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“Kein wirtschaftlicher Betrieb mehr möglich“

Warum haben Sie eigentlich den neuen 3.0 Megawattblock eingeführt?

Bernhard Beck: Wir werden eine Umkehr der bisherigen Projektentwicklung sehen. Die Technik wird künftig nicht mehr an das entsprechende Grundstück angepasst, sondern die Planer suchen ein passendes Grundstück für die Anlagentechnik. Der 3.0 Megawattblock mit über 30.000 Modulen basiert auf diesem Konzept und kann daher die Kosten weiter senken. Wir nutzen dazu einen Umrichter von General Electric mit 1.500 Volt DC-Spannung. Je nach eingebauten Modulen, also von First Solar, Solar Frontier oder mit Siliziummodulen, ist der Block ein völlig neues und anderes Kraftwerk. Denn ein solarer Kraftwerksblock macht in vielen Regionen dieser Welt ökonomisch Sinn. Wir sind bereits heute auf Augenhöhe mit den Gestehungskosten der fossilen Energieträger von unter zehn Eurocent pro Kilowattstunde.

Deutschland ist derzeit ein schwieriger Markt. Wie bewerten Sie die Lage?

Die Zubauraten auf dem Dach beeinflussen auch die Einspeisevergütung für Solarkraftwerke – das verzerrt die Lage. Ab Jahresende wird deshalb kein wirtschaftlicher Betrieb von neu gebauten Solarkraftwerken unter EEG-Bedingungen mehr möglich sein. Seit Oktober beträgt die EEG-Vergütung nur noch 9,88 Cent pro Kilowattstunde. Im Gegensatz dazu sind Photovoltaikdachanlagen maßgeblich für Eigenversorgung konzipiert, damit spielt der Einspeisetarif nur eine untergeordnete Rolle. Die Anlagenbesitzer profitieren von der Differenz zum Bezugsstrompreis, der zwischen 20 bis 30 Cent pro Kilowattstunde liegt.

Was müsste passieren?

Man muss sich die aktuellen Anfangsvergütungen der verschiedenen Technologien wie On- und Offshore-Wind- sowie Solarenergie anschauen. Im Frühjahr liegt die Vergütung unter neun Cent und damit unter der Vergütung für Onshore-Windenergie.

Wie konnte es dazu kommen?

Flächen- und Größenbeschränkungen sind Gift für den künftigen Ausbau der Solarenergie. Dabei ist die Sonnenenergie neben Onshore-Windstrom die günstigste Energiequelle in Süddeutschland. Eine Quelle, die aus volkswirtschaftlicher Sicht erschlossen werden sollte.

Könnte der Eigenverbrauch auch Solarkraftwerken helfen, wenn die EEG-Vergütung nicht mehr reicht?

Unternehmen, die in dieser Größenordnung Strom verbrauchen, sind in der Regel von der EEG-Umlage befreit. Hinzu kommt ein weiteres Problem. Die Anlage fällt möglicherweise gar nicht unter die Eigenverbrauchsregelung. Der Überschussstrom wird dann auch nicht durch die Regelungen des EEG abgenommen, wenn der Solarpark auf Ackerland oder Brachland steht und nicht in einem Gewerbebetrieb. Da befinden wir uns in einer durchaus komplexen Rechtslage. Auch der Einspeisevorrang des Photovoltaikstroms muss geklärt sein. Die Eigenversorgung kann keine Lösung sein, um ein komplettes Marktsegment am Leben zu erhalten.

Was wünschen Sie sich von einem neuen EEG?

Rein ökonomisch sollte sich die Politik auf die günstigen Quellen fokussieren. Der Markt müsste dann allerdings für die regenerativen Quellen fit gemacht werden. Auch volatile Energieerzeuger müssen teilnehmen können. Derzeit muss nicht jeder Marktteilnehmer anbieten oder verkaufen. Der Markt ist damit nur eine Illusion, der aktuell von bereits abgeschriebenen Großkraftwerken und EEG-geförderten Einspeisern dominiert wird. Als zusätzliche Komponente muss künftig auch die Netznutzung in den Markt mit einfließen. Für Netzkapazität und Entfernung zwischen Erzeugung und Verbrauch muss dann entsprechend bezahlt werden.

Was müsste ein künftiges EEG konkret noch leisten?

Der wichtigste Punkt ist, dass nur das erste Solarkraftwerk einer Gemarkung förderfähig ist. Die Förderung sollte nicht auf eine Gemeinde beschränkt werden, weil einige Gemeinden mehrere Gemarkungen haben. Für die Pachtflächen in der Landwirtschaft wäre das eine preisneutrale Regelung. Es müssen wie beim Wind Vorrangflächen für Solar festgelegt werden. Dann gibt es ein Wohn-, ein Gewerbe- und ein Energiegebiet.

Wie soll die Förderung Ihrer Meinung nach aussehen?

Das EEG hat sich bewährt, weil es für verlässliche Bedingungen und planbare Tarife gesorgt hat, auf die sich die Industrie einstellen konnte. Mit den Novellen wurde immer mehr Unsicherheit geschaffen und gleichzeitig ein zusätzlicher Zubau angestachelt. Es müsste beispielsweise regionale Preisfindungsmodelle geben, nicht nur eine Strombörse mit einem Preis wie derzeit. Ein atmender Deckel bei den Freiflächenanlagen wäre auch denkbar, allerdings müsste der Zubau getrennt vom Bau neuer Dachanlagen erfasst werden, weil diese nicht mehr komplett auf ein EEG angewiesen sind. Mit der maximal quartalsmäßigen Anpassung der Vergütung kann niemand wirklich planen. Man könnte deshalb einen einheitlichen Fixbetrag für die Kilowattstunde ausschreiben. Allerdings könnte es dazu führen, dass nur die allerbesten Standorte bebaut werden und andere, die fast so gut sind, sich nicht mehr lohnen. So entsteht eine starke Konzentration, was auch aus netztechnischer Sicht problematisch wäre.

Wie kann das vermieden werden?

Wünschenswert wäre eine möglichst gleichmäßige Verteilung mit einer etwas stärkeren Ballung an Verbrauchszentren. Eine Koppelung an die Bevölkerungszahl der Gemeinde ist deshalb sinnvoll. In jeder Gemarkung könnte dann beispielsweise ein kleines Solarkraftwerk an einer geeigneten Stelle stehen. Bürger und Gemeinden werden heute aufgrund von Flächenrestriktionen benachteiligt. Gemeinden, die kein Militärgelände oder keine Auto- oder Eisenbahnstrecke haben, dürfen nicht bauen. Bei den Dachanlagen werden Immobilienbesitzer gegenüber Mietern klar bevorzugt. Die Freiflächen bevorzugen dagegen keine Immobilienbesitzer, über Bürgerfonds oder Genossenschaften können sich alle beteiligen.

Das Gespräch führte Niels Hendrik Petersen.

Themendossier

http://www.photovoltaik.eu/Dossiers-Themen

Mehr Praxis: EEG-Reform

Für unsere Abonnenten bieten wir im Internet unter dem Menüpunkt Dossiers und Themen diverse Artikel aus unserem Onlinebereich und Printmagazin an. Dort finden Sie auch aktuelle Studien zum Download:

  • Die Prognos-Studie „Entwicklung von Stromproduktionskosten“
  • Sachverständigenrat für Umweltfragen: „Den Strommarkt der Zukunft gestalten“
  • Agora Energiewende: „Ein radikal vereinfachtes EEG 2.0 und ein umfassender Marktdesign-Prozess“

Bernhard Beck

ist Geschäftsführer des Unternehmens Belectric aus dem bayerischen Kolitzheim. Vor zwei Jahren wurde der Name aufgrund der internationalen Ausrichtung von Beck Energy in Belectric umbenannt. Das Unternehmen ist der größte Solarkraftwerksbauer in Europa. Weltweit wurden bereits Projekte mit mehr als einem Gigawatt Leistung gebaut. Vor rund einem halben Jahr gab Beck die Studie „Entwicklung von Stromproduktionskosten“ bei dem Beratungsunternehmen Prognos aus Berlin in Auftrag. 

https://belectric.com/

Foto: Belectric

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