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“Lebensgefühl der Erneuerbaren“

Herr Lehner, welche Anlagen betreiben Sie in und auf Ihrem Energiehaus?

Manfred Lehner: Eine Photovoltaikdachanlage mit Axsun-Modulen und 5,5 Kilowatt ist in Ost-West-Ausrichtung installiert. Durch ein hohes Nachbargebäude wird die allerdings vormittags relativ lange verschattet. Trotzdem produzierte sie 4.822 Kilowattstunden im vergangenen Jahr. Die Solaranlage speist auch in einen Batteriespeicher mit sieben Kilowattstunden nutzbarer Kapazität. Mein Eigenverbrauch lag bei 3.778 Kilowattstunden, also bei 78,4 Prozent. Das macht sich bezahlt: In guten Sommermonaten spare ich mehr als 90 Euro durch den Eigenverbrauch.

Wie flankieren Sie die Solaranlage?

Weitere Erzeugungsanlagen sind eine Kleinwindanlage Black 300 mit 300 Watt sowie eine Wärmepumpe mit 600 Watt elektrischer und 2,2 Kilowatt thermischer Leistung für den Sommer. Überschüssiger Solarstrom heizt das Brauchwasser. Zudem habe ich mehrere kleine Photovoltaikanlagen aufgestellt, denn ich möchte meinen Kunden so die verschiedenen Befestigungsarten zeigen: also am Balkongeländer, auf dem Flachdach oder auf einem kleinen Mast im Garten.

Wie setzt sich Ihre Strom- und Wärmeversorgung zusammen?

Im Jahr verbraucht meine Heizung 5,5 Tonnen Holzpellets. Der Stromverbrauch war bis 2012 steigend auf bis zu 5.300 Kilowattstunden. Nun sind es nur noch 4.500 Kilowattstunden. Rund zehn Prozent verbraucht davon die Wärmepumpe zur Warmwassererzeugung. Zudem habe ich die meisten Birnen auf LED umgestellt. Natürlich sind auch die Heizungspumpen bereits auf effizientere Pumpen umgestellt.

Sie haben Ihre persönliche Energiewende bereits gut vorangetrieben?

So kann man es sagen. Ich schaue dabei nicht immer aufs Geld. Es ist einfach spannend, neue Technik auszuprobieren. Das zieht auch die Leute an, die mein Haus besichtigen wollen. Einer ist extra aus Dortmund nach Ulm gereist.

Wann wird Ihr Haus vollständig und zu 100 Prozent autark sein?

Ohne BHKW ist das wohl nicht zu schaffen. Dazu braucht man dann wieder fossiles Erdgas. Da hält sich halt meine Begeisterung in Grenzen, wobei Wasserstoff noch eine gute, zukunftsweisende Alternative wäre.

Was mussten Sie bei der Auswahl der Komponenten beachten?

Das Windrad sollte bei Schwachwind laufen und im vernünftigen Preisrahmen liegen. Wobei meine Lage mit 1,1 Meter pro Sekunde keinen wirtschaftlichen Betrieb hergibt. Bei der Photovoltaikanlage musste ich wegen der Ost-West-Ausrichtung und der Dachgaube drei Wechselrichter von SMA verwenden. Bei der Batterie ist vorab wichtig, dass der Nachtverbrauch ermittelt wird und so zur richtigen Größe führt. Beim Einbau der Pelletheizung vor 13 Jahren habe ich mich auf mein Gefühl verlassen, da ich noch keine Erfahrungen mit Ökostromanlagen hatte. Allerdings war eine Wasserzisterne für mich selbstverständlich. Die kalte Abluft der Wärmepumpe für die Warmwassererzeugung im Sommer wird zum einen ins Freie geführt, zum anderen habe ich in der Abluftleitung einen Abzweiger eingebaut. Somit kann ich die Kaltluft über den Wäscheabwurf im Bad in die Wohnung blasen und habe eine kostenlose Klimaanlage. Bei 35 Grad im Sommer kühlt man damit die Wohnung von 27 auf 23 Grad runter. Das ist für mich das Lebensgefühl der erneuerbaren Energien.

Die Steckdosenmodule haben einige Zeit für Verwirrung gesorgt. Wie sind ihre Erfahrungen?

Bei den Plug-in-Solaranlagen stellen sich die Energieversorger leider meist stur an. Ich habe eine Anlage mit einem Modul angemeldet und klar nachgewiesen, dass weder eine Einspeisung erfolgt noch eine EEG-Vergütung beantragt wird. Es kam prompt ein Antrag auf Netzuntersuchung zurück. Das darf einfach nicht sein. Wichtig ist, dass ein professioneller Elektriker die Anlage anschließt.

Können sich auch Mieter die AC-Module anschaffen?

Ich habe bereits mehrere Anlagen an Mieter verkauft, das Einverständnis der Vermieter war nie ein Problem. Das Mietrecht spricht nicht gegen die kleinen Anlagen. Ich stelle mir immer wieder vor, wie herrlich es wäre, wenn in einem großen Wohnblock jeder Mieter am Balkongeländer sein eigenes Modul hängen hätte. Bei angenommenen 100 Wohneinheiten mit Modulen von je 265 Watt lohnt das schon, das sind 26,5 Kilowatt installierte Leistung.

Mit welchem Argument verkauft man Ökoenergielösungen am besten?

Ich finde, dass sowohl die Wirtschaftlichkeit stimmen als auch etwas Begeisterung dabei sein muss. Die meisten meiner Kunden sind Überzeugungstäter und eher idealistische Käufer. Ich kann hier unterscheiden: Bei Kleinwindanlagen ist der Spaßfaktor am höchsten, und damit rückt die Wirtschaftlichkeit eher in den Hintergrund, zumindest bei kleinen Hausdachanlagen. Bei der Mini-Photovoltaikanlage geht es dann schon um Wirtschaftlichkeit. Bei Batterien ist die Hemmschwelle noch am höchsten, weil die Preise derzeit noch hoch sind.

Wie wird der fehlende Photovoltaikstrom im Winter am besten ersetzt?

Momentan ist das mit Ökostromanlagen schwer möglich. Zum Teil kommt der Strom aus Großwindanlagen, aber auch hier gibt es Schwankungen in der Produktion. Also bleibt noch Biogas. Ich bin mir aber sicher, dass man hierzulande künftig noch weitere Speichertechniken wie beispielsweise Pumpspeicherwerke, die mit Feststoffen arbeiten, entwickeln wird.

Unter welchen Voraussetzungen raten Sie Kunden zu Kleinwindanlagen?

Grundsätzlich empfehle ich eine Windmessung. Leider sind die Windverhältnisse in Süddeutschland großflächig nicht sonderlich gut, sodass Kleinwindanlagen meist nicht rentabel sind und nicht installiert werden. Außer bei einigen Idealisten. Man sollte auf mindestens vier Meter pro Sekunde im Schnitt kommen. Leider sind auf dem Markt noch viele Scharlatane unterwegs. Ich leite die Regionalgruppe des Bundesverbands Kleinwind in Süddeutschland. Da sehe ich leider viele neue Erfinder und Hersteller kommen und gehen.

Was fehlt der Kleinwindtechnologie zum Durchbruch?

Das sind zweierlei: Erstens der politische Wille. Dabei meine ich nicht unbedingt eine bessere Einspeisevergütung, weil der Strom weitgehend selbst verbraucht wird und höhere Vergütungen nicht durchsetzbar sind. Vielmehr denke ich an bessere Rahmenbedingungen. Bauämter stellen sich oft quer. Grund: Es fehlt oft das nötige Wissen. In Sachsen kämpfe ich bereits seit zwei Jahren um eine Genehmigung. Das scheint politisch so gewollt zu sein.

Zweitens: Die besten Schwachwindanlagen nutzen wenig, wenn die Windverhältnisse nicht gut sind. Die Politik könnte hier entgegenwirken, indem sie die Masthöhe über zehn Meter verfahrensfrei stellt oder auf 20 Meter anhebt. Das würde den Ertrag verdoppeln und die Wirtschaftlichkeit steigern.

Für wen lohnt sich beispielsweise ein Batteriespeicher?

Prinzipiell für jeden. Eine Ausnahme bilden die EEG-Altanlagen mit Volleinspeisung. Wobei beispielsweise kleine Speicher mit drei oder vier Kilowattstunden Kapazität natürlich im Verhältnis pro Kilowattstunde teurer sind als acht oder zehn Kilowattstunden Kapazität. Ich habe gerade einen Speicher eines deutschen Herstellers, der deutlich unter 1.000 Euro pro Kilowattstunde verfügbarer Kapazität liegt. Meine Batterie mit zehn Kilowattstunden hat vor dreieinhalb Jahren noch 17.000 Euro gekostet. Trotzdem bin ich jeden Tag glücklich, an dem ich meinen Nachtstrom tagsüber selbst erzeugt habe. Ich gehöre auch zu den Idealisten.

Gibt es weitere spannende Projekte, bei denen Sie mitgearbeitet haben?

Na klar. Vor drei Jahren gab es an einem Gymnasium in Augsburg ein Pilotprojekt. Da hatte eine Klasse im Botanischen Garten mehrere Ökostromanlagen aufgebaut: Wasserrad, Solaranlage, Windrad. Ich war damals Sponsor der Windmessanlage. Die Schule erhielt für ihr Projekt einen der vier Hauptpreise.

Sie engagieren sich sehr für Kinder.

Ja, weil es sich lohnt, sie für die Zukunftsenergien zu begeistern. Nach einem Tag der offenen Tür im vergangen September habe ich zwei Klassen unserer Schule eingeladen. Ich bin sicher, die Kinder werden diesen Ausflug die nächsten 20 Jahre nicht vergessen – nicht zuletzt aufgrund der Leberkäsbrötchen und Cola. Damit ist das Ziel erreicht. Übrigens war beim Tag der offenen Tür unser Landtagsabgeordneter anwesend. Manchmal muss man die Leute einfach nur einladen.

Ist Ihre persönliche Energiewende abgeschlossen?

Nicht ganz. Mein nächstes Projekt ist die Beschaffung eines BMW I-3. Das Besondere daran ist, dass ich dieses Projekt mit dem benachbarten Unternehmen Kranich EDV zusammen mache. Die Beschaffungskosten halbieren sich dadurch. Die Außendiensttermine koordinieren wir über einen gemeinsamen Terminkalender. Auf diese Herausforderung freue ich mich heute schon. Der Nachbar hat eine Grundlast von 800 Watt, auch wegen seiner laufenden Server. Deshalb hat er schon eine kleine Solaranlage mit vier Modulen mit je 250 Watt installiert.

Das Interview führte Niels H. Petersen.

Manfred Lehner

ist Geschäftsführer des Vertriebsunternehmens Lehner Innovative Produkte. Er ist 53 Jahre alt und gelernter Schreiner. Lehner arbeitete mit seinem Bruder zusammen 22 Jahre im Agrarhandel und Maschinenbau. Seit 2010 beschäftigt er sich mit Kleinwindanlagen, seit 2012 zusätzlich mit Solarspeichern. Seit rund einem Jahr vertreibt er Plug-in-Photovoltaikanlagen. Für Anlagenmontagen zieht er einen Elektriker hinzu.

Energiehaus bei Ulm

78 Prozent selbst verbraucht

Das Büro- und Wohnhaus von Manfred Lehner liegt in Westerstetten bei Ulm im Alb-Donau-Kreis. Im Dezember 2014 wurde das Energiehaus mit dem Umweltpreis des Landkreises ausgezeichnet. Denn Lehner betreibt dort eine Photovoltaikanlage, mehrere Mini-Solaranlagen, ein Kleinwindrad, einen Batteriespeicher sowie eine Wärmepumpe und eine Pelletheizung. Den Strom aus der Photovoltaikanlage mit 5,5 Kilowatt Leistung hat er im vergangenen Jahr zu 78 Prozent selbst verbraucht. In guten Sommermonaten erreicht er einen Autarkiegrad von mehr als 90 Prozent. Im Winter muss er allerdings Strom aus dem Netz beziehen, denn ein mit Erdgas betriebenes BHKW kommt bei ihm nicht ins Haus.

www.manfred-lehner.de

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