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Bis zur letzten Schraube

Heftige Winde wehen dort drüben, in Belfast, in der wichtigsten Stadt Nordirlands. Zwar liegt die Metropole an einer schützenden Bucht, gegenüber der schottischen Küste. Aber Irland ist flach, und von Grönland rasen die Gails über den Nordatlantik heran.

Die Gails, das sind die Orkane, die das Gras, die Sträucher und Katen an den Boden drücken. Die diese Weltecke zu einem der größten Friedhöfe für Schiffe gemacht haben. Die Gails – für Iren, Schotten und Engländer sind sie der Inbegriff der rauen See. „Wer dort Photovoltaik installieren will, muss sehr hohe Windlasten beherrschen“, urteilt Franz Stangl, Inhaber der Firma Ambivolt aus Gangkofen bei Dingolfing. „Dort kann man die Lasten nicht einfach über Selbstbohrschrauben in der Dachhaut abfangen, sondern man muss sie gleichmäßig und dauerhaft ins Dach einleiten.“

Stangl installierte in Belfast bis Ende März rund 3,6 Megawatt, auf mehreren Trapezblechdächern, in acht Teilgeneratoren. Das Gebäude gehört Bombardier Aerospace. Es befindet sich genau gegenüber vom City Airport, in unmittelbarer Küstennähe. Die Fabrik ist 18 Meter hoch, die durchschnittliche Windgeschwindigkeit liegt bei 26 Metern pro Sekunde, das sind knapp 100 Stundenkilometer. Zwischen September und März kann die See richtig wütend werden, dann gibt es Sturmtage mit Orkanen von 130 Stundenkilometern und mehr.

Die Gischt nagt an der Elektrik

Hinzu kommt die aggressive, salzhaltige Gischt, die gierig an den Komponenten nagt. „Dort verbauen wir 14.000 polykristalline Module von Jinko Solar und 103 Trio-Stringwechselrichter von Power-One“, erläutert Stangl. „Die eigentliche Herausforderung ist das Montagesystem. Denn das Dach besteht aus einer Sandwichkonstruktion. Alle drei Meter gibt es Oberlichter. Aber dieser Herausforderung stellen wir uns gern.“

In diesem Fall wurden die Oberlichter komplett überbaut, wodurch eine erhebliche Ersparnis bei der Klimatisierung der Hallen erreicht wird. Die Investition beläuft sich auf rund drei Millionen Pfund, etwa vier Millionen Euro. Das ist kein Pappenstiel, da wollen die Investoren auf Nummer sicher gehen. Die Module wurden mit einer Abweichung von 60 Grad von Süden ausgerichtet und zwischen zwölf und 15 Grad aufgeständert.

Stangl hat viel Erfahrung mit schwierigen Dächern. „Ich gehe bis in die letzte Schraube rein, in jedes Detail“, sagt er. Schon 2008 hat er auf der Atlantikinsel Teneriffa die ersten Dachanlagen gebaut, gleichfalls eine windige Weltgegend.

Damals buk er kleinere Brötchen. Fünf Anlagen installierte er, mit zusammen 640 Kilowatt Leistung. Damals betrug die Investition rund vier Millionen Euro.

So hat sich der Markt gewandelt: 2008 kaufte Stangl sein Montagesystem noch bei Schletter ein. 2011 brachte er sein eigenes Montagesystem für Flachdächer auf den Markt. Damals war es speziell für die Solarmodule von First Solar ausgelegt. Mittlerweile bildet das Ost-West-System Ambilight die Basis für eine ausgeklügelte Produktfamilie, je nach Dachtyp und Unterkonstruktion. Prinzipiell ist Ambilight ein aerodynamisches Montagesystem, das durch Ballastierung auf dem Dach gehalten wird. Auch Dachhaken und Montagesysteme für schräge Ziegeldächer hat Ambivolt im Angebot.

Auf Teneriffa erprobt

Auf Teneriffa ließ Stangl seinerzeit die ersten Profile pressen, um den langwierigen Transport der Montagesysteme quer durch Europa und per Schiff auf die Insel zu umgehen. Seit 2006 ist Stangl in der Photovoltaik unterwegs.

Eigentlich war der promovierte Agrarwissenschaftler als Berater bei der Uno tätig, befasste sich mit genetischen Datenbanken für Tiere. Er arbeitete viel mit den Programmierern von Datenbanken zusammen, lebte und arbeitete in Italien, mit Blick auf das Colosseum in Rom. Danach arbeitete er für den Mobilfunkanbieter O2, leitete acht Jahre lang die Softwareentwicklung für die Internetportale: Verwaltung des E-Mail-Verkehrs, Abrechnungsdienste, Online-Shop. „Seinerzeit hatte ich 25 Mitarbeiter in München“, erzählt er. „Dann wollte ich in die Strombranche gehen. Ich wollte Biogasanlagen bauen, hatte aber keine Felder.“

Also ging er nach Spanien, damals ein Mekka der Photovoltaik. Heute ist Ambivolt nicht mehr in Spanien aktiv, wohl aber in den deutschsprachigen Märkten und in Großbritannien. 2008 begann Stangl, neben kristallinen auch Dünnschichtmodule von First Solar zu installieren, rund 10.000 Paneele. 2009 baute er in Deutschland vier kristalline Anlagen mit je 500 Kilowatt.

Langsam kamen die Aufträge

Im Folgejahr wuchs der Auftragsbestand auf drei große Anlagen, die zusammen 1,5 Megawatt leisteten. 2011 installierte er rund 40.000 Module von First Solar in vier Anlagen, davon 1,5 Megawatt auf die Lagerhalle von Michelin in Freystadt. 2012 baute Ambivolt 2,2 Megawatt bei AEG Elektrolux in Dormagen bei Köln und 700 Kilowatt auf einem Kuhstall bei Leipzig. Im Jahr 2013 errichtete das Unternehmen einen Solargenerator mit 500 Kilowatt bei Puma in Schlüsselfeld und eine Anlage mit einem Megawatt auf einem Konservenbetrieb bei Landau. Die Hälfte der Solarerträge wird im Unternehmen verbraucht.

Der Markt wird sich erholen

Im vergangenen Jahr wurde es ruhiger, Stangl baute 16.000 Module von First Solar bei Leipzig auf, im Auftrag von Colexon, immerhin 1,5 Megawatt. Zehn Mitarbeiter hat Ambivolt derzeit. „Wir konzentrieren uns im Projektgeschäft auf Anlagen ab 300 Kilowatt aufwärts.“ Franz Stangl gibt auch einen Ausblick: „Ich bin mir sicher, dass sich der Markt in diesem Jahr erholen wird. Unser Ost-West-System kann bei Anlagen mit Eigenverbrauch seine Vorteile voll ausspielen.“

Nun also 3,6 Megawatt, so groß wie nie: In Belfast ist es nur eine einzige Baustelle, die solche Größenordnungen erreicht. Ambivolt hat eigens dafür ein spezielles Montagesystem entwickelt. Basis sind Profile mit 400 Millimetern Länge. Sie werden mit Fablock-Spreiznieten verankert.

Nieten statt Dachdurchdringung

Rund 42.000 Nieten aus Edelstahl und Aluminium wurden bestellt, um 14.000 Einzelprofile zu befestigen. Die Last des Systems wird gleichmäßig in die Deckschale eingeleitet. Die Fablock-Nieten sitzen auf der nicht wasserführenden Hochsicke und sind mit Dichtringen und zusätzlichen EPDM-Streifen gegen Feuchtigkeit gesichert. Auf der Oberseite der Deckschale des Dämmschichtelements spreizen sich die Nieten, garantieren so auch bei laufenden Einwirkungen durch Wind und thermische Längenausdehnung eine dauerhafte Standfestigkeit. Die Dachdurchdringung und somit Beeinträchtigung des laufenden Produktionsbetriebes in den Hallen konnte so vermieden werden.

Gen Süden wurden immer zwei Module übereinander auf dem Montagesystem befestigt, ohne Windbleche nach hinten. Dort verlaufen die Wartungsgänge, dort brauchen die Installateure freien Zugang zu den Anschlussdosen und den Steckern. Der Gang beträgt hier einen komfortablen Meter. „Da kommt man besser an die Module heran, als wenn die Wartungsstege vor den Modulen verlaufen würden“, kommentiert Stangl.

Eine eigene Wissenschaft

Flachdachsysteme sind eine eigene Wissenschaft. Theorie und Praxis hat Franz Stangl eingehend studiert. „Die Dachauslegung muss neben dem mechanischen und chemischen Bautenschutz sowie einer ausreichenden Ballastierung vier Punkte berücksichtigen“, fasst er seine Erfahrungen zusammen. „Das sind der ungehinderte Wasserabfluss, die Biegesteifigkeit der Profile, die Lasteinleitung ins Dach und die thermische Längenausdehnung der Solarmodule sowie der Komponenten des Montagesystems.“

Das Ambilight-System hat Lastlinien quer zur Tragschale des Daches und bringt so die Lasten sehr gleichmäßig aufs Dach. Es vermeidet Punktlasten. Die Montageschienen werden in Längsrichtung mit einer Unterbrechung von 20 Zentimetern alle zwei Meter verlegt, dann kann das Wasser besser abfließen.

Lasten gleichmäßig einbringen

Für Flachdächer mit sensiblen Folien als oberster Dachhaut hat Stangl einen speziellen Montagefuß entwickelt, bei dem die Profilschiene mit einem 120 oder 150 Millimeter breiten Fuß abschließen.

Dadurch verteilt sich die Last besser in der Fläche. Der Fuß von Ambilight ist zum Dach hin flächig mit Kunststoff beschichtet, wie er normalerweise verwendet wird, um Dachbahnen zu verkleben. Er ist kompatibel zu allen Foliendächern, auch mit Bitumen.

Und weil Stangl in jedes Detail kriecht, hat er sich für die Kanten am Ende der Modulschiene eine besondere Lösung einfallen lassen: Dort setzt er zusätzlich zur Anfasung der Profile ein Dachbahnstück aus PVC, damit sich die Kante nicht in die Dachfolie einschneiden kann. Das PVC-Stück ist mit einem Vlies beschichtet, das als Diffusionssperre für den Weichmacher aus dem PVC wirkt. Sonst könnte der Weichmacher in die Folie wandern.

Auf Bitumendächern packt er unter die Montageschiene spezielle Bautenschutzmatten. Dadurch ist die Photovoltaikanlage zusammen mit dem integrierten Dilatationsausgleich komplett vom Dach entkoppelt. Andernfalls könnte die thermische Längenausdehnung der Schienen das Bitumen verformen und zerreißen.

Eine solche Lösung wählte Ambivolt bei dem 500-Kilowatt-Generator, der 2013 auf dem Hallendach von Puma in Schlüsselfeld installiert wurde. Auch dort trat Ambivolt als Projektentwickler und Generalunternehmer auf.

Ambilight

Variantenreiches Montagesystem für Ost-West-Dächer

Das Ost-West-Montagesystem Ambilight wurde 2011 entwickelt und seitdem ständig verbessert und durch neue Varianten ergänzt. Es kommt mit besonders wenig Ballast aus und gewährleistet, dass der Regen vollständig abfließen kann. Eine Besonderheit ist die biegesteife Kopplung der Reihen mit integriertem Dilatationsausgleich. Der Montageaufwand ist sehr gering, alle elektrischen und mechanischen Komponenten des Solargenerators sind gerade bei den Ausführungen Eco Plus und Opti Plus gut zugänglich. Die Klemmen sind vormontiert und von oben verschraubbar. Die Montage kommt ohne Dachdurchdringungen aus. Das System eignet sich für gerahmte und rahmenlose Module gleichermaßen. Es wurde im Windkanal getestet und durch das Institut für Industrieaerodynamik an der Fachhochschule Aachen zertifiziert.

Ambilight Eco: Fußverlauf quer zur Modullängskante. Das ist ideal, wenn die Module parallel zum Sickenverlauf der Tragschale oder zum Hallenfirst ausgerichtet werden. Der Befestigungsabstand der Modulklemmen ist variabel, vorgegebene Klemmbereiche können dadurch jederzeit eingehalten werden. Das System bietet einen guten Preis, sehr gute aerodynamische Eigenschaften und eine hohe Flächennutzung von etwa 90 Prozent bei sehr guter Zugänglichkeit von Verkabelung und Dachhaut. Geeignet für hohe Schneelasten und besonders druckempfindliche Dämmung.

Ambilight Eco Plus: Baugleich mit Ambilight Eco,die Module werden aber an den Ecken geklemmt. Hierfür ist eventuell eine Einzelfreigabe des Modulherstellers notwendig.

Ambilight Opti: Durch die parallel zur Modullängskante laufenden Fußprofile wird dieses Montagesystem normalerweise unabhängig von der Himmelsrichtung quer zum Hallenfirst aufgestellt. Hierdurch ergibt sich eine optimale Selbstreinigung mit Wasserablauf über die Modulecke. Der tatsächliche Neigungswinkel ist dann bei allen Modulen gleichmäßig größer als zehn Grad. Der Befestigungsabstand der Modulklemmen ist variabel. Ambilight Opti bietet sehr gute aerodynamische Eigenschaften und eine hohe Flächennutzung von 90 Prozent bei sehr guter Zugänglichkeit von Verkabelung und Dachhaut. Geeignet für hohe Schneelasten und besonders druckempfindliche Dämmung.

Ambilight Opti Plus: Baugleich mit Ambilight Opti, die Module werden aber an den Ecken geklemmt. Hierfür ist eventuell eine Einzelfreigabe des Modulherstellers notwendig.

Ambilight Ultra: Dieses Montagesystem nutzt das Flachdach maximal aus. Damit können im Vergleich zu anderen Systemen bis zu 150 Prozent mehr Module installiert werden. Die zum Teil vormontierten Klemmen können ohne Muttern oder Nutensteine von oben in die Profile gesteckt und verschraubt werden. Deshalb ist die Montage sehr einfach und schnell. Ambilight Ultra bietet einen guten Preis und gute aerodynamische Eigenschaften, der Befestigungsabstand der Modulklemmen ist variabel.

Ambilight RL: Diese Variante wurde speziell für rahmenlose Module entwickelt. Im Vergleich zu anderen Ost-West-Systemen können mindestens zehn Prozent, im Vergleich zur Südaufständerung bis zu 150 Prozent mehr Module installiert werden. Durch kurze Fußschienen ist der Wasserablauf gewährleistet. Ambilight RL bietet gute aerodynamische Eigenschaften, die Klemmen wurden von wichtigen Modulherstellern wie First Solar oder Calyxo freigegeben.

www.ambivolt.de

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