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Energie beginnt beim Entwurf

Das Plusenergiehaus der Internatsschule Schloss Hansenberg in Geisenheim (Rheingau) verfolgt ehrgeizige Ziele: Es ging um die ganzheitliche Optimierung des Baues im Sinne der Nachhaltigkeit. Das Gebäude enthält vier Wohnungen für Schüler des Internats, einen Arbeitsraum für Lehrer, einen Raum der Stille sowie Neben- und Funktionsräume.

Schon beim Entwurf des Gebäudes durch die Architekten standen energetische Aspekte im Zentrum. Als Hilfsmittel für das Energiekonzept dienten die zehn Bausteine des energieeffizienten Bauens (siehe Kasten). Ziel war es, den Aktivplus-Standard zu erreichen. Das heißt, das Gebäude erzeugt in der Jahressumme mehr Energie, als es benötigt – für Heizung, Warmwasser, Lüftung, Beleuchtung und Haushaltsstrom. Deshalb wurde das Gebäude auf einen möglichst geringen Energieverbrauch optimiert.

Zunächst schöpften die Architekten und Energieplaner alle Möglichkeiten aus, um den Energieverbrauch durch passive Maßnahmen zu senken. Dazu gehören vor allem bauliche Ansätze, die in der Regel eher mit Bauphysik als mit Haustechnik zu tun haben. Wird ein Gebäude ungünstig geplant, können die Fehler nachträglich auch mit der cleversten Technik kaum – oder nur zu sehr hohen Kosten – ausgebügelt werden.

Im ersten Schritt wurden das Gebäudevolumen und das Raumprogramm optimiert, um den Grundriss möglichst effizient zu gestalten. Der Energieverbrauch eines Gebäudes reduziert sich mit der beheizten Fläche. Aus diesem Grund haben die Architekten die ganze Erschließung als unbeheizten Laubengang ausgebildet, der keine Energie braucht. Gleichzeitig entsteht dadurch ein Außenraum für die Schüler, der als Balkon und Ort für Begegnungen genutzt werden kann. Seine räumliche Qualität ist höher als die eines innen liegenden Flurs.

Solare Gewinne nutzen

Die Fensterflächen und die Geometrie der Fassade wurden optimiert, um passive Solargewinne im Herbst und Winter auszuschöpfen. Dagegen dürfen die Räume im Sommer nicht überhitzen. Die großen Fenster sind nach Südwesten ausgerichtet, um die flache Wintersonne einzufangen. Der Dachüberstand wurde groß gewählt, zudem wirkt der Laubengang einer Überhitzung im Sommer entgegen.

Die Gebäudehülle ist im Passivhaus-Standard ausgeführt, um die thermischen Verluste zu minimieren. Wärmebrücken und thermische Leckagen wurden konsequent vermieden. Das spricht vor allem für die Qualität der Bauleitung, denn solche Details werden oft im Alltag auf der Baustelle übersehen oder gering geschätzt.

Holz dämmt sehr gut

Bauphysikalisch kritische Bauteile sind die Bodenplatte und das Flachdach. Sie wurden in Holzbauweise geplant und dynamisch simuliert, um Kondensat zu verhindern oder effektiv abzuführen. Genau genommen handelt es sich um eine Holztafelkonstruktion. Sowohl bei den konstruktiven Teilen als auch beim Innenausbau kamen vorzugsweise Holz oder recyclingfähige Materialien zum Einsatz.

Holz ist ein idealer Baustoff, der geringen Primärenergieinhalt mit guter Wärmedämmung und hoher Wiederverwertbarkeit verbindet. Das Schulgebäude gilt als Prototyp für nachfolgende Projekte mit ähnlicher Nutzung. Es geht darum, den konstruktiven Aufwand für mehrgeschossigen Holzbau und den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen im innerstädtischen Wohnungsbau zu senken. Aufgrund seiner guten Wärmedämmung ist Holz außerordentlich geeignet, die Energieeffizienz eines Gebäudes zu erhöhen und die Bauzeiten zu verkürzen. Neue gesetzliche Grundlagen sichern den Brandschutz für Holzbauten mit bis zu fünf Geschossen, allerdings liegen in der Praxis bislang nur wenige Erfahrungen vor.

Die ausgeführte Konstruktion enthält viele neue Ideen: So wurde die Bodenplatte nicht in Beton ausgeführt, sondern gleichfalls als Holzkonstruktion, die lediglich auf Streifenfundamenten aufliegt. Der Hohlraum unter der Bodenplatte wurde durch Glasschotter ausgedämmt. Dadurch sinken die Wärmeverluste aus dem Gebäude zum Erdreich. Eine solche Konstruktion lässt sich später sehr einfach zurückbauen.

Richtig geplante Holzgebäude erreichen eine ebenso hohe Lebensdauer wie Massivbauten. Zudem bieten die natürlichen Baumaterialien den Nutzern eine hohe Aufenthaltsqualität.

Wärmepumpe saugt Sonnenwärme

Die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sichert hygienische Luftverhältnisse im Innern, senkt aber zugleich die Wärmeverluste durch die warme Abluft.

Nachdem das Gebäude in seiner bauphysikalischen Struktur auf geringen Energieverbrauch ausgelegt worden war, ging es nun um die Abdeckung des Bedarfs durch erneuerbare Energien. Bei diesem Gebäude kommen ausschließlich erneuerbare Energien zum Einsatz.

Die Heizwärme kommt von einer Wärmepumpe. Ihre Wärmequelle steckt in der Südfassade, in die solarthermische Hybridkollektoren integriert sind. Sie können auch die Außenluft als Wärmequelle nutzen. In das System ist ein Eisspeicher integriert.

17 Kilowatt Photovoltaik aufs Dach

Auf dem Dach wurde ein Solargenerator mit 17 Kilowatt Nennleistung installiert. Die flache Aufständerung der Solarmodule führt zu einer geringen Eigenverschattung auch bei flachen Sonnenständen, sodass in der Summe mehr Photovoltaikleistung auf dem Dach untergebracht werden konnte.

Die Anlage wurde so dimensioniert, dass sie nach Abzug des Stromverbrauchs durch das Gebäude und seine Nutzung einen jährlichen Überschuss von rund 12.500 Kilowattstunden erzeugt. Im Jahresmittel produziert sie deutlich mehr Strom, als Betrieb und Nutzung des Gebäudes verbrauchen.

Parallel zum Gebäudebetrieb wurde ein Monitoringprojekt aufgelegt, um die Betriebsdaten zwei Jahre lang zu erfassen und auszuwerten. Das Modellvorhaben wird durch den Bund gefördert. Zudem fließen Erkenntnisse aus dem Bau und seiner Nutzung auch in den Schulunterricht ein, denn die Schüler haben ein großes Interesse an der Energiewende und am Umweltschutz.

www.dgj.eu

Beteiligte Partner

Internatsschule Schloss Hansenberg

Planung und Bauleitung: Drexler Guinand Jauslin Architekten

Bauherr: Land Hessen

Tragwerksplanung: Ingenieurbüro Cremers

Holzbau: Zimmerei Harth, Ingelheim

www.hansenberg.de

Energieeffizientes Bauen

Zehn Bausteine für den Gebäudeentwurf

Wärme Wärme erhalten und sammeln Wärme effizient erzeugen

Kälte Überhitzung vermeiden Wärme effizient abführen

Luft natürlich lüften effizient maschinell lüften

Licht Tageslicht nutzen Kunstlicht optimieren

Strom Strombedarf senken Strom dezentral erzeugen