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“Die Geräte sind ausgereift“

Wie lange sind Sie bereits als Installateur tätig?

Jürgen Hohnen: Ich habe 1994 als Einmannbetrieb angefangen, heute sind wir 22 Leute. Schwerpunkt unseres Angebots sind erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Wir bieten Brennstoffzellen, Stirling-BHKW oder die klassischen Motor-BHKW bis 50 Kilowatt elektrischer Leistung an. Bisher haben wir zwischen 150 und 170 Anlagen mit BHKW gebaut. Wir installieren aber auch viel Pellet-Brennwerttechnik.

Ökofen hat ein BHKW mit Pellets angekündigt. Kennen Sie das schon?

Das wurde auf der ISH vorgestellt. Wir sind Ökofen-Fachpartner und schauen uns das neue Aggregat auf der Messe in Frankfurt genau an.

Welche Region decken Sie ab, wo sitzen Ihre Kunden?

Meist sind wir in Nordrhein-Westfalen aktiv. Gelegentlich bauen wir auch Anlagen in anderen Bundesländern. Unsere Kunden sind Privatleute mit höherem Anspruch an die Technik. Auch Wohneigentümergemeinschaften und Gewerbetreibende gehören zu unserem Kunden, bis 50 Kilowatt. Unsere Anlagen laufen in der Regel in der Niederspannung.

Sie haben Brennstoffzellen erwähnt. Wie viele haben Sie bereits installiert?

Insgesamt 34, in den vergangenen vier Jahren. Wir bauen die Blue-Gen-Geräte von Solid Power ein. Diese Brennstoffzelle erreicht einen elektrischen Wirkungsgrad von 60 Prozent, mit Abwärme einen Gesamtwirkungsgrad von 85 Prozent. Sie leistet 1,5 Kilowatt elektrisch und kann im Jahr rund 13.000 Kilowattstunden Strom erzeugen. Das ist ordentlich und öffnet uns neue Kundengruppen.

Welche zum Beispiel?

Nehmen Sie die Bäckereien. Weil die Öfen elektrisch beheizt werden, ist dort meist viel zu viel Wärme vorhanden. Aber der Stromeinkauf ist teuer. Deshalb bietet sich eine Brennstoffzelle an, die man stromgeführt einbinden und ansteuern kann.

Warum baut man dort nicht die motorbetriebenen Blockheizkraftwerke ein?

Klassische Blockheizkraftwerke erzeugen zu viel Abwärme, die kann man in einer Bäckerei nicht wirtschaftlich betreiben. Weil man die Wärme nicht wirklich nutzen kann, und ohne Abwärmenutzung macht das BHKW eigentlich keinen Sinn.

Ist das ein Nischenmarkt oder hat die Brennstoffzelle das Zeug zum massenhaften Einsatz?

Die Technik steht noch am Anfang, allerdings sind Produkte wie die Brennstoffzelle Blue Gen ausgereift. Sie haben sich bewährt. Generell sehen wir, dass in sehr gut gedämmten Gebäuden solche Brennstoffzellen im Vorteil sind.

Was hat die Haustechnik mit der Dämmung zu tun?

Ein BHKW mit Gasmotor oder Stirlingmotor kriegt dort die Abwärme nicht weg. Das limitiert die Volllaststunden und damit auch den Stromertrag.

Welche Anwendungen sind besonders interessant?

Praxen für Rechtsanwälte oder Ärzte haben einen hohen Strombedarf für die Computer und die Server. Aber der Wärmebedarf ist meist eher gering. Wir haben schon eine Brennstoffzelle nachgerüstet, wo bereits ein BHKW lief. Der Kunde wollte mehr Eigenstrom erzeugen, die Wärmeseite war bereits abgedeckt.

Wer darf Brennstoffzellen und BHKW installieren?

Zunächst brauchen Sie für beide einen Elektroschein, denn beide sind Generatoren in der Niederspannung. Man braucht die erforderlichen Konzessionen, um an der elektrischen Verteilung und dem Hausanschluss schalten zu dürfen. Darüber hinaus benötigt man für beide Systeme die entsprechenden Kenntnisnachweise aus dem Gasfach, das ist klassischer Heizungsbau.

Wie unterscheidet sich die Installation einer Brennstoffzelle vom BHKW?

Die Brennstoffzelle verursacht viel weniger Abwärme, deshalb kommt sie mit einem kleinen Pufferspeicher aus. Das kann auch ein kleiner Warmwasserspeicher sein.

Können Sie das etwas genauer verdeutlichen?

Ein Blue Gen erzeugt im Jahr rund 5.200 Kilowattstunden Wärme. Das kriegt man leicht weg, dafür braucht man keine komplizierten hydraulischen Schaltungen. Auch die Temperaturen sind mit 35 oder 40 Grad Celsius nicht so hoch. Theoretisch könnte man die Blue Gen laufen lassen, ohne die Abwärme zu nutzen.

Warum nur theoretisch?

Weil die Förderung gemäß KfW-Programm 433 die Nutzung der Abwärme fordert. Schließlich ist das sinnvoll, aus ökonomischer und ökologischer Sicht. Der kleinere Pufferspeicher hat den Vorteil, dass die Brennstoffzelle sogar in kleine Keller oder Haustechnikräume passt.

Wie groß ist so eine Brennstoffzelle?

Das Aggregat selbst ist nicht größer als ein Kühlschrank oder ein Geschirrspüler. Ich habe schon einen kleinen Unterstellspeicher installiert und die Brennstoffzelle obendrauf montiert. Man kann die Brennstoffzelle auch problemlos mit Wärmepumpen, Holzheizungen oder gar Gasheizungen kombinieren, wenn nötig.

Was ist bei der Abgastechnik zu beachten?

Dafür gelten die üblichen Vorschriften für Gasgeräte. Bis zu sechs Brennstoffzellen kann man auf einen Abgasstrang legen. Die Blue Gen ist eine Brennstoffzelle mit Festoxid (SOFC), die im Abgas hohe Temperaturen erreichen kann. Deshalb darf man nur Abgassysteme aus Metall oder Technaflon verwenden. Der Hersteller Solid Power bietet die entsprechenden Komponenten an. Standard-Kunststoffsysteme sind nicht zulässig.

Welche Genehmigungen braucht man für die Brennstoffzellen?

Der Schornsteinfeger redet beim Abgasstrang ein Wörtchen mit, er erledigt zudem die erforderlichen Messungen und Durchsichten nach den Richtlinien zum Immissionsschutz.

Welche Anforderungen ergeben sich für die Wartung?

Die Gastechnik muss einmal im Jahr durchgesehen und alle zwölf Jahre abgedrückt werden. Der Netzbetreiber muss den elektrischen Anschluss genehmigen. Der Gasversorger kommt ins Spiel, wenn man die bestehende Gasleitung für den Anschluss des Aggregats verlängern muss. Weil die Brennstoffzelle für den Anlauf eine Wasserzuleitung braucht, sollte man auch den Wasserversorger ansprechen.

Ist es schwierig, die Genehmigungen zu bekommen?

In unserer Region gibt es damit überhaupt keine Probleme. In Heinsberg und Umgebung gehört das Stromnetz dem holländischen Netzbetreiber Alliander, der sehr kundenorientiert ist. Mit den Holländern kommen wir sehr gut klar. Ansonsten spielt auf der deutschen Seite die Regionetz eine wichtige Rolle, ein Tochterunternehmen der RWE.

Die Brennstoffzelle braucht zur Betriebsüberwachung einen Internetanschluss. Hat Ihnen dieser Anschluss schon einmal Probleme bereitet?

Nein, bislang nicht. Die Leitung wird am besten über LAN oder D-LAN geführt. Man muss mit dem Kunden vorher darüber sprechen und die erforderlichen Details sauber klären. Dann ist das kein Thema.

Braucht die Brennstoffzelle eine spezielle Absicherung für den Brandfall, um die Einsatzkräfte der Feuerwehr zu schützen?

Nein, denn der Wechselrichter schaltet das Gerät automatisch ab, wenn der Anschluss zum Hausstrom gekappt wird. Die Brennstoffzelle läuft netzparallel, nicht als Inselsystem. Wäre sie inselfähig, müsste man freilich einen separaten Freischalter einbauen.

Sie haben bisher bereits 34 Blue Gen eingebaut. Was sagen Ihre Kunden?

Das sind Menschen, die stolz auf ihre Anlagentechnik sind. Probleme gab es nur ausnahmsweise, wenn der Stack in der Brennstoffzelle an Leistung verliert und ausgetauscht werden muss.

Wie gehen Sie damit um?

Der Austausch des Stacks ist vonseiten des Herstellers ohnehin abgedeckt, über die Garantien und den Vollwartungsvertrag, den wir gemeinsam mit Solid Power unseren Kunden anbieten.

Wie wirtschaftlich ist die Brennstoffzelle?

Eine solche Brennstoffzelle amortisiert sich innerhalb von sieben bis zehn Jahren. Das gilt allerdings nicht für alle Geräte im Markt.

Warum nicht?

Bei den Anbietern und den Aggregaten gibt es himmelweite Unterschiede. Wenn ein Aggregat nur einen geringen elektrischen Wirkungsgrad hat, erzeugt es vielleicht 5.000 Kilowattstunden Strom im Jahr. Um mit einem solchen Gerät wirtschaftlich zu sein, braucht man mindestens 10.000 oder 13.000 Kilowattstunden Stromertrag.

Welche Kundengruppen können Sie sich mit den neuen Aggregaten erschließen?

Viele Bauträger haben großes Interesse an der neuen Technik, weil man damit die Vorgaben der EnEV und des EEWärmeG gut erfüllen kann.

Um welche Vorgaben geht es genau?

Konkret geht es um die Anlagenaufwandszahl. Mit Brennstoffzellen kann man diesen Wert stark reduzieren. Es wird leichter, die strengen Vorgaben aus der EnEV und dem EEWärmeG zu erreichen. In einigen Wohnprojekten haben wir mit der Brennstoffzelle ohne großen Aufwand den KfW-55-Effizienzhaus-Standard erreicht. Das allein wird aber nicht ausreichen, um den Markt in Schwung zu bringen. Die Systeme müssen für die Kunden handfeste wirtschaftliche Vorteile haben.

Zudem wird der Strombedarf der Haushalte durch die Elektromobilität steigen …

Viele Kunden wollen die Brennstoffzelle mit einem Elektroauto kombinieren, wenn nicht sofort, dann in absehbarer Zeit. Dann muss das Aggregat ordentlich Strom liefern.

Welchen Strombedarf haben die Elektroautos?

Einen BMW I-3 kann man mit sechs Ampere laden, das sind zwei Kilowatt. Einen Tesla kann man mit 1,2 Kilowatt versorgen. Nachts steht er in der Garage, da kann die Brennstoffzelle seine Akkus aufladen. Oder gewerbliche Nutzer wie die Pflegedienste: Sie wollen die kurzen Strecken mit Elektroautos abwickeln. Da passt die Brennstoffzelle ausgezeichnet.

Ist die Technik Ihrer Meinung nach so ausgereift, dass sie verstärkt eingesetzt werden kann?

Zweifellos ja. Aber viele Fachhandwerker sind verunsichert, weil beispielsweise große Hersteller wie Vaillant ihre hochfliegenden Versprechungen bisher nicht eingelöst haben. Viessmann hat zwar ein Heizgerät mit Brennstoffzelle. Aber das ist keine Eigenentwicklung, sondern ein Produkt von Panasonic. Also öffnet sich eine Nische für junge Unternehmen, die solche Geräte bereits entwickelt haben und mittlerweile über große Erfahrungen aus dem Feld verfügen.

Was wünschen Sie sich für die nahe Zukunft?

Eine Blue Gen, die man mit Flüssiggas betreiben kann. Etliche potenzielle Kunden fragen uns danach. Einfache Förderungen, die auch Kaskadenanlagen zulassen, und hohe Energiepreise. Mir ist es lieber, auf Subventionen komplett zu verzichten, wenn hohe Energiepreise dazu führen, dass sich die Anlagen in sieben Jahren selber rechnen. Auch die Bürokratie sollte massiv reduziert werden. Mieterstrommodelle und Stromverkäufe an Nachbarn sollten so einfach und so unkompliziert wie möglich sein.

Die Fragen stellte Heiko Schwarzburger.

www.juergenhohnen.de

Jürgen Hohnen

ist Gründer und Geschäftsführer der Jürgen Hohnen GmbH. Er ist Zentralheizungs- und Lüftungsbaumeister, Gas- und Wasserinstallateurmeister, Elektrotechniker sowie geprüfter Umweltberater im Handwerk. Das Unternehmen wurde mehrfach ausgezeichnet und hat sich auf Systeme zur regenerativen Stromversorgung und stromproduzierende Heizungssysteme spezialisiert. In den vergangenen zehn Jahren entwickelte sich das Unternehmen vom klassischen Heizungsbau zu einem der regional führenden Anbieter von Energiesparlösungen in Nordrhein-Westfalen.

Solid Power

Blue Gen bietet 1,5 Kilowatt elektrische Leistung

Die SOFC-Brennstoffzelle des Herstellers Solid Power bietet eine elektrische Leistung von 1,5 Kilowatt, gehört also zur Mikro-KWK. Als Brennstoff kommt Erdgas zum Einsatz, das im integrierten Reformer umgesetzt wird. Das Aggregat ist für die Grundlastabdeckung konzipiert, sollte also durchlaufen. Aufgrund des hohen elektrischen Wirkungsgrades von 60 Prozent erzeugt das Blue Gen im Jahr rund 13.000 Kilowattstunden Strom.

Rechnet man die nutzbare Abwärme (35 Grad Celsius) mit ein, erreicht das System einen Gesamtwirkungsgrad von 85 Prozent. Die maximale Abgastemperatur erreicht 200 Grad Celsius. Bis zu sechs Blue Gen können auf einen Abgasstrang geschaltet werden.

Bei einer Intersport-Filiale in Landau wurde ein solches Aggregat installiert. Es läuft in Kombination mit 15 Kilowatt Photovoltaik. Die Laufzeit der Brennstoffzelle wurde auf zehn Jahre berechnet. Der Betreiber des rund 900 Quadratmeter großen Geschäfts spart rund 12.700 Euro Energiekosten für Strom und Wärme.

Blue Gen entstand bei der Firma Ceramic Fuel Cells, die zwischenzeitlich von Solid Power übernommen wurde. Die Fertigung und der Vertrieb befinden sich in Heinsberg bei Erkelenz in Nordrhein-Westfalen. In den vergangenen vier Jahren wurden europaweit rund 700 Blue-Gen-Geräte installiert, die bereits mehr als 1,2 Millionen Betriebsstunden absolvierten.

www.bluegen.de

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