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“Die Daten müssen sicher sein“

Wer Ihr Fachbuch „Energiemanagement durch Gebäudeautomation“ liest, hofft, mit einer intelligenten Vernetzung aller Verbraucher im Gebäude viel Energie sparen zu können. Ab wann lohnt sich die Installation für die Kunden?

Bernd Aschendorf: Es kommt darauf an, welches System man einsetzt. Im Buch werden 40 Bussysteme betrachtet, deren Kosten für eine einfache Schaltfunktion zwischen wenigen Euro bis 150 Euro schwanken. Greift man zu der Variante für 150 Euro, entstehen sehr hohe Kosten für ein gesamtes Gebäude. Die wirtschaftliche Amortisation ist also kaum möglich. Darauf gehe ich in meinem Buch intensiv ein. Wer also preiswerte Systeme integriert, kann durchaus auch Kosten sparen. Nicht immer muss man vorher messen, bevor man mit Steuerungsaufgaben beginnt. Auch damit können Kosten gespart werden. Hausinstallationen können so bereits ab 1.000 Euro für ein gesamtes Gebäude realisiert werden. Der Preis liegt bei bestimmten, am Markt sehr bekannten Systemen jedoch leicht bei 30.000 Euro und darüber. Das Buch geht auf derartige Lösungsansätze ein.

Eine Regelschaltung ist immer nur so intelligent wie die Qualität der gemessenen physikalischen Größen. Welche Rolle spielen Sensoren und Sensorsysteme beim Energiemanagement? Welche Funktionalitäten müssen sie erfüllen?

Man kann Messsysteme kaufen, die einen Stromkreis für 800 Euro und darüber messtechnisch erfassen. Dies macht für Einfamilienhäuser keinen Sinn, insbesondere wenn der Stromkreis nur mit wenigen Watt Leistung belastet ist. Es ist also zu entscheiden, ob man geringe Leistungen exakt misst oder nur grob oder den Verbrauch sogar schätzt. So können durch Energieberatungssysteme, die im Buch beschrieben werden, Energiefresser im Gebäude leicht aufgespürt werden, um Abhilfemaßnahmen zu treffen.

Welche Sensoren sind für ein Energiemanagement zwingend notwendig?

Die größten Verbräuche treten im Einfamilienhaus bei der Heizung auf. Also ist es äußerst wichtig, einen guten Überblick über Temperatur und Luftfeuchte zu haben. Die Ist-Temperatur sorgt in Verbindung mit dem vorgegebenen Sollwert für das Wohlfühlklima, das mehr oder weniger teuer sein kann. Trockene Luft ist gesundheitsschädlich, lässt sich aber auch schlecht erwärmen. Damit wird klar, dass die Luftfeuchte auf optimalem Niveau gehalten werden sollte. Zu diesen sensorischen Elementen gesellen sich einfache Energiesensoren, mit denen insbesondere Waschmaschinen, Elektroheizungen, also Verbraucher großer Leistung gemetert werden können. Hinzu kommen Rauchmelder und Sensoren für die Kohlendioxidkonzentration, etwa für Sicherheitsaspekte.

Eine wesentliche Komponente im Gesamtsystem ist das Smart Meter, zur Fernabfrage, aber auch zur Analyse. Zum einen kann durch dieses Metering der Energieverbraucher gezielt seinen Energieverbrauch senken. Welche Rolle spielt das Smart Meter bei der propagierten Energiewende?

Die Idee des Smart Meters ist prinzipiell der richtige Weg, um dem Energiekonsumenten seinen Verbrauch zu verdeutlichen. Bedauerlicherweise wurde per Gesetz der Smart Meter als eierlegende Wollmilchsau definiert und ist damit kaum realisierbar. Andere EU-Länder gehen über Prepaid-Systeme ganz andere Wege. So soll der Smart Meter dem Energieversorger helfen, das Auslesen des Stromzählers von manuell auf automatisiert umzustellen. Dadurch erhält er wesentlich häufiger Informationen über die aktuelle Belastung des Netzes. Hinzu kommt, dass über mögliche ferngesteuerte Schalthandlungen bei säumigen Zahlern auch die Energiezufuhr gestoppt werden kann. Zu diesen Eigenschaften sollte die Auslesbarkeit des Smart Meters direkt vom Energiekunden ermöglicht werden. Dies wäre ein erheblicher Nutzen für den Energiekunden, um seinen Energieverbrauch, wenn auch kumuliert, aber dennoch wesentlich häufiger als einmal im Jahr, zu kennen.

Vorteile für beide Seiten. Dennoch verzögert sich die Einführung. Warum?

Leider haben Probleme in der Normierung, bei der Datensicherheit und in der Finanzierung dazu geführt, dass die Einführung der Smart Meter stark verzögert wurde. Mit höchster Priorität soll nun der Nutzen des EVU generiert werden. Alle Vorteile für den Energiekunden wurden jedoch weit nach hinten verschoben. In Summe bleibt, dass über den zentralen Smart Meter lediglich die gesamten Energieverbräuche beobachtet werden können. Wer glaubt, dass man aus den Energieabnahmeverläufen auf Stromfresser schließen kann, glaubt auch an die Kristallkugel bei der Wahrsagerin. Wichtiger wäre die detaillierte Erfassung der Energieverbräuche in einzelnen Etagen, Räumen, für einzelne Geräte. Nur dadurch können die Energieverbräuche gezielt reduziert werden, wenn es der Energiekunde wirklich will. Die verschiedenen Methoden des Meterings als Smart Metering sowie smartes Smart Metering werden im Buch ausführlich behandelt.

In Ihrem Vorwort schreiben Sie von 40 verschiedenen Systemen, die als Bussysteme für Gebäude infrage kommen können. Viel Spielraum für Verwirrung?

Das größte Problem bei der Einführung von Gebäudeautomation ist in der Tat die große Anzahl parallel verfügbarer Systeme. Im Buch werden 40 Systeme behandelt, von denen einige sogar von den einzelnen Herstellern unter verschiedenen Namen geführt werden. Dies verwirrt erheblich. Hinzu kommt, dass die Systeme untereinander nur selten, eigentlich nie kompatibel sind. Und dass sich nicht nur die Systeme aufgrund ihrer Komponenten stark unterscheiden, sondern auch die Programmiersysteme stark unterschiedlich sind. Damit bleibt dem Elektroinstallateur nichts anderes übrig, als sich auf eines oder zwei Systeme zu konzentrieren.

Das ist doch mal eine gute Nachricht ...

Leider nicht. Damit kann der Installateur entweder nur Neubauten oder tiefgreifende Sanierungsprojekte bedienen, nicht jedoch den wesentlich interessanteren Markt der Nachrüstung. Noch schlimmer stellt sich die Lage für den Häuslebauer dar, der selbst tätig werden will. Geht dieser in ein Technikkaufhaus, so glaubt er, dass alle vor ihm an den Wänden angebotenen Systeme kompatibel sind. Weit gefehlt ! Wichtig sind Softwarepakete, mit denen Systeme gemischt werden können. Darauf wird im Buch intensiv eingegangen. Vermutlich wird sich der Markt in den nächsten Jahren ohnehin bereinigen. Ich glaube nicht, dass die aktuell verfügbaren 80 bis 150 (im Buch werden 40 beschrieben) Systeme auf Dauer überleben werden. Aufgrund fehlender Verkaufserfolge und schlechter Kundenannahme wird sich der Markt vermutlich auf maximal zehn Systeme reduzieren.

Mit der Komplexität des Systems steigt auch das Risiko, dass technisch versierte, aber ungebetene Besucher Zugriff auf das Gebäude bekommen. Wie konkret ist die Gefahr?

Dieses Problem besteht in der Tat. Der Anwender sollte sich gut überlegen, ob er tatsächlich sein Haus von außerhalb steuern möchte. Wichtig sind kompetente Beratung sowie die Verfügbarkeit von Konzepten zur sicheren Verschlüsselung. Wer glaubt, dass die Firewall das eigene Haus gut abschottet, ist leider auf dem Holzweg. Warnungen müssen unbedingt ausgesprochen werden. Aber selbst wenn das Haus nicht über Gebäudeautomation extern bedient werden kann, so können auch Smart-Meter-Daten genutzt werden, um daraus abzulesen, ob das Haus bewohnt (hoher Stromverbrauch) oder verlassen ist (niedriger Stromverbrauch). Gelangen Diebe an diese Daten, ist der Einbruch vorprogrammiert. Dies führte unter anderen zur vorübergehenden Einstellung des Smart-Metering-Projekts in Deutschland.

Und wie lässt sich die Gefahr minimieren?

Hier sind Netzwerk- und IT-Techniker unbedingt gefragt. Niemals soll sich diesen Dingen der Anwender selbst widmen. Zwingend notwendig ist eine wirklich dichte Firewall. Die EVU kümmern sich derzeit um die Herstellung der Datensicherheit bei den Smart Metern.

Welche Hersteller bieten zurzeit Software für das Energiemanagement an?

Von den vorgestellten 40 Systemen verfügen etwa zehn über einigermaßen sinnvolle Konzepte für Smart Metering. Davon bieten nur einige Software zum Energiemanagement an. Diese endet jedoch meist bei der Darstellung von aktueller Leistung und aktuellem Verbrauch (elektrische Arbeit). Kaum werden aktuelle Kosten auf der Basis von Tarifen berechnet oder gar Trends bis zum Ende des Jahres getroffen. Hier ist noch einiges zu optimieren. Im Buch werden Konzepte und Anwendungen beschrieben. Von Vorteil sind klar Systeme, die auch rechnen können. Hersteller und Systeme, die dies anbieten, sind KNX (bedingt), Wago, Beckhoff, Eltako, Rutenbeck oder X-Comfort von Eaton (über IP-Symcon).

Das Interview führte Andreas Burkert, Mitarbeiter in der Redaktion Springer für Professionals.

Bernd Aschendorf

ist Professor an der Fachhochschule Dortmund. Dort vertritt er das Fachgebiet Elektrische Maschinen und Gebäudesystemtechnik. Der 1959 in Dortmund geborene Wissenschaftler studierte an der Universität seiner Heimatstadt zunächst Elektrotechnik. Zwischen 1985 und 1990 war er Assistent am Lehrstuhl von Professor Oberretl. 1990 promovierte er. Zwischen 1990 und 1998 leitete er die Abteilung Technische Rechnerdienste bei der Busch-Jaeger Elektro GmbH. Zwischen 1994 und 1998 war er Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Dortmund für Elektrische Maschinen. Im März 1998 wurde er als Professor für dieses Fachgebiet an die Hochschule berufen.

Foto: privat

RWE/Future Matters

Deutschland wohnt im Jahr 2018 smart

Bis die Mehrheit der Deutschen in intelligenten Häusern leben wird, dauert es nur noch wenige Jahre. Das ist eine von vier aktuellen Prognosen zur Energiewirtschaft, die aus einer gemeinsamen Studie von RWE Effizienz und dem Züricher Zukunftsinstitut Future Matters hervorgeht. „Unsere Kinder wachsen als künftige Generation E in eine Zukunft, die zunehmend erneuerbar, effizient und elektrisch ist“, sagt Arndt Neuhaus, Vorstandsvorsitzender der RWE Deutschland AG.

Untersucht wurde unter anderem, auf welchen Ebenen der Energieversorgung und Technologieentwicklung sich in den kommenden Jahren gravierende Umbrüche vollziehen. Auf Basis von 500 Experteninterviews sowie rund 8.500 ausgewerteten Publikationen prognostiziert die Studie für die kommenden vier Jahre einen enormen Zuwachs an vernetzbaren Haushaltsgeräten. Demnach lassen sich bereits 2018 mehr als die Hälfte aller neuen Elektrogroßgeräte („Weiße Ware“) und der Unterhaltungselektronik über das Internet steuern oder untereinander vernetzen. Consumer Electronics werden so zu einem integralen Bestandteil smarter Haussteuerungssysteme im Smart Grid der nahen Zukunft.

Grund dafür sind unter anderem die gesunkenen Kosten für leistungsfähige Funkchips sowie zahlreiche neue Apps. Letztere beschleunigen die Integration von Geräten und Sensoren in Häusern und Wohnungen. Die Anzahl von Konsumenten mit Tablets, Smartphones und Smart TV steigt kontinuierlich. Und damit auch die Nachfrage nach der Steuerbarkeit von Geräten.

Die zunehmende Verbreitung von schnellen Funkstandards wie WLAN, Bluetooth, LTE (4G) und Powerline begünstigt diese Entwicklung zusätzlich. Parallel dazu fallen die Preise.

Ein weiterer Umbruch steht auf dem Gebiet der Sensorik und Umgebungsintelligenz bevor. Gerade für Roboter und Maschinen geht die Entwicklung zügig voran. Sinkende Preise für Rechenleistung, Mechatronik, Miniaturisierung und künstliche Intelligenz spielen dabei eine zentrale Rolle.

Sollten die Entwicklungen in den Bereichen Sensorik, Haptik, künstliche Muskeln, maschinelles Lernen und Signalverarbeitung ähnlich vorangehen wie in den letzten vier Jahren, könnten bereits 2018 die ersten Haushaltsroboter auf den Markt kommen. Die Forscher von Future Matters erwarten für 2020, dass jeder 20. Haushalt in Deutschland einen flexibel einsetzbaren Roboter besitzt, der alltägliche Arbeiten verrichten kann.

In Autos werden autonome Systeme laut der Studie sogar noch schneller zu erleben sein. Schon heute können Pkw mit einem Parkassistenten besser rückwärts einparken als 90 Prozent aller Autofahrer. Im Jahr 2019 wird bereits jedes 20. verkaufte Neufahrzeug von alleine fahren können, lautet die Prognose von Future Matters.

Die RWE-Studie untersucht auch die Frage, wie sich die dezentrale Energieversorgung weiterentwickelt. Dabei steht fest, dass angesichts fallender Preise für regenerative Erzeugungsanlagen sowie sinkender Kosten für lokale Speicher bis 2018 viele Weichen für eine autarkere Energieversorgung gestellt werden. „Die Studie geht davon aus, dass bereits innerhalb der nächsten 200 Wochen die Kosten für Batteriespeicher und Photovoltaikanlagen unter den Preis für Strom aus dem Netz fallen“, sagt Norbert Verweyen, Geschäftsführer der RWE Effizienz GmbH.

Im Jahr 2018 sei der Tipping Point erreicht, an dem dezentrale Lösungen zur Erzeugung und Speicherung von elektrischer Energie auch ohne Zuschüsse günstiger liegen als die zentrale Erzeugung durch Kraftwerke und der Stromtransport durch die Energienetze.

https://www.rwe.com/en/

Springer Vieweg

Neues Fachbuch zur Gebäudeautomation

Die am Markt vorhandenen Bücher über Energiemanagement betrachten lediglich den Einsatz einzelner Gebäudebussysteme, nicht jedoch den Vergleich untereinander mit Bezug auf Kosten und Nutzen sowie Anwendbarkeit. In dem neuen Buch „Energiemanagement durch Gebäudeautomation“ von Professor Bernd Aschendorf werden insgesamt 40 verschiedene Systeme, wie Funkbussysteme, Peha-PHC, EIB-, LCN-, Lon- oder SPS-Systeme, auf ihre Einsatzmöglichkeiten in verschiedenen Gebäuden untersucht. Der Vergleich bezieht sich auf alle Ebenen der Automatisierung vom Feldbus über die Automatisierung bis zur Leitebene. Insbesondere betrachtet er die Verwendbarkeit für ein Energiemangement, das auf Smart Metering basiert.

Bernd Aschendorf:Energiemanagement durch GebäudeautomationGrundlagen, Technologien, AnwendungenSpringer Vieweg. Wiesbaden 20141.384 Seiten, gebunden, 1.600 AbbildungenISBN 978-3-8348-0573-7E-Book: 69,99 Euro, Hardcover: 89,95 Euro

http://www.springer.com

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