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“Wichtige Parameter finden“

Am KIT werden seit einigen Monaten verschiedene Heimspeicher getestet. Was genau prüfen Sie bei den Geräten?

Nina Munzke: Wir haben 16 Systeme am Markt frei eingekauft, nicht nur von den bekannten Markenanbietern, auch unbekanntere Systeme. Wir haben absichtlich querbeet gekauft. Ein System haben wir nicht in unsere Prüfstände eingebaut, weil wir zu hohe Sicherheitsbedenken hatten. Ein anderes System hat sich selbst tiefenentladen und abgeschaltet, dann sollte es wegen möglicher irreversibler Schäden der Zelle nicht mehr betrieben werden.

Bleiben also 14 Systeme übrig …

Von neun Geräten liegen bereits verlässliche Ergebnisse vor. Bis zur Intersolar werden wir die Tests bei zwölf Systemen abgeschlossen haben. Zwei Systeme haben sehr starke Probleme mit der elektromagnetischen Verträglichkeit, sie lassen sich bislang nicht zuverlässig betreiben.

Verraten Sie uns nicht, welche Systeme problematisch sind?

Nein, die Studie läuft anonymisiert. Die Projektergebnisse werden nicht als Produktvergleich veröffentlicht, sondern anonym Industrieverbänden, Herstellern, Normensetzern und Prüflaboren zur Verfügung gestellt. Auftraggeber ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Ziel des Projektes ist es, noch bestehenden Entwicklungsbedarf aufzudecken und die anonymisierten Erkenntnisse zu veröffentlichen.

Aber Sie haben interessante Erkenntnisse gesammelt, immerhin. Welche Parameter testen Sie an Ihren Prüfständen besonders aufmerksam?

Es geht um die Effizienz der Speicher unter möglichst realistischen Einsatzbedingungen und Lastanforderungen. Ganz wesentliche Parameter sind die Wirkungsgrade der Batterie und der Leistungselektronik, die Verluste im Stand-by-Betrieb und die Regelgeschwindigkeit: Reagiert der Speicher eher träge oder flink auf wechselnde Lasten oder Änderungen in der Erzeugungskurve des Solargenerators? Generell werden alle Speicher nach den gleichen Verfahren getestet.

Welche Lastgänge legen Sie Ihren Tests zugrunde?

Wir nutzen die verschiedenen Lastprofile aus der VDI 4655, zudem verwenden wir typische Lastgänge von Haushalten aus einem Forschungsprojekt der TU Wien. Wir haben beide Ansätze verglichen und erkannt, dass die VDI 4655 mit ihren Typtagen sehr brauchbare Lastgänge anbietet. Da kommen für die Batterie und die Leistungselektronik belastbare Daten heraus. Das ist ein gangbarer Weg.

Die Effizienz von Stromspeichern unabhängig von den Herstellern zu bewerten, bringt mehr Transparenz in den Markt. Wie wichtig ist das Thema für die weitere Entwicklung des Marktes für Stromspeicher?

Man braucht belastbare Kriterien, die man dem Installateur und seinem Kunden an die Hand geben kann. In den neuen Effizienzleitfaden der Speicherbranche sind unsere Erkenntnisse eingeflossen, das ist der erste, sehr gute Schritt auf dem richtigen Weg.

Wohin kann dieser Weg führen?

Letztlich brauchen wir einen Katalog von Parametern, die man unabhängig überprüfen kann, egal, welche Informationen der Hersteller dazu gibt. Zur Intersolar und EES Europe Anfang Juni wird das KIT eine Checkliste mitbringen. Sie enthält die wichtigsten Kriterien zur Performance sowie unsere Ergebnisse als Benchmark.

Im Leitfaden ist viel von Simulationen die Rede. Sie testen lieber. Gibt es da einen Mittelweg?

Der Leitfaden bildet die Diskussion in der Branche ab. Darin werden auch einige Parameter erfasst, die man für Tests nicht braucht, wohl aber für Simulationen. Diese sind in Bereichen wie Forschung und Entwicklung sehr sinnvoll. Für Batterieinstallateure beispielsweise braucht man einfache, überprüfbare Kriterien.

Welche weiteren Eigenschaften eines Stromspeichers sind wichtig, damit er möglichst effizient arbeitet?

Wichtig ist die Frage, wie intelligent so ein System ist. Optimiert es nur den Eigenverbrauch oder steckt dahinter eine intelligente Ladestrategie? Einfache Systeme laden den Speicher immer, wenn die Photovoltaikleistung den Verbrauch im Haushalt übersteigt. Ein intelligentes System schiebt die Mittagsspitze aus dem Solargenerator in den Speicher und fährt eine schonende Ladekurve, um die Lebensdauer der Batterie zu erhöhen. Dann darf die Batterie erst kurz vorm Abend voll sein, kurz bevor der Nutzer den Strom für die Nacht benötigt. Beide Punkte schließen einander nicht aus, können aber auch in Konflikt stehen.

Wie wichtig ist die Regelgeschwindigkeit?

Entscheidend ist, dass die Totzeiten in der Regelkette möglichst gering sind. Der Sensor am Hauszähler sollte Änderungen im Stromangebot oder in der Stromnachfrage möglichst schnell an die Systemsteuerung melden. Man muss eine angemessene Regelgeschwindigkeit finden, mit der die Leistungselektronik und die Batterie darauf reagieren können. Dieses Optimum versuchen wir in den Tests zu finden.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

www.kit.edu

Nina Munzke

hat zunächst Betriebswirtschaftslehre und danach Verfahrenstechnik mit dem Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien (Master) an der TU Cottbus studiert. Im Jahr 2012 kam sie als Wissenschaftlerin zum Projekt Competence E im Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Heute leitet sie eine Forschergruppe in der Speichertechnik.

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