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“Ein sehr kleinteiliges Geschäft“

Sie bieten einen Photovoltaikservice für Stadtwerke an. Warum sollten die Stadtwerke sich einer solchen Dienstleistung bedienen?

Christian Hodgson: Wir versetzen Stadtwerke und Regionalversorger in die Lage, Photovoltaik an private Hauseigentümer und Kleingewerbetreibende zu verkaufen oder zu vermieten. Der Markt in Deutschland für große Solaranlagen geht drastisch zurück. Niemand baut sich – wie früher – ein ganzes Dach voller Solarmodule, um ein Maximum an Strom ins Netz einzuspeisen. Inzwischen werden fast nur noch Anlagen gebaut, die für den Eigenverbrauch optimiert sind.

Warum sollten ausgerechnet die Stadtwerke ins Geschäft einsteigen?

Die Kunden fragen solche kleinen Anlagen nach. Die Stadtwerke sowie Regionalversorger müssen zunehmend in dieses Geschäft einsteigen, um die Energiewende nicht völlig zu verpassen. Das ist aber ein sehr kleinteiliges Geschäft, das viele Personalkapazitäten bindet. Diese haben die Stadtwerke oder Regionalversorger meist genauso wenig wie das Know-how, um diese Nische besetzen zu können. Wir bieten als Dienstleister an, den Vertrieb, die Planung und die Baubegleitung der Anlagen zu übernehmen. Außerdem können wir auch die Betriebsführung und Wartung der Anlage mit erledigen, wenn das der Kunde mit seinem Stadtwerk oder Regionalversorger so vereinbart. Zusätzlich dazu unterstützen wir die Stadtwerke auch mit Marketingmaßnahmen und schulen ihre Mitarbeiter im Endkundenmarketing.

Wie hoch ist denn das Potenzial für die Stadtwerke, damit Kunden zu finden?

Ich schätze das Gesamtvolumen von kleinen Eigenverbrauchsanlagen deutschlandweit auf 25 Milliarden Euro. Da schlummert ein riesiges Potenzial für die Stadtwerke und Regionalversorger, das noch einmal so groß ist wie die bisher in Deutschland installierte Leistung. Uns geht es dabei um Anlagen zwischen einem und zehn Kilowatt Leistung. Da haben wir auch den größten Mehrwert, den wir erwirtschaften. Denn je kleinteiliger das Geschäft, desto sinnvoller ist es, das über uns zu machen. Wir bieten aber auch Anlagen für Kleingewerbe bis zu 50 Kilowatt an, also Systeme für ein Autohaus oder eine Bäckerei.

Wenn Ihr Fokus auf Eigenverbrauchsanlagen liegt, bieten Sie auch Energiemanagement und Solarstromspeicher an?

Das ist alles vorbereitet. Wir haben ganz bewusst mit den eigentlichen Photovoltaikanlagen erst einmal einfach angefangen. Letztendlich ist unser Modell der Prozessbegleitung aber beliebig erweiterbar. Als Nächstes werden wir auch Speicher anbieten. Auch das Energiemanagement, Smart-Homes, Wärmepumpen und Elektromobilität werden kommen.

Kommen Kunden wirklich zum Stadtwerk und fragen Solarstromanlagen nach? In der Regel führt sie doch der Weg direkt zum Installateur?

Sicherlich, wer sich schon für eine Photovoltaikanlage entschieden hat, wendet sich kaum noch an sein Stadtwerk. Aber der Weg über das Stadtwerk ist ein anderer. Die Kunden kommen zum Stadtwerk ins Servicecenter, um sich über Energieeinsparmaßnahmen zu informieren. Dort rät man ihnen oft, Photovoltaikanlagen aufs Dach zu bauen. Im besten Fall bekommt der Kunde dann eine Liste von Installateuren oder von Projekten, an denen er sich beteiligen kann. Das ist für das Stadtwerk eigentlich ein Verlustgeschäft. Denn es bezahlt die Beratung, also die Kundenakquise. Aber dann ist der Kunde verloren. Denn das Stadtwerk verdient nichts daran, sondern ausschließlich die Installateure, wenn denn der Kunde tatsächlich auf den Rat seines Stadtwerks hört. Genau das müssen aber die Stadtwerke ändern.

Was verdienen die einzelnen Glieder der Wertschöpfungskette bei Ihrem Modell?

Jede Solarstromanlage wirft eine Marge ab. Wir teilen diese Marge zwischen den Stadtwerken als unseren Kunden, den Hauseigentümern und uns auf. Außerdem bekommen die Solarteure, die die Anlagen installieren, eine Pauschale für ihre Arbeit. Als Start bekommen wir von den Stadtwerken eine Aufsetzgebühr. Das ist eine Pauschale dafür, dass wir unser Onlinetool für sie anpassen, die Prozesse im Unternehmen implementieren, die benötigten Mitarbeiter akquirieren und schulen und somit den Ball einfach ins Rollen bringen.

Das originäre Geschäft der Stadtwerke und Regionalversorger ist der Verkauf von Strom, damit haben sie reichlich Erfahrung. Warum bauen die Stadtwerke die Anlagen nicht selbst und verkaufen dann den erzeugten Strom an den Kunden?

Richtig, das alte Geschäftsmodell ist der Stromverkauf. Aber das klassische Stromverkaufsgeschäft ist für die Stadtwerke rückläufig. Die Kunden wollen unabhängiger werden. Wenn der Solarstrom vom eigenen Dach im Vergleich zum Strom vom Stadtwerk die Hälfte kostet, wird das für die Versorger eine Konkurrenz. Und mit Sicherheit wird der Unterschied zwischen Stromgestehungekosten aus einer Solaranlage auf dem Dach und der Preis des Stroms aus dem Netz weiter steigen. Wenn die Versorger nicht das Geschäft mit Photovoltaikanlagen in ihr Unternehmen integrieren, werden sie beim weiteren Verlauf der Energiewende auf der Strecke bleiben. Denn die Versorger verlieren den Photovoltaikbesitzer schon teilweise als Stromkunden. Das können sie ausgleichen, indem sie an den Anlagen mit verdienen. Allerdings haben die Stadtwerke nicht die personellen Ressourcen, die vielen kleinen Aufdachanlagen für die vielen Kunden zu bauen, die sie haben. Deshalb überlassen sie das lieber uns. Sicherlich kann ein großes Stadtwerk oder ein großer Versorger ein Team einstellen, das diese Arbeit übernimmt. Dieses Team würde dann erst einmal ein Jahr an einem Geschäftsmodell tüfteln und dann mit der Planung und dem Bau der Anlagen anfangen. Dann sind aber schon viele Kunden verloren. Wir haben diese Ausarbeitung der Geschäftsmodelle schon erledigt. Bei uns dauert es sechs bis acht Wochen vom Bekenntnis eines Hauseigentümers, sich eine Photovoltaikanlage zu bauen, bis zur Inbetriebnahme der Anlage.

Wie werden die Anlagen finanziert?

Wir bieten grundsätzlich drei Finanzierungsmöglichkeiten an. Das ist zum einen der direkte Verkauf der Anlage an den Hausbesitzer. Der offizielle Verkäufer ist dann das Stadtwerk oder der Versorger. Eine zweite Möglichkeit ist die Fremdfinanzierung der Anlage durch das Stadtwerk. Das funktioniert ähnlich wie die Finanzierung durch eine Bank. In beiden Fällen ist der Hausbesitzer auch Eigentümer und Betreiber der Anlage. Die dritte Möglichkeit ist das Mietmodell. Dabei baut der Versorger die Anlage und behält sie in seinem Portfolio. Der Hausbesitzer bezahlt monatlich eine Anlagenmiete an den Versorger. Aber er ist der Betreiber der Anlage, sodass er ohne rechtliche Probleme den Solarstrom im Gebäude selbst verbrauchen kann. Oft sind es die Gewerbetreibenden, die gern auf das Mietmodell zurückgreifen. Denn dann müssen sie nicht selbst in die Photovoltaikanlage investieren. Die Stadtwerke und Versorger haben die freie Wahl, ob sie ihren Kunden alle drei Varianten anbieten oder sich auf eine oder zwei Finanzierungsmöglichkeiten beschränken.

Wie ist denn die Nachfrage seitens der Stadtwerke, den Bau und die Betriebsführung der Anlagen aus der Hand zu geben?

Bisher haben wir da ein sehr großes Interesse gespürt. Wir arbeiten fest unter anderem mit Energie Nürnberg, dem Stadtwerk Aachen, dem LEW in Augsburg und mit der Rhenag in Siegburg zusammen. Außerdem haben wird mit acht weiteren Stadtwerken eine feste Zusammenarbeit vereinbart. Da sind wir jetzt dabei, erst einmal die Prozesse anzupassen. Mit weiteren 25 Versorgern führen wir intensive Verhandlungen, um auch dort zu einer Zusammenarbeit zu kommen. Aktuell haben wir 30 Lizenznehmer, davon sind 25 Stadtwerke.

Wie funktioniert das in der Praxis?

Die Stadtwerke haben einen Link auf ihrer Internetseite, wo sie ihren Kunden mitteilen, dass sie dort ihre Photovoltaikanlage planen können. Das ist eine Referenz des Stadtwerks oder Regionalversorgers. Wir treten dabei gar nicht in Erscheinung. Der Kunde ruft dann eine dort angegebene Hotline an, die wiederum auf uns geroutet ist. Wir wickeln den Bau der Solarstromanlage für das Stadtwerk ab. Wir haben auch ein eigenes Planungstool entwickelt, mit dem der Kunde seine Anlage selbst plant. Das ist Teil unserer Dienstleistung. Sicherlich muss der Kunde möglichst viel selbst machen. Aber wir prüfen hinterher die Planung, ob sie auch korrekt ist. Über uns läuft dann auch die Prozessbegleitung, der Kundenkontakt, der Einkauf, die Lieferung auf die Baustelle und die Kommunikation mit dem Installateur. Das ist der eigentliche Aufwand, den das Stadtwerk an uns delegiert. Aber wir haben diese Prozesse so standardisiert, dass das Modell auch massenmarktfähig wird.

Apropos massenmarktfähig: Wenn Sie den Einkauf erledigen, bekommen Sie dann auch bessere Preise?

Wir kaufen zentral in großen Mengen ein. Deshalb bekommen wir beim Großhändler oder den Herstellern auch bessere Preise als ein Installationsunternehmen, das nicht in den Größenordnungen einkauft wie wir. Das ganze Modell rechnet sich auch nur, wenn man für viele Kunden gleichzeitig einkauft.

Ist der Kunde dann an einen Hersteller gebunden?

Prinzipiell kann das Stadtwerk da mitsprechen und je nachdem wie viel Aufwand es ist, wird die Individualisierung dem Versorger in Rechnung gestellt. Nach unserer Erfahrung beginnen die Stadtwerke deshalb erst einmal mit den von uns angebotenen Standardkomponenten. Damit können sie erst einmal ausprobieren, wie das Modell funktioniert und bei den Hausbesitzern ankommt. Außerdem geht das am schnellsten. Oft kommen dann aber später noch Anpassungswünsche hinzu. Prinzipiell sind die Stadtwerke aber frei zu sagen, welche Module, Wechselrichter und Unterkonstruktionen sie bevorzugen. Es hat aus unserer Sicht aber keinen Sinn, den Kunden die Wahl zwischen Hunderten von Modulen zu lassen. Denn in der Regel reduziert sich die Präferenz auf die Wahl zwischen einem europäischen und einem asiatischen Modul. Aber so wie sich die Qualität zwischen den guten asiatischen und europäischen Herstellern angenähert hat, ist das auch nicht mehr die entscheidende Größe. Das ist dann meist eine emotionale und eine preisliche Entscheidung.

Arbeiten Sie mit festen Installateuren zusammen?

Wir greifen da auf die Kontakte der Stadtwerke zurück. Denn viele Stadtwerke haben ohnehin schon einige feste Installateure, die für den Versorger auch schon andere Aufträge bearbeiten. Für diese Installateure ist das dann ein Zusatzgeschäft. Sie bekommen dann eine Installationspauschale. Sicherlich verdienen die Installateure damit weniger Geld, als wenn sie sich um alles selbst kümmern würden. Dafür bekommen sie aber fertige Aufträge. Sie müssen sich nicht mehr um die Kundenakquise kümmern, was viele Handwerker ohnehin nur ungern machen. Die Installateure, die sich zur Zusammenarbeit mit dem Stadtwerk entschließen, bekommen also eine gefütterte Projektpipeline. Außerdem müssen sie sich nicht um den Einkauf der Komponenten und Materialien kümmern. Das erledigen wir für die Handwerker. Dafür bleibt natürlich auch die dabei zu erzielende Marge bei uns. Wir haben da auch schon erlebt, dass Installateure abgelehnt haben, mit uns und dem Stadtwerk Solarstromanlagen zu installieren, weil ihnen die Pauschale zu niedrig ist. Aber anders können wir das nicht wirtschaftlich abbilden. Meist sagen die Installationsunternehmen aber zu, denn sie bekommen eine volle Projektpipeline, sie können ihre Mitarbeiter auslasten und kontinuierlich kleine Anlagen bauen. Das ist durchaus attraktiv.

Das Gespräch führte Sven Ullrich.

https://www.greenergetic.de/

Christian Hodgson

ist Vertriebsleiter der Firma Greenergetic in Köln. Das Unternehmen übernimmt für die Stadtwerke neben der Planung von kleinen Solaranlagen und dem Einkauf der Ware sowie deren Transport zur Baustelle auch die Kommunikation mit dem Kunden und dem Installateur. Wenn es die Kunden wollen, ist auch die Betriebsführung und Wartung der Anlage im Portfolio enthalten.

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