

Gängige Standards gibt es noch nicht

Will man über die Qualität von Thermografie in der Photovoltaik sprechen, gelangt man schnell zu der Frage nach gängigen Standards. Doch diese gibt es bisher nicht. Bernhard Weinreich, Thermograf im PV-Engineering der Solarschmiede, führt dazu aus: „Der beste PV-Thermografie-Gutachter ist bei der Interpretation der Bilder hilflos, wenn diese nicht gewissen Mindeststandards genügen. Für die Kameratechnik bestehen hierfür bereits allgemeine Richtlinien vom deutschen Thermografenverband VATh oder die VdS-Richtlinie 2859. Auch für die Erstellung der Bilder bestehen bereits detaillierte Richtlinien. Diese gelten allerdings nur für den Bereich der Elektro-Thermografie, also die Analyse von Schaltschränken und Sicherungskästen.“

Doch Generatoren haben andere Funktionsweisen als Schaltschränke. In diesem Zusammenhang ist zum Beispiel die Frage der notwendigen Auflösung zu diskutieren und als Anwendungsregel zu definieren. „Wir haben uns dazu einige Gedanken gemacht“, ergänzt Weinreich und erläutert seine Überlegungen zur richtigen Auflösung in der PV-Thermografie (siehe Kasten Seite 48). „Die Erarbeitung von Standards bei der thermografischen Messung an Photovoltaikanlagen ist das Gebot der Stunde“, sagt Weinreich.

Eva Schubert sieht das ähnlich. Sie ist bei der DGS Projektleiterin des Projekts zur Erarbeitung eines Normenentwurfs zur thermografischen Messung an Photovoltaikanlagen. „Es gilt, vielfältige Anforderungen zu definieren. Dazu gehören Anforderungen an die Messtechnik, an die Messperson, Begriffsdefinitionen, Vorgaben zur geometrischen und thermischen Auflösung für bestimmte Auffälligkeiten, die Definition von Grenzwerten und die Erstellung eines Fehlerkatalogs“, steckt sie das Aufgabenfeld ab.

Tüftler aus München

Thermografieaufnahmen von Modulen sollten bei möglichst senkrechten Blickwinkeln erfolgen. Um diesen Rat in die Tat umzusetzen, braucht es einen erhöhten Standpunkt. Bei kleinen Einfamilienhäusern kann man eventuell vom Dachfenster gegenüber messen. Bei Freiflächenanlagen kann eine Hebebühne für den erhöhten Standpunkt sorgen, aber auch der Einsatz von Drohnen wird immer öfter praktiziert. Bei entsprechender Auflösung der Kamera hat diese Methode den Vorteil, dass auch unzugängliche Flächen einfach und schnell abgebildet werden können.

Bei der Auswahl eines Dienstleisters für Thermografiemessungen mit Drohnen sollte man sorgfältig sein. In den letzten Jahren kamen einige Anbieter auf den Markt, die zwar die Steuerung der Drohne beherrschen, aber keine tieferen Kenntnisse der Systemtechnik haben und keine oder nur oberflächliche Kenntnisse in der Thermografie. Es braucht dann in jedem Fall immer noch einen erfahrenen Thermografen vor Ort, um etwaige Auffälligkeiten sofort zu interpretieren, festzuhalten und zum Beispiel gesprochene Notizen aufzunehmen – eine Funktion, die bei vielen Kameras vorhanden ist.

Die Engineering-Abteilung der Münchner Solarschmiede bietet Vermessungen durch Thermografiedrohnen an. Das Unternehmen nutzt die Thermografie bereits seit 2006 als Analyseverfahren für Photovoltaikanlagen und hat zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt und die Ergebnisse veröffentlicht. Die Tüftler aus München haben nun ihr Wissen zur Entwicklung einer funktionierenden Kombination von Wärmebildkamera und ferngesteuerter Drohne genutzt, denn mit dem einfachen Anschrauben einer Kamera an eine Drohne ist es nicht getan.

„Mit unseren neuen Verfahren lassen sich die Kosten für eine Thermografiemessung bei Aufdachanlagen um bis zu 50 Prozent reduzieren, bei Freiflächenanlagen kann die Kostenreduktion sogar noch größer ausfallen“, sagt PV-Systemtechniker Tom Reich. Dabei bestimmen die hochauflösenden vollradiometrischen Wärmebildkameras nicht nur qualitativ die Temperaturdifferenzen, sondern messen die Strahlungsintensitäten auch quantitativ und rechnen sie in absolute Temperaturwerte um.

Die Stecknadel im Heuhaufen

Mit der Analyse der vollradiometrischen Messung lassen sich daher nicht nur bestehende Defekte finden, sondern auch Schwachstellen und mögliche Fehlerquellen erkennen. Neben dem sofortigen finanziellen Vorteil bei Anlagen ab circa 30 Kilowatt Leistung können Betreiber mit den neuen Thermografiemessungen daher auch zukünftige Anlagen- und Ertragsausfälle vermeiden. Eine weitere Herausforderung bei großen Solarparks liegt darin, die Standorte der gefundenen Auffälligkeiten genau festzuhalten und auffindbar zu machen. Daniel Faltermeier von Meteocontrol sieht das sogar als das Hauptproblem bei der Vermessung großer Parks an. „Den Standort einer Auffälligkeit so sicher festzuhalten, dass der Kunde etwas damit anfangen kann, ist keine triviale Aufgabe“, sagt er. Meteocontrol hat im letzten Jahr sechs sehr große Parks sogar mittels Helikopter überflogen und dabei etwa 200 Megawatt Leistung thermografiert. „Allerdings ist das ein absolutes Nischenprodukt. Aufgrund der damit verbundenen Kosten lohnt sich das nur in ganz bestimmten Fällen.“ Bei diesen bemannten Überflügen in circa 15 bis 20 Metern Höhe war neben dem Piloten, dem Kameramann und dem Thermografen außerdem eine Person an Bord, die sich nur um die GPS-Erfassung und -Dokumentation gekümmert hat.

Meteocontrol betreut vor allem große Solarparks in der Größenordnung von mehreren Megawatt Leistung bei der technischen Inbetriebnahme oder im Rahmen einer späteren technischen Abnahme zum Beispiel bei Wiederverkauf. In der Regel werden von Meteocontrol 20 Prozent einer Anlage thermografiert, nach Kundenwunsch natürlich auch mehr oder weniger. Die Aufnahmen erfolgen meist zu Fuß, per Quad oder in seltenen Fällen auch per Auto. „Thermische Auffälligkeiten sind zunächst ein Indiz für einen Fehler. Ausgefallene Dioden oder Glasbrüche sind meist eindeutig zu erkennen und gegenüber den Herstellern in der Regel auch unkompliziert als Gewährleistungsschaden geltend zu machen. Anders sieht es aus bei erwärmten Modulbereichen. Hier wird es problematisch“, erläutert Faltermeier. Meteocontrol bietet in solchen Fällen eine Elektroluminiszenzmessung zur Aufklärung an.

Thermografie ein Alleskönner?

Technische Abnahmen und Überprüfungen bei Solaranlagen bestehen aus vielen verschiedenen Messungen und Überprüfungen. Die Thermografie bietet gegenüber anderen Messmethoden einige Vorteile. Zwar kann man nicht den genauen Leistungsverlust eines Moduls oder eines Strangs messen, wie es mit der Kennlinienmessung möglich ist. Jedoch kann man rein theoretisch jeden möglichen Fehler mittels Thermografie erkennen, und man weiß sofort, wo der Fehler genau liegt.

Eine aussagekräftige Kennlinienmessung ist mit größerem zeitlichen und technischen Aufwand verbunden als eine thermografische Messung. Je nach Anlagengröße und Verdacht muss abgewogen werden, ob eine Kennlinienmessung sinnvoll ist. Zu bedenken ist auch, dass eine Kennlinienmessung nicht zielgerichtet Anschlüsse oder Stecker betrachten kann. Auch wenn noch kein Leistungsverlust auftritt, können mit thermografischen Messungen Defekte erkannt werden, die schlimmstenfalls zu Lichtbögen und Bränden führen können. Insofern kann Thermografie auch aus Sicherheitsaspekten als wichtiges Messinstrument dienen.

FLIR

Erste vollautomatische Wärmebildkamera

Flir, einer der führenden Hersteller von Wärmebildkameras, bietet im Bereich der Bauthermografie insgesamt fünf Kameraserien an, unter denen die Serien T400 und T600 für Photovoltaik-Thermografie besonders empfohlen werden. Die hier abgebildete T640bx ist mit einer geometrischen Auflösung von 640 x 480 Pixeln und einer thermischen Empfindlichkeit von kleiner 35 Millikelvin das Spitzenmodell für die PV-Thermografie. Die innovative Funktion Multi Spectral Dynamic Imaging (MSX) sorgt für sehr detailreiche Bilder. Der stufenlose Autofokus macht die Flir T640bx zur ersten vollautomatischen Wärmebildkamera auf dem Markt.

http://www.flir.com/de

InfraTec

Spitzenreiter in puncto Auflösung

Infratec bietet mit über 50 Kameramodellen von der ungekühlten Einsteigerkamera bis zum hochauflösenden High-End-Gerät eine breite Produktpalette. Die seit April 2012 auf dem Markt verfügbare Vario-Cam® High Definition ist mit einem Detektorformat von 1.024 x 768 IR-Pixeln ausgestattet und bietet damit gegenüber bisherigen Wärmebildkameras eine mehr als 2,5fach höhere Pixelauflösung. Auch sehr großflächige Messobjekte können mit diesem Modell mühelos und zeitsparend thermografiert werden. Die thermische Empfindlichkeit ist kleiner 30 Millikelvin. Automatikfunktionen und das intuitive Bedienkonzept ermöglichen eine leichte Handhabung.

http://www.infratec.de

Testo

Intuitiv bedienbar

Mit rund zehn Thermografiekameras bietet Testo passende Geräte für vielfältige Einsatzzwecke. Das Modell Testo 885 ist seit zwei Jahren am Markt. Mit einem Detektorformat von 320 x 240 Pixeln bietet diese Kamera auch für großflächige Thermografieaufnahmen eine gute Auflösung. Die thermische Empfindlichkeit ist kleiner 30 Millikelvin. Intuitiv bedienbare Kamera mit Drehgriff und Schwenk- und Drehdisplay.

https://www.testo.com/de-DE/

Themendossier

https://www.photovoltaik.eu/

Mehr Praxis: Thermografie

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