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Ab jetzt mit Kompass

Thermische Auffälligkeiten an Solaranlagen sind relativ leicht zu orten. Doch auch bei exakter Messung und Dokumentation ist bisher für Hersteller und Versicherungen eine Thermografie nicht automatisch ein ausreichender Nachweis, um Schadenersatzansprüche zuzulassen. Zwar kann die Thermografie viele Hinweise geben – zum Nachweis eines konkreten Schadens taugt sie aber nur bedingt. Und sei es auch nur deshalb, weil Thermograf, Betreiber und Produkthersteller oder Versicherung die Ergebnisse verschieden interpretieren. Erschwerend kommt hinzu, dass es bislang für Thermografiemessungen an Photovoltaikanlagen keine normativen Vorgaben gab. Einschlägig tätige Gutachter und Thermografen beklagten denn auch zuweilen die fehlende Orientierung.

So berichtet auch Sönke Krüll, Industriethermograf und Vorstandsmitglied des Bundesverbandes für angewandte Thermografie (VATh) von vielen Anfragen an den Verband: „Die Existenz preisgünstiger Kamerasysteme, die aber für die Aufgabenstellung der Photovoltaik nicht geeignet sind, hat das Thema im Verband der Thermografen auf die Agenda gebracht. Immer wieder wurden wir mit Anfragen konfrontiert und auch mit vielen fehlerhaften Messungen. So wie es für andere Bereiche der Elektrothermografie Vorgaben gibt, erschien es sinnvoll, für die Thermografie in der Photovoltaik einige Orientierungshilfen zusammenzutragen, die insgesamt helfen, die Qualität der Messungen zu verbessern.“

Kompakt und knackig

Lediglich die Richtlinie zur Elektrothermografie bei Niederspannung vom VATh bot einige Anhaltspunkte für Thermografiemessungen an Solaranlagen. Jedoch gibt es für die Photovoltaik einige Spezifika, die in dieser Richtlinie nicht aufgeführt wurden. Und die einfache Übertragung einzelner Vorgaben auf die Photovoltaik hätte in einigen Fällen zu wenig hilfreichen Ergebnissen geführt. Jetzt wurde von einem DKE-Vornormenausschuss die bestehende Richtlinie um ein spezielles Kapitel erweitert, das sich ausschließlich mit der Thermografie an Solargeneratoren befasst. Es sollten einige Standards gefunden werden, wie Thermogramme ohne weitere kostspielige Nachmessungen zu interpretieren und zu dokumentieren sind. Mit dieser Richtlinie ist also ein erster Schritt getan, um Resultate aus Thermografiemessungen gegenüber Herstellern und Versicherungen auch als Nachweis möglicher Schäden verwenden zu können.

Die aktuelle Richtlinie zur Elektrothermografie an elektrischen Anlagen und Bauteilen bis ein Kilovolt umfasst insgesamt elf Seiten, drei davon widmen sich nunmehr ausschließlich der Thermografie von Solaranlagen und bieten eine erste Orientierung für entsprechende Messungen. Neben Anforderungen an Ausbildung und Schutzausrüstung werden auch Mindestanforderungen an Ablauf, Messtechnik, Auswertungssoftware und Dokumentation der Messungen definiert. So soll die Messung zum Beispiel bei stabilen Einstrahlungsstärken von wenigstens 600 Watt pro Quadratmeter erfolgen. Weiterhin gibt es Definitionen zu Bewölkung und Windstärken.

Empfehlungen zu Kameras

In Bezug auf die Messtechnik, also die verwendeten Kameras, gibt die Richtlinie Hinweise zu Bauform, Objektiven, Temperaturmessbereich und geometrischer Auflösung. Aus praktischen Erwägungen wird ein getrenntes Kamera- und Bedienkonzept, also ein klappbares oder schwenkbares Display empfohlen. Da bei der Thermografie von Solaranlagen jeweils sehr individuelle räumliche Bedingungen vorliegen, ist ein weiteres Kriterium für die Kamera wichtig. Manche Anlagen thermografiert der Sachverständige vom Dachfenster gegenüber, manche von einer aufgestellten Hebebühne aus – die Abstände zu den Modulen können also sehr stark variieren. Deshalb sollte die Kamera Wechseloptiken aufnehmen können, sodass für die jeweilige Situation das passende Objektiv gewählt werden kann.

Messpunkte pro Zelle definiert

Wer nun auch eine Vorgabe oder Mindestanforderung für die Detektorgröße beziehungsweise die Auflösung erwartet, wird enttäuscht. Vielmehr macht die Richtlinie eine Vorgabe, wie viele Pixel auf einer Modulzelle zu liegen kommen müssen, sprich wie viele Messpunkte pro Zelle und damit auch Modul es mindestens geben muss. Diese Mindestanzahl liegt bei fünf mal fünf Pixel pro Zelle. Jeder Thermograf kann nun für seine verwendete Kamera und seine Optiken ausrechnen, mit welchem maximalen Abstand zum Messobjekt in der konkreten Situation gemessen werden kann.

Echtbilder mit separatem Fotoapparat

Etwas überraschend ist die Anforderung an die parallel anzufertigenden Echtbilder. Hinsichtlich Gesichtsfeld und Auflösung wiesen die integrierten Echtbildkameras oft keine ausreichende Leistung auf. Deshalb solle ein separater Fotoapparat mitgeführt werden, der ein identisches Gesichtsfeld darstellen kann und über eine Auflösung verfügt, bei der noch ein Erkennen der Leiterbändchen beziehungsweise Busbars möglich ist. Das Auflösungsvermögen der Lichtbildkamera sollte demnach mindestens das 30-Fache der Infrarotkamera betragen – bei gleichem FOV (field of view). Bei großen Anlagen muss außerdem eine sichere Identifikation der auffälligen Module möglich sein. Relativ ausführlich fallen auch die Empfehlungen zur Dokumentation aus. So soll bei Kleinanlagen jede thermische Auffälligkeit durch mindestens ein Thermogramm dargestellt werden. Die radiometrischen Daten dieser Thermogramme müssen gesichert und bei Bedarf vollumfänglich zur Verfügung gestellt werden können.

Die richtige Dokumentation

Die Rahmenparameter, wie zum Beispiel Einstrahlungsleistung, Bewölkungsgrad und Windgeschwindigkeit, sind ebenfalls zu dokumentieren. Bei größeren Anlagen ab 100 Modulen ist die bildliche Darstellung jeder einzelnen Auffälligkeit im Bericht nicht erforderlich, die Daten müssen jedoch zur Überprüfung bei Nachfragen bereitstehen. Bernhard Weinreich von der Solarschmiede weiß aus der täglichen Praxis, dass die Diskussion über eine thermische Auffälligkeit im Detail beliebig kompliziert werden kann. Er hat an der Richtlinie mitgearbeitet und ordnet den vorliegenden Arbeitsstand als ersten Schritt ein: „Die in der Richtlinie genannten Grenzwerte sind als erste Orientierung speziell für die Durchführung der Messung gedacht und nicht zum unhinterfragten Nachbeten von Fehlerinterpretationen geeignet. Genauere Grenzwerte sollen in Zukunft in dem weitergefassten DKE-Vornormenausschuss auch zusammen mit wichtigen Modulherstellern entwickelt werden.“

http://www.vath.de/regelwerke/richtlinien

Themendossier

Mehr Praxis: Thermografie

Auf unserer Webseite finden Sie weitere Informationen zum Thema Thermografie. Das Dossier wird kontinuierlich gepflegt und erweitert. Dort finden Sie auch die Marktübersicht Thermografiekameras als PDF.

http://www.photovoltaik.eu/Dossiers-Themen

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