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Jüngste Urteile richtig nutzen

Die Eigenversorgung ist die ideale Möglichkeit, unabhängig vom öffentlichen Strompreis die Stromversorgung mit der eigenen Anlage herzustellen und hierdurch unmittelbar wirtschaftliche Vorteile zu erzielen.

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Stromkosten zwischenzeitlich eine Kostenposition darstellen, die den Alltag erheblich mitbestimmen. Dies führt immer häufiger zu der Frage, wie eine Eigenversorgung umgesetzt werden muss, damit der größtmögliche wirtschaftliche Nutzen realisiert werden kann.

Durch die Eigenversorgung werden sämtliche öffentlichen Netzentgelte, Konzessionsabgaben und Steuern, mit denen das öffentliche Stromnetz und damit auch der Stromverbraucher selbst belastet wird, eingespart. Hierdurch wird bereits ein Einsparungspotenzial von mindestens 35 Prozent zugunsten des Anlagenbetreibers realisiert (länderabhängig). Als ein für die Wirtschaftlichkeit maßgebliches Kriterium kann jedoch durch die Eigenversorgung auch auf die Ökostromumlage (EEG-Umlage) Einfluss genommen werden.

Bis zu 35 Prozent gespart

Die Frage, wann eine Eigenversorgung vorliegt und unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung von der EEG-Umlage erzielt werden kann, beantworten die Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Nach altem Recht lag eine Eigenversorgung nach Paragraf 5 Nr. 12 EEG 2014 vor, wenn der Stromverbraucher seinen Strom im räumlichen Zusammenhang zur Stromerzeugungsanlage verbraucht, das öffentliche Stromnetz nicht verwendet wird und der Stromerzeuger sowie der Stromverbraucher personenidentisch sind. Diese Vorgaben haben sich gemäß Paragraf 3 Nr. 19 EEG 2017 auch in dem am 1. Januar 2017 in Kraft getretenen EEG 2017 nicht verändert.

Der Mitte Juli 2016 von der Bundesnetzagentur veröffentlichte Leitfaden zur Eigenversorgung beinhaltet unter anderem das in der Fachwelt vielfach diskutierte Thema der Personenidentität im Rahmen einer Eigenversorgung. Hierunter wird die Identität zwischen Stromerzeuger und Stromverbraucher verstanden.

Personenidentität als Kriterium?

Die Bundesnetzagentur nimmt als Voraussetzung einer Eigenversorgung eine „strenge Personenidentität“ zwischen Anlagenbetreiber und Stromverbraucher an. Dies hat die unmittelbare Folge, dass Mehrpersonenkonstellationen in Form von GbR-Modellen oder Genossenschaftsmodellen für eine Eigenversorgung bis auf wenige Ausnahmen aus Sicht der Bundesnetzagentur ausgeschlossen werden sollen.

Der Leitfaden der Bundesnetzagentur wird mangels einschlägiger Rechtsprechung und gerichtlicher Entscheidungen als Richtungsweiser verstanden, an dem sich die Realisierung einer Eigenversorgung orientiert. Zu erwähnen ist hierbei jedoch, dass dieser Leitfaden lediglich die Einschätzung der Bundesnetzagentur zur Eigenversorgung wiedergibt und lediglich eine Handlungsempfehlung ohne Rechtscharakter darstellt. Es handelt sich somit nicht um eine Verwaltungsvorschrift, die eine normkonkretisierende Wirkung entfaltet.

Das am 29. Juni 2016 ergangene Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe (Az. 15 U 20/16) zeigt eindrucksvoll, dass die Einschätzung der Bundesnetzagentur in keinem Falle als rechtsverbindlich betrachtet werden darf und die Entscheidung zur Eigenversorgung letztlich durch die Zivilgerichte erfolgt. Im Ergebnis ist dieses Urteil inhaltlich zu begrüßen und erfolgte im Sinne der Energiewende.

Ausgangssituation der obergerichtlichen Entscheidung ist der zu entscheidende Fall, dass der Mieter einer Gewerbehalle von seinem Vermieter neben der Halle selbst auch einen ideellen Anteil von 16 Prozent der auf dem Dach installierten Photovoltaikanlage angemietet hat. Hierzu wurde ein „Teil-Solaranlagen-Mietvertrag“ geschlossen.

OLG relativiert Aussagen der BNA

Dieser zwischen den Parteien geschlossene Vertrag enthält die Bestimmungen, dass der Mieter zwar Einfluss auf die Betriebsführung der Anlage nehmen darf, Mitbesitzer dieser Anlage ist und einen Teil des produzierten Stroms zur Eigenversorgung verwenden darf. Es wurde jedoch ebenfalls vertraglich geregelt, dass eine Überschusseinspeisung des regional nicht verwendeten Stroms durch den Vermieter erfolgt.

Darüber hinaus übernimmt der Vermieter sämtliche mit dem Anlagenbetrieb einhergehenden Rechte, Pflichten und Risiken, sodass dieser die maßgebliche Verantwortung für den Anlagenbetrieb innehat.

Aus den weiteren vertraglichen Regelungen ergibt sich ferner, dass der Vermieter alle notwendigen Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten durchzuführen hat, die Überschusseinspeisung in das öffentliche Netz selbst vornimmt sowie alle mit dem Anlagenbetrieb verbundenen Pflichten gegenüber Dritten wahrzunehmen und die erforderlichen Versicherungen abzuschließen hat.

Für nicht vorhersehbare Schäden an der Anlage soll ebenfalls der Vermieter haften.

Im Ergebnis hatte das OLG Karlsruhe durch diese Vertragsgestaltung dem Mieter das wirtschaftliche Risiko der Anlage aberkannt mit der Folge, dass der „Mietvertrag“ als Stromliefervertrag anzusehen ist.

Es ist daher ein Stromlieferverhältnis zwischen Vermieter und Mieter zustande gekommen, sodass die EEG-Umlage zu zahlen ist. Hintergrund dieser Entscheidung ist die entsprechende Lasten- und Risikoverteilung im „Teil-Solaranlagen-Vertrag“.

Solarstrom für mehrere Personen

Im Ergebnis überrascht das OLG-Urteil hinsichtlich der rechtlichen Einordnung des Vertrages nicht. Bemerkenswert hierbei ist jedoch, dass das OLG Karlsruhe nicht der in dem Leitfaden der Bundesnetzagentur genannten Rechtsauffassung gefolgt ist.

Vielmehr wird in selbstverständlicher Art und Weise zugrunde gelegt, dass Mehrpersonenverhältnisse nicht zwingend eine Eigenversorgung entfallen lassen. Betreibermodelle, die als Grundlage eine Genossenschaft oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bilden, eignen sich entgegen den Ausführungen der Bundesnetzagentur daher neuerdings durchaus, um eine Eigenversorgung umzusetzen.

Maßgeblich hierfür sind lediglich rechtssichere vertragliche Regelungen, die zwischen den Parteien entsprechend ausgestaltet werden müssen.

Tatbestände zur Befreiung

Auch im neuen EEG 2017 besteht wie im bisherigen EEG 2014 die Möglichkeit, von Befreiungstatbeständen Gebrauch zu machen. Diese sind notwendig, um den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil aus einer Anlage zu realisieren.

Grundsätzliche Voraussetzung für die EEG-Umlagebefreiung ist zunächst immer das Vorliegen einer Eigenversorgung, deren Voraussetzungen sich an Paragraf 3 Nr. 19 EEG 2017 orientieren.

Eine Eigenversorgung setzt demnach voraus, dass der Stromverbraucher seinen Strom im räumlichen Zusammenhang zur Stromerzeugungsanlage verbraucht, das öffentliche Stromnetz nicht verwendet wird und der Stromerzeuger sowie der Stromverbraucher personenidentisch sind.

Sofern diese Voraussetzungen gegeben sind, haben die Anlagenbetreiber bereits die Möglichkeit, die am 15. Oktober 2016 bekannt gegebene und seit dem 1. Januar 2017 fällige EEG-Umlage in Höhe von 6,88 Cent pro Kilowattstunde zumindest auf 40 Prozent zu begrenzen. In diesem Falle wird von einer Teilbefreiung gesprochen.

Wirtschaftlich noch interessantere Modelle lassen sich durch die vollständige Einsparung der EEG-Umlage realisieren. Für eine solche Vollbefreiung müssen neben dem Paragraf 3 Nr. 19 EEG 2017 (Eigenversorgung) die speziellen Voraussetzungen des Paragraf 61a Abs. 2 EEG erfüllt sein. Sie sind im alten EEG als auch im EEG 2017 identisch.

Eigenversorgung ohne EEG-Umlage

Betrachtungszeitraum ist hierbei viertelstundengenau stets das Kalenderjahr, in dem die Voraussetzungen vorliegen müssen. Nach Paragraf 61a Abs. 2 Nr. 1 EEG ist der Kraftwerkseigenverbrauch einer Stromerzeugungsanlage von der EEG-Umlage vollständig befreit, wobei unter einer Stromerzeugungsanlage jede Anlage zur Erzeugung von elektrischer Energie zu verstehen ist. Abgestellt wird stets auf den Generator oder auf jedes einzelne Photovoltaikmodul selbst.

Nach Paragraf 61a Abs. 2 Nr. 2 EEG werden sogenannte Inselanlagen privilegiert und sind vollständig umlagebefreit. Voraussetzung für das Betreiben einer Inselanlage ist, dass keinerlei Anschluss zum öffentlichen Netz besteht. Weder ein direkter Anschluss der Anlage an das Netz noch ein mittelbarer Anschluss dürfen vorliegen, damit eine Vollbefreiung erzielt werden kann.

Kein Anschluss zum Netz

Ein mittelbarer Anschluss wird regelmäßig bei einer lokalen Leitungsstruktur angenommen, in die die Stromerzeugungsanlage in Form einer Kundenanlage oder Ähnliches eingebunden ist. Die Charakteristik einer Inselanlage besteht letztendlich darin, dass im Rahmen der Eigenversorgung weder eine Überschusseinspeisung in das öffentliche Netz stattfindet noch zusätzlicher Strom hieraus gezogen wird.

Lediglich der Einbau technischer Einrichtungen, die einen Strombezug oder eine Stromeinspeisung verhindern, genügt den Anforderungen an eine Inselanlage nicht.

Befreiung trotz Netzanschluss

Vielmehr ist erforderlich, dass die theoretische Möglichkeit eines Kontaktes zum Netz ausgeschlossen ist. Insofern wird zumindest gefordert, dass aus rechtlicher Sicht sämtliche Netzanschluss- und Anschlussnutzungsverhältnisse gekündigt sind.

Sofern ein Eigenversorger in der Lage ist, sich selbst vollständig an seinem Standort mit Strom aus erneuerbaren Energien zu versorgen, und für den Strom, den er als Überschussstrom in das öffentliche Netz abgibt, weder die Marktprämie nach Paragraf 20 EEG noch eine Einspeisevergütung nach den Paragrafen 21 ff. EEG in Anspruch nimmt, besteht ebenfalls die Möglichkeit einer Vollbefreiung. Im Unterschied zu einer Inselanlage hat der Anlagenbetreiber hier nach Paragraf 61a Abs. 2 Nr. 3 EEG die Möglichkeit, eine Überschusseinspeisung vorzunehmen.

Sonnenstrom frei vermarkten

In der Praxis ist diese Regelung eine derjenigen, die am häufigsten als Eigenversorgungslösung in Betracht kommt. Der Vorteil liegt hier klar darin, dass der Anlagenbetreiber zu jeder Zeit die Möglichkeit hat, den regional und vor Ort nicht benötigten Strom direkt zu vermarkten.

Diese Regelung setzt jedoch auch voraus, dass der Eigenversorger seinen vollständigen jährlichen Strombedarf jederzeit und ausschließlich mit selbst erzeugtem Erneuerbare-Energien-Strom decken kann. Eine Fremdversorgung durch Dritte muss ausgeschlossen sein. Eine Reserveleitung muss daher vermieden werden.

Als weitere Vollbefreiungsmöglichkeit werden die Kleinanlagen unter Paragraf 61a Abs. 2 Nr. 4 EEG genannt. Sofern die installierte Leistung höchstens zehn Kilowatt und die jährliche selbst verbrauchte Strommenge höchstens zehn Megawattstunden beträgt, entfällt der Anspruch des Übertragungsnetzbetreibers auf EEG-Umlage.

Umrüstung von Bestandsanlagen

Sowohl Neuanlagen als auch Bestandsanlagen können jederzeit in die Eigenversorgung genommen werden.

Der wirtschaftliche Vorteil ergibt sich in beiden Varianten daraus, dass die selbst erzeugte Kilowattstunde deutlich günstiger ist als der Stromeinkauf über das öffentliche Stromnetz. Aber auch der große Hebel der EEG-Umlage-Befreiung ist bei beiden Anlagenvarianten umsetzbar.

Die Eigenversorgung stellt hier eine ideale Möglichkeit dar, nach Ablauf der 20-jährigen festen Vergütungsdauer ein solides Wirtschaftsmodell aufzubauen.

Durch die Eigenversorgung erhält der Anlagenbetreiber nicht nur den Direktvermarktungspreis der Strombörse, sondern spart sich als zusätzlichen Wirtschaftsvorteil den gesamten Stromeinkauf zu steigenden Preisen. Solche Post-EEG-Lösungen stellen nunmehr in der Praxis vermehrt ein gefragtes Konzept dar.

Rechtliche Fallstricke

Die rechtliche Privilegierung durch die Befreiung von der EEG-Umlage kann bei Nichtbeachtung des Rechtsrahmens gefährdet werden. Folge davon ist, dass der Anlagenbetreiber die EEG-Umlage rückwirkend nachbezahlen muss.

Zum einen ist es unerlässlich, dass die rechtlichen Voraussetzungen der Eigenversorgung sowie die speziellen Voraussetzungen des Paragraf 61a Abs. 2 EEG rechtssicher und nachhaltig erfüllt werden.

Unklare vertragliche Formulierungen oder mehrdeutige Regelungen innerhalb eines Vertragswerkes provozieren das Risiko, einer Umlagenachforderung ausgesetzt zu werden.

Meldepflichten erfüllen

Zum anderen muss der Eigenversorger – mit wenigen Ausnahmen – seinen Melde- und Mitteilungspflichten nach Paragraf 74a EEG nachkommen. Anlagenbetreiber sind demnach verpflichtet, die im Wege der Eigenversorgung selbst erzeugten und verbrauchten Strommengen für die Endabrechnung der EEG-Umlage innerhalb der gesetzlich festgelegten Fristen mitzuteilen.

www.raestreich.de

Der Autor

Rechtsanwalt Finn Streich

ist Teilhaber der Rechtsanwaltskanzlei Streich & Kollegen aus Stuttgart, die unter anderem ihren Schwerpunkt im Energierecht und Energiewirtschaftsrecht hat.

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