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Klostertreffen im Wandel

Nur wer sich wandelt, bleibt sich treu: Nunmehr 30 Jahre hat das PV-Symposium im Kloster Banz auf dem Buckel. Drei Jahrzehnte – im Leben eines Menschen sind es Kindheit und Jugend. Für die Photovoltaikbranche steht diese Spanne auf ähnliche Weise. Denn als im April 1986 das erste PV-Symposium startete, war vom globalen Aufbruch der Solarenergie wenig zu spüren.

Rund 60 Enthusiasten waren in die ehrwürdigen Mauern des ehemaligen Benediktinerklosters gekommen, um über Stromerzeugung aus Sonnenlicht zu sprechen. Doch dieser kleine, unscheinbare Anfang war von einer Explosion begleitet: Nur wenige Tage später überhitzte ein Reaktorblock im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl. Eine gigantische Zäsiumwolke stieg über Europa auf.

Am Anfang stand eine Idee

Davon war nichts zu ahnen, als sich im Jahr zuvor Udo Möhrstedt und Jürgen Schulz-Harder vom Ostbayerischen Technologie-Transfer-Institut kennenlernten. Schulz-Harder war der erste Leiter des Regensburger Instituts, das einige Jahre zuvor gegründet worden war. Wenige Tage nach ihrer Bekanntschaft erschien Möhrstedt im Regensburger Institut und präsentierte die Idee eines Photovoltaik-Symposiums.

Vorbild war eine ähnliche Veranstaltung für die Glasindustrie, die im September 1985 mit viel Erfolg gelaufen war. Das Glas-Symposium blieb jedoch eine Eintagsfliege, während das Treffen der Photovoltaikbranche mit jedem Jahr wuchs. Möhrstedt baute IBC Solar auf, bis heute eine wichtige Säule der Solarbranche in Deutschland.

Eine urige Biergesellschaft

Möhrstedt war es auch, der den Tagungsort vorschlug: Kloster Banz, unweit von Bad Staffelstein gelegen, dem Sitz von IBC Solar. Die ehrwürdige Immobilie der Hanns-Seidel-Stiftung befindet sich auf einer Anhöhe am Obermain, ist weithin sichtbar. Bis zur ersten Jahrtausendwende lassen sich die Wurzeln dieses mondänen Anwesens zurückverfolgen.

Vielleicht stand insgeheim eine kernige Tradition aus Franken und Bayern Pate, als es um den Titel der neuen Photovoltaiktagung ging. Denn das Wort „Symposium“ stammt aus dem Griechischen. Es bedeutet so viel wie Gastmahl oder Tischgesellschaft, wo bei ungezwungener Atmosphäre Ideen und Vorschläge ausgetauscht werden.

Manche interpretieren die Übersetzung als „Gelage“, was ein bisschen das kulinarische Begleitprogramm des PV-Symposiums anklingen lässt.Die Teilnehmer der ersten Veranstaltung im Kloster Banz rühmen noch heute die urigen Gesänge im Bierstübla des Klosters. Damals waren zehn Referenten zugange, rund 60 Teilnehmer reisten an. Sehr überschaubar, dieser Beginn. Aber – um im Jargon unserer Branche zu bleiben – sehr nachhaltig. Denn 2010 kamen mehr als 800 Teilnehmer. Kostete die Teilnahme 1986 noch 460 Deutsche Mark, galten im Rekordjahr selbstredend andere Preise. Auch die Klosterschwestern und Klosterbrüder aus der Photovoltaik bleiben von irdischen Zwängen nicht verschont.

Freiburger Forscher als Stütze

Von Beginn an wurde das PV-Symposium durch das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg tatkräftig unterstützt. Solarpapst Adolf Goetzberger, seinerzeit erster Chef des ISE, war maßgeblich an der wissenschaftlichen Entwicklung beteiligt. Goetzberger wird auf dem diesjährigen Symposium zur 30-jährigen Geschichte der Veranstaltung referieren, man darf auf manche Anekdote gespannt sein.

Dem Solarpapst folgte Luther, nämlich Professor Joachim Luther, der 1993 die Leitung des ISE übernahm. 2006 wiederum gab Luther den Stab an Eicke Weber weiter, der bis heute das Freiburger Institut leitet. Stets waren die Forscher mit viel Enthusiasmus dabei, wenn es um die wissenschaftliche Ausrichtung des PV-Symposiums ging. Im Tagungsbeirat waren sie aktiv, ebenso in der Jury für den Innovationspreis oder die Posterausstellung.

Ende der 80er-Jahre stießen das Zentrum für Solarenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) sowie das Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) hinzu, verstärkten den Kreis der Veranstalter. Auch Vertreter aus Österreich und der Schweiz ergänzten den Beirat.

Zwölf Watt aus dem Modul

Interessant ist, wie das PV-Symposium die Entwicklung der Photovoltaik begleitet hat. Dabei war es selbst erheblichen inhaltlichen Veränderungen unterworfen, die man angesichts der wuchtigen und zeitlosen Klostermauern leicht übersieht – oder vergisst. Lassen wir Detlef Koenemann aus Bielefeld zu Wort kommen, der in der Festschrift zum 25-jährigen Jubiläum schrieb: „Als das Symposium 1986 erstmals stattfand, wurde die jährlich in Deutschland installierte Leistung noch in Kilowatt gemessen“, erinnert er sich. „1991 wurde erstmals ein Megawatt Photovoltaikleistung erreicht. Seit 2007 misst man das Marktvolumen in Gigawatt.“

Angesichts der rasanten Entwicklung durch das deutsche EEG werden die zähen und schwierigen Anfangsjahre der Photovoltaik gern übersehen. Das EEG ist etwas mehr als zehn Jahre alt, das PV-Symposium jedoch schon 30. „Diese enorme quantitative Entwicklung wurde ausgelöst durch den qualitativen Wandel der Photovoltaik von der netzfernen zur netzgekoppelten Anwendung“, resümiert Koenemann weiter. „Zwischen 1994 und 2006 wuchs der weltweite Anteil der netzgekoppelten Photovoltaiksysteme von 20 auf 86 Prozent. Im selben Zeitraum schrumpfte der Anteil der netzfernen Anwendungen von 62 auf zwölf Prozent. Der Rest entfällt auf die Consumer-Produkte, deren Anteil von 18 auf zwei Prozent zurückging.“

Im Jahr 1986 wurden die ersten Solarmodule vorgestellt, seinerzeit multikristalline Paneele mit zwölf, 36 und 48 Kilowatt Leistung. Solarwechselrichter gab es für ein Kilowatt, auch bei der Leistungsumsetzung stand die Branche ganz am Anfang. Dünnschichtmodule aus amorphem Silizium leisteten seinerzeit fünf Watt. Solarmodule wurden mit Bleibatterien gekoppelt, an Netzintegration und Einspeisung dachte damals niemand. Solarzellen waren rund und dick, kein Vergleich zu den optimierten Wafern von heute.

Schon damals unsichere Zeiten

Trotz Tschernobyl blieb die Photovoltaik lange Zeit eine Nischentechnik. Sie wurde in der Raumfahrt genutzt oder in sehr abgelegenen sonnenreichen Gebieten. Um die Kosten zu senken, brauchte man einen Massenmarkt. „Deshalb wurde die Diskussion in Bad Staffelstein sehr bald durch die Forderung nach staatlichen Zuschüssen für netzgekoppelte Photovoltaikanlagen beherrscht“, berichtet Detlef Koenemann. „Eigentümer von Einfamilienhäusern sollten in Solarstromanlagen investieren und dadurch den Markt beleben. Obwohl nicht nur die Bundesregierung, sondern auch viele Bundesländer dafür Geld bereitstellten, kam die Marktentwicklung nicht in Gang.“

Im März 1996 erreichte die Stimmung ihren ersten Tiefpunkt, weil kurz zuvor in Wedel die bis dahin größte Fabrik für Solarmodule dichtgemacht hatte. Dort hatte die RWE-Tochter ASE Solarmodule gefertigt, die Produktion sollte nach Boston (USA) verlagert werden. ASE war damals noch der einzige Modulhersteller in Deutschland.

Der Mittelstand prescht vor

Von Stund an übernahm der Mittelstand die Initiative. Denn in Freiburg war Georg Salvamoser bereits mit den Planungen seiner Solar-Fabrik befasst. Sie sollte ab 1997 im Jahr Solarmodule mit einem Megawatt Gesamtleistung produzieren – ausreichend für 230 Haushalte.

Bis 2000 sollte sich der jährliche Ausstoß der Solar-Fabrik verfünffachen, lautete Salvamosers Konzept. Im Gegensatz zu ASE stellte er drei Standardmodule her, die sich relativ leicht installieren ließen. Die Anfangsinvestition betrug zwölf Millionen Mark. Salvamoser begann seinerzeit mit 20 Leuten.

In Konstanz am Bodensee machte sich Sunways daran, erstmals auf der Welt transparente Solarmodule zu fertigen. Das Werk kostete 20 Millionen Mark, es hatte 25 Mitarbeiter. In der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt ging Ende 1996 der Zellhersteller Ersol an den Start, mit vier Millionen Euro Startkapital. Ersol wurde später an Bosch verkauft und gehört heute zu Solarworld.

Damals gab es wenig Hilfe von der Bundesregierung. Das Tausend-Dächer-Programm war Ende 1995 ausgelaufen, ohne dass eine Anschlussförderung in Aussicht stand. Doch in mehr als 20 Kommunen gab es lukrative Vergütungen. Bis zu zwei Mark pro Kilowattstunde wurden gezahlt. So kam der Markt in Gang. Auch 2015 dürfte es viel Gesprächsstoff geben, denn nach den Höhenflügen zwischen 2007 und 2012 nagt die deutsche Photovoltaikbranche derzeit wieder am Hungertuch. Dennoch ist ein Rückblick hilfreich, denn wirklich sonnig waren die Zeiten nur kurz. Das Geschäft ist schwieriger geworden, komplizierter und unübersichtlich. Und vor allem: Es hebt global ab. Hätte sich das jemand vor 30 Jahren träumen lassen?

Ein geschliffener Diamant

Das letzte Wort soll Eckardt Günther haben, der das PV-Symposium beim OTTI e. V. über viele Jahre betreute. „Ich weiß nicht, wie ein Rohdiamant aussieht. Aber es heißt, nur der Fachmann könne ihn von einem Kieselstein unterscheiden“, schrieb er 1996. „Das PV-Symposium hat sich zu einem strahlenden Diamanten der PV-Tagungsszene entwickelt. Es ist seit Ende der 80er-Jahre die bedeutendste Anwendertagung zur photovoltaischen Solarenergie im deutschen Sprachraum.“

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