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Zwischen den Zeiten

Der 28. November 2014 war ein schwarzer Tag für die Solarbranche in der Schweiz. So zumindest kommentierte der eidgenössische Solarverband Swissolar den Gang des Wechselricherherstellers Sputnik Engineering in Biel-Seeland zum Konkursamt. Immerhin war das Unternehmen der größte und vor allem bekannteste Hersteller von Photovoltaikkomponenten in der Schweiz.

Sofort begann die Suche nach einem Käufer, der auch gefunden wurde. Lange hat es gedauert. Doch jetzt ist die Wechselrichtermarke Solarmax gerettet. Einziger Wermutstropfen für Swissolar: Solarmax ist nicht länger ein schweizerisches Unternehmen. Seit 1. April firmiert die Marke unter Soma Holding im bayerischen Ellzee. Eingetragen ist das Unternehmen beim Amtsgericht Memmingen am Fuße des Allgäu.

Der Investor hat die Entscheidung, die Produktion aus der Schweiz abzuziehen, nicht ohne Grund getroffen. Sicherlich spielt dabei der derzeit hohe Kurs des Franken eine große Rolle. Doch die offizielle Begründung war, dass die Einzelteile ohnehin schon aus Bayern kamen und in Biel nur noch zu Wechselrichtern zusammengeschraubt wurden.

Die Zahlen lassen hoffen

Das Unternehmen kümmerte sich von Anfang an darum, dass der Service und die Überwachung der Geräte die ganze Zeit gewährleistet blieben. Nur die Garantiefälle konnten die Schweizer nicht mehr bearbeiten. Mit dem Weggang von Solarmax reduziert sich die Branche in der Schweiz neben der Zulieferung von Maschinen zur Produktion von Modulen vor allem auf die Installation von Photovoltaikanlagen.

Die diesbezüglichen Zahlen lassen hoffen, dass der Bau von Solaranlagen in der Eidgenossenschaft vergleichsweise gut weitergeht. Zwar verzeichnete Swissolar für das vergangene Jahr einen leichten Rückgang beim Zubau. Die gut 320 Megawatt Neuinstallationen lagen leicht unter dem Wert von 2013. „Positiv ist festzuhalten, dass wir jetzt ein Gigawatt installierter Photovoltaikleistung in der Schweiz haben und bei 1,5 Prozent Anteil angekommen sind, gemessen am Gesamtstrombedarf in der Schweiz, betont David Stickelberger, Geschäftsführer von Swissolar. Der Ausbau der Photovoltaik hat sich auf hohem Niveau stabilisiert. Stickelberger erwartet, dass es auch in den kommenden Jahren so weitergeht. Zumindest unter der Voraussetzung, dass das Bundesamt für Energie (BFE) auch in den kommenden Jahren 150 Megawatt über die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) fördert.

Warteliste bleibt lang

Diesen Zahn hat das BFE aber inzwischen gezogen. Denn die Berner Beamten stellen klar, dass die bereits eingestellten Kontingente für die Jahre 2015 und 2016 von jeweils 150 Megawatt auf drei Jahre verteilt werden. Das BFE begründet diese Entscheidung mit der Verzögerung beim Inkraftsetzen der Energiestrategie 2050. „Würde diese Verteilung nicht erfolgen, könnte 2017 kein weiteres Kontingent ausgestellt werden“, erklären die Beamten im BFE. Somit können in den Jahren 2015 bis 2017 voraussichtlich rund 100 Megawatt jährlich freigegeben werden.

Dies reicht bei Weitem nicht aus, um die lange Liste der Projekte abzuarbeiten, die auf eine KEV warten. Immerhin stehen 35.000 Photovoltaikanlagen auf dieser Warteliste. Nach Berechnungen des BFE werden in diesem Jahr Betreiber eine Einspeisevergütung bekommen, die ihre Anlage bis zum 20. September 2011 angemeldet haben. Zwar bekommen diese dann den zur Anmeldung gültigen Tarif. Dieser lag für normale Anlagen je nach Größe zwischen 28,9 und 48,3 Rappen pro Kilowattstunde. Doch wird die Wartezeit nicht angerechnet, sodass die Betreiber die Einspeisevergütung nicht mehr 20, sondern nur 16 bis 17 Jahre lang bekommen.

Es wird eng mit der KEV

Gegen Ende 2017 kann die Warteliste voraussichtlich bis zu den Anmeldungen abgebaut werden, die spätestens 2011 eingegangen sind. „In der Vergangenheit haben die Anlagenbetreiber darauf gehofft, dass sie irgendwann die KEV bekommen. Das können sie sich aber langsam abschminken“, schätzt David Stickelberger die aktuelle Situation ein.

Deshalb ist auch der Plan des BFE, die KEV-Tarife bis zum 1. Oktober 2016 schrittweise um sieben bis 13 Prozent je nach Anlagengröße zu senken, nur eine kleine Baustelle für Swissolar. „Denn die Anlagenbetreiber, die sich nach 2012 in die Warteliste eingetragen haben, werden wahrscheinlich keinen positiven Bescheid mehr bekommen“, prognostiziert Marc Muller, Bereichsleiter Solarenergie beim BFE. „Dies hängt von der Entscheidung des Parlaments und einer eventuellen Volksabstimmung ab. Dazu wird es aber keine Entscheidung vor 2016 oder 2017 geben“, erklärt er mit Blick auf die Energiestrategie der Schweizer Regierung. Diese liegt derzeit in der Kantonskammer des Parlaments, dem Ständerat. Der Nationalrat hat die Strategie bereits abgesegnet.

Den Fördertopf auffüllen

Neben dem Ausstieg aus der Kernkraft nimmt die Regierung in Bern mit der Strategie auch den Ausbau der erneuerbaren Energien ins Visier. So soll der Anteil der Photovoltaik an der Stromerzeugung bis 2050 auf 20 Prozent steigen und zusammen mit der üppig vorhandenen Wasserkraft die Schweizer mit Strom versorgen.

Dazu soll der Fördertopf wieder aufgefüllt werden. Als Teil der Energiestrategie will die Regierung die Umlage, die die Schweizer Stromverbraucher für die Energiewende bezahlen, von derzeit 1,5 auf 2,3 Rappen anheben. Dass dieser Plan die Beratungen im Ständerat unbeschadet übersteht, ist jedoch nicht sicher. „Der Ständerat wird irgendetwas anderes entscheiden als der Nationalrat“, prophezeit Patrick Hofstetter, Leiter der Abteilung Klima und Energie beim WWF Schweiz. „Er könnte allerdings auch die Regelung genau analysieren. Dann würde er merken, dass der Preis an der Strombörse sinkt. Er liegt inzwischen nur noch bei vier Rappen pro Kilowattstunde statt der sechs oder sieben Rappen, auf deren Basis die 2,3 Rappen berechnet wurden. Dann müsste man den Deckel erhöhen und drei Rappen verlangen. Bei den aktuellen Preisen an der Strombörse könnte man damit die gleiche Ausbaumenge fördern wie vorher mit den 2,3 Rappen. Das wird der Ständerat allerdings nicht machen.“ Auch Stickelberger stellt ernüchtert fest, dass selbst die 2,3 Rappen nicht für ein massives Wachstum sorgen werden.

Deshalb setzt der Branchenverband auf die Einmalvergütung. Für Anlagen bis zehn Kilowatt erhalten die Betreiber nur noch diesen Investitionszuschuss von 30 Prozent der Kosten. Diese Anlagen nimmt das BFE schon gar nicht mehr in die Warteliste zur KEV auf.

Bei Anlagen zwischen zehn und 30 Kilowatt kann sich der Betreiber zwischen KEV und Einmalvergütung entscheiden. „In diesem Segment spricht vieles für die Einmalvergütung“, erklärt Stickelberger. „Schließlich gibt es da weder eine Warteliste noch einen Deckel. Und auch die Bearbeitung der Anträge durch den zuständigen Netzbetreiber Swissgrid sollte keine Probleme bereiten.“

Nicht ohne Hürden

Zwar bestätigt Stickelberger, dass der Investitionszuschuss bereits zu greifen beginnt. Doch die Wirtschaftlichkeit hängt davon ab, ob der Anlagenbetreiber den Strom zumindest teilweise selbst verbrauchen kann. „Ab einer Eigenverbrauchsquote von 20 Prozent ist die Einmalvergütung rentabler als die KEV“, rechnet Stickelberger vor. „Kommunizieren Sie das Ihren Kunden gegenüber, dass die Einmalvergütung bei Eigenverbrauch interessanter ist!“, fordert er die Installateure auf. „Noch wirtschaftlicher wird der Investitionszuschuss, wenn man davon ausgeht, dass die Betreiber nicht nur drei, sondern fünf Jahre auf die KEV warten, was derzeit viel realistischer ist.“

Das Parlament hat zum 1. April des vergangenen Jahres den Eigenverbrauch genehmigt. Zudem hat es untersagt, dass die Energieversorger die Stromkunden mit einem höheren Stromtarif bestrafen, die sich ihren Strom selbst produzieren. Zumindest Betreibern von Anlagen mit einer Leistung bis zehn Kilowatt dürfen sie nicht mehr Geld abverlangen als anderen Stromkunden.

Anlagen werden kleiner

Doch ganz ohne Hürden läuft es nicht mit dem Eigenverbrauch in der Schweiz. Das weiß auch der Geschäftsführer des Branchenverbandes. Denn die Hauseigentümer müssen es ja schaffen, den Solarstrom zu 20 Prozent selbst zu verbrauchen, wenn die Einmalvergütung rentabel sein soll. Dadurch werden die einzelnen Anlagen kleiner, was wiederum zulasten des Gesamtzubaus geht. Bei größeren Eigenverbrauchsanlagen sieht das schon besser aus.

Schließlich werden diese in der Regel auf Gewerbebetrieben installiert, die von Hause aus eine höhere Eigenverbrauchsquote haben, da sich das Ertragsprofil besser mit dem Lastprofil deckt als bei privaten Haushalten. Allerdings ist dies nicht ohne einen Haken. „Die Energieversorger haben in diesem Segment die Möglichkeit, eigene Stromtarife einzuführen, wodurch der Kunde mehr für den Strom aus dem Netz bezahlt“, klagt Stickelberger. „Dies kann die Wirtschaftlichkeit von Eigenverbrauchsanlagen zunichtemachen.“

Sperrig wird es für Eigenverbrauchsanlagen auf Mehrfamilienhäusern. Mit einer wahren Abrechnungs- und Zählerorgie bauen die Energieversorger in diesem Segment zusätzliche Hürden ein, um das Modell des Eigenverbrauchs unattraktiv zu machen. Denn sie halten sich nicht an die Gebühren für die Zähler, wie sie vom BFE empfohlen werden, sondern verlangen eine höhere Zählermiete. Außerdem muss jeder Stromkunde im Mehrfamilienhaus separat seinen Strom mit dem Energieversorger abrechnen, was zu einem erheblichen Mehraufwand führt. „Aus unserer Sicht ist die separate Abrechnung jedes einzelnen Kunden im Mehrfamilienhaus nicht nötig“, erklärt Stickelberger. „Es würde reichen, den Stromverbrauch zwischen der Eigenverbrauchsgemeinschaft und den einzelnen Bewohnern im Gebäude auf der einen Seite abzurechnen und auf der anderen Seite zwischen dem Elektrizitätswerk und der Eigenverbrauchsgemeinschaft.“

Keine erfreuliche Perspektive

Die großen gewerblichen Anlagen mit einer Leistung von mehr als 30 Kilowatt bekommen gar keine Einmalvergütung. Diese sind auf die KEV angewiesen. „Wir setzen uns derzeit dafür ein, dass die Regelung der Investitionsförderung auch auf große Anlagen ausgeweitet wird“, betont David Stickelberger.

Die Chancen dafür stehen gut. Immerhin hat der Nationalrat bereits beschlossen, dass ab 2017 auch große Anlagen über die Einmalvergütung gefördert werden. Derzeit tummeln sich die Anlagen aber noch auf der Warteliste zur KEV, was keine erfreuliche Perspektive ist. „Beim Bau von Großanlagen arbeiten die Betreiber auch typischerweise mit Contracting-Modellen und Dachmietkonzepten. Doch da sieht die Situation mit den aktuellen KEV-Tarifen nicht gut aus“, erklärt der Geschäftsführer von Swissolar. „Für solche Dachmietmodelle sind derzeit nur geringe Margen möglich.“

Ohne Förderung bauen

Außerdem wird es zusätzlich noch kompliziert, mit Eigenverbrauchsmodellen zu arbeiten. Andererseits erreichen Gewerbe- und Industriebetriebe oder Einkaufszentren hohe Eigenverbrauchsquoten. „Hier sehen wir einen Trend, dass sich die Unternehmen darauf einrichten, die Anlagen auf ihren Dächern ohne Förderung zu bauen. Wir stellen fest, dass das Interesse an solchen Anlagen steigt“, sagt Stickelberger

Er verweist auch darauf, dass nicht nur der Bund den Bau von Solaranlagen unterstützt. Auch die Kantone stecken viele Mittel in die Förderung der Photovoltaik. So fördert die Stadt Bern Solarstromanlagen mit einem Investitionszuschuss von 1.500 Franken pro Kilowatt installierter Leistung. Ist der Generator kleiner als zehn Kilowatt, bekommt der Betreiber immerhin noch 1.000 Franken von der Stadt als Zuschuss.

Bescheid ohne Wartezeit

Der Kanton Basel-Stadt hat eine eigene KEV eingeführt. Alternativ können sich die Betreiber für einen Zuschuss von 1.250 Franken pro Kilowatt entscheiden, wenn die Anlage weniger als zehn Kilowatt leistet. Auch die Stadt Luzern unterstützt den Bau von großen Eigenverbrauchsanlagen mit einem Zuschuss von maximal 30 Prozent der Investitionskosten. Der Kanton Thurgau gibt immerhin noch 750 Franken pro Kilowatt zum Bau von Gemeinschaftsanlagen mit einer Leistung von mehr als 30 Kilowatt dazu.

Die Stadt Sankt Gallen hat auf die lange Warteliste der KEV reagiert und zahlt immerhin 90 Prozent des Tarifes, den der Betreiber als KEV bekommen würde. Damit hat er zwar einen schlechteren Tarif, doch bekommt er diesen ohne jahrelange Wartezeit. Ein ähnliches Modell hat auch Winterthur eingeführt. Der Kanton zahlt zwar den kompletten KEV-Tarif, allerdings nur als Überbrückung für drei Jahre. Zwei Jahre länger überbrückt die Stadt Horgen im Kanton Zürich die Wartezeit auf die KEV. Der Kanton Genf hat einen eigenen Einspeisetarif entworfen, und auch der Kanton Waadt zahlt immerhin 90 Prozent des KEV-Tarifes, ohne dass der Betreiber darauf warten muss. Die Liste der regionalen Förderungen ist noch länger und auf der Internetseite von Swissolar nahezu vollständig aufgeführt.

Auf diese Weise wird der Ausbau der Photovoltaik in der Schweiz weitergehen. Auch wenn die Politik noch über die Rahmenbedingungen debattiert und sich viele Energieversorger mit Händen und Füßen wehren. Bisher haben sich in der Schweiz nur wenige Elektrizitätsunternehmen auf die Energiewende eingestellt und ihre Geschäftskonzepte überdacht. Eins ist jedoch sicher: Wechselrichter wird es aus der Schweiz so schnell nicht mehr geben.

www.swissolar.ch

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