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Wanderndes Ärgernis

Silikon ist ein wichtiger Werkstoff in der Modulfertigung. Damit werden die Kanten versiegelt und die Rahmen abgedichtet, die Anschlussboxen geklebt und versiegelt. Wenn die Module aus dem Werk kommen, haften nicht selten Reste des Silikons auf der Oberfläche. Und manchmal wird Silikon aus dem Rahmen gedrückt, nachdem die Anlage montiert wurde.

Silikon ist nützlich, doch gelegentlich verursacht es Probleme. Meist werden diese Probleme unterschätzt, wie Marcus Brand aus Leipzig berichtet. Der Technische Direktor der Firma B & B Solarreinigung GmbH hat schon Tausende Solaranlagen gesehen.

Regen fließt anders ab

Die von ihm und seinem Team gereinigten Modulflächen dürften in die Hunderttausende Quadratmeter gehen. „Ein Problem sind Griffspuren auf den Modulen, wenn Silikonreste an den Fingern der Monteure klebten“, sagt er. „Manchmal wird das Silikon aus dem Rahmen herausgepresst. Dann wandert es auf das Modul, wo das Silikon von der Sonne eingebrannt wird. Dann hat man kaum eine Chance, es wieder herunterzubekommen.“

Denn durch die Silikonreste verändern sich die Eigenschaften der Moduloberfläche. Der Regen fließt anders ab, auf den klebrigen Flecken sammelt sich Schmutz. Örtliche Verschmutzung wiederum heizt die Module an dieser Stelle stärker auf, was zu thermischen Spannungen führt.

Bis zu sechs Grad wärmer

Er hat beobachtet: Wo Silikon auf den Modulen klebt, werden die Zellen um bis zu sechs Grad Celsius wärmer. Daraus kann langfristig sogar ein Hotspot entstehen. „Und die Module verziehen sich“, resümiert Marcus Brand. „Der Effekt der Selbstreinigung wird stark beeinträchtigt.“

Der Sachverständige Reinhard Baumgartner aus Cadolzburg beobachtet dieses Phänomen gleichfalls seit Längerem. „Das Problem mit Rückständen von Silikon auf den Modulen begegnete uns erstmals 2009 oder 2010“, erzählt er. „Es wird häufig schon in der Modulproduktion verursacht. Vor allem in den Nachtschichten werden zum Beispiel die Wechselintervalle für die Handschuhe nicht eingehalten. Oder die Frontgläser werden vor der Laminierung nicht ausreichend gereinigt.“

Solche Auffälligkeiten können bei allen Herstellern auftreten, das ist keinesfalls ein Problem von chinesischen Billiganbietern, wie in der Branche oft kolportiert wird. „Durch Silikon verunreinigte Stellen und Flächen erkennt man am veränderten Ablauf des Wassers“, rät Baumgartner. „Denn Silikon weist Wasser ab. Später setzen sich Verschmutzungen auf den Flächen ab. Das kann sehr schnell gehen, je nachdem, wie stark die Verschmutzung am Standort der Anlage ist.“

Erkennt man solche Rückstände, sollte man den Modulhersteller auffordern, die betroffenen Module zu tauschen. Doch oft ist die Produktgarantie von zwei Jahren bereits abgelaufen, wenn der Mangel entdeckt wird. „Dann kann der Austausch kompliziert werden“, meint Baumgartner. „Einige Hersteller wechseln die betroffenen Module ohne Schwierigkeiten oder lassen sie auf eigene Kosten reinigen. Andere sind in dieser Sache eher restriktiv.“

Manchmal liegen die Reste wie Nudeln auf dem Glas. Dann kann man die Mängel bereits erkennen, wenn die Module von der Palette genommen werden. Unscheinbar und deshalb viel gefährlicher sind die unsichtbaren, weil nahezu transparenten Spuren, die sie auf dem Glas hinterlassen.

Schweigegeld für Projektierer

Mit bloßem Auge sind sie kaum erkennbar, nicht einmal für geübte Augen. „Eigentlich kann man solche Silikonspuren und Flecken nur am abgesetzten Staub erkennen“, meint Marcus Brand aus Leipzig. „Nicht einmal bei Regen sieht man die Unterschiede.“

Niemand weiß, wie viele Solarmodule mit solchen Rückständen im Umlauf sind. Denn das Problem mit dem Silikon kennen faktisch alle Projektierer und Installateure. Die Module nach der Auslieferung aus dem Werk nachträglich zu reinigen, ist sehr teuer.

Deshalb werden die Kosten gescheut, und vor allem die Projektierer größerer Anlagen verschweigen die aus der Verschmutzung resultierenden Ertragsverluste gegenüber ihren Kunden. Von den Modulherstellern bekommen sie eine Art „Schweigegeld“, in Form von verbilligten Modulen für Neuanlagen. Das lassen sich große Hersteller durchaus zwei Cent je Watt kosten.

Patentiertes Verfahren

Marcus Brand und Reinhard Baumgartner haben spezielle Verfahren und Konzepte entwickelt, um im Auftrag von Modulherstellern den Silikonrückständen beizukommen. „Wir haben viele Versuche gemacht, um dieses Problem zu lösen“, bestätigt Brand. „Die sogenannten werksbedingten Rückstände werden meist völlig falsch angepackt. Solche Flecke sind sehr resistent, ohne spezielle Reinigungsmittel werden sie meist nur verschmiert.“

Mittlerweile hält Brand ein Patent (Nummer: 10 2011.050 732) auf sein Verfahren. Er benutzt ein Gemisch aus behandeltem Wasser und Alkohol. Damit rückt er dem betroffenen Modul ganzflächig zu Leibe, nicht nur an den verschmutzten Stellen. „Damit das Glas nicht erblindet, spülen wir mit ionisierendem Wasser nach“, berichtet der Leipziger Experte. „Dann stellt sich überall auf dem Frontglas wieder die gleiche Oberflächenspannung ein. Das ist das A und O, damit die Selbstreinigung funktioniert.“

Aufwendige Reinigung

Dass dieser Aufwand Kosten verursacht, ist verständlich – aber unvermeidbar. Die minimalen Reinigungskosten schätzt Marcus Brand auf rund 18 Euro je Kilowatt. Sind die Reste sehr hartnäckig und müssen von Hand punktuell gereinigt werden, steigen die Ausgaben schnell auf zehn Euro – je Solarmodul, wohlgemerkt.

Bei einem Solarpark von 3,2 Megawatt müssen 16 Leute ran, die sich in drei Schichten ablösen. Mehrere Reinigungsgeräte sind im Einsatz. Manchmal werden keine Anlagen gereinigt, sondern die Hersteller schicken ihre Chargen zuerst zu Brand, bevor sie auf die Baustelle geliefert werden. „Wir hatten 60 Container eines großen chinesischen Herstellers zur Reinigung hier auf dem Hof“, erzählt er. „Davon waren 80 Prozent Ausschuss: Nicht verbundene Kontaktfinger, Delaminationen, Silikon auf der Frontseite. Galt das Silikon vorher als Ausschuss, wurden die gereinigten Module dennoch freigegeben.“

Wenn die Module in Deutschland eintreffen, haben sie oft eine lange Reise hinter sich. Niemand möchte sie zurückschicken. Dann rächt sich, dass die Qualität in der Fertigung vernachlässigt wurde.

Manche Hersteller tun sich schwer, das Problem fachgerecht anzugehen. Sie empfehlen Hochdruckreiniger mit Heißwasser, doch dem transparenten Silikonfilm kann man damit nicht beikommen. Marcus Brand schüttelt den Kopf: „Manchmal empfehlen sie sogar, die Rückstände mit einem Metallspachtel abzukratzen!“

www.solarreinigung-gmbh.de

Osborn International

Automatische Reinigung in der Nacht

Mit Solar Protec stellt die Firma Osborn International aus Burgwald ein Reinigungssystem vor, das die Dachanlage bei Nacht oder trübem Wetter und Regen automatisch reinigt. Konzipiert ist das System für großflächige, dachparallele Anlagen.

Solar Protec besteht aus einer Traverse, die durch ein Schienensystem horizontal auf dem Dach verfährt, und einem Reinigungswagen, der eine rotierende Walzenbürste über die Module führt. Das System läuft bei Nacht und Regen automatisch an. Das vermeidet eine unnötige Verschattung der Anlage am Tag. Das Regenwasser dient als Spülmedium und trägt den Schmutz fort. Die Reinigung wird in horizontalen Bahnen vollzogen. Chemische Reinigungsmittel und andere Verbrauchsmaterialien sind nicht erforderlich.

Die spezielle Bauart und der kombinierte harte und weiche Besatz der rotierenden Walzenbürste wurden von Osborn entwickelt, um die empfindliche Oberfläche von Modulen und ihren Leichtmetallrahmen zu schonen. Gleichzeitig arbeitet die Walzenbürste wirksam genug, um Ablagerungen zu lösen und feinen Staub zu entfernen. Eine eigens entwickelte Steuerung startet die Reinigung entweder automatisch oder nach Bedarf.

Das betriebsbereite Komplettgewicht der Traverse mit Reinigungswagen beträgt bei zehn Metern Länge 150 Kilogramm. Wenn das Reinigungssystem nicht in Betrieb ist, wird es neben dem Modulfeld auf dem Dach geparkt. Das Monitoring des Solar-Protec-Systems überwacht den Solarertrag.

Das erste System wurde auf der 117-Kilowatt-Anlage eines großen Milchbetriebes in Nordhessen installiert. Dort hatte die Verschmutzung den Ertrag um bis zu 30 Prozent gesenkt. Die automatische Anlagenreinigung entlastet den Anlagenbetreiber von manuellen Arbeiten auf dem Dach, denn sie bürstet die 66 mal 16 Meter große Solarfläche immer dann, wenn es regnet. Das System kann bei Dachneigungen bis zu 30 Grad eingesetzt werden.

www.osborn.com

TG Hylift

Reinigungstechnik für große Dachanlagen

Die Firma TG Hylift aus Gronau-Epe hat das autonome Reinigungsgerät Hycleaner Black Solar entwickelt. Es verfügt über rotierende Bürsten und wird per Funk ferngesteuert. Das Eigengewicht liegt unter 100 Kilogramm, die erzielbare Flächenleistung ist sehr hoch. Das System wurde speziell auf die Anforderungen von Photovoltaikanlagen adaptiert. TG Hylift stützt sich auf umfangreiche und langjährige Erfahrungen mit Reinigungstechnik und Höhenzugangstechnik für Glasdächer und Fassaden.

www.hycleaner.eu

Kurz nachgefragt

„Auch EVA-Folien können Reste hinterlassen“

Tritt die Verunreinigung durch Silikon nur bei kristallinen Modulen auf?

Kamel Silmy: Das Phänomen der Silikonspuren habe ich bisher nicht bei Dünnschichtmodulen gesehen. Es betrifft vor allem große Hersteller von kristallinen Modulen. Sie betreiben eine Massenproduktion, die optische Qualität der Module ist nicht so gut wie bei kleineren Herstellern.

Welche Ursachen haben die Rückstände?

Es geht um Qualitätsprobleme in der Fertigung, um fertigungsbedingte Rückstände von EVA-Folie oder von Silikon. Oft sieht man beides zusammen. Einige chinesische Hersteller haben das Problem erkannt, die Module sehen jetzt besser aus.

Wie viele Module weisen diesen Mangel auf?

Etwa zehn Prozent der Module, die ich gesehen habe, waren davon betroffen, besonders in Solarparks. Generell fällt auf: Bis 2010 waren die Module in Ordnung, alles sauber. Ab 2009 oder 2010 bis zu den Auslieferungen im Jahr 2013 waren viele Module verunreinigt, deutlich mehr als vorher. Seit Ende 2013 sehen die Module wieder besser aus.

Wie wirken sich Rückstände von Silikon oder Folien aus?

Von Silikon und EVA sind nicht selten größere Flächen auf dem Modulglas betroffen. Der Schmutz setzt sich auf den Flecken ab, brennt sich aufgrund der Sonne ein. An dieser Stelle bilden sich Hotspots. Die Zellen werden sehr warm, weil über dem Glas eine dunkle Fläche liegt, die sich aufheizt. Ich habe selber bis zu 15 Kelvin höhere Temperaturen an Zellen unter solchen Verschmutzungen gemessen.

Warum reden wir auch über Folienreste?

Bei der Herstellung der Module wird die EVA-Folie über den Zellverbund gelegt. Während der Laminierung quillt die Folie über und klebt auf dem Tisch. Man müsste sie genau abschneiden, auch muss man den Tisch sorgfältig reinigen. Wenn das unterbleibt, können die Folienreste das nächste Modul verunreinigen.

Könnten die Hersteller dieses Problem nicht schon während der Fertigung erkennen und Abhilfe schaffen?

EVA ist durchsichtig. Man kann es auf dem Laminierungstisch nur schwer erkennen. Die Tische sind oft nicht ausreichend ausgeleuchtet, meist haben die Mitarbeiter nur Lappen zur Säuberung. Das reicht nicht, um die EVA-Reste wirksam zu entfernen. Nach der Laminierung wandert das Modul zur Rahmung. Dort werden die Kanten mit Silikon abgedichtet. Reste des Silikons können das folgende Modul gleichfalls verunreinigen.

Was unterscheidet Reste von Silikon und von EVA-Folie?

Im Unterschied zu EVA kann man Silikon gut sehen. Nach dem Rahmungsprozess quillt auch Silikon ein wenig heraus. Es wird mit einem Spatel abgeschnitten. Bleibt ein Rest am Rahmen hängen, gerät er in die Transportverpackung. Die frischen Silikonwürmer rollen auf die Modulgläser. Wird dieses Modul verbaut, wird das Silikon durch die Sonne fest und brennt sich ins Glas ein.

Im Unterschied zu EVA kann man Silikon gut sehen. Nach dem Rahmungsprozess quillt auch Silikon ein wenig heraus. Es wird mit einem Spatel abgeschnitten. Bleibt ein Rest am Rahmen hängen, gerät er in die Transportverpackung. Die frischen Silikonwürmer rollen auf die Modulgläser. Wird dieses Modul verbaut, wird das Silikon durch die Sonne fest und brennt sich ins Glas ein.

Wie kann man Folienreste erkennen?

Geübte Augen können EVA-Reste auf den Modulen erkennen, zumindest bei sonnigem Wetter. Wenn es bewölkt ist, wird die Sache schwieriger. EVA hat einen anderen Brechungswinkel als das Glas, daran kann man es merken.

Wie sollte der Installateur handeln?

Es ist seine Pflicht, jedes Modul vor der Montage unbedingt genau anzuschauen. Natürlich, der Zeitdruck auf der Baustelle lässt für diese Sorgfalt wenig Spielraum. Doch solange beispielsweise das Silikon noch frisch ist, kann man es leicht abwischen. EVA-Reste kann man nicht einfach wegwischen, dafür braucht man spezielle Lösungsmittel.

Was empfehlen Sie konkret?

Die beste Lösung in diesem Fall wäre es, das Modul an den Hersteller zurückzuschicken. Verbauen Sie keine Module, die nicht auf EVA-Reste oder Silikon geprüft wurden, vom Hersteller im Werk. Bisher geben die Hersteller darüber keine schriftliche Bestätigung ab, zumindest nicht nach meinem Wissen.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

Dr.-Ing. Kamel Silmy

ist seit 2007 in der Solarbranche tätig und hat jahrelang bei namhaften Modulherstellern gearbeitet, unter anderem bei Trina Solar. Mit Sitz in Bayern und Baden-Württemberg ist er nun als Sachverständiger für Photovoltaik europaweit tätig.

www.pv-expert.fr