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Strom gegen Schweiß

Nicht mehr nur in gewerblichen Gebäuden und Sonderbauten besteht oft Kühlbedarf. Auch müssen immer mehr Büros oder Wohnungen gekühlt werden, vor allem im Sommer. Denn durch die elektrischen Geräte entsteht selbst im „normalen“ Wohngebäude eine erhebliche Abwärme. Mindestens ein Rechner pro Wohneinheit ist Standard. Das sogenannte Home Office bietet eine ganze Reihe von internen Wärmequellen.

Zwar heizen moderne Leuchtmittel nicht mehr so stark wie die gute, alte Glühbirne. Aber PCs, Verstärker von Stereoanlagen, Bildschirme fürs TV, Waschmaschinen, Trockner, Geschirrspülmaschinen, Kaffeemaschinen und elektrische Herde erzeugen rund ums Jahr oder gar um die Uhr zum Teil erhebliche Wärmelasten, die aus dem Gebäude gebracht werden müssen. Zudem sind die Gebäude thermisch immer besser gedämmt und nicht selten luftdicht eingepackt. Deshalb kommt der Kühltechnik eine wachsende Bedeutung zu.

Kühllasten in Wohngebäuden

Ob zum Zähneputzen, Mundduschen und selbst für den Gang aufs stille Örtchen wird heute vielerorts elektrischer Strom benötigt, Tendenz steigend. Die modernen Geräte beinhalten eine stattliche Anzahl von Transformatoren, Spulen oder Motoren und anderen elektrischen Bauteilen, die das thermische Gleichgewicht insbesondere im Sommer durcheinanderbringen. Hinzu kommt die Klimaerwärmung, die den Bedarf an Kühlleistung und Kälte weltweit wachsen lässt.

Wer von energieeffizienten Gebäuden spricht, hat meist die Dämmung für den winterlichen Wärmeschutz im Blick. Zunehmend brauchen die Häuser im Neubau und in der Sanierung jedoch auch einen sommerlichen Schutz gegen Überhitzung der Räume. Neben die Heizlast im Winter tritt somit die Kühllast für den Sommer. Denn was die thermische Hülle nicht ausgleicht, muss die Anlagentechnik richten.

Gerade in den sonnenreichen Monaten entstehen besonders hohe Lasten, wenn die natürlichen solaren Wärmegewinne durch Fenster, Wintergärten und andere transparente Flächen das Gebäudeinnere zusätzlich aufheizen. Konstruktive Verschattungssysteme sind aufwendig und kostspielig. Zudem reduzieren sie die natürliche Tageslichtausbeute für den Innenraum deutlich, was zusätzliche Investitionen in Lampen und Beleuchtungstechnik erfordert. Da beißt sich die Katze in den Schwanz: Denn dadurch werden weitere Wärmequellen im Innenraum installiert. Ausgerechnet im Sommer leistet der Photovoltaikgenerator ganze Arbeit: Seine Ertragskurve passt also nahezu natürlich zum Kühlbedarf eines Gebäudes. Was die Verbindung über elektrische Systeme zur Kühlung und Kälteerzeugung nahelegt.

Faktoren für den Kühlbedarf

Neben der Ausrichtung und dem Standort des Gebäudes sind die thermischen Eigenschaften von Baustoffen und Bauelementen (insbesondere die transparenten Flächen) für den Kühlbedarf wesentlich. Die solaren Wärmegewinne und die internen Wärmegewinne bilden weitere wesentliche Faktoren.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Begriff „thermische Behaglichkeit“ sich mitnichten im positiven Wärmegefühl während der Heizperiode erschöpft. Überhitzte Räume werden im Sommer ebenso unbehaglich empfunden wie mangelhaft geheizte im Winter.

Die Kühllast von Gebäuden

Ausschlaggebend sind die physiologischen Anforderungen des Menschen im umbauten Raum. Die Kern- und Oberflächentemperatur des menschlichen Körpers ist der entscheidende Parameter. Analog zur Temperaturdifferenz zwischen Mensch und Umgebung im Winter ist diese ebenso im Sommer entscheidend für die thermische Behaglichkeit.

Ausgehend von der Oberflächentemperatur des Menschen von circa 25 Grad Celsius ist eine geringe Temperaturdifferenz von einigen Kelvin zur Umwelt notwendig, um die natürliche Wärmeabgabe über die Haut und die Atmung zu ermöglichen. Die Wärmeabgabe ist naturgemäß vom Aktivitätsgrad des Menschen abhängig. Bei normaler Aktivität in einem Büro ist die Wärmeabgabe niedrig. Dennoch sind es zwischen 80 und 100 Watt Leistung, die der Mensch abgeben muss, damit er sich behaglich fühlt. Wenn die Temperaturdifferenz zur Umgebung schwindet oder sich gar umkehrt, wird die Wärmeabgabe des Menschen blockiert. Die Folgen sind Ermüdung, Konzentrationsschwächen oder Kreislaufprobleme.

Die Kühllast von Gebäuden resultiert aus der solaren Einstrahlung, der thermischen Qualität der Baustoffe und Bauelemente der thermischen Hülle und den Temperaturdifferenzen zwischen innen und außen. Nicht zu vergessen die eingangs beschriebenen internen Gewinne, deren Bedeutung in den vergangenen Jahren deutlich wuchs. So wie im Winter eine Mindestraumtemperatur angestrebt wird, gilt für den Sommer eine maximal zulässige Raumtemperatur. Das können beispielsweise 26 Grad Celsius sein. Die Kühlungstechnik muss dafür eine ausreichende Kühl- beziehungsweise Kälteleistung gewährleisten. Zur Berechnung der Kühllast eines Gebäudes empfiehlt sich das Berechnungsverfahren nach der VDI-Richtlinie 2078.

Betrachtet man ein Tagesprofil, drängt sich der Vergleich mit der Solareinstrahlung auf einen Photovoltaikgenerator auf. Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten, Kühllasten abzuführen. Dabei lässt sich grundsätzlich zwischen passiver und aktiver Kühlung unterscheiden. Die passive Kühlung ist vorwiegend für Wohngebäude mit einem geringen Kühlbedarf sinnvoll. Der energetische Aufwand ist sehr gering. Bei höherem Kühlbedarf, der eine definierte Kühlleistung verlangt, ist eine aktive Kühlung notwendig.

Passive Kühlung

Für passive Kühlung ist ein Minimum an Energie notwendig, da sie mit dem Zentralheizungssystem gekoppelt ist. Thermische Bauteilaktivierung oder Flächenheizsysteme werden reversibel betrieben und verlangen lediglich eine Wärmesenke, beispielsweise im Untergrund.

Diese Art der sehr effizienten Kühlung kann zwar keine größeren oder definierten Lasten abdecken. Für den normalen Wohnbereich ist sie jedoch ausreichend, wenn bei der Dämmstoffauswahl (Phasenverschiebung) auch der sommerliche Hitzeschutz bedacht wurde und die internen Wärmegewinne sich im Rahmen befinden.

Obgleich die aktive Kühlung ungleich höhere elektrische Leistungen benötigt, braucht auch die passive Kühlung zumindest ein Minimum an Hilfsenergie: Meist geht es um hydraulische Systeme, deren kühles Wasser die Wärme aus dem Raum aufnimmt und abführt. Dazu müssen Umwälzpumpen laufen, die einen elektrischen Antrieb haben. Sie verlangen mindestens 100 Watt. Die Leistungsaufnahme von Stellmotoren und dergleichen kann man über einen Zuschlag abdecken. Der Strom könnte aus Photovoltaik stammen, das bietet sich im Sommer an.

Flächenheizungssysteme in Kombination mit erdgekoppelten Wärmepumpen bieten die wichtigsten Komponenten wie Wärmequelle (Innenraum-Flächenheizung) und Wärmesenke (Erdreich-Erdwärmeübertrager) auch für die Kühlung an. Lediglich ein Wärmeübertrager mit Umschaltventil und die entsprechende Regelung (inklusive Taupunktwächter!) sind als Zusatzausstattung notwendig. Die beiden Umwälzpumpen sind ebenfalls schon Anlagenbestand.

Wird die Wärmequelle als Wärmesenke genutzt, unterstützt dies die natürliche Regeneration zum Wärmeeintrag. Die sommerliche Abwärme wird in den Erdboden eingelagert und steht zum Beginn der Heizperiode als Nutzwärme zur Verfügung. Auch lässt sich diese Wärme nutzen, um warmes Trinkwasser zu bereiten, etwa durch Warmwasser-Abluftwärmepumpen. Auch die dafür benötigte elektrische Energie kann der Solargenerator bereitstellen. Ebenso ist eine direkte Trinkwassererwärmung über einen Widerstandsheizkörper möglich.

Aktive Kühlung

Natürlich kann man auch mit einer Wärmepumpe eine aktive Kühlung realisieren. Dazu muss der Kompressor der Wärmepumpe reversibel betrieben werden. Auch moderne Luft-Wasser-Wärmepumpen besitzen eine optionale Kühlfunktion.

Die aktive Kühlung leistet eine definierte Kälteleistung entsprechend der berechneten Kühllast. Auf diese Weise lässt sich eine maximale Innenraumtemperatur sicherstellen. Die Kälte wird über einen Arbeitsprozess erzeugt, der elektrische Energie benötigt. Ähnlich wie bei der Wärmepumpe entspricht der Energieeinsatz nicht 100 Prozent, sondern etwa einem Drittel, das heißt einer Leistungszahl von zwei bis drei. Das bedeutet, dass nicht die gesamte Kältelast als elektrische Leistung bereitgestellt werden muss.

Als Faustregel kann man von einem Verhältnis von eins zu zwei ausgehen. Also ist bei einer Kälteleistung von 20 Kilowatt mit einer elektrischen Leistungsaufnahme von zehn Kilowatt zu rechnen, die durch die Solarstromanlage bereitgestellt werden muss.

Um nennenswerte Kühllasten abzudecken, ist eine Spannungsversorgung von 400 Volt/50 Hertz notwendig. Bei kleineren Einzelanlagen genügen auch 230 Volt. Der elektrische Anschluss, insbesondere der Kraftanschluss des Kompressors, muss im Rahmen der Inbetriebnahme geprüft werden.

Spannungsversorgung für Kühlgeräte

Die auf der linken Seite abgebildeten Kälteaggregate in Split-Ausführung leisten bei einer zugeführten Leistung von neun Kilowatt jeweils 16,9 Kilowatt Kälte. In einer Betriebsstätte ist dieser Kältebedarf zur Raumkühlung oft nur tagsüber gefordert und kann je nach Nutzungsprofil vollständig durch eine Photovoltaikanlage erzeugt werden.

Im Überblick

Die Serie zum Eigenverbrauch

Teil 1: Elektrischer Strom im Wohnhaus: Juni 2013

Teil 2: Elektrischer Strom im Nichtwohngebäude: Juli 2013

Teil 3: Warmwasser durch Sonnenstrom: August 2013

Teil 4: Photovoltaik in der Lüftungstechnik: September 2013

Teil 5: Photovoltaik in der Wärmeversorgung: Oktober 2013

Teil 6: Photovoltaik in der Kühltechnik: Dezember 2013

Abonnenten können die Beiträge nach Erscheinen im Abobereich der Website https://www.photovoltaik.eu/ lesen und downloaden.

Der autor

Frank Hartmann

ist Gas-Wasser-Installateur und Heizungs- und Lüftungsbauer, Elektroinstallateur und Energietechniker. Nach langjähriger Erfahrung im Handwerk mit dem Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien gründete er das Forum Wohnenergie für energieeffizientes Bauen und Modernisieren. Frank Hartmann ist Mitbegründer der Solarteur-Schule in Nürnberg.

hartmann@forum-wohnenergie.de

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