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Im Auftrag der Mieter

Eigentum ist heilig, vor allem in Deutschland. Die großen Energieversorger haben die Hand am Zähler, er gehört ihnen. Und so behandeln sie auch ihre Kunden: wie leibliches Eigentum. „Der Zähler ist der verlängerte Arm der Buchhaltung des Versorgers“, sagt Maik Kramer aus Schipkau, einem Ort an der Naht zwischen Brandenburg und Sachsen.

Der 52-jährige Elektromeister ist ein gestandener Installateur im Geschäft, mit viel Erfahrung – mit Energieversorgern und Photovoltaik. Man sieht ihm an, dass er Worte vorsichtig wählt, gut überlegt.

Schon 2005 baute er seine erste eigene Solaranlage. Nach 2007 hat er die Solargeneratoren vor allem bei Wohnungsbaugesellschaften (WBG) gebaut. Schon damals konzipierte er die Anlagen generell so, dass sie für Eigenverbrauch durch lokale Verbraucher geeignet sind. Sogar Speicher lassen sich nachrüsten.

Einstieg über den Messdienst

Viele Ideen trieben ihn um, wie er sich erinnert: „Als ich 2007 mit Überlegungen zur Netzintegration von Photovoltaikanlagen, mit Dienstleistungen zu Netzstabilität und zur Lastgangverschiebung mittels intelligenter Zähler daherkam, wurde ich allseits belächelt.“

In Schipkau und Umgebung herrscht der Regionalversorger Enso, ein Ableger von Vattenfall. „Das Netz galt als der billigste Akku“, erzählt er. „Man speiste den Solarstrom ein, bekam die Vergütung und fertig.“

Erst später kam der Eigenverbrauch in mehrgeschossigen Wohngebäuden ins Gespräch. „Das EEG aus dem Jahr 2009 erlaubte erstmals den Verbrauch des Sonnenstroms vor Ort“, sagt Maik Kramer. „2010 oder 2011 wurde diese neue Möglichkeit praktikabel.“

Anders als viele Akteure in der Photovoltaik kam Kramer auf Umwegen in die Branche. Seit 15 Jahren ist er als Servicedienstleister bei Wohnungsbaugesellschaften unterwegs.

Bereits in den 90er-Jahren führte der gelernte Elektroinstallateur und diplomierte Informatiker im Auftrag etlicher Wohnungsverwaltungen in Sachsen die sogenannten Müllzähler ein.

Mit Müllzählern begonnen

Ab 1999 kamen Wasseruhren hinzu, Wärmemengenzähler und Heizkostenverteiler. Danach führte er jahrelang die Geschäfte eines Messdienstes, bildete sich auf dem Gebiet der Elektrotechnik weiter, machte seinen Meister. Damit war er für Arbeiten unter Spannung – auch am Elektrozähler – qualifiziert.

Und er war handlungsfähig, um Abrechnungen im Stromgeschäft auszuführen. Er ist von den örtlichen Netzbetreibern Enso und Envia als Fachbetrieb konzessioniert, darf elektrotechnische Anlagen im Netzgebiet technisch betreuen und am Zähler arbeiten.

2010 und 2011 hatte Kramers Energie Service (KES) 14 Mitarbeiter. Mittlerweile ist er überwiegend allein unterwegs. „Es ist schwer geworden, gute Mitarbeiter mit Festanstellungsverträgen zu halten und zu bezahlen“, analysiert er.

Der Vorteil: „Drückende Termine wie früher gibt es nicht mehr. Ob man eine Anlage für den Eigenverbrauch früher oder später baut, ist egal.“ Allerdings ist der Beratungsbedarf viel höher, auch bei kleinteiligen Solargeneratoren.

Längst reicht es nicht mehr aus, Solarmodule aufs Dach zu bringen und den Wechselrichter ans Netz zu klemmen. Kramer hat eine interessante Nische aufgetan, indem er eng mit kleineren und mittleren Wohnungsbaugesellschaften kooperiert. Diese verwalten zwischen 400 und 4.000 Wohneinheiten.

Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft in Großenhain bei Schipkau zum Beispiel hat 1.900 kommunale Wohnungen im Bestand. In Ostsachsen stehen die Wohnungsmärkte unter starkem Druck, denn die Abwanderung reißt Löcher in die Bilanzen der WBG, der Leerstand wächst.

Die Entlastung der Nebenkosten des Mieters kann den Spielraum erhöhen, die Kaltmiete zu erhöhen. Oder helfen, die Wohnungen überhaupt zu vermieten.

Nebenkosten senken

Die Nebenkosten, das meint vor allem die Kosten für Heizung und Strom. In vielen ostdeutschen Städten hängen die Mehrgeschosser an der Fernwärme.

Dieses Geschäft betreiben die Stadtwerke, gleichfalls in kommunaler Hand wie die Wohnungsverwaltungen. Da entsteht ein Interessenkonflikt. Denn der Stadtkämmerer möchte vor allem, dass es den kommunalen Unternehmen gut geht. Werden verbrauchsarme Heizungen eingebaut, verliert das Stadtwerk Umsätze oder gar Kunden. Also will niemand die Heizkosten wirklich senken – außer den Mietern.

Anders beim Strom: In diesem Geschäft ist die WBG außen vor, denn der Mieter hat einen Vertrag mit seinem Energieversorger. Nur Hauslicht und der Stromverbrauch der Heizung gehen in die Nebenkosten der Wohnung ein.

Schwieriges Rankommen

An dieser Stelle sah Kramer ein Geschäftsmodell: Stromkosten der Mieter zu senken durch Solargeneratoren auf dem Dach. Er baute auf seine guten Kontakte zu den Wohnungsbaugesellschaften, für die er schon als Messdienstleister unterwegs war. „Einige Wohnungsgesellschaften hatten Geld“, erinnert er sich. „Doch die haben selbst ihre Dächer saniert, da war kein Rankommen.“

Seinerzeit wurden Dächer vor allem gepachtet, um sie mit Photovoltaikmodulen zu belegen. Ein Kilowatt erzielte zwischen 20 und 24 Euro, macht 600 bis 660 Euro im Jahr für einen 30-Kilowatt-Generator. Dafür belastet eine Wohnungsgesellschaft nur ungern das Grundbuch mit Dienstbarkeiten.

Dachpacht als Vorschuss

Also versuchte es der Experte bei den Gesellschaften, die klamm waren. „Ihnen haben wir die Dachpacht für 20 Jahre am Stück angeboten“, erläutert er. „Die Summe hat der Investor als Vorschuss ausgezahlt. Mit dem Geld wurden die Dächer fachmännisch saniert, um die Photovoltaik aufzubringen.“

Im Gegenzug bekam der Investor die Nutzungsrechte über 30 Jahre, zehn Jahre länger als sonst üblich. Das lohnt sich nur, wenn die Solaranlage mit einem Geschäftsmodell betrieben wird, das weiter blickt als 20 Jahre. Die Einspeisevergütung läuft nach zwei Jahrzehnten aus. Eigenverbrauch wird auch danach noch interessant sein, denn die Mieter bleiben – und brauchen weiterhin Strom.

Geeignete Dächer und Nutzungsrechte an diesen waren also erste Voraussetzung, um Mieterstromanlagen zu bauen. Das zweite Problem ergab sich durch die Zähler selbst. Denn der Energieversorger rechnet darüber bislang nur den Strombezug aus dem Netz mit dem Mieter ab. Reine Strombezugszähler müssen die technischen Anschlussbedingungen (TAB) des regionalen Verteilnetzbetreibers erfüllen.

Die Töchter von Vattenfall

Im Einzugsgebiet von KES sind das beispielsweise Envia und Enso. Diese beiden Unternehmen gehörten zum Firmennetz von Vattenfall. Ihre Aufgabe war es, schmutzigen Kohlestrom unter die Leute zu bringen. Bis 2010 hatten die Energieversorger die Hand am Zähler, also die ausschließliche Kontrolle, denn die kleinen Messgeräte gehörten ihnen. Seit August 2010 gilt das „Gesetz zur Öffnung des Messwesens für den Wettbewerb“, das im August 2008 erlassen wurde. Seitdem ist der Elektrozähler nicht mehr die Domäne des Netzbetreibers.

Kundenanlage nach 24a EnWG

Und: Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) von 2011 erlaubte es, eigene Unterzähler in sogenannte Kundenanlagen zu montieren und selbst oder von einem Messdienst betreiben zu lassen (Paragraf 24a EnWG). Damit war das Monopol der Energieversorger gebrochen.

Der erwähnte Paragraf erlaubt den Betrieb einer Kundenanlage, die nicht unter die Hoheit des Netzbetreibers und seiner TAB fällt. Diese Kundenanlage darf die Grundstücksgrenzen nicht überschreiten, sie ist über einen Hauptzähler an der Eigentumsgrenze an das Stromnetz des Netzbetreibers angeschlossen. Intern rechnet die Anlage mittels Unterzähler ab. Soll heißen: Was hinter dieser Grenze in der Anlage des Kunden geschieht, geht die Stadtwerke oder EVU nichts mehr an. Das gilt, solange keine gefährlichen Rückwirkungen ins Netz zu befürchten sind. Dafür gelten aber nicht die TAB, sondern die Regeln der Elektrotechnik, wie in den Vorschriften vom VDE und des Zentralverbands des Elektrohandwerks definiert.

Also lässt sich die Stromversorgung eines mehrgeschossigen Wohngebäudes mit mehreren Mietparteien durchaus als Kundenanlage im Sinne des Paragrafen 24a EnWG betreiben.

Abrechnung mit den Mietern

Voraussetzung ist, dass jemand die Zähler entsprechend einbaut, die Photovoltaikanlage integriert und die Abrechnungen mit den Mietern erledigt. Überschreitet die Kundenanlage die Grundstücksgrenze oder soll aus der Durchleitung des Stroms ein wirtschaftlicher Gewinn erzielt werden, läuft die Wohnungsbaugesellschaft Gefahr, selbst als Netzbetreiber eingestuft zu werden. Das will sie natürlich nicht, das ist nicht ihr Geschäft. Betreibt man die Kundenanlage lediglich, um den Strom vom Dach und aus dem Netz zu den Mietern zu leiten (ohne preislichen Aufschlag), ist die Sache in Ordnung. Was wiederum heißt: Die Photovoltaikanlage liefert den Sonnenstrom zum Eigenverbrauch im Gebäude.

Stromkosten dauerhaft senken

Auf diese Weise können die Stromkosten der Mieter sinken, umso mehr, je mehr Sonnenstrom in ihrer Abrechnung auftaucht. Denn der Solarstrom ist deutlich preiswerter als der teure Strom des regionalen Energieversorgers.

Dieses Geschäftsmodell wurde zwar durch die jüngst eingeführte EEG-Umlage für Mieterstrom wieder ein Stück weit ausgebremst. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Thema wieder massiv auf die Tagesordnung kommen wird. Weil die EEG-Umlage und die Kosten für Photovoltaikstrom dem gleichen Trend folgen: abwärts.

Kramer zieht die Eigentumsgrenze hinter dem Zweirichtungszähler des Energieversorgers, der als Hauptübergabezähler im Schaltschrank des Gebäudes fungiert. Anschließend wird der Strom durch die Unterzähler auf die Mieter verteilt. Die Unterzähler gehören zur Kundenanlage. Weil die vollständige Versorgung mit Sonnenstrom übers ganze Jahr nicht möglich ist, müssen die Mieter in der Nacht oder in sonnenschwachen Monaten Strom aus dem Netz kaufen.

Gemischt oder tarifgenau

Zwei Modelle zur Stromabrechnung bieten sich an: die Abrechnung als Mischmodell aus Solarstrom und Netzstrom oder die tarifgenaue Abrechnung der beiden Stromanteile.

Die Mischkalkulation hat zwei wesentliche Nachteile: Den Mischstrompreis kann die WBG nur ganzjährig festsetzen, für den Abrechnungszeitraum zwischen zwei Jahresablesungen der Mieterzähler. Also trägt sie als Einkäufer des Netzstroms das Risiko, falls der Energieversorger unterjährig die Preise erhöht. Daran haben sich einige WBG die Finger verbrannt.

Einen weiteren Nachteil erläutert Maik Kramer: „Bei einem einheitlichen Mischpreis kann es dem Mieter egal sein, ob er seine Waschmaschine tagsüber laufen lässt oder am Abend. Man erkennt nicht, wann wie viel Photovoltaikstrom genutzt wird.“

Ein Steuergerät für die Zähler

So entwickelten KES und der Systemservice Rösner ein eigenes Tarifsteuergerät für die mietergenaue Abrechnung von Sonnenstrom und Netzeinkauf. Es speist den Sonnenstrom je nach Solarangebot in die jeweiligen Tarifregister des Unterzählers des Mieters ein. Das Tarifsteuergerät ist mit jedem Unterzähler über ein potenzialfreies Telefonkabel oder per WLAN verbunden.

Ist mittags mehr Solarstrom in der Kundenanlage unterwegs, als alle Mieter zusammen verbrauchen, herrscht ein Überschuss. Das Tarifsteuergerät taktet alle Unterzähler im Kanal 2, also mit Sonnenstrom. Der Überschuss lässt den Hauptzähler Z1 von Enso rückwärts laufen, im sogenannten 2.8.0-Register. Sprich: Der Überschuss an Solarstrom wird ins Netz verkauft.

Abends kommt aus einer ungepufferten Photovoltaikanlage naturgemäß kein Solarstrom. In der Kundenanlage ist jetzt ausschließlich Netzstrom unterwegs. Das Steuergerät taktet die Unterzähler auf Kanal 1, auf den Netzstrom des favorisierten Anbieters (EWS Schönau, 26 Cent je Kilowattstunde). Der Enso-Hauptzähler zählt vorwärts im 1.8.0-Register. Heißt: Der Strom wird vollständig aus dem Netz bezogen.

Abrechnung nach Zehntelsekunden

Nun der Fall am Sonntagmorgen um zehn Uhr: Die Solaranlage (20 Kilowatt) läuft mit 20 Prozent Ertrag. Die aktuelle Leistung von vier Kilowatt reicht nicht aus, um alle Elektroherde, Kaffeemaschinen, Toaster und Fernseher der Mieter zu versorgen. Zusammen brauchen sie zehn Kilowatt. Um den Mehrbedarf zu decken, werden sechs Kilowatt aus dem Netz bezogen.

Das Tarifsteuergerät taktet die Unterzähler jetzt im pausenlosen Wechsel: vier Sekunden Solarstrom, sechs Sekunden Netzstrom. Alle zehn Sekunden berechnet es das Mischungsverhältnis und justiert das Taktverhältnis entsprechend nach. Den Feinausgleich im Bereich von Zehntelsekunden erledigt es über spezielle Prozeduren.

Mieter lernen schnell

Die Mieter lernen schnell, dass es sich lohnt, die Verbrauchsgewohnheiten an den Sonnenstrom anzupassen. Auf der Abrechnung sehen sie genau, wie sich der Solarstrom auf den Strompreis auswirkt. Das bedeutet, dass sie starke Stromverbraucher besser um die Mittagszeit einschalten und nicht am Morgen. Auch die Kühltruhe im Keller lässt sich mit einer Schaltuhr aus dem Baumarkt (zehn Euro) sehr leicht anpassen.

„Vor der EEG-Umlage konnte ich den Strom für 16,7 Cent je Kilowattstunde plus 19 Prozent Mehrwertsteuer an die Mieter weitergeben“, rechnet Kramer vor. „Macht 19,9 Cent. Für Netzstrom zahlen die Mieter bis zu 30,2 Eurocent. Das lohnt sich.“ Außerdem halbierte er für die Mieter, die sich an die Kundenanlage anschließen ließen, die Grundgebühren. Das überzeugte sogar die härtesten Skeptiker.

Kramer baut Mehrkanalzähler von Kamstrup ein, einem dänischen Hersteller. Diese Zähler sind MID-geeicht, gemäß EU-Recht. Wie fast jeder Smart Meter verfügen sie über acht verschiedene Kanäle. Kanal 1 ist zum Beispiel für den Strom vom örtlichen EVU (Grundversorger). Auf Kanal 2 könnte der Sonnenstrom liegen, auf Kanal 3 ein BHKW. Kanal 4 nutzt Kramer als Notkanal, falls die Steuerung stottern sollte. Dieser Kanal wird mit einem Mischstrompreis abgerechnet.

Grundtarif nicht kündigen

Die Abrechnung mit den Mietern erledigt er zum Teil selbst, auch haben manche WBG dieses Geschäft für sich entdeckt. Gehört die Photovoltaikanlage ihm selbst, tritt er faktisch als Stromlieferant auf. Bei Solaranlagen von Investoren agiert er lediglich als Dienstleister.

Bisher hat er rund 75 Anlagen installiert, in der Summe etwa 1,3 Megawatt. Er baute Dachanlagen überwiegend in Großenhain, Riesa, Spremberg, in seiner näheren Heimat sowie im Raum Leipzig und Borna.

Die Anlagen gehören in 80 Prozent der Fälle verschiedenen Investoren. Sieben Anlagen gehören ihm und seiner Familie. Die Wartung aller Anlagen erledigt er persönlich.

EEG-Umlage erschwert Mieterstrom

Beispielsweise hat er 2009 in Großenhain auf dem Dach eines Fünfgeschossers rund 100 Kilowatt installiert, mit kristallinen Modulen von ET Solar. Nebenstehende Gebäude erhielten kleinere Generatoren mit 30 Kilowatt oder weniger.

2010 verkaufte er den Sonnenstrom für 19,9 Cent je Kilowattstunde an die Mieter. Damals wurde Eigenverbrauch mit einem Bonus bedacht, nicht mit der EEG-Umlage abgestraft. Später musste er deshalb die Preise erhöhen, auf 22 beziehungsweise 23 Cent pro Kilowattstunde. Trotz der schlechteren Bedingungen durch die EEG-Umlage (derzeit 6,15 Cent je Kilowattstunde) ist sich Maik Kramer sicher: „Auch in 30 oder 40 Jahren werden die Wohngebäude und ihre Mieter günstigen Strom brauchen.“

Quasi nebenbei löst Kramer so auch noch ein weiteres Problem, das in der jüngeren Zeit aufgetaucht ist. Die Energieversorger schicken den Betreibern von Solaranlagen jetzt Abrechnungen mit horrenden Preisen: für den Eigenstrom der Wechselrichter.

Eigenstrom der Wechselrichter

Über eine Kundenanlage des Wohnhauses wird der Wechselrichter bezugsseitig für den Netzbetreiber unsichtbar. Zudem wird der Netzbezugsstrom von einem günstigen Lieferanten gestellt, etwa von EWS Schönau. Der marginale Eigenbedarf des Solarkraftwerks geht im Strombezug der Mieter auf. Denn der Wechselrichter hängt jetzt an der Kundenanlage, und nicht mehr direkt am Stromnetz.

Da die EEG-Umlage nur für Anlagen fällig wird, die ab August 2014 errichtet wurden, funktioniert die Sache zumindest bei den älteren Photovoltaikanlagen mit hoher Akzeptanz bei den Mietern. Bei neueren Anlagen mit EEG-Umlage willigt nur die Hälfte der Mieter ein, weil der Sonnenstrom kaum billiger ist als Netzstrom von Ökostromanbietern. Dann zieht auch keine halbierte Grundgebühr mehr.

Auch 2014 hat Kramer einige Anlagen gebaut, in letzter Zeit vor allem auf Flachdächern. Nun wartet er erst einmal ab. Seit Januar 2015 wurden bundesweit die Vorschriften für Zähler verschärft, für alle Zähler: Elektro, Wasser, Wärmemengen. Wer nicht geeichte Zähler verwendet oder Zähler weiter betreibt, deren Eichfrist überschritten ist, begeht eine Ordnungswidrigkeit und riskiert eine Geldbuße – bis zu 50.000 Euro.

Meldepflicht für neue Zähler

Zudem hat das Eichamt einen Erlass herausgegeben: Künftig sind alle Zähler in deutschen Landen im Webportal der Behörde meldepflichtig. Messdienstleister müssen eine gigantische Datenbank füttern, mit Seriennummer, Eichdaten, Ablaufdatum und Einbauort.

In Deutschland gibt es rund 40 Millionen Mietwohnungen. Häufig haben sie zwei Wasseruhren (warm und kalt), einen Wärmemengenzähler und einen Elektrozähler. Macht vier Zähler je Wohnung, also 160 Millionen im ganzen Land. Nicht gerechnet die Zähler in Industrie und Gewerbe, in kommunalen und öffentlichen Gebäuden, in Verkehrsgebäuden, Kliniken und anderen Bauten. Kramers Urteil: „Da ist Knatsch vorprogrammiert.“

Kamstrup

Smarte Zähler mit Fernauslese

Kamstrup ist ein dänischer Hersteller, der europaweit Zähler anbietet. Das Unternehmen ist beispielsweise in Schweden sehr präsent, wo Smart Meter mit Fernauslesung als Standard gelten – flächendeckend.

Smart Meter sind generell mehrtariffähig. In Schweden gibt es keine Kleinstaaterei mit den TAB wie bei den deutschen Energieversorgern. Die Zähler befinden sich meist in oder nahe bei der Wohnung des Mieters. Das ist eine Voraussetzung, um den Internetstandard IP6 zu implementieren, wie in Schweden sowie den USA derzeit diskutiert. Deutschland nutzt noch IP4, dessen Adressenrahmen sehr beschränkt ist. Durch IP6 eröffnet sich die Möglichkeit, jedem Endgerät im Haushalt des Mieters eine eigene physische IP-Adresse zu geben. Der Elektrozähler fungiert als Gateway. In Schweden tappt kein Messdienst mehr durchs Haus.

In Deutschland werden Kamstrup-Zähler vornehmlich in der Industrie eingebaut, wo hohe Anforderungen an die Messgenauigkeit bestehen und wo die TAB nicht gelten. Die Mehrkanalzähler nutzt man immer dort, wo mehrere verschiedene Stromtarife über den Tagesverlauf für die interne Verrechnung zu erfassen sind.

In 99 Prozent der deutschen Wohngebäude dominieren Zähler mit nur einem Kanal. Dagegen haben mehrkanalige Zähler aus Sicht des Mieters einen wesentlichen Vorteil: Sie können den Strombezug von verschiedenen Lieferanten unterscheiden und abrechnungstechnisch getrennt zuordnen. Beim Wechsel des Stromanbieters muss der Mieter nicht mehr kündigen. So läge auf dem ersten Kanal zum Beispiel der Grundversorger, danach käme der favorisierte Ökostromanbieter, dann eine dritte Lieferquelle und so weiter.

Der intelligente Mehrtarifzähler von Kamstrup kann die Liefermengen auf die Zehntelkilowattstunde genau aufschlüsseln. Multipliziert mit dem Lieferpreis kann ein Messdienstleister damit leicht abrechnen. Soll die Abrechnung zeitlich gesteuert erfolgen, bietet Kamstrup einen internen, quarzgenauen Timer, der acht Kanäle in definierter Weise umschaltet.

www.kamstrup.com

WBG oder Eigentümergemeinschaft

Wem gehört die Kundenanlage?

Die Kundenanlage gehört dem Gebäudeeigentümer. Das kann ein privater Vermieter sein, der einen Mehrgeschosser mit Wohnungen vermietet. Das kann eine Eigentümergemeinschaft sein oder Mischformen aus Vermietung und Eigentum. In jedem Fall gehört die Kundenanlage zum Haus. Die Eigentumsgrenze ist der Bezugszähler des lokalen Grundversorgers. Die Eigentümer des Gebäudes können die Kundenanlage selbst verwalten, inklusive Ablesung der Mieterzähler und Abrechnung. Oder sie geben diese Aufgabe an einen Messdienst ab, der wie im Falle von KES aus Schipkau auch die Photovoltaikanlage installiert hat und regelmäßig wartet.

Zum Anschluss an die Solaranlage kann man die Mieter nicht zwingen. Europäisches Recht schreibt vor, dass jeder Stromkunde seinen Anbieter frei wählen darf. Deshalb ist es vor der Implementierung einer solchen Eigenverbrauchsanlage notwendig, mit den Mietern zu sprechen und ihr Einverständnis einzuholen. Einzelne Mieter, die sich nicht beteiligen wollen, können ohne Weiteres ihren Strom übers Netz beziehen. Sie werden vom Steuergerät der Unterzähler auf den Kanal ihres Wahlversorgers gelegt, ohne Umschaltung auf die Photovoltaik.

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