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“Frachtkosten werden wichtiger“

Die Solarbranche hat schwierige Jahre hinter sich. Sehen Sie Licht am Ende des Tunnels?

Kai Lippert: Ja, sehen wir. Die Branche wächst wieder, auch wir stellen wieder neue Mitarbeiter ein. Darunter sind auch einige Leute, die früher schon bei uns tätig waren, die wir jedoch in der Krise nicht halten konnten.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie?

Zurzeit hat EWS knapp über 50 Mitarbeiter. 2017 haben wir rund 70 Megawatt Wechselrichterleistung verkauft. Bei den Speichern haben wir zwischen fünf und sechs Megawattstunden umgesetzt.

Wo machen Sie Ihre Umsätze?

Das Gros in Deutschland, und hier vor allem in Norddeutschland. Darauf entfallen rund 70 Prozent unserer Umsätze. Auf das übrige Europa verteilen sich 30 Prozent. Wir haben zwar Vertriebsmitarbeiter im Ausland, aber keine Niederlassungen. Unser Zentrallager steht direkt neben unserem Firmensitz in Handewitt an der dänischen Grenze.

Sie sprachen vom europäischen Ausland. Welche Märkte sind für Sie besonders interessant?

Da würde ich grob geschätzt einen Radius um Handewitt ziehen, etwa 500 Kilometer lang. In dieser Region sind wir aufgrund der geringen Frachtkosten sehr wettbewerbsfähig. Diese Märkte umfassen die Niederlande, Skandinavien und Polen.

Wovon hängen die Frachtkosten ab?

Unter anderem von der Entfernung vom Lager zum Kunden, von Zollvorschriften und von den Transportmitteln. Wir liefern ausschließlich per Lkw aus, per Straßentransport. Die Ware kommt von europäischen Lieferanten gleichfalls per Straße oder aus Übersee über die Häfen in Hamburg beziehungsweise Rotterdam zu uns. Im Handelsgeschäft spielen die spezifischen Frachtkosten eine immer wichtigere Rolle, weil die Preise für die Solarprodukte immer weiter sinken. Größere Strecken erhöhen die Frachtkosten, dann wird es schwierig.

Wie groß ist Ihr Lager an der Grenze zu Dänemark?

Wir halten stets zwischen sechs und acht Megawatt Module und doppelt so viele Wechselrichter vor. Das ist der Vorlauf für ungefähr einen Monat. Ende des Jahres haben wir schon bis weit ins Frühjahr hinein bei unseren Lieferanten bestellt, um ausreichend Puffer im Lager zu haben. Dann können wir die gewünschte Ware für unsere Kunden sehr schnell ausliefern, ohne Verzug und direkt auf die Baustelle.

Wie hat sich der Markt für Sie 2017 entwickelt?

In Deutschland haben wir Rückenwind, es geht wieder aufwärts. Starken Rückenwind erwarten wir auch weiter in Schweden. Außerdem zahlt es sich aus, dass wir nur starke und zuverlässige Marken anbieten, durch Liefertreue überzeugt man Installateure am besten. Bestimmte Hersteller führen wir nicht, um das Ausfallrisiko zu senken. EWS ist seit 30 Jahren im Solarmarkt tätig, wir haben schon einiges erlebt. Wir führen nur die Module und Wechselrichter von erfahrenen Partnern, die hohe Qualität garantieren und für diese Garantien im Ernstfall auch geradestehen.

Wie wichtig sind Module noch für Ihr Geschäft?

Sie bleiben die Basis. Rund drei Viertel der bestellten Systeme liefern wir mit Modulen aus. Bei einem Viertel kaufen unsere Kunden die Module separat ein, meistens weil in das Budget des Projektes nur die billigsten Produkte passen. Das Risiko liegt dann innerhalb der Gewährleistungszeit allein beim Installateur.

Was sind für Sie starke Modulmarken?

Ich will mal andersherum anfangen: Früher hatten wir die Module von Siemens, Shell und BP im Handel. Nach deren Ausscheiden mussten wir uns jedes Mal neu orientieren. Deshalb sind wir mittlerweile sehr vorsichtig. Seit über zehn Jahren arbeiten wir mit REC zusammen, etwa 60 Prozent unserer Kunden bestellen diese Module. Wir haben auch Luxor Solar im Programm, ebenso Ben-Q, LG und Trina. Mit dieser Strategie haben wir stabile und langfristige Lieferbeziehungen aufgebaut. Dazu ist eine exzellente Logistik notwendig, aber vor allem eine extrem geringe Fehlerquote. So ist es uns oft gelungen, Lieferschwierigkeiten auszugleichen und neue Kunden in neuen Regionen zu erschließen.

Und bei den Wechselrichtern?

SMA, Kostal und Fronius machen 80 Prozent unseres Geschäfts aus. Wir haben auch Delta und Zeversolar im Angebot, weil sie preislich attraktiver sind. Interessanterweise machen die Installateure bei Wechselrichtern aber ungern Kompromisse und sind selbst in Zuteilungszeiten selten wechselbereit.

Welche Rolle spielt der Verkauf übers Internet?

Wir betreiben den Onlinehandel seit Jahren, aber daneben gibt es noch etliche Kunden, die per Fax oder Telefon bestellen. Unser Onlineshop ist direkt mit unserem Kommunikations- und Planungstool Quick Plan verbunden, im System ist zudem die gesamte Lieferkette mit Lieferscheinen und so weiter hinterlegt. Das erleichtert die Vertriebsarbeit des Installateurs und senkt seinen Aufwand bei den Bestellungen.

In welchen Sprachen bieten Sie das Planungstool an?

Wir haben es auf Deutsch, Dänisch und Schwedisch. Für die anderen europäischen Märkte gibt es eine englische Version. Diese Tools werden permanent aktualisiert, wir haben bereits viele Hundert Nutzer. Unsere Kalkulationsplattform Quick Calk und eine Projektverwaltung sind in der Profivariante für den Installateur bereits enthalten. Um das Planungstool auch seinen Endkunden zugänglich zu machen, kann der Installateur kostenlos ein Portal auf seine Homepage einbinden und hierfür mit unserem Webseitenkonfigurator im Handumdrehen auch noch den passenden Informationsrahmen kreieren.

Wie wichtig ist der Onlinehandel bereits?

Die Installateure, die Quick Plan in ihre Webpräsenz einbinden, machen in Deutschland bereits rund ein Drittel unserer Kunden aus. Dieser Anteil wächst stetig, weil wir diesen Installateuren über Quick Plan Kundenleads vermitteln, die wir zum Beispiel von Stadtwerken, Energieberatern, Finanzdienstleistern und Bauunternehmen erhalten. Diese sogenannten Multiplikatoren sind über White-Label-Portale auf ihren Webseiten ebenfalls mit dem Netzwerk der Quick-Plan-Nutzer verbunden und erhalten im Erfolgsfall eine Provision.

Wie hat sich der Handel in den vergangenen Jahren verändert?

Der Verkauf von Solartechnik ist emotionaler geworden. Autarkie und Umweltschutz stehen zunehmend im Vordergrund, weniger die Rendite. Natürlich muss man die Anlagen dennoch mit spitzem Stift durchrechnen und planen, denn irgendwann kommt die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Der Endkunde hat kein Gefühl für Kilowattstunden, das muss man den Leuten erst einmal erklären. Die Basis sind seine Stromrechnung und die Nutzungsquote für Eigenstrom. Das verstehen die Menschen durchaus.

Wie bewerten Sie die Aussichten auf den Auslandsmärkten?

In Polen und den Niederlanden sind wir seit einem Jahr aktiv und haben uns wegen positiver Absatzerwartungen auch personell verstärkt. Dort läuft viel auf Empfehlung der Hersteller. In Skandinavien erfreuen wir uns bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten einer großen Marktpräsenz, wobei der Photovoltaikmarkt hier bis 2011 praktisch nur von Offgrid-Systemen bestimmt war. Auch wenn die Nachfrage nach netzgekoppelten Anlagen das Geschäft heute dominiert, wird das riesige Potenzial in Skandinavien noch lange nicht ausgeschöpft. Dabei hatte das sogenannte Net Metering, bei dem die Zähler rückwärts drehen, in Dänemark 2012 zu einem kurzen Boom geführt, gefolgt von einem Sinkflug der Nachfrage, den die Politiker in Kopenhagen zu verantworten haben. Deren Entscheidungen sind seither sehr verworren, sehr kompliziert, sodass die zur Verfügung stehenden Fördertöpfe kaum ausgenutzt werden.

Welche Folgen hat das?

Das Stop-and-go geht seit drei Jahren. Deshalb sind von einstmals sehr vielen Anbietern nur noch wenige übrig geblieben. Die Zahl der Installateure ist stark ausgedünnt. Dennoch gibt es weiterhin eine Nachfrage der Kunden, auch wenn der Markt geschrumpft ist. Immerhin konnten wir unseren Absatz halten, was wachsenden Marktanteilen entspricht. Rund ein Zehntel unseres Umsatzes machen wir in Dänemark. 2012 waren es noch 30 Prozent. Daran erkennen Sie, dass andere Märkte an Bedeutung gewinnen.

Zum Beispiel?

Seit 2010 spüren wir wachsendes Interesse zum Beispiel aus Norwegen. Dort existiert eine ökologisch sehr anspruchsvolle Gesellschaft, wobei sich die Photovoltaik vorerst auf Prestigeprojekte konzentriert. In Norwegen spielt obendrein die Elektromobilität eine wichtige Rolle, auch für den Photovoltaikmarkt. Das Problem ist der niedrige Strompreis, unter fünf Cent je Kilowattstunde. Da ist Photovoltaik noch lange nicht wettbewerbsfähig. Vergleichbar mit anderen Regionen kochen die Norweger im Solargeschäft auf sehr kleiner Flamme. Der Markt ist deutlich kleiner als in Dänemark, ähnlich wie in Finnland.

Wie entwickelt sich die Nachfrage in Schweden?

Dort hat sich viel getan, vor allem in Südschweden, wo die Einstrahlungsbedingungen etwa denen in Norddeutschland entsprechen. Zudem ist die Kaufkraft im Süden des Landes höher als in mittleren oder nördlichen Landesteilen. Die Photovoltaik steht in dieser Region bereits am Rande der Wirtschaftlichkeit gegenüber den Strompreisen. Sie sind höher als in Norwegen, liegen bei zwölf bis 13 Cent je Kilowattstunde. Wir erkennen eine attraktive Belebung des Marktes. Das merken wir bei den Bestellungen und beim Ausbau unseres Partnernetzwerks auf inzwischen rund 50 Installationsbetriebe. In Uppsala hat sich sogar eine kleine Fachmesse etabliert, auf der in diesem November wieder gute Stimmung herrschte zwischen den allerdings noch recht wenigen Marktteilnehmern. Praktisch ohne Förderung wächst die Nachfrage hier kontinuierlich. Die wichtigste Motivation der Kunden sind ökologische Argumente und Autarkie.

Wie schnell kann der schwedische Markt aus den Kinderschuhen herauswachsen?

Viele Installateure stehen noch am Anfang, die meisten haben bisher erst die Erfahrung von ein oder zwei Anlagen. Ich schätze, das sind aktuell rund 300 Betriebe. Mit unseren 50 Partnern, von denen einige nur vom Photovoltaikgeschäft leben, haben wir da schon eine sehr gute Marktpräsenz. Die Verständigung ist problemlos auf Englisch möglich. Wir haben aber auch Kollegen in unserem Team, die Schwedisch sprechen, und suchen hier derzeit wieder nach Verstärkung. Aus unserer Sicht wird der schwedische Photovoltaikmarkt vielleicht nicht schnell, aber stetig wachsen und in Skandinavien führend bleiben.

Spielen die Solarstromspeicher in Schweden bereits eine Rolle?

Bisher eher nicht. Das sehen wir aber jetzt schon in Dänemark, wo die Strompreise mit mehr als 30 Cent je Kilowattstunde für Privatkunden sehr hoch sind, höher als in Deutschland. Dort lohnen sich Speicher jetzt schon. Allerdings gibt es in Schweden neuerdings ein Förderprogramm für Stromspeicher. Vielleicht weckt das ja trotz der niedrigen Strompreise jetzt das Interesse bei schwedischen Hausbesitzern.

Welche Eigenheiten erkennen Sie in Schweden?

Die Kaufentscheidung ist zumeist emotional. Für die, die ihre Rendite erhöhen wollen, ist Lastmanagement bisher wichtiger als Solarbatterien. Damit lassen sich einfacher und preiswerter wirtschaftliche Vorteile erzielen, indem man die Eigenverbrauchsquote erhöht. In Schweden geht es bisher vor allem um kleinere Privatanlagen. Allerdings werden zunehmend gewerbliche Anlagen mit 30 bis 80, vereinzelt sogar bis 300 Kilowatt gebaut. Der Zubau in Schweden dürfte 2017 insgesamt knapp dreistellig werden, 2016 waren es 70 Megawatt. Eine zentrale Erfassung der Anlagen wie bei uns durch die Bundesnetzagentur gibt es nicht. Aber ich gehe davon aus, dass es knapp über 100 Megawatt sind. Unser Marktanteil liegt über zehn Prozent.

Ein Wort zu den Niederlanden?

Dieser Markt ist größer und er wird sehr stark vom Preis getrieben. Dort sind mehrere Großhändler aktiv und die Installateure bestellen gern online. Deshalb legen wir im holländischen Markt großen Wert auf eine transparente Preispolitik, damit der Kunde jederzeit weiß, wie er die besten Preise bekommt.

Wo verkaufen Sie die meisten Speicher?

Ganz klar in Norddeutschland. Hier geht der Trend zu Hochvoltsystemen. Wir haben die H-Box von BYD, den Speicher von Mercedes-Benz, die Batterien von LG Chem und die Speichersysteme von LG Electronics, Fronius und Kostal in unserem Programm. Die Speicher von Mercedes und LG Chem laufen am besten, die sind derzeit spezifisch auch am preiswertesten. Bei Mercedes ist man allerdings auf den Sunny Island von SMA festgelegt, während die Resu-Speicher von LG Chem mit SMA und Solaredge angesteuert werden können und die Hochvoltvariante mit SMA und Kostal, genau wie BYD.

Was wünschen Sie sich?

Ich hoffe, dass wir im ersten Quartal 2018 zusätzlich eine dreiphasige Lösung in Kombination mit Fronius anbieten können. Noch günstiger ist das ESS von LG. Dieses Speichersystem ließ sich bisher zwar leider nicht skalieren, aber auch das kommt in Kürze. Die Komplettspeichersysteme von Fronius und Kostal sind zwar erheblich teurer, überzeugen unsere Kunden aber vor allem durch die Einbindung in die bewährten Servicekonzepte.

Das Interview führte Heiko Schwarzburger.

www.pv.de

Kai Lippert

ist Geschäftsführer des Solarfachhandels EWS in Handewitt bei Flensburg. Das Unternehmen wurde 1985 gegründet und zählt heute zu den wichtigsten Großhändlern und Systemanbietern in der Photovoltaik. Mit einem erfahrenen Team aus Ingenieuren, Kaufleuten und Servicemitarbeitern beliefert EWS aus eigenem Lager über 1.000 Installationspartner in Deutschland, Skandinavien und dem übrigen Europa. Just-in-time-Lieferung sowie individueller Vertriebssupport zählen zu den Stärken des Unternehmens. Zudem werden die Handwerkspartner mit umfangreichen Hilfen beim Verkauf und der Projektierung von Solargeneratoren unterstützt.

Foto: Heiko Schwrazburger

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