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Ein Blick für die Leute

Klaus Siemon parkt sein Lastenfahrrad zwischen den Verkaufsständen und klappt Solargeneratoren aus. Der Sonnenschirm (manchmal als Regenschirm missbraucht) und die Aufsteller sind in seinem Fahrrad versteckt. Mit geübten Griffen holt er sie aus den Tiefen seines Gefährts, wie Mary Poppins die Möbel aus ihrer Handtasche. Oder der Schneidersohn den Knüppel aus dem Sack, in dem Märchen vom Tischlein deck dich und dem Esel, der Golddukaten schmeißt.

Seit sechs Jahren ist Klaus Siemon für Lichtblick unterwegs. Er verkauft Ökostrom, ist bundesweit auf Festivals und Veranstaltungen präsent, auf Straßenfesten und in Bioläden. In Berlin hat er seine festen Termine und Standplätze, zu denen auch der Kollwitzmarkt gehört. Er kennt seine Pappenheimer, in diesem Geschäft kriegt man einen Blick für die Menschen. „Etwa drei Viertel meiner Kunden sind Frauen um die 35, oft mit kleinen Kindern“, erzählt er. „Frauen wollen immer wissen, was sie bei uns bekommen können. Männer fragen in der Regel zuerst nach dem Preis.“

Viel zu vielen gehe die Energiewende nicht nahe genug. Auch gehen die typischen Wähler der Linkspartei und der CDU laut Siemon in Sachen Ökostrom eine unheilige Allianz ein: „Die wollen nicht von Vattenfall weg, aus verschiedenen Gründen. Da ist viel Heuchelei im Spiel. Sie scheuen Veränderungen und halten an Althergebrachtem fest.“

Stehaufmännchen vom Ökomarkt

Siemon ist ein Stehaufmännchen, immer wieder nimmt er seinen Platz auf dem Markt ein. Er ist ein Überzeugungstäter, ist die Energiewende für ihn doch ökologische und soziale Aufgabe zugleich. „Die Leute merken, dass ich dafür brenne, dass ich dahinterstehe“, berichtet er. „Ich argumentiere nicht über den Preis, sondern zeige den Leuten, wie sie ihr Geld für Strom sinnvoll ausgeben können. Lichtblick hat vor Jahren mit Ökostrom angefangen, die waren schon damals mit die Ersten.“

In der Regel überzeugt er Menschen, die innerlich bereit für den Wechsel sind. Den Schritt endlich zu wagen, ist für viele ein gutes Gefühl. Klaus Siemon kann hartnäckig sein wie ein Terrier, geht gerade auf die Leute zu. Niemand möchte gestört oder aufgestört werden, erst recht nicht beim samstäglichen Bummel übern Kolle. „Die Leute rennen 20 Mal an mir vorbei, aber irgendwann bleiben sie hängen.“ Erst vor wenigen Wochen kam ein älterer Mann zu ihm an den Stand. „Er hat sich bedankt, weil er vor zwei Jahren seine Stromlieferung auf grünen Strom umgestellt hat“, sagt Siemon. „Und warum hat er sich bedankt? Weil ich ihn überzeugt habe, dass er seine eigene Energiewende schon heute machen kann.“

Lethargie und mangelnder Mut

Normalerweise sind die Männer im Rentenalter eine extrem schwierige Klientel, was den Wechsel zu Ökostrom betrifft. „Die wechseln nicht. Die wissen oft noch nicht einmal, dass die Bewag schon seit vielen Jahren zu Vattenfall gehört. Für sie riecht der Wechsel nach Problemen und Schwierigkeiten.“

Hinzu kommen schlechte Erfahrungen beim Wechsel des Telefonanbieters. „Dagegen argumentiere ich damit, dass wir bei Lichtblick keine festen Vertragslaufzeiten haben“, erläutert Siemon. „Das muss ich den Leuten erklären, um sie in ihrer Realität abzuholen.“

Die Energiewende rollt, die Zahl der Anbieter von Ökostrom steigt, wie auch der Anteil des grünen Stroms an der gesamten Stromerzeugung. Nur Energie aus Sonnenkraft, Windkraft, Wasserkraft oder Biogas kann mittelfristig sichern, dass ausreichend Energie für jedermann zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung steht. Weil die Kosten für die Brennstoffe und die Emissionen nur steigen können. Eigentlich ist sie ganz einfach zu verstehen, die ökologische Strompreisbremse.

Denn sie liegt förmlich auf der Hand. Doch sich bewusst dafür zu entscheiden, den Atomstrom von Vattenfall oder den Kohlendreck von RWE nicht mehr zu kaufen, steht auf einem anderen Blatt. Wer wechselt schon gern, zumal der Strom aus der Steckdose weder strahlt noch stinkt. Er wird nur teurer, und der Klimakollaps schreitet kaum merklich voran.

Viele Leute bleiben in ihrer Lethargie stecken, bis sie endlich einmal die Zeit haben, am Stand von Lichtblick stehen zu bleiben. „Ich nenne dieses Phänomen: Verbale Aufgeschlossenheit bei weitestgehender Verhaltensstarre“, erzählt Klaus Siemon. „Wenn die Leute das verstehen, dann lachen sie meistens, und dann habe ich sie gewonnen.“ In den vergangenen Jahren habe er nur zwei wirklich schlechte Tage am Kollwitzplatz erlebt. „Einmal war ich nicht fit und einmal herrschte Dauerregen.“

Und manchmal muss er sich Fransen an die Lippen quasseln, bis ein Gespräch in Gang kommt. So geschehen bei seiner ältesten Kundin, damals schon weit über Mitte 80, die mit ihren beiden rüstigen Töchtern vorbeischlenderte. „Eine halbe Stunde lang habe ich Otgud, Sistrud und Swanhild alles erzählt, was ich über die Energiewende und Ökostrom draufhabe. Ich wusste überhaupt nicht, ob die Damen auch nur ein einziges Wort erreichte. Plötzlich legte die alte Frau den Kopf schief und sagte nur: Sie haben mich überzeugt.“

Ein Überzeugungstäter: Wenn dieser Begriff auf jemanden passt, dann auf Klaus Siemon. Aufgewachsen ist er in Thüringen, in Sichtweite der innerdeutschen Grenze, in einem Dorf bei Eisenach. Er machte eine Elektrikerlehre, kam in Kontakt mit der Bewegung „Schwerter zu Pflugscharen“ und mit Umweltgruppen. Geriet an die Staatssicherheit, die jede Abweichung von der offiziellen Linie argwöhnisch beäugte. Aber in Moskau regierte Michail Gorbatschow, da war schon nichts mehr zu kitten.

Zwei Wochen vor dem Mauerfall besetzte Klaus Siemon eine leerstehende Wohnung in der Boxhagener Straße. „Das waren Ungarnflüchtlinge, die alles zurück gelassen hatten, bis auf das kleinste Möbelstück“, erinnert er sich. „Ich war nach Ostberlin gefahren, irgendwo aus der S-Bahn gestiegen und fand diese Bude, weil die Tür eingetreten war. Reiner Zufall. Dann habe ich mir einen Job als Betriebshandwerker bei der Wohnungsbaugesellschaft gesucht.“

5.500 Kilometer durch Deutschland

Das ging einige Jahre gut, bis er 2004 arbeitslos wurde. „Ich bin Irlandfreak, also fuhr ich erst einmal vier Monate mit dem Fahrrad auf die grüne Insel.“ Eine Liebe zog ihn später nach München, wo er ein Jahr lang als Fahrradkurier jobbte. Im Perlbach-Tal im Bayerischen Wald erprobte er die archaische Lebensweise früherer Mühlbauern.

Danach startete er ein ungewöhnliches Projekt: „Deutschland erfahren.“ In fünf Monaten legte er rund 5.500 Kilometer mit dem Fahrrad zurück, kreuz und quer durch wiedervereinigte deutsche Lande, mit fünf Euro pro Tag in der Tasche. „Ich erfuhr unglaublich viel Unterstützung“, sagt er. „An den Küsten der Nordsee und der Ostsee habe ich jeden Abend einen Menschen gefunden, der mich aufnahm. Nur während der zwölf Tage in Baden-Württemberg fand ich keine Übernachtung.“

Nach dieser Tour war er menschlich in Deutschland angekommen, aber finanziell am Ende. „Aber der ganze Ballast war weg, ich fühlte mich unglaublich gut, denn ich hatte nichts mehr zu verlieren. Also kehrte ich nach Berlin zurück. Leere Mägen ergeben die besten Boxer.“ Das war 2007, und als er im Stadtteil Pankow eine Bude fand, stand er vor der Frage: Welcher Stromversorger ist der richtige für mich? „Da hatte ich das Gefühl, in diesem Job etwas bewegen zu können, etwas zu verändern. Lichtblick hat schon damals Basisarbeit gemacht. Ich habe keine Hemmungen, ich kann auf die Leute zugehen.“

Im März 2011 war das Interesse so groß wie nie zuvor. Denn im weit entfernten Japan flog der Atomreaktor von Fukushima in die Luft. „Es folgte ein enormer Zuspruch“, erinnert er sich. „Vor allem gab es auf den Märkten keine blöde Anmache mehr. Ich wurde nicht mehr als Spinner angemacht.“

Auch für Campact unterwegs

Neben seinem Job bei Lichtblick ist Siemon auch für Campact unterwegs. Seine Woche hat sieben Tage. „Das ist ziemlich anstrengend“, meint er. „Aber ich kann etwas bewegen. Man lernt irrsinnig interessante Leute kennen, aber auch die Verrückten dieser Welt. Doch die Spinner, die fallen nicht mehr ins Gewicht.“

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Naturstrom AG

Mieterstrom für Regensburg

Naturstrom aus Düsseldorf hat in Regensburg ein neues Bauprojekt gestartet, bei dem Mieter mit Sonnenstrom versorgt werden. Das „Haus mit Zukunft“ ist ein genossenschaftliches Mehrgenerationenhaus mit 25 Mietparteien. Es befindet sich im Stadtteil Burgweinting. Der Neubau wird von der Wohnungsbaugenossenschaft Nabau errichtet, er gilt als ökosoziales Modellvorhaben. Strom und Wärme stammen vollständig aus erneuerbaren Energien. Auch der Strom für die Wärmepumpenanlage und für die Elektroladestation werden regenerativ erzeugt, zum Teil mit Solarmodulen auf dem Dach.

Auf zwei von drei Dächern betreibt die Bürgerenergiegenossenschaft Region Regensburg Solargeneratoren mit fast 98 Kilowatt Leistung. Das dritte Dach ist der Solarthermie vorbehalten. Die Solarpaneele liefern im Jahr rund 91.000 Kilowattstunden Strom. Etwa ein Viertel wird vor Ort direkt verbraucht, Überschüsse werden ins Netz eingespeist. Naturstrom vermarktet den Strom gemeinsam mit der Bürgergenossenschaft. Die Mieter können preiswerten Sonnenstrom vom eigenen Dach beziehen. In sonnenschwachen Monaten wird das Defizit durch Ökostrom von Naturstrom ausgeglichen.

Der Arbeitspreis beträgt 24,16 Cent brutto und liegt somit rund vier Cent unterhalb des bundesweit durchschnittlichen Grundversorgungstarifs. Der monatliche Grundpreis beträgt 7,95 Euro brutto, respektive 12,95 Euro brutto für eine Vertragsvariante mit Smart Metering und zentraler Fernauslesung der intelligenten Zähler. Naturstrom übernimmt als Dienstleister auch das Messwesen für die Mieter sowie die Ummeldung und Abrechnung der Kunden. Für jeden Mieter kann Naturstrom genau ermitteln, wie viel Sonnenstrom sie oder er im Haushalt verbraucht hat.

https://www.naturstrom.de/

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