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mit Leistung ans Netz

Die Situation ist typisch für die diesjährige Energy Storage in München. Vorn stehen – bunt und hübsch – die kleinen Hausspeicher, um die sich die Besucher scharen. Ganz hinten werden die Großspeicher in einem grauen Container versteckt. Dabei sind die Angebote nicht weniger spektakulär und nicht minder wichtig für die Energiewende.

Allerdings fehlen in Europa noch die Geschäftsmodelle für diese Anwendungen. Das sieht in Amerika ganz anders aus. So baut der Projektentwickler und Systemintegrator Renewable Energy Systems (RES) aus Stuttgart derzeit in Nordamerika fünf Großspeicher mit einer Gesamtleistung von fast 70 Megawatt auf.

Zwei kleinere Projekte mit insgesamt acht Megawatt hat RES in den USA und Kanada bereits in Betrieb genommen. Insgesamt haben die Stuttgarter eine Projektpipeline von 200 Megawatt Speicherleistung. Die Herausforderung ist die Auslegung des Speichers. „Es kommt auf den Anwendungsfall an“, erklärt Dominique Guillou, bei RES verantwortlich für die Geschäftsentwicklung. „Denn Batterie ist nicht gleich Batterie. Je nach Anwendung werden komplett unterschiedliche Systeme und Komponenten mit verschiedener Zellchemie eingesetzt.“

Netzfrequenz stabilisieren

Die Projekte der Stuttgarter zeigen, wie genau ein solches Speichersystem ausgelegt werden muss. Der Energiespeicher in Glacier, Washington, wird am Ende eines anfälligen Netzstrangs ein Back-up mit Inselnetzversorgung für die dort angeschlossene Kommune bereitstellen. „Wenn das Netz ausfällt, kann der Speicher zusammen mit einem Laufwasserkraftwerk zumindest die kritischen Verbraucher wie medizinische Einrichtungen weiterhin mit Strom versorgen“, beschreibt Guillou das Projekt.

Bei einer solchen Back-up-Funktion muss der Speicher für eine vorgegebene Zeit eine gewisse Mindeststromversorgung übernehmen, damit die neuralgischen Einrichtungen weiterhin funktionieren. So hat RES diesen Speicher so ausgelegt, dass er eine Maximalleistung von zwei Megawatt zwei Stunden lang ins Netz einspeisen könnte.

Ein weiteres Projekt entsteht in Joliet, Illinois. Aufgabe dieses Speichers ist es, die Netzfrequenz stabil zu halten. Dabei wird erwartet, dass das System möglichst schnell auf Schwankungen im Netz reagiert und diese ausgleicht. Dazu ist eine hohe Leistung wichtiger als eine große Energiemenge. „Die Primärregelung bremst dabei die Frequenzabweichung, sodass die Sekundär- und die Minutenregelung die Frequenz wieder in den Normbereich zurückführen können“, erklärt Guillou. „Daher ist die Schnelligkeit eines Batteriespeichers für die Primärregelleistung besonders geeignet.“

Leistung oder Kapazität

Genauso wird RES den Speicher in Illinois auslegen. Er kann dann in Sekundenschnelle fast 20 Megawatt ins Netz einspeisen oder dem Netz entnehmen. Theoretisch geht dies ohne Ladevorgang lediglich für eine Gesamtdauer von gut 20 Minuten. In der Praxis pendelt der Ladezustand jedoch meist automatisch um 50 Prozent der Gesamtkapazität des Speichers, um die Frequenzabweichung im vorgegebenen Rahmen zu halten.

Leistung oder Kapazität: Davon hängt letztlich auch die Wahl der Technologie ab. „Denn der Preis beim Lithium-Ionen-Speicher wird vor allem von der geforderten Kapazität bestimmt. Schließlich sind bei dieser Technologie das Teure die Zellen“, weiß Simon Johnson, bei RES für die technische Einbindung von Großspeichern zuständig. „Die Kosten steigen linear, je länger der Strom bereitgestellt werden muss. Wir verwenden diese Technologie deshalb, wenn wir Energie für Zeiträume zwischen 15 Minuten und maximal vier Stunden bereitstellen müssen. Bei mehr Kapazität wird die Redox-Flow-Technologie interessant.“

Technologien miteinander mischen

Denn der Stack, durch den die Elektrolyte fließen, verschlingt bei dieser Technologie den größten Teil der Investitionskosten. Braucht der Betreiber des Speichers mehr Kapazität, kann er zu einem geringen Preis einfach das Volumen des Elektrolyts und damit die Kapazität erhöhen. Bisher haben die Stuttgarter ausschließlich Lithium-Ionen-Speicher verbaut. Den Weg, die Technologien zu mischen, geht Bluesky Energy aus Frankenburg in Oberösterreich.

Das Unternehmen hat gleich drei verschiedene Technologien im Portfolio. „Es gibt nicht das Allheilmittel, das alle Anforderungen der Energiespeicherung löst“, erklärt Stefan Schlägl, Systemingenieur bei Bluesky. „Alle Speichermedien, ob Redox-Flow-, die verschiedenen Lithium-Ionen- und Salzspeichertechnolgien haben Vor- und Nachteile.“ Die Österreicher haben neben den Lithium-Eisenphosphat-Akkus von BYD auch die Redox-Flow-Batterie von Vizn Energy Systems aus Montana im Portfolio. Diese arbeitet statt mit teurem Vanadium als Elektrolyt mit einer Zink-Eisen-Kombination. Dazu kommt noch der Salzwasserakku von Aquion Energy.

Der Hybridspeicher ist die Zukunft

Das Elektrolyt in diesem Speicher besteht aus einer wässrigen Natriumsulfatlösung. Er arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip wie die Redox-Flow-Speicher. Der Unterschied ist, dass im Redox-Flow-System zwei Pumpen arbeiten, die das Elektrolyt durch die Zellen bewegen. Beim Salzwasserspeicher liegen die Zellen in der Elektrolytflüssigkeit. Damit braucht er keine mechanisch bewegten und anfälligen Teile mehr.

Für ihre Projekte kombinieren die Österreicher die drei Technologien miteinander. „Wir sehen die Zukunft im Hybridspeicher“, erklärt Schlägl. „In einem solchen System kann die Redox-Flow-Batterie hohe Kapazitäten als Langzeitspeicher abbilden. Wenn wir diese dann mit einem Lithiumspeicher koppeln, haben wir auch die geforderte Leistung.“ Der Redox-Flow-Speicher lädt dabei die Lithiumakkus auf, die mit ihrer hohen Leistung ins Netz einspeisen. Damit können die Österreicher die Stärken beider Technologien kombinieren.

Treibstoffkosten sparen

Die große Herausforderung ist, die verschiedenen Technologien miteinander zu verheiraten. Dies hat bisher nur ASD Sonnenspeicher im badischen Umkirch geschafft. Geschäftsführer Wolfram Walter hat den sogenannten Pacadu entwickelt. Das kleine Gerät sitzt auf jeder Batteriezelle und steuert sie einzeln. „Damit können wir auch verschiedene elektrochemische Batterietechnologien gleichzeitig in einem Speicher betreiben“, erklärt er. „So kann eine leistungsstarke Batterie zusammen mit einer Batterie mit hoher Kapazität universell eingesetzt werden.“ Walter hat die Idee schon auf der Intersolar im vergangenen Jahr vorgestellt. In diesem Jahr hat er dem Messepublikum ein fertiges Produkt präsentiert.

Geschäftsmodelle für die großen Batteriespeicher sind längst entwickelt. Die Bereitstellung von Primärregelleistung und die netzdienlichen Systemdienstleistungen oder das Back-up für die Notstromversorgung sind nur drei davon. Neben der Integration immer höherer Anteile von Ökostromanlagen mit volatiler Erzeugung gibt es das Geschäft mit Inselanlagen in netzfernen Regionen.

Vor allem Bergwerksunternehmen, die ihre Minen in solchen Gegenden derzeit mit Strom aus Dieselgeneratoren betreiben, ergänzen die Systeme immer öfter durch die Photovoltaik, um Treibstoffkosten zu sparen. „Die Photovoltaik kann zwar einen Teil des Stroms aus Dieselgeneratoren ersetzen, aber ohne Speicher muss der Diesel immer noch die Reserveleistung bereitstellen“, weiß Michael Lippert, Marketingleiter beim französischen Speicherhersteller Saft in Bagnolet, östlich von Paris. „Der nächste Schritt ist also, einen Speicher zu installieren, um den Anteil der Photovoltaik an der Stromversorgung in Diesel-Hybridsystemen zu erhöhen.“

Speicher ersetzt zwei Generatoren

Das bisher größte Diesel-Hybridsystem von Saft steht in Bolivien. Dort haben die Franzosen zwei Generatoren komplett durch den Batteriespeicher ersetzt. Dadurch spart der Unternehmer satte zwei Millionen Liter Treibstoff pro Jahr.

Zusätzlich kann mit dem Einsatz eines Speichers die Laufzeit des Diesels so optimiert werden, dass er sich nicht ständig ein- und ausschaltet. Denn das kostet viel Treibstoff. Läuft der Dieselgenerator eine Weile durch und der Speicher nimmt den produzierten Strom auf, kann er kostenoptimiert betrieben werden.

Den Diesel ausschalten

Der dritte Schritt wäre dann, den Diesel ganz aus der alltäglichen Stromproduktion herauszunehmen und nur noch in Notsituationen zuzuschalten. Die Franzosen haben es ausgerechnet. „Mit einem entsprechend ausgelegten Batteriespeicher kann der Betreiber des Diesel-Hybridsystems die Treibstoffeinsparungen verdoppeln“, sagt Lippert.

In sonnenreichen Regionen rentieren sich solche Systeme innerhalb von drei bis fünf Jahren. Doch selbst bei einer Amortisationszeit von zehn bis 15 Jahren ist der Einsatz eines Großspeichers selbst in für die Photovoltaik schlechten Gegenden wirtschaftlich. Könnten die Anbieter das Potenzial heben, das sich hinter diesem Geschäftsmodell verbirgt, wäre der Zubau von Heimspeichern nur noch das Sahnehäubchen für die Branche.

www.res-deutschland.de

www.bluesky-energy.eu

www.saftbatteries.com

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