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“Ich sehe langsames Wachstum“

Wie schätzen Sie die Marktentwicklung bei Ihrem Indachsystem Solrif ein?

Helge Hartwig: Das Geschäft läuft gut, wir haben direkte Anfragen von Endkunden, die Interesse verraten. Ein Großteil unseres Verkaufs erfolgt über unsere Partner unter den Modulherstellern. Dort hängt es davon ab, wie aktiv die Hersteller ihre Indachsysteme vertreiben. Und natürlich von den Eigenheiten der über Europa verteilten Regionalmärkte.

Sind Sie mit Solrif hauptsächlich in Europa aktiv?

Kann man sagen, ja. In Europa ist der deutsche Markt sehr unterrepräsentiert, hier bestehen historisch bedingt erhebliche Vorurteile gegenüber den Indachsystemen. Die Skandinavier gehen an das Thema pragmatischer heran. In Großbritannien, Norwegen und Schweden sehen wir ein sehr spürbares Wachstum, obwohl es keine spezielle Förderung für BIPV gibt. Auch aus den Niederlanden melden die Kunden verstärkt Interesse, vereinzelt in den baltischen Staaten. Neuerdings wird zum Beispiel auch in die Ukraine verkauft.

Bislang war der französische Markt eine Domäne der Dachintegration, aufgrund der üppigen Förderung für solche Systeme. Damit ist nun Schluss. Kommt dieser Markt zum Stillstand?

Der französische Markt ist sehr stark von Protektionismus gekennzeichnet. Das beginnt bei der zentralen Frage, wie viel Atomenergie künftig noch genutzt werden soll. Aber zur BIPV: Aufgrund der Förderung wurde in Frankreich eine Menge und leider auch Mist gebaut. Wenn eine Förderung wegfällt, dauert es eine Weile, bis sich der Markt neu einpendelt. Einerseits gibt es zwar viel Erfahrung mit der Dachintegration. Andererseits sind schlecht ausgeführte Dächer, wenn auch vereinzelt, nicht hilfreich.

Wird es eine Anschlussförderung geben?

Das sehe ich nicht, und ich würde es mir auch nicht wünschen. Überall in Europa sehen wir, dass sich die freien Märkte am besten entwickeln, bei den Aufdachanlagen, aber auch in der BIPV. Zudem galt die Förderung ohnehin nur noch für kleine Anlagen. Der Trend geht in Frankreich zu größeren Aufdachanlagen, weil die Solarteure damit mehr Umsatz und Marge machen. Oder zu den ganz großen Solarparks, eine Folge der Ausschreibungen, die nur den Preis für solaren Netzstrom zum Maßstab nehmen.

Also bleibt es bei kleinen Dachanlagen schwierig?

Die Anreize, kleine Anlagen mit Stromspeichern und E-Mobilität zu bauen, sind in Frankreich sehr gering. Der Aufwand zur Planung kleinerer, komplexerer Anlagen ist vielen Installateuren zu groß. Erst recht, wenn es um dachintegrierte Anlagen geht. Dagegen sind die Strompreise vergleichsweise moderat. Womit wir wieder beim Atomstrom wären.

Auch in Frankreich setzt langsam Umdenken ein ...

Mittelfristig wird auch in Frankreich der Trend dahin gehen, Solargeneratoren für den Eigenverbrauch zu bauen, auch kleinere Anlagen. Die europäische Gebäudeenergierichtlinie wird auch ihre Wirkung haben.

Warum ist die Indachplanung aufwendiger?

Viele Standardfälle decken wir mit dem Solrif-System sehr kostengünstig und mit sehr wenig Planungsaufwand ab. Das System ist für die üblichen Ziegeldächer standardisiert. Wünscht der Kunde ein komplettes Solardach, bei dem etwa Schornsteine oder Fenster beachtet werden müssen, muss man die Anlage gut planen. Dazu gehören die Projektplanung, die Detailplanung, eventuell Schnittzeichnungen. Denn es geht ja nicht nur um die Solarmodule, sondern auch um das Dach als Ganzes. Das scheuen viele Installateure, auch weil sie den damit verbundenen Mehrbedarf zu spät bei ihren Kunden anmelden.

Braucht man dafür Spezialisten?

Eine Detailplanung braucht erfahrene Spezialisten für Photovoltaik und Dach. Wissen Sie, bei Solarfassaden ist jedem klar, dass man eine ordentliche Planung braucht, die bezahlt werden muss. Man braucht einen Planungsauftrag, er verursacht einen gewissen Aufwand. Bei den Indachsystemen tun sich viele Installateure noch sehr schwer. Dennoch sehe ich langsames Wachstum, auch in Deutschland.

Welche weiteren Probleme behindern die BIPV?

Weniger Probleme als Vorurteile. In Deutschland werden wir fast immer gefragt, ob die Hinterlüftung ausreicht. Alle Erfahrungen bestätigen, dass die Module im Solrif-System mit der normalen, für Ziegel üblichen Hinterlüftung gut funktionieren. Oft unterschätzt wird die freie Unterkante: Dadurch wäscht der Regen die Verschmutzungen sehr leicht ab, sogar Mehrertrag ist möglich. Schnee kann sich nicht festsetzen.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

www.ernstschweizer.ch

Dr. Helge Hartwig

leitet den Verkauf und die Technik für die Montagesysteme (Photovoltaik) bei der Ernst Schweizer AG. Seit seinem Diplom vor knapp 30 Jahren befasst er sich mit Solarenergie. Er studierte technische Physik an der TU München und forschte von 1990 bis 1995 bei der Ernst Schweizer AG zu Gebäudehülle, Energie und Komfort. Nach Tätigkeiten an der TU München und Abschluss seiner Promotion baute er seit 2005 die Abteilung Montagesysteme für Photovoltaik bei der Ernst Schweizer AG auf.